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Riccarda Suitner, Die philosophischen Totengespräche der Frühaufklärung. (Studien zum achtzehnten Jahrhundert, Bd. 37.) Hamburg, Meiner 2016.

Hausmann, Frank-Rutger
In: Historische Zeitschrift, Jg. 306 (2018-04-01), Heft 2, S. 565-566
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Riccarda Suitner, Die philosophischen Totengespräche der Frühaufklärung. (Studien zum achtzehnten Jahrhundert, Bd. 37.) Hamburg, Meiner 2016 

Riccarda, Suitner, Die philosophischen Totengespräche der Frühaufklärung. Studien zum achtzehnten Jahrhundert, Bd. 37., 2016, Felix Meiner Verlag, Hamburg, 978-3-7873-3055-3, € 78,–

Totengespräche sind fiktive Dialoge unter verstorbenen historischen oder mythologischen Persönlichkeiten, die sich im Jenseits über aktuelle Ereignisse im Diesseits unterhalten. Als Ahnvater des Genres gilt Lukian von Samosata (* um 120 n. Chr., † vor 180 n. Chr.), Verfasser der „Νεκρικοὶ Διάλογοι“, die seit der Renaissance nachgeahmt werden und in Fontenelles „Nouveaux dialogues des morts“ (1683) ihren kongenialsten Nachfolger fanden. Die Autorin der vorliegenden Erfurter Dissertation (Betreuer Martin Mulsow) untersucht einen Komplex von Totengesprächen aus den Jahren 1729 bis 1734, die in der Tradition Lukians und Fontenelles, aber auch des Historiographen David Fassmann (1683–1744) stehen, dessen „Gespräche im Reiche der Toten“ von 1718–1739 in Serie publiziert wurden.

Alle untersuchten Dialoge erschienen anonym (oder unter Pseudonym), Flugschriften vergleichbar, und haben sich nur in geringer Stückzahl erhalten, meist mit anderem Schrifttum zusammengebunden. Als Gesprächspartner der Texte treten aus dem 17. Jahrhundert René Descartes, Gottfried W. Leibniz, Balthasar Bekker, aus dem 18. die vom Pietismus beeinflussten Christian Thomasius, August Hermann Francke, Johann Franz Budde, Nikolaus Hieronymus Gundling, Andreas Rüdiger, Johann Friedrich Mayer und Johann Wilhelm Petersen auf. Zur Sprache kommen insbesondere theologische, philosophische und staatswissenschaftliche Fragen.

Suitner stellt die These auf, dass die von ihr untersuchten Texte ein kohärentes Korpus bildeten. Das Quellenverzeichnis (S. 231–246) belegt die Verbreitung des Genres, das zu einem Wegbereiter der deutschen Aufklärung wurde. Einschlägige Themen wie die Philosophie Christian Wolffs, Spinozas und Leibniz’ werden in einen größeren Kontext gestellt, der die Bedeutung der mitteldeutschen Universitäten Jena, Halle und Leipzig unterstreicht. Buchwissenschaftliche Aspekte wie Herstellung und Vertrieb von Untergrundliteratur werden sachkundig behandelt. In der Mitte der Arbeit findet sich ein Abbildungsteil in bester Druckqualität. Die scharfsinnige Interpretation der materiellen Beschaffenheit der Dialoge (Kupferstiche, Einbände, Namenszeichnungen, Paginierung, Unterschiede einzelner Auflagen usw.) erlaubt es der Verfasserin, Hypothesen über die Entstehung und Verbreitung einzelner Dialoge aufzustellen.

Suitner hat eine material- und aspektreiche Studie vorgelegt, in der sie ihre hohe kulturwissenschaftliche Kompetenz unter Beweis stellt. Der Gegenstand mag zunächst peripher erscheinen, aber die Untersuchung dokumentiert, wie aufwändig eine ideengeschichtliche Arbeit ist, die Zuverlässigkeit beansprucht. Das methodische Vorgehen ist exemplarisch, denn jede Hypothese wird materiell unterlegt; Jargon wird vermieden und ist auch nicht nötig, da die Ergebnisse für sich sprechen. Sie werden zudem vom Verlag in vorzüglicher Drucktechnik und mit sorgfältiger Lektorierung präsentiert.

By Frank-Rutger Hausmann

Titel:
Riccarda Suitner, Die philosophischen Totengespräche der Frühaufklärung. (Studien zum achtzehnten Jahrhundert, Bd. 37.) Hamburg, Meiner 2016.
Autor/in / Beteiligte Person: Hausmann, Frank-Rutger
Link:
Zeitschrift: Historische Zeitschrift, Jg. 306 (2018-04-01), Heft 2, S. 565-566
Veröffentlichung: 2018
Medientyp: review
ISSN: 0018-2613 (print)
DOI: 10.1515/hzhz-2018-1149
Schlagwort:
  • DIE philosophischen Totengesprache der Fruhaufklarung (Book)
  • SUITNER, Riccarda
  • ENLIGHTENMENT
  • NONFICTION
  • Subjects: DIE philosophischen Totengesprache der Fruhaufklarung (Book) SUITNER, Riccarda ENLIGHTENMENT NONFICTION
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Language: German
  • Document Type: Book Review
  • Author Affiliations: 1 = Ihringen-Wasenweiler, Germany.
  • Full Text Word Count: 411

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