Zum Hauptinhalt springen

Schichtarbeiter vermehrt nachgefragt.

Beuthner, Andreas
In: Automobil-Produktion, 2018-12-06, Heft 12, S. 54-55
Online serialPeriodical

Schichtarbeiter vermehrt nachgefragt 

Technik & Produktion

Additive Manufacturing erzeugt Bau-teile Schicht für Schicht, statt Materialabzutragen. Nun beschnuppern auch Fahrwerkskonstrukteure die Möglich-keiten dieser Technologie - undsind erst einmal begeistert.

Dieser Stoßdämpfer ließ Materialspezial isten und Fertigungsplaner auf der diesjährigen Fachmesse Fakuma in Friedrichshafen aufhorchen: Die äußere Feder des Stoßdämpfers ist 40 mal sieben Zentimeter groß und besteht aus pulverförmigem thermoplastischem Polyurethan (TPU). Das Teil wurde mittels selektivem Lasersintern Schicht für Schicht in die gewünschte Form gebracht und zeichnet sich durch Elastizität und hohe Abriebfestigkeit aus. Auch alle anderen Komponenten stammen aus dem 3D-Drucker. "Mit herkömmlichen Produktionsverfahren wäre dieser komplexe Aufbau nur sehr schwer darstellbar gewesen", erläutert Lukas Breuers, Marketingmanager für 2D- und 3D-Druck bei Covestro, "ein Novum ist auch die Kombination verschiedener Werkstoffe mit unterschiedlichen, maßgeschneiderten Eigenschaften."

Der Hersteller von Hightech-Polymerwerkstoffen und Verfahren will mit dem vorgestellten Demonstrator auf die vielfältigen Möglichkeiten zur Erzeugung additiv gefertigter Bauteile hinweisen. Ein Meilenstein, so ist zu hören, sei die erfolgreiche Kombination verschiedener Herstellverfahren für die Stoßdämpferteile, darunter das Schmelzschichtverfahren (Fused Filament Fabrication, FFF) für die besonders robuste Stellschraube im Inneren des Stoßdämpfers und das Digital-Light-Processing-Verfahren, das ein flüssiges Polyurethanharz zu filigranen Luftkammern verarbeitet. Innovative 3D-Druckverfahren stehen nicht erst seit heute auf der Agenda der OEMs und ihrer Zulieferer. Der US-Automobilkonzern Ford hat Anfang des Jahres ein Patent für ein neues Leichtbau-3D-Druckverfahren eingereicht. Der Hersteller möchte mit dem additiven Fertigungsverfahren Bremsscheiben aus Aluminium fertigen, die nur noch die Hälfte der bislang hergestellten Bremsscheiben aus Gusseisen wiegen. Das Verfahren beruht auf einer Methode zur Lasermetallabscheidung (LMD) mit dem Namen Laser Depositing Welding (LDW). Mit der LWD-Technik wird neues Material zu einem vorgefertigten Trägermaterial hinzugefügt. Für die erforderliche Abriebfestigkeit sorgt ein Reibungsring, der mit Laser-Abscheidungsschweißen der Bremsscheibe hinzugefügt wird.

