Drew W. Billings, Acts of the Apostles and the Rhetoric of Roman Imperialism. 2017 Cambridge University Press Cambridge, 978-1-107-18785-6, $ 99,99
Die Apostelgeschichte ist schon oft mit Blick auf ihr Verhältnis zur römischen Herrschaft untersucht worden. Dass dabei allzu oft mit einer eher schlichten Dichotomie (pro- oder antirömisch) gearbeitet wurde, stellt Billings zu Recht heraus (S. 5–10). Sein eigener Ansatz nimmt für sich eine erhebliche Innovationskraft in Anspruch: Durch Einbeziehung des „multimedialen Kontextes" römischer Herrschaftsrepräsentation werde die Apostelgeschichte erstmals als Dokument provinzialer Rezeption römisch-imperialer Ideologie verständlich. Das im Entstehen begriffene Christentum habe seine Gründungsfiguren an ein spezifisch der Herrschaft Trajans zuzuordnendes Bild von Romanitas und Kaisertum angeglichen, weshalb Billings den Text auch in diese Zeit datieren möchte. Über weite Strecken bietet der Autor allerdings Altbekanntes. Lange Zitate aus der Forschungsliteratur und teilweise seitenlange Paraphrasen (bes. S. 176–186) konterkarieren die ständig wiederholte Behauptung außerordentlicher Originalität. Neu ist die Behauptung eines spezifisch trajanischen Kontextes für traditionelle Themen – Wohltäter, Frauen und Juden in der Apostelgeschichte – sowie, damit verbunden, der Vergleich von Apostelgeschichte mit der Trajanssäule in Rom. Dass beide eine kontinuierliche Darstellung von Handlungssequenzen bieten, viele Details enthalten und ihren Protagonisten eine allgemeine Vorbildfunktion zuschreiben (S. 38–51), ist für Billings Grund genug, die Trajanssäule als von ihm entdeckten Schlüssel zum Verständnis der Apostelgeschichte zu werten. Text und Säule seien auf dieselben Rezipientenerwartungen hin entworfen; die Apostelgeschichte und die römisch-imperiale Propaganda erscheinen so in ihren wesentlichen Argumentationsstrategien deckungsgleich.
Das ist an sich ein interessanter Ansatz, und man wird Billings auch darin zustimmen müssen, dass historische Studien zur römischen Reichsideologie Schwierigkeiten damit haben, der Omnipräsenz von Bildern in Rom und den Provinzen gerecht zu werden. Die hier und auch sonst (etwa zum Frauenbild) notierten Parallelen zwischen der Apostelgeschichte und der bildlichen Darstellung des Dakerfeldzuges sind jedoch äußerst allgemein und können daher keine belastbaren Zusammenhänge stiften. Die Besonderheit des trajanischen Herrschaftsbildes dürfte Billings zudem überschätzen; nicht für jeden Kaiser ist eben ein Text wie der Panegyricus des Plinius erhalten. Wohltäter und von Männern dominierte Frauen gab es zudem gewiss auch in der Zeit Domitians oder Hadrians. Die entsprechenden Analysen erschöpfen sich zumeist in der Wiederholung bekannter Beobachtungen und ihrer Verbindung mit vermeintlich spezifisch trajanischen Trends. Wo es einmal konkreter wird, im Judenkapitel, schließt das Argument eine Datierung vor 117 n. Chr. (dem letzten Herrschaftsjahr Trajans) eigentlich aus (S. 157 zur Bedeutung des Diasporaaufstandes). Hier und auch sonst gelingt es Billings nicht, die zuletzt häufiger vertretene Datierung der Apostelgeschichte in die hadrianische Zeit plausibel zu demontieren. Zahlreiche Flüchtigkeitsfehler in der Textgestaltung bestätigen den insgesamt negativen Eindruck.
By Benedikt Eckhardt
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