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Atmosphären, Situationen und der Sport. Ein neophänomenologischer Beitrag zur soziologischen Atmosphärenforschung.

Gugutzer, Robert
In: Zeitschrift für Soziologie, Jg. 49 (2020-10-01), Heft 5/6, S. 371-390
Online academicJournal

Atmosphären, Situationen und der Sport. Ein neophänomenologischer Beitrag zur soziologischen Atmosphärenforschung  Atmospheres, Situations, and Sport: A Neophenomenological Contribution to Sociological Atmosphere Research 

Der Text liefert einen Beitrag zur gerade erst sich entwickelnden soziologischen Atmosphärenforschung. Theoretische Grundlage hierfür ist die Neue Phänomenologie von Hermann Schmitz. Deren Stärke besteht zum einen in einem präzisen Atmosphärenbegriff, der die pathische Dimension von Atmosphären in den Mittelpunkt rückt, zum anderen in einem weiten Situationsbegriff, der über mikrosoziale Interaktionskontexte hinausweist. Anknüpfend an Schmitz lautet die zentrale These des Textes, dass Atmosphären immer in Situationen eingebettet sind. Die soziologische Fortführung dieser These besteht darin, Atmosphären ausgehend von gemeinsamen Situationen zu analysieren. Zentrales Ziel des Beitrags ist es daher, systematisch darzulegen, auf welche Weise Atmosphären in gemeinsame Situationen eingebunden sind. Dies geschieht in drei Schritten: Erstens auf einer begrifflichen Ebene, zweitens anhand einer Typologie von Situationen, die zur Identifikation und differenzierten Beschreibung von Atmosphären dient, sowie drittens mit Hilfe eines Fallbeispiels, das die Vermittlung von Situation und Atmosphäre konzeptionell erweitert. Als empirisches Bezugsfeld dient hierbei der Sport. Damit soll die soziologische Sportforschung für den Untersuchungsgegenstand „Atmosphären" sensibilisiert werden, sind Atmosphären in diesem Forschungsfeld doch ein nahezu unbekanntes Thema. Vor allem aber haben die Ausführungen zu den situierten Atmosphären des Sports den Zweck, die empirische Evidenz der theoretischen Überlegungen nachzuweisen.

The paper makes a contribution to the nascent sociological research on atmospheres. The theoretical basis for this research is the new phenomenology of Hermann Schmitz. Its strength lies in a precise concept of atmosphere that focuses on the pathic dimension of atmospheres on the one hand, and on a broad concept of situation that transcends microsocial interaction contexts on the other. With reference to Schmitz, the central thesis of the article is that atmospheres are always embedded in situations. The sociological continuation of this thesis consists in analyzing atmospheres on the basis of joint situations. The central aim of the paper is therefore to show systematically how atmospheres are integrated into joint situations. This is done in three steps: first, on a terminological level; second, on the basis of a typology of situations that serves to identify and describe atmospheres in a differentiated way; and third, with the help of a case study that conceptually expands the mediation of situation and atmosphere. Sport serves as an empirical field of reference for the study. The intention in doing so is to sensitize sociology of sport to the research area of "atmospheres", since atmospheres are an almost entirely unknown topic in this field of research. Above all, however, the observations on the situated atmospheres of sport have the purpose of providing empirical evidence for the theoretical considerations.

Keywords: Atmosphäre; Situation; Neue Phänomenologie; Neophänomenologische Soziologie; Atmosphärensoziologie; Sportsoziologie; Atmosphere; New Phenomenology; Neophenomenological Sociology; Sociology of Atmospheres; Sociology of Sport

Danksagung Ich danke den Gutachter*innen und Herausgeber*innen für ihre ausgesprochen hilfreichen Anmerkungen zum Originalmanuskript.