Der Weg in die Serie ist noch weit

Vom Wandel zu E-Mobilität und den Entwicklungsanstrengungen in Richtung autonomes Fahren profitiert besonders der 3D-Metalldruck. Das Additive Manufacturing (AM) hat bislang wegen zu hoher Kosten, einer aufwändigen Nachbearbeitung der Bauteile oder zu langer Produktionszeiten nur im Prototypenbau oder High-End-Segment Fuß gefasst, doch das ändert sich gerade: "Einzelne Möglichkeiten zur additiven Herstellung von Fahrwerkskomponenten, etwa im Bereich Radaufhängungen, konnten wir bei Projektarbeiten bereits aufzeigen, ein tatsächlich einsetzbares Fahrwerksbauteil wurde bei uns jedoch bisher noch nicht konstruiert oder gefertigt", sagt Eric Klemp, Geschäftsführer Voestalpine Additive Manufacturing Center (AMC) in Düsseldorf. Generell arbeite Voestalpine AMC im Bereich additive Manufacturing derzeit "an verschiedenen Ansätzen wie neuen Prozessketten, neuen Materialien, angepasster Nachbearbeitung und der Qualitätssicherung". Allerdings, so Klemp, sei der Weg in die Serie noch weit. Doch auch Volumenhersteller gehen in die Offensive: Volkswagen kooperiert mit dem US-amerikanischen Technologiekonzern HP in Sachen 3D-Metalldruck für die Serienproduktion. Dritter Partner bei der Kooperation ist der Bauteilproduzent GKN Powder Metallurgy, nach eigenen Angaben Weltmarktführer im Pulvermetallurgie-Sektor und einer der weltweit größten Produzenten von Metallpulver. BMW wiederum investiert mehr als zehn Millionen Euro in einen neuen Campus für Additive Fertigung in Oberschleißheim im Norden Münchens. Dort soll für individuelle oder auch Serienteile unabhängig von der Stückzahl jeweils die optimale Technologie und Prozesskette ausgelotet wer den.

Interview mit Marius Lakomiec, Consultant EOS Additive Minds

"Die Grundlage für die Integration additiver Fertigung ist gegeben"

E-Autos basieren auf radikal neuen Konzepten. Das eröffnet dem 3D-Druck vielfältige Möglichkeiten, sei es zur Herstellung einzelner Komponenten oder kompletter Baugruppen. Öffnen muss sich allerdings auch der Wissenshorizont.

Der Markt für additive Fertigung ist in Bewegung. Kann der Bereich der Fahrwerkskomponenten davon profitieren?

Ja, wobei man immer die einzelne Anwendung betrachten muss. Um zu entscheiden, ob ein 3D-Druckverfahren sinnvoll ist, schauen wir uns jedes Bauteil sehr genau an. Die richtige Teileauswahl ist das A und O. Es geht um Themen wie Qualitätskontrolle, Skalierbarkeit, Automatisierung, Bauteilklassen sowie natürlich Total Cost of Ownership. Grundsätzlich kommen alle schweißbaren Materialien auch für additive Technik in Frage. Als Materialien sind unterschiedliche Metalllegierungen, Kunststoffe und Verbundwerkstoffe verfügbar.

Welche Vorteile bieten in diesem Zusammenhang 3D-Drucklösungen?

Entwickler können Bauteile konstruieren, die mit konventionellen Methoden gar nicht oder nur mit erheblichem Aufwand machbar sind. Ich denke an Teile mit Hohlräumen, integrierten Funktionen oder komplexen geometrischen Strukturen. Bei der Materialauswahl beispielsweise ist Kunststoff auch für Strukturkomponenten interessant - und funktionaler Mehrwert macht additives Fertigen schnell sinnvoll. Große Chancen sehe ich auch bei der Produktindividualisierung. E-Autos basieren auf radikal neuen Konzepten. Das eröffnet dem 3D-Druck vielfältige Möglichkeiten. So befassen wir uns gerade zusammen mit einem Hersteller mit Achskomponenten für E-Autos. Es geht dabei auch um die Herstellung kompletter Baugruppen.

Wie lässt sich konventionelle Fertigungstechnologie mit additiver Technik vernetzen?

Natürlich nimmt der industrielle 3D-Druck Einfluss auf das Engineering und die Kon-struktion. Die Technologie hat einen Reifegrad erreicht, mit dem Komponenten und Endteile in Serie herstellbar sind. Das Potenzial, das sich bietet, ist enorm. EOS-Systeme beispielsweise lassen sich über eine offene OPC-UA-Schnittstelle mit vorhandenen MES/ERP-Anwendungen im Unternehmen verbinden, unterstützen aber auch neue digitale Marktplätze und IoT-Plattformen. Damit ist die Grundlage für eine tatsächliche Integration additiver Fertigung in industrielle Produktionsumgebungen gegeben. Alle gewonnenen Maschinen- und Produktionsdaten des AM-Prozesses sind so in Echtzeit nutzbar.

