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Die Grablegen der Wittelsbacher in Heidelberg. Tod und Gedächtnis im späten Mittelalter.

Fey, Carola
In: Rheinische Vierteljahrsblatter, Jg. 79 (2015-10-01), S. 331-332
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BESPRECHUNGEN Die Grablegen der Wittelsbacher in Heidelberg. Tod und Gedächtnis im späten Mittelalter  FRIEDER HEPP, JÖRG PELTZER (Hg.): Die Grablegen der Wittelsbacher in Heidelberg. Tod und Gedächtnis im späten Mittelalter. Eine Ausstellung des Kurpfälzischen Museums der Stadt Heidelberg in Zusammenarbeit mit dem Institut für Fränkisch-Pfälzische Geschichte und Landeskunde und der Forschungsgruppe RANK, Universität Heidelberg, im Rahmen der Ausstellung ,Die Wittelsbacher am Rhein. Die Kurpfalz und Europa' der Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim, vom 8. September 2013 bis 2. März 2014, Heidelberg: Winter 2013, 85 S. ISBN: 978-3-8253-6212-6.

Zum 800. Mal jährte sich 2014 die Übertragung der Pfalzgrafschaft bei Rhein an die Herzöge von Bayern durch König Friedrich II. Aus diesem Anlass veranstalteten die Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim eine vielbeachtete Ausstellung zum Wirken der Wittelsbacher am Rhein, die durch weitere Ausstellungen im Gebiet der ehemaligen Pfalzgrafschaft begleitet wurde. Im pfalzgräflichen Zentralort Heidelberg beteiligte sich das Kurpfälzische Museum an diesem regionalen Großereignis mit einer Ausstellung und dem vorliegenden Begleitband. Mit dem Thema der Sepulkralkultur wurde in Heidelberg ein zentraler Aspekt wittelsbachischer Dynastiegeschichte aufgegriffen, der in Mannheim nicht repräsentiert war und für den das Lapidarium des Kurpfälzischen Museums den idealen Ort bildete. Dort befinden sich die wenigen erhaltenen steinernen Zeugnisse der Begräbnisse, die nach den Verwüstungen Heidelbergs, vor allem im großen Brand von 1693, erhalten geblieben sind. Vor dem Hintergrund der kulturwissenschaftlichen Forschungen zur Memoria mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Eliten konnten die umfassend dokumentierten Heidelberger Artefakte und die Ergebnisse der archäologischen Forschungen zu den städtischen Kirchen für die Präsentation in der Ausstellung herangezogen werden.

Ziel des Projekts war es, die Sakraltopographie Heidelbergs als Gedächtnisraum der Wittelsbacher zu vergegenwärtigen. So gibt der vorliegende Begleitband zur Ausstellung in zwei Aufsätzen und einem anschließenden Katalogteil einen auf den Stadtraum Heidelbergs bezogenen Einblick in die Sakralkultur der Wittelsbacher im späten Mittelalter. Jörg Peltzer stellt in seinem Beitrag die wesentlichen Etappen des wittelsbachischen Wirkens am Rhein im Hoch- und Spätmittelalter vor (S. 9-16). Behandelt werden die Schlüsselereignisse, die Erlangung der bayerischen Herzogswürde im Jahr 1180 und die Verleihung der Pfalzgrafenwürde im Jahr 1214 sowie der Vertrag von Pavia, der 1329 die Teilung der bayerischen und der rheinischen Linien markierte. Die erb- und machtpolitischen Probleme nach dem Tod Kurfürst Ludwigs IV. im Jahr 1449 und das Ende der älteren kurpfälzischen Linie mit dem Tod Kurfürst Ottheinrichs 1559 bezeichneten markante Daten der wittelsbachischen Geschichte im 15. und 16. Jahrhundert. Der Beitrag Thorsten Huthwelkers stellt die wittelsbachischen Grablegen in den Kontext der Alltags- und Mentalitätsgeschichte (S. 17-26). In der religiös bestimmten Lebenswelt des späten Mittelalters prägte die Sorge um das Seelenheil alle sozialen Gruppen. Zentrales Element der Heilssorge war das Gedenken, die Memoria, welche die dauerhafte Präsenz der Verstorbenen in der Gemeinschaft der Lebenden und der Toten sichern sollte. In dieser Vorstellung kamen dem Grab und dem Grabdenkmal wichtige Bedeutungen als Orte des Gedenkens zu. Der Autor stellt den Wechsel der wittelsbachischen Begräbnisorte vom ersten Auftreten der Dynastie im 11. Jahrhundert an dar und betont dabei die Bedeutung der Grablege in der Stiftskirche in Neustadt an der Weinstraße als Zeichen der Tendenz zur Verlagerung herrschaftlicher Grablegen in die Residenzstädte in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Dass König Ruprecht sich zu einem erneuten Wechsel der Grablege entschloss und die Heiliggeistkirche in Heidelberg für diese Funktion erwählte, sieht Huthwelker in dem Plan Ruprechts begründet, Heidelberg als kurpfälzischen Zentralort und als mögliche neue Hauptstadt des Reiches auszuzeichnen. Eine Stammtafel der Wittelsbacher schließt den Aufsatzteil ab.