1 Einleitung

Atmosphären waren für die Soziologie lange Zeit kein relevanter Untersuchungsgegenstand, eine soziologische Atmosphärenforschung bis vor Kurzem quasi inexistent. Das darf insofern überraschen, als es im Alltagsleben reihenweise Situationen gibt, die mit dem Ausdruck „Atmosphäre" beschrieben werden. Menschen sagen, dass sie eine angenehme Arbeitsatmosphäre und eine konstruktive Gesprächsatmosphäre schätzen, dass sie sich vor einer unangenehmen Prüfungsatmosphäre fürchten und die steife Atmosphäre auf offiziellen Empfängen verabscheuen, dass sie die gemütliche Atmosphäre in ihrer Wohnung lieben und sich auf die friedliche Atmosphäre ‚zwischen den Jahren' freuen, dass ihnen an ihrem Stammlokal besonders die coole Atmosphäre gefällt und ihnen die nicht vorhandene Atmosphäre bei „Geisterspielen" im Fußball missfällt. Unzählige weitere alltägliche Atmosphärenbeispiele ließen sich anführen. Dass all diese Atmosphären kulturell und sozial gerahmt sind und als „Hintergrundgefühle" ([89] 2011) bzw. als „affective background" ([86] 2015: 62) das individuelle Denken und Erleben wie auch das soziale Handeln und Interagieren der Menschen beeinflussen, dürfte unstrittig sein. Allein aus diesem Grund hätten sie längst das soziologische Interesse wecken können oder gar müssen.

Dies wäre aber auch deshalb zu erwarten gewesen, weil Atmosphären bzw. atmosphärenähnliche Phänomene bereits von den Klassikern der Soziologie thematisiert worden waren, wenn auch nur am Rande. Erinnert sei zum Beispiel an Karl Marx' Rede auf der Jahresfeier des People's Paper" in London am 14. April 1856, in der er von einer „revolutionären Atmosphäre" in Europa sprach, die seiner Ansicht nach allerdings nur von den wenigsten Menschen empfunden werde ([55] & Engels 1961: 3; siehe dazu [3] 2009: 77 f.). Man denke auch an Émile Durkheims Beobachtung, dass Menschen in Situationen „kollektiver Efferveszenz" zu Handlungen fähig seien, zu denen jeder Einzelne allein nicht imstande ist ([16] 1994: 289; vgl. auch [103] 2018), oder an Georg Simmels Beschreibung des „großstädtischen Seelenlebens" zu Beginn des 20. Jahrhunderts als ein Klima der Nervosität und Distanziertheit ([88] 2008; siehe dazu [34] 2003: 183 f.). Atmosphärische Zeitdiagnosen dieser Art finden sich ebenfalls in soziologischen Publikationen der Gegenwart. So spricht zum Beispiel Hartmut Rosa davon, dass Atmosphären und Stimmungen wichtige „kontextuelle Faktoren" für gelingende, also resonante Weltbeziehungen seien ([65] 2016: 633–644), und Andreas Reckwitz geht davon aus, dass in der Gesellschaft der Singularitäten „räumlichen Atmosphären" ([63] 2017: 61) – etwa die eigene Wohnung (ebd.: 316 f.) – ein besonders hoher Stellenwert zukomme.

Ungeachtet der empirischen Allgegenwart von und der thematischen Sensibilität mancher Soziologinnen und Soziologen für Atmosphären ist eine soziologische Atmosphärenforschung im engen Sinne jedoch immer noch erst am Beginn ihrer Entwicklung. Ein Beleg dafür sind nicht zuletzt das 2017 erschienene Themenheft „Atmosphären" der Zeitschrift Sociologia Internationalis und der 2018 veröffentlichte Sammelband „Stimmungen und Atmosphären" ([59] & [99] 2018), die beide dieses Forschungsdesiderat benennen und die Absicht verfolgen, es zumindest ansatzweise zu beheben.

