Digitalisierung
H ochverfügbarkeit, vernetzte Produktion, intelligente Maschine, künstliche Intelligenz, Automatisierung, additive Fertigung, Multi-Tasking – das sind die Schlagworte, die die Branche umtreibt und einen wesentlichen Teil der Präsentationen auf der kommenden EMO bestimmen.
Die Großveranstaltung sieht sich nicht nur als reine Produktausstellung, sondern will auch Orientierung über die nächsten Entwicklungsschritte in der Branche geben.
So sieht es auch Carl Martin Welcker, Generalkommissar der EMO Hannover 2019: „Bereits die vergangene EMO Hannover hat gezeigt, dass Industrie 4.0 in der Werkzeugmaschinenindustrie angekommen ist. Das führen wir fort, indem wir den Fokus auf den nächsten Entwicklungsschritt in der Produktion legen, nämlich die technischen Möglichkeiten von Digitalisierung und Vernetzung. Das heißt nicht, dass wir künftig nicht mehr daran arbeiten werden, Maschinen und Prozesse im klassischen Sinne zu optimieren. Ich bin jedoch überzeugt davon, dass Quantensprünge in Produktivität, Qualität und Zuverlässigkeit vor allem aus den neuen Technologien erwachsen werden.“
Welcker, ebenfalls amtierender Präsident des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlangenbau (VDMA), sieht in dem Transformationsprozess der Mobilität allerdings reale Chancen für den Maschinenbau. Noch bleibe den Unternehmen Zeit, um die Transformation erfolgreich zu gestalten, um Geschäftsmodelle und Technologien anzupassen.
Einer der wichtigen Trends ist ganz offenbar die additive Fertigung – 70 Aussteller haben dazu Präsentationen im Gepäck. Und in diesem Jahr gibt es außerdem erstmals den additive manufacturing circle. Er zeigt die gesamte Prozesskette der additiven Fertigung.
Jürgen Förster von AMF bringt es so auf den Punkt: „Die additive Fertigung hat nun nach und nach das Stadium der Prototypenfertigung verlassen und erobert im Moment die Serienfertigung. Druckprozesse und die Nachbearbeitung werden zunehmend standardisiert. Wiederholgenaue Präzision und Prozesssicherheit stehen hier im Fokus.“
Auch für Trumpf ist der 3D-Druck eine wichtige Säule. Für die Medizintechnik stellt das Unternehmen Druckverfahren zur Verfügung, mit denen sich individuelle und passgenaue Implantate herstellen lassen. Individualisierung und Kleinstserien erfordern generell ein Höchstmaß an Flexibilität von den neuen Maschinen. Vor diesem Hintergrund sind auch Entwicklungen wie das Multitasking zu sehen, das unterschiedliche Verfahren auf einer Maschine ermöglicht.
Und für die Zukunft soll mit umati eine Hochsprache für die vernetzte Fertigung zur Verfügung stehen. Je einfacher Maschinen Informationen austauschen, desto effizienter arbeiten sie. Gemeinsam mit 17 Projektpartnern hat der Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken (VDW) deshalb umati (universal machine tool interface) entwickelt. Damit hat die Werkzeugmaschinenindustrie die Initiative ergriffen, um die Vernetzung in der Produktion voranzutreiben. umati erlaubt den Datenaustausch von Maschinen aller Fabrikate mit übergeordneten IT-Systemen, um sie analysieren und auswerten zu können. Offene Schnittstellen und einheitliche Spezifikationen, über die Maschinen beliebig in bestehende Infrastrukturen und Ökosysteme eingefügt werden können, verkürzen die Entwicklungszeit, beschleunigen die Inbetriebnahme, machen die Kunden unabhängig und erlauben dem Anbieter, neue Geschäftsmodelle auf der Basis von Datenanalysen zu entwickeln. Dieser Standard soll nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt gelten. rso
Meine Meinung