Der Katalogteil stellt die drei wittelsbachischen Grablegen in Heidelberg, das Augustinerkloster, das Franziskanerkloster und das Heiliggeiststift, vor. Mit einer kurzen historischen Einordnung, einem Grundriss und grau unterlegten Textfeldern, die die Ordensgemeinschaften und einzelne Personen erläutern, wird ein Überblick zu den jeweiligen Institutionen gegeben. Der vierte Abschnitt des Katalogs präsentiert ausgewählte Schriftzeugnisse zu den Begräbnissen, was sich aus dem Titel ,Vom Sterbebett zum Begängnis' nicht direkt erschließt. Als ,Anhang' ist die Edition des Testaments der Pfalzgräfin Margarete von Bayern-Landshut von 1488 beigefügt, das sowohl für die Heilssorge als auch in den Verfügungen zum persönlichen Eigentum der Fürstin ein markantes Zeugnis der materiellen Kultur spätmittelalterlicher Fürstenhöfe darstellt.

Während es schlüssig erscheint, in einer Ausstellung den räumlichen Aspekt der Begräbnisse zu behandeln, wäre es der Darstellung der Memorialtopographie zugutegekommen, auch das überstädtische Netzwerk der Memoria zu thematisieren und so die Grablegen im erweiterten Kontext der Sakralkultur zu beleuchten. Es hätte nahegelegen, in der Stammtafel den persönlichen Daten die Angabe der Begräbnisorte hinzuzufügen, in der Gesamtkonzeption sind dessen unbenommen die ästhetisch ansprechende Gestaltung mit hochwertigen Abbildungen und die leichte Lesbarkeit der Texte hervorzuheben. Der Band stellt ein gelungenes Werk dar, das die wittelsbachischen Grablegen in Heidelberg über die Ausstellung hinaus erschließt und zu weiteren raumbezogenen Studien zur Sepulkralkultur anregt. Zur Mannheimer Großausstellung trägt der Band das unverzichtbare Thema der Jenseitsausrichtung mittelalterlicher Kultur bei.

By Carola Fey, Stuttgart

Titel:
Die Grablegen der Wittelsbacher in Heidelberg. Tod und Gedächtnis im späten Mittelalter.
Autor/in / Beteiligte Person: Fey, Carola
Link:
Zeitschrift: Rheinische Vierteljahrsblatter, Jg. 79 (2015-10-01), S. 331-332
Veröffentlichung: 2015
Medientyp: review
ISSN: 0035-4473 (print)
Schlagwort:
  • DIE Grablegen der Wittelsbacher in Heidelberg: Tod und Gedachtnis im spaten Mittelalter (Book)
  • HEPP, Frieder
  • PELTZER, Jorg
  • DEATH
  • NONFICTION
  • Subjects: DIE Grablegen der Wittelsbacher in Heidelberg: Tod und Gedachtnis im spaten Mittelalter (Book) HEPP, Frieder PELTZER, Jorg DEATH NONFICTION
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Language: German
  • Document Type: Book Review

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