Der vorliegende Beitrag teilt dieses Anliegen und schlägt hierfür eine neophänomenologisch fundierte Atmosphärensoziologie vor. Deren theoretische Grundlage ist die Neue Phänomenologie von Hermann [73], insbesondere dessen Atmosphären- und Situationstheorie (vgl. zusammenfassend [75] 2005, 2009, 2014, 2016). Schmitz' Neue Phänomenologie bietet sich aus mindestens zwei Gründen für die soziologische Atmosphärenforschung an. Erstens, da „Atmosphäre" kein soziologischer, sondern ein philosophischer Begriff ist (vgl. als Überblick [2] & Eberlein 2011; [9] 2015; [23] 2014; [38] 1995; [44] 2015: 46–67), tut die Soziologie generell gut daran, sich bei dieser Disziplin zu bedienen, und zwar im Besonderen bei der Phänomenologie,  Wiesse und Pfaller (2018: 7) zufolge eignet auch die affect theory als theoretischer Rahmen für die Analyse von Atmosphären und Stimmungen. Ich bezweifle das zumindest im Hinblick auf Atmosphären. Im Mittelpunkt der affect theory bzw. der affect studies steht ein Affektbegriff, der die Wechselbeziehungen von Körpern jedweder Art in den Mittelpunkt der Analyse von Sozialität rückt (vgl. [96] & Berg 2018; [90] 2018); [87] (2011) spricht in diesem Sinne von „affektiven Interaktionen". Atmosphären auf affektive Interaktionen zu reduzieren, wird dem Phänomen Atmosphäre jedoch nicht gerecht. Seyfert sieht das selbst, weshalb er den Atmosphärenbegriff als „problematisch" bezeichnet und ihn für soziologisch ungeeignet hält (ebd.: 76 ff.). Seine Kritik, das Atmosphärenkonzept enthalte „deterministische Implikationen" (ebd.: 77), stützt sich vor allem auf das Atmosphärenkonzept von [8] (2004) und hat damit selbst ein problematisches, weil sehr dünnes theoretisches Fundament. da es sich bei Atmosphären um einen Gegenstand handelt, der primär wahrgenommen und erlebt wird. So sagt zum Beispiel Gernot Böhme: „Der erste Gegenstand der Wahrnehmung ist Atmosphäre oder das Atmosphärische" ([6] 2001: 45). [81] ist nun jener Autor, auf den sich nicht nur Böhme stützt (vgl. auch [5] 1995, 2006), sondern dessen Phänomenologie gegenwärtig das „Epizentrum" ([1] 2017: 143) der nationalen und internationalen Atmosphärenforschung  In der internationalen Atmosphärenforschung sind es vor allem die Publikationen von Tonino [24], dank derer Schmitz' Atmosphärentheorie einen großen Einfluss erreicht hat (vgl. z. B. [25] 2014, 2017, 2020). bildet (ebenso [45] 2017: 191). Das spiegelt sich auch in den wenigen Arbeiten im Bereich der soziologischen Atmosphärenforschung wider, die auf Schmitz' Atmosphärentheorie überwiegend positiv Bezug nehmen (vgl. Albrecht 2017; [17] 2017; [28] 2015; [46] 2017, 2018; Schützeichel 2015: 74; [100] 2015, 2017, 2018), mitunter aber auch in bewusster Abgrenzung davon (vgl. [97] 2017).  von Stetten kritisiert an Schmitz, dass dieser Atmosphären auf „subjektive Empfindungen reduziert" (von Stetten 2017: 253) und der Atmosphärenbegriff insgesamt eine „solipsistische Tendenz" (ebd.: 254) aufweise. von Stetten übersieht dabei jedoch die zentrale Rolle der (zwischen)leiblichen Kommunikation in Schmitz' Atmosphärentheorie, die darin vorgenommene Unterscheidung zwischen individuellen und kollektiven Atmosphären sowie die Einbettung kollektiver Atmosphären in gemeinsame Situationen (s. u.). Eine entscheidende Stärke der Atmosphärentheorie von Schmitz besteht meines Erachtens darin, dass sie einen präzisen Atmosphärenbegriff anzubieten hat. Gerade bei einem ‚diffusen', ‚schwammigen' Gegenstand wie Atmosphären ist dies dringend geboten. Ich sehe es wie Schmitz: „Ich bin nicht der Meinung, dass man über Schwebendes nur schwebend sprechen kann. Deswegen wage ich auch eine Definition" ([83] 2014: 11). Nicht nur die Philosophie, wie Schmitz sagt, sondern ebenso die Soziologie verzichtet jedoch in aller Regel auf eine klare Atmosphärendefinition und gebraucht stattdessen Begriffe wie Atmosphäre, Stimmung, kollektive Emotion, emotionales Klima etc. mehr oder weniger sinngleich (für eine Ausnahme siehe Schützeichel 2015).