Im Vergleich zu 2017 stieg der Anteil asiatischer Aussteller der diesjährigen EMO von 21 auf 31 Prozent. Ganze 56 chinesische und 34 taiwanesische Aussteller sind hinzugekommen. Zwar wurde im Vorfeld auf der „EMO-World-Tour“ mit 17 Pressekonferenzen in ganz Asien kräftig die Werbetrommel gerührt und sicher der ein oder andere Aussteller gewonnen. Denkbar wäre aber auch, dass dieser Zuwachs sich aus chinesischen Akquisitionen speist. Ragna Sonderleittner
Stimmen aus der Branche
„Das Zukunftsprojekt Industrie 4.0 nimmt bereits heute deutliche Formen an. Wird es konsequent weiterverfolgt, so ergeben sich hieraus große Chancen, gerade für die Werkzeugmaschinenhersteller. Der damit verbundene Anspruch an eine hochvernetzte Produktion, kombiniert mit den Zielen Energieeffizienz und kompakte Bauweise, erhöht zugleich die Ansprüche an die Komponentenlieferanten, beispielsweise im Bereich der Energiezuführung. Dazu zählen Produkte wie hochflexible Leitungen und Energieketten, die eine störungsfreie Datenübertragung gewährleisten. Die Digitalisierung eröffnet dabei ganz neue Möglichkeiten. Intelligente Sensoren messen beispielsweise den Verschleiß von Energieketten, Leitungen, Rundtischlagern oder Linearführungen in der Werkzeugmaschine. Die sogenannte ‚vorausschauende Wartung‘ ermöglicht so eine kontinuierliche Zustandsüberwachung der Werkzeugmaschine. Gewartet und ausgetauscht wird nur dann, wenn es wirklich notwendig ist. Mit dem neuen Kommunikationsmodul icom.plus, das wir auf der EMO zeigen, kann der Kunde jetzt entscheiden, in welcher Form er die gewonnenen Daten der Sensoren in seiner IT-Infrastruktur einbinden möchte. Von einer Offline-Version für restriktive Umgebungen bis hin zur Anbindung der Werte an den igus-Server, zur automatischen Ersatzteilbestellung, ist es dem Anwender frei möglich, seine Daten zu integrieren und auszulesen.“
Lukas Czaja, Igus
„Die digital unterstützte Fertigung bietet hohes Potenzial für unsere Kunden. Mit unseren modularen Softwarelösungen aus dem SmartLine-Programm können sie die Leistungsfähigkeit ihrer Bearbeitungszentren noch besser ausschöpfen und so ihre Produktivität steigern. Auf der EMO stehen neben dem Bediensystem TouchLine die neuen Module ConditionLine und ProtectLine im Mittelpunkt. Beide schaffen hohen wirtschaftlichen Mehrwert für den Anwender. Mit ConditionLine lassen sich Wartung und Reparaturen zustandsbasiert und damit gezielt planen. ProtectLine schützt die physische Maschine mit Hilfe eines digitalen Zwillings präventiv vor Kollisionen. Außerdem zeigen wir die Anbindung unserer neuen Chiron DZ 16 W five axis an die universelle umati-Schnittstelle. Die Mitarbeit in Initiativen, wie die des VDW für vernetzte Fertigung, ist ein wichtiger Teil unserer Aktivitäten im Rahmen der Chiron-Group-Digitalisierungsoffensive.“ Markus Flik, Chiron Group
„Die Automatisierung ist nach wie vor das Thema, mit dem wir uns bei AMF intensiv beschäftigen. Hierzu gehören viele Bereiche, die über das klassische Portfolio eines Spanntechnikherstellers hinausgehen. Mit unserer Funksensorik zum Beispiel tauchen wir sehr tief in die Bereiche Industrie 4.0 und Digitalisierung ein und machen eine digitale Visualisierung sowie Verarbeitung des Spannprozesses möglich. Außerdem treibt natürlich die additive Fertigung die gesamte Branche ungemein um. Diese hat nun nach und nach das Stadium der Prototypenfertigung verlassen und erobert im Moment die Serienfertigung. Druckprozesse und die Nachbearbeitung werden zunehmend standardisiert. Wiederholgenaue Präzision und Prozesssicherheit stehen hier im Fokus. Mit unserer Nullpunktspannsystem ‚Zero-Point‘ bieten wir unseren Kunden in diesem Bereich bereits eine Lösung für eine einheitliche Schnittstelle über den klassischen