Das nunmehr vorgelegte Register ist der Abschluss eines, gemessen am Umfang des Materials, äußerst zügig vorangetriebenen wissenschaftlichen Projekts, nämlich das der Edition der erhaltenen Ausgaberechnungen des argentier des burgundischen Herzogs Karl des Kühnen und seines Hofes für den Zeitraum von 1468 bis 1476. Die erste große Finanzordonnanz Karls des Kühnen hatte am 8. Februar 1468 die Einnahme- von der Ausgaben Verwaltung getrennt und letztere dem in dieser Form neugeschaffenen Amt des argentier anvertraut.
Das Register erschließt die drei vollständigen Rechnungen der Jahre 1468 (bearb. von Anke Greve und Émilie Lebailly, Comptes de l'argentier de Charles le Téméraire, Duc de Bourgogne, vol. 1, année 1468, Paris 2001), 1469 (dies., vol. 2, année 1469, Paris 2002) sowie 1470 (bearb. von Valérie B e s s e y, Véronique F1 a m m e η g und Émilie Lebailly, vol. 3/1 und 3/2, année 1470, Paris 2008). Ein Jahr später legte Valérie Bessey, die Bearbeiterin des vorliegenden Registers, zudem die Rôles mensuelles et fragments des années 1471-1475 der wissenschaftlichen Öffentlichkeit vor. Die Originalrechnungen des ersten und vierten Bandes werden heute in den Archives départementales du Nord zu Lille, das in den Bänden 2 und 3 edierte Material in den Archives générales du Royaume zu Brüssel aufbewahrt. Die Gesamtverantwortung des Projekts oblag Werner Paravicini, seinerzeit Direktor des Deutschen Historischen Instituts in Paris, der die Edition nicht nur anregte und intensiv wissenschaftlich begleitete, sondern auch die entscheidenden Kontakte zur Sicherstellung ihrer Finanzierung herstellte.
Das Register umfasst drei Teile, ein 160-seitiges Sachregister, ein ca. 120-seitiges Personen- und ein gut 50-seitiges Ortsregister, immer jeweils zweispaltig. Das Sachregister wurde -- unter Einarbeitung der den Einzelbänden beigegebenen Indices der Ämter und Funktionen und der im jeweiligen ,lexique' gebotenen Erläuterungen erklärungsbedürftiger Originalbegriffe -- von Grund auf neu erstellt, die beiden anderen Register fassen die entsprechenden Erschließungshilfen der einzelnen Bände zusammen, arbeiteten aber inzwischen gewonnene erhebliche Erkenntnisgewinne zur Identifizierung von Personen und Orten neu ein.
Das Register belegt ein weiteres Mal die profunde Materialkenntnis der Bearbeiterin, ihre Vertrautheit mit allen Aspekten des burgundischen Staatswesens, ihre tiefgehende Aneignung und Verarbeitung umfangreichen Spezialwissens, das die Rechnungen z.B. auch zu einer hervorragenden Quelle für viele Aspekte der damaligen gehobenen Alltagskultur macht. Valérie Bessey weiß souverän mit Fachbegriffen aus allen Lebensbereichen des bekanntermaßen reich ausgestatteten burgundischen Hofes und seiner Zeit umzugehen. Verwiesen sei hier z.B. auf die Ausrüstung und den Unterhalt der herzoglichen Armee und Flotte, auf das weite Feld der Verwaltung und Kommunikation mit z.B. einer über sieben Spalten laufenden Erschließung der zahlreichen Bedeutungen von lettre- das größte Lemma des Sachregisters. Der umfangreiche Komplex Kleidung und Textilverar- beitung verlangte der Bearbeiterin u.a. die Deutung verschiedener Stickereimuster ab -- die Herstel-lung eines großen komplizierten Ornaments begründete einen höheren Lohn als diejenige eines kleineren. Die Lebensbereiche Küche und medizinische Versorgung erforderten die Beschäftigung mit Pflanzen und Kräutern, die Bearbeiterin musste die im damaligen Bauwesen eingesetzten Materialien und Arbeitsmittel ebenso durchschauen wie die komplizierte Welt der liturgischen Kleidung und Geräte. Bis auf ganz wenige Ausnahmen gelang ihr die Klärung von Spezialbedeutungen und die sichere Entschlüsselung von ,Verballhornungen', und zwar in beiden Sprachen des burgundischen Staatswesens, denn neben dem Französischen des Hofes fanden auch zahlreiche Begriffe des niederländischen Sprachraums Eingang in die Rechnungen. Eine besonders komfortable Zugriffsmöglichkeit dürften zahlreiche Oberbegriffe oder auch Schlüsselworte bieten, die nach Möglichkeit alle zugehörigen Lemmata zusammenfassen und so dem Nutzer bei den allermeisten Fragestellungen eine eigene Durchsicht der Rechnungen ersparen.
Auch das Personenregister ermöglicht mit Hilfe eines detaillierten Verweissystems die zuverlässige Zuordnung der verschiedensten Namensformen, unter denen ein und dieselbe Person in den Rechnungen belegt sein kann. Das Personen- wie das Ortsregister führen zudem noch einmal in besonderer Weise den reichen Nutzen der edierten Rechnungen auch für weit über den engeren burgundischen Raum hinausweisende Fragestellungen vor Augen.
Es ist geplant, die gesamte Edition in absehbarer Zeit auch im Netz anzubieten. Für die Bände 1 und 2 konnte dies bereits umgesetzt werden (http://www.prosopographia-burgundica.org./), die Bände 3 und 4 sind in Vorbereitung und sollen dann auf den Internetseiten der Académie des Inscriptions et Belles-Lettres veröffentlicht werden.
By Claudia Rotthoff-Kraus, Aachen