Ein Beispiel dafür liefert Charlotte Renda, die ungeachtet ihres berechtigten Hinweises auf die Notwendigkeit terminologischer Differenzierungen und trotz ihres korrekten Verweises auf den Unterschied von „mood" und „atmosphere" (anknüpfend an [98] 2010: 703) die beiden Begriffe Stimmung und Atmosphäre „synonym" ([64] 2018: 631) verwendet. Eine solche Gleichsetzung verschenkt nicht nur das analytische Erkenntnispotenzial dieser Begriffe, sondern führt mitunter zu verzerrten Interpretationen, wenn zum Beispiel einem Autor wie Schmitz diese Gleichsetzung untergeschoben wird (ebd.: 636 ff.), obgleich Schmitz selbst sie ganz und gar nicht vornimmt. Mit „Stimmungen" bezeichnet Schmitz nämlich Gefühle, die bloß „weit" sind; sie bilden die unterste Schicht des dreischichtigen Gefühlsraums, auf der alle anderen (gerichteten und thematischen) Gefühle aufbauen. Die beiden basalen Stimmungen sind nach Schmitz Verzweiflung als das „reine leere Gefühl" ([69] 1969: 219) und Zufriedenheit als das „reine erfüllte Gefühl" (ebd.: 244).  Zur Gefühlstheorie von Schmitz siehe zusammenfassend [29] (2013). Eine „Atmosphäre" ist demgegenüber – kurz gesagt (ausführlich s. u., Kap. 2) – die „umfassende Besetzung eines flächenlosen Raumes" im Bereich erlebter Anwesenheit (Schmitz 2014: 19). Stimmung und Atmosphäre bezeichnen also keineswegs identische Phänomene, weshalb es angeraten ist, auch die beiden Begriffe auseinanderzuhalten.

Dass mit diesem Text für eine Atmosphären- und nicht für eine Stimmungssoziologie plädiert wird, hat neben der begrifflichen Unterscheidung, die die Neue Phänomenologie anbietet, auch damit zu tun, dass der Stimmungsbegriff sowohl philosophiegeschichtlich (vgl. [27] et al. 2014: 25–28) als auch innerhalb der Soziologie (vgl. z. B. [15] 1980: 251, Fn. 1) deutlich stärker auf das Individuum, die Person, das „Dasein" ([40]192006: 134) bezogen ist als der Atmosphärenbegriff, der eher das Überindividuelle, Gemeinsame, Kollektive betont. Zwar wird in den meisten Arbeiten zu Stimmungen und Atmosphären betont, dass es sich dabei um Phänomene handelt, die sowohl mit dem Einzelnen als auch mit der räumlichen Umgebung oder der sozialen Situation zu tun haben, in denen sich der Einzelne befindet (vgl. Anderson 2009; [18] 2013). Doch während Stimmungen auch rein individuell wahrgenommen werden können (vgl. Schützeichel 2015: 76) – man sagt: „ich bin mieser Stimmung" –, werden Atmosphären immer nur als etwas Überindividuelles wahrgenommen, das heißt, als etwas nicht zu mir Gehörendes, aber von mir Erfahrenes – man sagt bezeichnenderweise nicht: „ich bin mieser Atmosphäre". Aufgrund dieser Transindividualität erweist sich der Atmosphärenbegriff als soziologisch besonders anschlussfähig.

Der zweite Grund, für eine Soziologie der Atmosphären auf Schmitz' Neue Phänomenologie zurückzugreifen, besteht darin, dass Schmitz den Zusammenhang von Atmosphäre und Situation starkmacht. Schmitz' These lautet: Kollektive Atmosphären sind „immer Atmosphären in Situationen" (Schmitz 2014: 56). Eine ähnliche These vertreten auch [32] (2008: 323 ff.) und Renda (2018), die sich beide an Goffmans Situationskonzept anlehnen, sowie Julmi (2015: 115 ff., 2018) und Großheim et al. (2015: 61 ff.), die sich auf die Situationstheorie von Schmitz beziehen und deshalb hier von besonderem Interesse sind. Befasst sich Julmi mit den sozialisatorischen Voraussetzungen gemeinsamer Atmosphärenwahrnehmungen in sozialen Situationen sowie mit der wechselseitigen, über Konventionen und Rituale gestaltkreisartig vermittelten Konstituierung von Atmosphären und Situationen, so setzen sich Großheim et al. mit den typischen Problemen auseinander, die bei der Einbettung von Atmosphären in Situationen auftreten können. Weder Julmi noch Großheim et al. nutzen in ihren Analysen jedoch das differenzierte begriffliche Instrumentarium der Schmitz'schen Situationstheorie, um herauszuarbeiten, wie Atmosphären konkret in Situationen eingebettet sind. Sie folgen damit Schmitz insofern, als dieser seine These der „Aufhängung" von Atmosphären in Situationen selbst eher postuliert denn umfassend ausgeführt hat (vgl. [71] 1993: 33–46, 1998: 176–190, 2014: 56–64). Vor diesem Hintergrund besteht ein zentrales Ziel dieses Beitrags darin, mit Schmitz über Schmitz hinausgehend systematisch darzulegen, auf welche Weise Atmosphären in Situationen eingebunden sind. Im Sinne des „methodologischen Situationismus" ([31] 2017: 161 f.) der Neophänomenologischen Soziologie (NPS) werden Atmosphären dabei ausgehend von den gemeinsamen Situationen, in die sie eingebettet sind, analysiert. Neophänomenologisch-soziologisch ist der hier vorgelegte Theorieentwurf somit in der Hinsicht, dass in seinem Mittelpunkt – frei nach Goffman – nicht Atmosphären und ihre Situationen stehen, sondern Situationen und ihre Atmosphären.  Goffman hat seine methodologische Grundhaltung in der bekannten Aussage zusammengefasst, dass es seiner Soziologie „nicht um Menschen und ihre Situationen, sondern eher um Situationen und ihre Menschen" gehe ([21] 1986: 9).