Druckprozess hinaus. Rüstzeiten bei dem Post-Processing sind allgegenwärtig und können enorm reduziert werden. Bei AMF haben wir bereits schon lange ein Team speziell für die additive Fertigung ins Leben gerufen, das sich intensiv mit den Anforderungen und Bedürfnissen in diesem Bereich beschäftigt. Auf unserem Hauptstand zeigen wir unser Portfolio der Spanntechnik sowie der Automatisierung. Dort erwartet den Besucher auch eine unserer größten Neuheiten in diesem Jahr zum Thema Paletten- und Werkstückhandling – mehr wollen wir da aber noch nicht verraten.“
Jürgen Förster, AMF Andreas Maier
„Unserer Meinung nach ist ein aktuell wichtiger Trend und damit auch eine wesentliche Anforderung unserer Kunden die maximale Verfügbarkeit von Maschinen ‚rund um die Uhr‘ für möglichst viele Jahre. Zum einen trägt dazu natürlich die Automatisierung einer Werkzeugmaschine bei. Dazu zählen insbesondere Lösungen für die Paletten- und Werkstückautomation sowohl in Verbindung mit Einzelmaschinen als auch in flexiblen Fertigungssystemen mit mehreren Werkzeugmaschinen. Zum anderen bietet Heller ein umfassendes Programm an Dienstleistungen über den gesamten Lebenszyklus einer Maschine. Auf der EMO 2019 präsentieren wir an zwei von drei Bearbeitungszentren eine Paletten- und eine Roboterautomationslösung, ergänzt um das Thema Dienstleistungen unter anderem auch mit Industrie-4.0-Anwendungen.“
Manfred Maier, Heller
„Unter dem globalen Wettbewerbsdruck und demographischen Wandel sind Unternehmen in ihrer Fertigung gezwungen, intelligente Maschinen einzusetzen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Das Potenzial, welches die neuen intelligenten Technologien in Werkzeugmaschinen eröffnen, ist noch lange nicht ausgeschöpft. Soraluce reagiert mit seiner kundenorientierten Ausrichtung und der Produktphilosophie #MadeForYOU auf diesen Trend. Zwei der vier Kernthemen von #MadeForYOU mit ‚Die intelligente MaschinePlus‘ mit bahnbrechenden Zerspanungslösungen und ‚Präzision, jetzt macht jeder Kunde sein Meisterstück‘ werden auf der EMO präsentiert.“ Andreas Lindner, Bimatec Soraluce
„Unter dem EMO-Motto ‚Smart technologies driving tomorrow‘s production!‘ ist aus Sicht der Liebherr-Verzahntechnik GmbH der Schwerpunkt die ‚Digitalisierung und Automation‘. Die Liebherr-Verzahntechnik GmbH reagiert auf diesen Trend mit einem neuen, touchbasierten Bedienpult für Verzahnmaschinen. Durch die Integration der Wenzel GearTech GmbH kann Liebherr in Zukunft auch ‚Closed-Loop‘-Lösungen beim Schleifen und Messen von Verzahnungen aus einem Haus anbieten. Im Bereich der Automation bietet Liebherr Verknüpfungen von Automationslösungen mit Bin Picking, Stapelzelle und AGV an.“ Thomas Weber, Liebherr Verzahntechnik
„Trumpf gestaltet die wichtigsten Zukunftstrends der industriellen Produktion maßgeblich mit – von künstlicher Intelligenz über Elektromobilität bis hin zum 3D-Druck. Auf der EMO 2019 steht die additive Fertigung im Fokus. Wir zeigen mit Anwendungsbeispielen aus der Medizintechnik oder der Luft- und Raumfahrt, wie die Technologien verschiedenste Industriebranchen vorantreiben und welche Rolle die Digitalisierung dabei spielt.“ Thomas Fehn, Trumpf Additive Manufacturing
„Mit umati gelingt ein Quantensprung in der Umsetzung von Industrie 4.0 in der Produktion. Der Einsatz einer standardisierten Schnittstelle wird den Nutzen für Werkzeugmaschinenanwender und ihre Kunden in neue Dimensionen katapultieren. Rund 50 Werkzeugmaschinenhersteller aus aller Welt werden gemeinsam zeigen, wie man mit umati Maschinendaten verwertbar machen kann.“ Alexander Broos, umati, VDW
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