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Rom 1312.

Eberl, Immo
In: Rheinische Vierteljahrsblatter, Jg. 81 (2017), S. 310-312
Online review

Rom 1312  SABINE PENTH, PETERTHORAU (Hg.): Rom 1312. Die Kaiserkrönung Heinrichs VII. und die Folgen. Die Luxemburger als Herrscherdynastie von gesamteuropäischer Bedeutung (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters. Beihefte zu J.F. Böhmer, Regesta Imperii 40), Köln, Weimar, Wien: Böhlau 2016, 489 S. ISBN: 978-3-41250140-2.

Der vorliegende Band veröffentlicht die auf dem in Rom anlässlich des 700-jährigen Jubiläums der Kaiserkrönung Heinrichs VII. im Jahr 2012 abgehaltenen Kolloquium vorgetragenen Beiträge. Das Kolloquium hat die Bedeutung der Luxemburger im Spätmittelalter für Europa aufgegriffen, die in der Forschung bislang zu wenig beachtet wurde. Der Band will daher -- wie schon zuvor das Kolloquium -- den aktuellen Forschungsstand im Hinblick auf die europäische Relevanz der luxemburgisehen Herrschaft bündeln und neue Forschungsergebnisse vorstellen, dabei aber auch Forschungslücken, neue Fragestellungen und Forschungsperspektiven aufzeigen. Nach der Einleitung Peter Thoraus über die Luxemburger, die die Entwicklung der Dynastie knapp zusammenfasst (S. 1-7), folgen die in zwei Teile geordneten Beiträge. Der erste Teil,Heinrich VII. und der Aufstieg der Luxemburger' umfasst sechs Beiträge, der zweite ,Die Luxemburger und Europa' 15 Beiträge, womit die Gewichtungen innerhalb des Bandes abgesteckt sind. Die Überschriften der beiden Teile erscheinen nur im Inhaltsverzeichnis. Der erste Teil sieht nach seinen Beiträgen den Aufstieg der Luxemburger ausschließlich im Wirken Heinrichs VII., wobei die Mitwirkung von dessen Bruder Erzbischof Balduin von Trier zu sehr an den Rand gedrängt wird. Der erste Schritt der Dynastie nach Osten mit dem Erwerb Böhmens durch Heinrich VII. (Robert Antonin, S. 9-21) war nicht durch die Tätigkeit der Zisterzienserchronisten Böhmens allein und die Rolle von Elisabeth als Ehefrau Johanns von Böhmen bestimmt, sondern vor allem durch die politischen Aktivitäten Heinrichs VII. für die Stärkung seines Hauses. Die folgenden Beiträge sind dem Romzug Heinrichs VII. und seiner Kaiserkrönung gewidmet. Nach der Untersuchung der materiellen und militärischen Vorbereitungen des Romzugs (Michel Pauly, S. 23-42) wird die Stellung der Guelfen und Ghibellinen insbesondere in Florenz und dessen Umkreis während des Romzugs näher besprochen (Peter H e r d e, S. 43-58). Der Romzug selbst wird in seinem italienischen Teil behandelt (Susanna P a s s i g 1 i, S. 59-74), während die Kaiserkrönung ausgehend von den Verhandlungen über das Datum, den Weg Heinrichs VII. in Rom, das von verschiedenen Adelsfamilien beherrscht war, und der Krönungszeremonie (Knut Gör ich, S. 75-111) abgehandelt wird. Das vom Misstrauen aller Beteiligten beherrschte Geschehen beweist die Probleme des gesamten Vorganges. Die Kaiserkrönung wird auch in den maas-moselländischen Quellen behandelt, wobei die Luxemburger als Kaiserdynastie vorgestellt werden (Michel M a r g u e, S. 113-130). Die Universalherrschaft des Kaisers in ihrer direkten Linie von der Krönung in Aachen über die Mailänder Krönung, die Kaiserkrönung und das Kreuzzugsprojekt kommt in einzelnen Quellen zum Ausdruck, wobei die Person Heinrichs VII. trotz seines frühen Todes in den Mittelpunkt