Das generelle Anliegen dieses Beitrags ist also theoretischer Art: Ziel ist der Entwurf einer neophänomenologisch fundierten Atmosphärensoziologie. Um gleichwohl die empirische Evidenz dieses Theorieentwurfs zu untermauern, werde ich die theoretischen Überlegungen an einem konkreten Beispiel ausführen, nämlich am Beispiel des Sports und dessen Atmosphären. Der Fokus auf Atmosphären des Sports erfolgt zum einen deshalb, weil sie in der Atmosphärenforschung häufig gewählte Beispiele sind (allen voran die Stadionatmosphäre), und zum anderen im Alltag des globalen Sportpublikums und der millionenfach Sportaktiven omnipräsent sind, von der soziologischen Sportforschung jedoch mehr oder weniger übersehen wurden (für eine Ausnahme siehe [30] 2015; [57] & von Wedelstaedt 2018). Weder die nationale noch die internationale Sportsoziologie thematisiert das Phänomen „Atmosphären". Vor diesem Hintergrund besteht ein weiteres Ziel des vorliegenden Textes darin, die soziologische Sportforschung für das Thema „Atmosphären"zu sensibilisieren und ihr ein gegenstandsangemessenes, begriffliches Analyseinstrumentarium anzubieten.

Der Text ist wie folgt aufgebaut: Ich beginne mit der Einführung des neophänomenologischen Atmosphären- und Situationsbegriffs (Kap. 2 und 3) und zeige sodann in drei Schritten, wie Atmosphären und Situationen vermittelt bzw. jene in diese integriert sind: Erstens geschieht dies auf einer begrifflichen Ebene (Kap. 4), zweitens auf der Grundlage einer Typologie gemeinsamer Situationen, von der ausgehend eine differenzierte Beschreibung von Atmosphären des Sports erfolgt (Kap. 5). Drittens werde ich anhand eines empirischen Fallbeispiels weiterführende Fragen formulieren, um damit das Verständnis des Verhältnisses von Situation und Atmosphäre zu vertiefen (Kap. 6). Der Text schließt mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse und Anmerkungen zur Relevanz der neophänomenologischen Atmosphärensoziologie für die allgemeine Soziologie (Kap. 7).

2 Der neophänomenologische Atmosphärenbegriff

Schmitz' Definition von Atmosphären lautet wie folgt: „Eine Atmosphäre ist eine ausgedehnte (nicht immer totale) Besetzung eines flächenlosen Raumes im Bereich erlebter Anwesenheit, d. h. dessen, was als anwesend erlebt wird" (Schmitz 2014: 50). Zum Verständnis dieser Definition erläutere ich zunächst kurz die phänomenologische Raumtheorie von Schmitz (vgl. grundlegend [68] 1967, zusammenfassend Schmitz 1990: 275–320, 2007a).

