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Leichtgewicht: Kleine E-Mobile haben mit Blick auf die Mobilität in Städten große Chancen. Die Kombination aus superleichter Fahrzeugarchitektur, sicherer Verbindungstechnik und Betriebsfestigkeit muss passen.

In: Automobil-Produktion, 2019-09-06, S. 1-1
Online serialPeriodical

Projekt Urban EV Leichtgewicht: Kleine E-Mobile haben mit Blick auf die Mobilität in Städten große Chancen. Die Kombination aus superleichter Fahrzeugarchitektur, sicherer Verbindungstechnik und Betriebsfestigkeit muss passen 

Kleine Dimensionen, geringes Gewicht, reichlich Reichweite und viel Sicherheit – so könnte die Formel für das Elektromobil lauten, das im Rahmen des von der Europäischen Union geförderten Forschungsprojekts Urban EV entstand. Die Zielvorgabe für die Beteiligten war nichts Geringeres, als ein preiswertes und sicheres zweisitziges Elektromobil mit sehr leichter Fahrzeugarchitektur zu entwickeln. Das maßgeblich am Projekt beteiligte Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit (LBF) stand vor der Herausforderung, ein durchgängiges Konzept zur Betriebsfestigkeitsbewertung ausgesuchter Komponenten und Baugruppen zu entwickeln und umzusetzen. „Für kleine Elektrofahrzeuge sind bislang wenige Bemessungsdaten für eine Betriebsfestigkeitsbewertung verfügbar. Wenn die Lebensdauerabsicherung kritischer Fahrzeugkomponenten in den Prozess der Fahrzeugentwicklung integriert werden soll, ist es deshalb wichtig, die Betriebsfestigkeitsversuche durch numerische und experimentelle Spannungsanalysen zu validieren“, sagt LBF-Experte und Gesamtprojektleiter Klaus Lipp. Für leichte drei- und vierrädrige Kraftfahrzeuge der Klasse L5e beziehungsweise L7e würden selbst große OEMs über keine Auslegungsund Bemessungsdaten verfügen, so Klaus Lipp. Dafür verfüge das LBF über umfangreiche Radlastbibliotheken und skalierbare Bemessungssätze. Diese seien sehr hilfreich gewesen, um realistische Lastannahmen für ein solches Fahrzeug abzubilden.

Die Betriebsfestigkeitsprüfungen für kleine Stromer unterscheiden sich von jenen für herkömmliche Fahrzeuge. Klaus Lipp: „Aufgrund des eher ungünstigen Verhältnisses von Leergewicht und zulässigem Gesamtgewicht ergeben sich aus Einzelereignissen teilweise sehr hohe Lasten, die in Verbindung mit den gezielten Leichtbaumaßnahmen auch zur lokalen Plastifizierung führen können.“ Daher sei der Begriff der „Schädigung“ im Rahmen der Betriebsfestigkeitserprobung bei solchen Fahrzeugen deutlich zu erweitern und auch die Wechselwirkung zwischen örtlicher Plastifizierung und Bauteillebensdauer gezielt zu behandeln, erläutert Lipp gegenüber Automobil Produktion.

Um Masse im Zweisitzer einzusparen, braucht es eine leichte Rahmenstruktur. Sie besteht aus Aluminiumleichtbauprofilen, die über Knotenteile aus Magnesiumguss miteinander verbunden sind. Für die Verbindung verschiedener Materialien brachte Projektpartner PSTproducts in Alzenau seine Expertise in Form der sogenannten elektromagnetischen Pulstechnologie ein. Bei dieser kurz EMPT genannten Verbindungstechnik handelt es sich um ein berührungsloses Fügeverfahren für elektrisch leitfähige Materialien.

Sie komme in der Serienproduktion im Bereich Aggregate zum Einsatz, berichtet Ralph Schäfer, der bei PSTproducts die Abteilung Entwicklung und Konstruktion leitet. Derzeit entstünden immer mehr Anwendungen im Bereich der Energieübertragung in Elektrofahrzeugen. Schäfer: „Erkenntnisse aus den Serienanwendungen und aus Urban EV konnten zur Definition einer Standardfügegeometrie herangezogen werden, die vor allem im Fahrwerksbereich zur Produktion höchstfester, wirtschaftlich produzierbarer Leichtbauanwendungen verwendet wird.“ EMPT-Crimpen empfiehlt sich laut dem Fügetechnikexperten vor allem für extrem belastbare Verbindungen zwischen Metallen mit unterschiedlichen Schmelzpunkten. Da mit EMPT keine Wärme in die Bauteile eingebracht werde, erfolge etwa beim Fügen hochfester Aluminiumlegierungen keine Festigkeitsreduktion, wie dies sonst oft bei thermischen Fügeverfahren der Fall sei. Schäfer betont: „EMPT-Crimpungen benötigen keine nennenswerte Fügestellenvorbereitung.“ Teure Reinigungsprozesses können dabei entfallen. Laut PSTproducts liegt die Festigkeit einer EMPT-Crimpung in der Regel im Bereich der Materialfestigkeit der Fügepartner.