gestellt wird. Der zweite Teil des Bandes beginnt mit der Memoria Heinrichs VII. Dazu werden die Schatzverzeichnisse des Domes von Pisa herangezogen (Johannes Tri ρ ρ s, S. 131-147). Das bereits 1314/1315 geschaffene Grabmal des Kaisers blieb bis ins 15. Jahrhundert ein Vorbild für fürstliche Grabmäler in Italien. Im Vergleich mit anderen Königsgrabmalen zeigt der Verfasser die in Pisa unvollständige Überlieferung und erörtert die Memoria im europäischen Vergleich. In eine völlig andere Richtung führt der Blick auf die Rechnungen und damit das Finanzwesen der Luxemburger (Mark Mersiowsky, S. 149-185). Der Beitrag belegt, wie wichtig die genaue Untersuchung der Originale sein kann, auch wenn gute Editionen vorliegen. Ebenso zeigt sich, dass eine Kulturgeschichte der spätmittelalterlichen Verwaltung wünschenswert wäre. Die wirtschaftlichen Entwicklungen im 14. Jahrhundert untersucht der folgende Beitrag (Bernd Fuhrmann, S. 187-206). Neben dem Agrarsektor werden die kommunale Wirtschaft und der Handel betrachtet, wobei die Entwicklungen in Mittel- und Osteuropa verglichen werden. Dabei werden die Verkehrswege, Energie, Bergbau und Zeitmessung näher betrachtet. Trotz der aufgezeigten Krise wird dabei abschließend das 14. Jahrhundert nicht als eine Krisenzeit, sondern als Zeit der Weiterentwicklungen und Innovationen bezeichnet. Der Beitrag ,Karl IV. und das Geld' (Stefan Weiss, S. 207-220) steuert eine Betrachtung des Kaisers als Unternehmer, Investor und Kaufmann bei und zeigt dabei den in nicht alltägliche Geschäfte verwickelten Herrscher in einer neuen Perspektive. Der folgende Beitrag ist den Luxemburgern und den Städte gewidmet (Ellen Widder, S. 221-257). Er bespricht die Themenkreise von Herrscher, Reich und Stadt, die rechtlichen Verhältnisse von Herrscher und Städten mit den Bezeichnungen Reichsstadt, Freie Stadt und landesherrliche Stadt, die wirtschaftlichen Aspekte im Verhältnis von Stadtherrn und Stadt, die Formen der Kommunikation und Interaktion sowie zuletzt die offenen Forschungsfelder. Die Verfasserin zeigt zahlreiche Einzelheiten in den Entwicklungen der Städte, so die Stadtwerdungen unbedeutender Orte, die Beteiligung Karls IV. an innerstädtischen Infrastrukturmaßnahmen, z.B. bei der Schaffung großer Plätze, der in Nürnberg das Judenviertel zum Opfer fiel, oder welche Personenkreise in den Städten mit dem Herrscher kooperierten. Weitgehend unerforscht sind die Orte der Macht, d.h. die Bauten und Räume, in denen sich der Herrscher bei seinen Aufenthalten in den Städten bewegte. Unter den Luxemburgern wanderte der Schwerpunkt des Reichs nach Osten. Prag und Ofen werden als Kaiserresidenzen in ihrer Bedeutung erschlossen (Peter E1 b e 1, S. 259-329), wobei die Herrscheritinerare weitgehend im Osten lagen, während die Hoftage überwiegend im Innern des Reiches stattfanden. Der Prager Hof und die Prager Kanzlei haben auch eine sprachhistorische Bedeutung für das frühe Neuhochdeutsch gehabt (Wolfgang H aubrichs, S. 331-347), wie sich aus den detaillierten Untersuchungen ergibt. Aber ebenso hat die Zeit der Luxemburger auch auf die Entwicklung der tschechischen Sprache und Literatur eingewirkt (Pavel Bohäü, S. 349-352). Sprache und gelehrte Bildimg hatten für die Luxemburger überhaupt eine herausragende Bedeutung (Eva Schlotheuber, S. 353-371). Neben die Sprachkenntnisse, die allein schon die