Schmitz unterscheidet drei Schichten menschlicher Raumerfahrung: Den „Weiteraum", den „Richtungsraum" und den „Ortsraum". Der Weiteraum ist jener Raum, der als ungegliederte, nicht durch Orte, Punkte und Linien strukturierte Weite erfahren wird, etwa das Weitefeld hinter dem eigenen Rücken oder die grenzenlose Weite beim Blick in den wolkenlosen, blauen Himmel. Grundlage solcher räumlichen Erfahrungen bloßer Weite ist der eigene Leib, der Schmitz zufolge selbst räumlich ist: Der Leib ist eine räumlich-dynamische Struktur mit dem zentralen Gegensatz von spürbarer Enge und spürbarer Weite (vgl. Schmitz 2011: 7–27). Vermittelt wird das Hin und Her von spürbarer Enge und Weite durch leibliche Richtungen, etwa im Blick, der von der Enge des eigenen Leibes nach außen in die Weite zielt (und nicht umgekehrt). Der leibliche Richtungsraum ist zudem für die Ausführung flüssiger, gekonnter Bewegungen verantwortlich wie auch für die Bewegungskoordination zwischen Menschen, die sich beispielsweise in einer dichten Menschenmenge begegnen und aneinander vorbeigehen, ohne aneinanderzustoßen. Als Ortsraum bezeichnet Schmitz schließlich jenen Raum, der der vorherrschenden geometrischen Raumvorstellung entspricht: den dreidimensional ausgebreiteten Raum, der aus relativ zueinander positionierten Körpern an Orten besteht (relativ insofern, als die Richtungen im Ortsraum umkehrbar sind). Die Orientierung im Ortsraum erfolgt entlang von Körpern, die in bestimmten Lagen und Abständen angeordnet sind, wie dies typischerweise beim Erlernen einer Bewegung der Fall ist.

Zwischen Weite- und Richtungsraum einerseits, Ortsraum andererseits gibt es einen wichtigen phänomenologischen Unterschied, der in Schmitz' Atmosphärendefinition zentral ist: Weite- und Richtungsraum sind „flächenlos", der Ortsraum ist hingegen „flächenhaft". Die Fläche markiert also den Übergang vom Weite- und Richtungsraum zum Ortsraum. Denn: „Mit der Fläche beginnt die Entfremdung des Raumes vom Leib. Flächen kann man nicht am eigenen Leibe spüren, sondern nur (freilich auch am eigenen Körper) sehen und tasten" (Schmitz 1990: 284). Körper haben Flächen, und so auch der durch eine Anordnung von Körpern charakterisierte Ortsraum. Flächenlose Räume sind zum Beispiel der Schall, die Stille, das gespürte Wetter oder der entgegenschlagende Wind. Vor allem aber sind Leib und Gefühle flächenlose Räume. Leibliche Regungen wie Hunger, Durst, Schmerz, Begierde, rasender Zorn oder panische Angst haben ein Volumen und sind somit räumlich, aber sie haben keine Flächen (die man teilen könnte); dasselbe gilt für Gefühle wie Liebe, Sorge, Einsamkeit, Zuversicht, Trauer oder Fröhlichkeit.

Vor diesem Hintergrund erschließt sich nun die Atmosphärendefinition von Schmitz: Atmosphären sind die erlebte Besetzung flächenloser Räume, Leib und Gefühl sind flächenlose Räume, also sind Atmosphären die erlebte Besetzung des flächenlosen Leib- und Gefühlsraums. Schmitz spricht in diesem Sinne zum einen von „leiblichen Atmosphären" und meint damit ganzheitliche leibliche Regungen („Lebensgefühle" im Sinne Max Schelers) wie Mattigkeit oder die Tagesform (Schmitz 2014: 33). Zum anderen spricht er von Gefühlen als Atmosphären, „die darauf ausgelegt sind, den Raum erlebter Anwesenheit total zu erfüllen" (ebd.: 33 f.; siehe auch [79] 2007b), beispielsweise die Wettkampfangst, die einen komplett lähmt, oder die Wut, die in einem hochkocht angesichts des unberechtigten Elfmeters für den Gegner.

Die genannten Beispiele sind in der Terminologie von Schmitz „private Atmosphären" ([78] 2007a: 23), insofern sie vom einzelnen Menschen als räumliche Phänomene erlebt werden, etwa als engend, weitend, ziehend, dicht, hebend oder niederdrückend. Während leibliche Atmosphären immer privat sind – meine Tagesform kann ich mit niemand anderem teilen –, können Gefühle als Atmosphären sowohl privat als auch gemeinsam sein. Die Abstiegssorgen bezüglich meines geliebten Vereins empfinde nicht nur ich, sondern viele andere Fans ebenso. Im Sinne Schmitz' handelt es sich dabei um „überpersönliche" (Schmitz 1969: 98 ff.) bzw. „kollektive oder gemeinsame Atmosphären" (Schmitz 2014: 50).