Wie unterstützen additive Fertigungstechniken den Leichtbau?

3D-Druck ermöglicht fertigungsgerechtes Konstruieren. Das ist ein großer Vorteil, der sich auch in den Zielsetzungen wie Gewichtsoptimierung niederschlägt. Ein Materialwechsel ist bei additiven Verfahren wesentlich einfacher als bei werkzeuggebundener Fertigungstechnik. EOS hat unter dem Namen Additive Minds den Bereich Beratung und Wissenstransfer in den letzten Jahren massiv ausgebaut. Das betrifft sowohl die Auswahl des richtigen Bauteils als auch die Optimierung beziehungsweise Neukonstruktion von Komponenten bis hin zur industriellen Produktionsplanung und Prozessvalidierung. (beu)

Marius Lakomiec: "Die richtige

Teileauswahl ist das A und O."

Es sind vor allem komplexe Strukturbauteile mit neuartigem Design, denen Technologieplaner Chancen in der Schichtbauweise einräumen.

"Durch die Kombination verschiedener Werkstoffe mit unterschiedlichen, maßgeschneiderten Eigenschaften lassen sich die Möglichkeiten additiver Fertigung und ihre Einsatzgebiete deutlich erweitern", erklärt Lukas Breuers, Marketingmanager für 2D- und 3D-Druck bei Covestro.

"Einzelne Möglichkeiten zur additiven Herstellung von Fahrwerkskomponenten, etwa im Bereich Radaufhängungen, konnten wir bei Projektarbeiten bereits aufzeigen", sagt Eric Klemp, Geschäftsführer Voestalpine Additive Manufacturing Center (AMC).

Bild: Covestro

Bild: Voestalpine

Bild: EOS

Komplexer Demons-trator: Der 3D-gedruckte Stoßdämpfer mit hoher Funktionalität wird mittels dreier Verfahren aus drei Werkstoffen gefertigt.

Bild: Covestro

Bild: EOS

DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten - verlag moderne industrie GmbH, Landsberg

Eine Dienstleistung des SZ-Archivs

By Andreas Beuthner

Titel:
Schichtarbeiter vermehrt nachgefragt.
Autor/in / Beteiligte Person: Beuthner, Andreas
Zeitschrift: Automobil-Produktion, 2018-12-06, Heft 12, S. 54-55
Veröffentlichung: 2018
Medientyp: serialPeriodical
ISSN: 0934-0394 (print)
Schlagwort:
  • SHIFT systems
  • MANUFACTURED products
  • FABRICATION (Manufacturing)
  • AUTOMOBILE parts
  • ECONOMIC demand
  • Subjects: SHIFT systems MANUFACTURED products FABRICATION (Manufacturing) AUTOMOBILE parts ECONOMIC demand
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Alternate Title: Shift workers increasingly in demand.
  • Language: German
  • Document Type: Article

Klicken Sie ein Format an und speichern Sie dann die Daten oder geben Sie eine Empfänger-Adresse ein und lassen Sie sich per Email zusenden.

oder
oder

Wählen Sie das für Sie passende Zitationsformat und kopieren Sie es dann in die Zwischenablage, lassen es sich per Mail zusenden oder speichern es als PDF-Datei.

oder
oder

Bitte prüfen Sie, ob die Zitation formal korrekt ist, bevor Sie sie in einer Arbeit verwenden. Benutzen Sie gegebenenfalls den "Exportieren"-Dialog, wenn Sie ein Literaturverwaltungsprogramm verwenden und die Zitat-Angaben selbst formatieren wollen.

xs 0 - 576
sm 576 - 768
md 768 - 992
lg 992 - 1200
xl 1200 - 1366
xxl 1366 -