Handlungsspielräume der Fürsten beeinflussten, traten die Lese- und Schreibkompetenz. Die Luxemburger hatten auf diesen Gebieten erhebliche Vorteile. Die Zusammensetzung der Führungsgruppen veränderte sich unter den Luxemburgern zwischen 1308 und 1436. In dieser Zeit traten neben die alten Eliten neue (Christian H e s s e, S. 373-387). Die Betrachtung erfasst dabei die Regierungszeiten Ludwigs des Bayern und Ruprechts von der Pfalz mit. Die Luxemburger zwangen die alten Eliten sich anzupassen. In den Städten stiegen neue Familien auf, die sich teilweise wie einzelne Niederadelige ein kostspieliges Rechtsstudium mit abschließendem Doktorgrad leisteten und sich damit neue Karrierechancen eröffneten. Ausgehend vom Königshof wurden die Mitglieder der neuen Führungselite auch in den territorialen Verwaltungen eingesetzt. Die anfänglich fließenden Abgrenzungen wurden im Laufe der Zeit immer fester. Die neuere Forschung befasst sich mit dem Herrscher als Diplomat. Dabei zeigt sich, dass die Luxemburger dadurch teilweise erhebliche Vorteile für ihre Politik erreichten. Sie haben damit eine Richtung vorgegeben, die über das Spätmittelalter weit hinausreichte (Martin Kintzinger, S. 389^08). Karl IV. und die luxemburgische Großpolitik zwischen 1346 und 1356 werden unter dem Eckpunkt,zwischen Autographie und Gesetzgebung' näher betrachtet (Pierre Monnet, S. 409^25). Dabei wird die Entwicklung Karls IV. zwischen Auctoritas und Autoritas gezeigt, die sich auf die verschiedensten Gebiete auswirkte. Die Heiratspolitik der Luxemburger (Amalie Fössel, S. 427-444) ist gut erforscht und diente insbesondere in der Zeit Johanns von Böhmen und Karls IV. als "Mittel von Machterhalt und Machterwerb". Die Niederlage König Sigismunds bei Nikopolis 1396 wird mit der Türkenabwehr als Argument der Einigung der Christenheit näher betrachtet (Martin Clauss, S. 445-474). Dabei kommt zum Ausdruck, dass Sigismund die großen und kulturell bedingten Diskrepanzen zwischen den an der Schlacht beteiligten Christen nicht überbrücken konnte. Der zwischen dem luxemburgischen Europa und dem Osmanischen Reich liegende Balkan stellt der Forschung noch immer neue Fragen (Mihailo Popovic, S. 445-474), so nach dem Drachenorden oder der Heirat einer Tochter Sigismunds mit dem osmanischen Sultan. Das Werk erschließt neue Perspektiven über die Entwicklungen im Zeitalter der Luxemburger und schafft eine Plattform für die künftige Forschung in vielen Einzelfragen.

By Immo Eberl, Ellwangen

Titel:
Rom 1312.
Autor/in / Beteiligte Person: Eberl, Immo
Link:
Zeitschrift: Rheinische Vierteljahrsblatter, Jg. 81 (2017), S. 310-312
Veröffentlichung: 2017
Medientyp: review
ISSN: 0035-4473 (print)
Schlagwort:
  • ROM 1312: Die Kaiserkronung Heinrichs VII. und die Folgen: Die Luxemburger als Herrscherdynastie von gesamteuropaischer Bedeutung (Book)
  • THORAU, Peter
  • PENTH, Sabine
  • CORONATIONS
  • NONFICTION
  • KINGS & rulers
  • ROME
  • Subjects: ROM 1312: Die Kaiserkronung Heinrichs VII. und die Folgen: Die Luxemburger als Herrscherdynastie von gesamteuropaischer Bedeutung (Book) THORAU, Peter PENTH, Sabine CORONATIONS NONFICTION KINGS & rulers
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Language: German
  • Document Type: Book Review
  • Geographic Terms: ROME
  • Full Text Word Count: 1261

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