Bereits in Voruntersuchungen konnten die LBF-Wissenschaftler nachweisen, dass die Crimp-Verbindungen die im Betrieb auftretenden zyklischen Beanspruchungen zuverlässig ertragen. Als hoch beanspruchte Komponente der Rahmenstruktur mit Crimp-Verbindung unterzog das Forscherteam den A-Knoten Lebensdaueruntersuchungen unter kombinierter Biege- und Torsionsbeanspruchung mit konstanten und variablen Amplituden. Dabei kam ein LBF-eigenes standardisiertes Lastprogramm zum Einsatz. Versuche hätten die guten Ergebnisse der Lebensdaueruntersuchungen an den Proben später bestätigt, ebenso die abschließend beim Projektpartner Cidaut in Spanien vorgenommenen Crashtests, hört man von den LBF-Experten. Neben der Rahmenstruktur wurde vom LBF zudem die klappbare Hinterachse des Fahrzeugs in die Lebensdaueruntersuchungen einbezogen. „Die Herausforderung aller Betriebsfestigkeitsuntersuchungen bestand darin, ein durchgängiges Konzept zur Betriebsfestigkeitsbewertung für die betrachteten Bauteile zu erstellen. Dazu gehört, relevante Lastrichtungen festzulegen, geeignete Lastdaten bereitzustellen, Maßnahmen zur Versuchszeitverkürzung abzuleiten sowie eine Lebensdauerabschätzung vorzunehmen“, beschreibt Fraunhofer-Mitarbeiter Thorsten Voigt das Vorgehen. Er hat alle Bauteilversuche betreut. Sein Kollege Lipp ergänzt: „Aufgrund der schwierigen Verfügbarkeit von Lastund Bemessungsannahmen für solche Fahrzeuge lag ein Hauptaugenmerk auf der Entwicklung und Anwendung eines durchgängigen Konzeptes für die Absicherung der Bauteillebensdauer – hier auch unter Berücksichtigung der besonderen Problematik hinsichtlich der Korrosionseffekte gerade bei den Leichtmetallwerkstoffen.“

Zu den nächsten Schritten sagt Fügetechnikexperte Schäfer: „PSTproducts hat die gewonnenen Erkenntnisse bereits in einer Reihe industrieller Fügeaufgaben umgesetzt.“ Weitere Serienfertigungsanlagen für Strukturbauteile, auch im Non-Automotive-Bereich, stünden kurz vor der Auslieferung zum Endkunden. Wie Fraunhofer-Experte Klaus Lipp berichtet, will die Firma Casple aus Spanien das Fahrzeug gerne bis zur Serienreife weiterentwickeln. Die Suche nach Sponsoren läuft.

Fotos: Frauenhofer LBF

PHOTO (COLOR): Mit einer ultraleichten Fahrzeugstruktur will das Fraunhofer IBF elektrische Stadtflitzer preiswert und sicher machen

PHOTO (COLOR): Ein Halbachsmodul mit applizierten Dehnungsmessstreifen half beim Ergebnisabgleich der numerischen Spannungsanalyse

Redakteur Götz Fuchslocher

Titel:
Leichtgewicht: Kleine E-Mobile haben mit Blick auf die Mobilität in Städten große Chancen. Die Kombination aus superleichter Fahrzeugarchitektur, sicherer Verbindungstechnik und Betriebsfestigkeit muss passen.
Zeitschrift: Automobil-Produktion, 2019-09-06, S. 1-1
Veröffentlichung: 2019
Medientyp: serialPeriodical
ISSN: 0934-0394 (print)
Schlagwort:
  • EUROPEAN Union
  • AUTOMOBILE equipment
  • ELECTRIC vehicles
  • SERVICE life of automobiles
  • COMMERCIAL product testing
  • Subjects: EUROPEAN Union AUTOMOBILE equipment ELECTRIC vehicles SERVICE life of automobiles COMMERCIAL product testing
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Alternate Title: Lightweight: Small e-mobiles have great opportunities for urban mobility. The combination of superlight vehicle architecture, secure connection technology and durability must fit.
  • Language: German
  • Document Type: Article
  • Full Text Word Count: 739

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