Für die weiteren Ausführungen sind zwei zusätzliche Aspekte der Schmitz'schen Atmosphärentheorie wichtig. Aus phänomenologischer Sicht ist es zentral, zwischen Atmosphären als Gefühl und dem Fühlen der Atmosphäre zu unterscheiden (vgl. [72] 1993: 47–56). Mit Gefühl und Fühlen bezeichnet Schmitz die Differenz zwischen dem bloßen „Wahrnehmen" einer Atmosphäre und dem „affektiven Betroffensein" von diesem Gefühl (ebd.: 48). Ein Mensch, der kein Interesse am Fußball hat und dennoch an einem Fußballspiel live im Stadion teilhat, mag die von den anwesenden Fans als „fantastisch" bezeichnete Atmosphäre zwar wahrnehmen, sie aber nicht empfinden; er registriert zwar die ihn umgebende Atmosphäre, aber sie geht ihm nicht nahe, sie betrifft ihn nicht. Damit ihn diese gefühlshafte Atmosphäre betrifft und zu einer „subjektiven Tatsache" wird, statt eine neutrale bzw. „objektive Tatsache" zu bleiben (Schmitz 1990: 5 ff.), muss ihn die Atmosphäre spürbar ergreifen. Der ‚Weg' von der Atmosphäre als Gefühl zum Fühlen dieses Gefühls verläuft somit über die leiblichen Regungen, die das Gefühl „dem Betroffenen auferlegt" (Schmitz 1993: 49).

Unter ontologischem Gesichtspunkt wiederum ist die Frage nach dem Seins-Ort von Atmosphären relevant: Wo sind Atmosphären: Im Subjekt (Seele, Gehirn) oder im Objekt (Umgebung, Situation)? ‚Sitzt' die brodelnde Hallenatmosphäre in der Halle oder im Innern der Zuschauer? Und wo ist die Hallenatmosphäre, wenn das Spiel vorbei ist? Schmitz zufolge haben gefühlshafte Atmosphären keinen Ort, an den sie gebunden sind. Atmosphären sind weder bloß subjekt- noch bloß objekthaft,  Mit Gernot Böhme lässt sich sinnverwandt sagen, dass Atmosphären sowohl einen „Subjektpol" als auch einen „Objektpol" aufweisen und deshalb als „Zwischenphänomene" bzw. als die „Relation" von wahrnehmendem Subjekt und wahrgenommenem Objekt zu verstehen sind (vgl. [7] 2001: 54 f.). Ein wichtiger Unterschied in den Atmosphärenkonzepten von Schmitz und Böhme besteht darin, dass Schmitz die pathische Seite von Atmosphären betont, ihren Widerfahrnischarakter, während Böhme auch die konstruktive Seite, das Herstellen von Atmosphären starkmacht; er nennt das „ästhetische Praxis" (ebd.: 173 ff.). Siehe dazu Schmitz' Replik ([76] 2003b). sondern im ontologischen Sinne „Halbdinge" ([84] 2016: 227). Halbdinge „können zwar auftreten, ohne gleich zu ergreifen, aber wenn sie ergreifen, lassen sich Ursache und Einwirkung nicht so unterscheiden wie bei einem Ding, z. B. einem fallenden Stein, der als Ursache verschieden ist von seiner Einwirkung, dem Stoß, mit dem er den Effekt bewirkt. So wie sie auftreten, verschwinden sie auch. In den Zwischenzeiten sind sie so wenig da wie die Stimme eines Menschen, der nicht spricht. Sie kommen spontan oder werden durch einen Anlass geweckt" (Schmitz 2014: 39 f.). Die brodelnde Hallenatmosphäre ist da, weil es einen konkreten Anlass gab (wichtiges, tolles, spannendes Spiel) und sich die Zuschauer auf eine bestimmte Weise verhalten haben (Singen, Klatschen, Rufen), wenn das Spiel aber zu Ende ist, die Zuschauer nach Hause gehen und die Halle sich leert, ist diese Atmosphäre nicht mehr (da).

3 Der neophänomenologische Situationsbegriff

Die soziologische Atmosphärenforschung kann bei einer phänomenologischen Bestimmung von Atmosphären nicht stehenbleiben, sondern muss das Soziale an Atmosphären nachweisen. Dies soll hier unter Rückgriff auf die Situationstheorie von Schmitz geschehen. Die These, die ich von Schmitz übernehme, über ihn hinausgehend aber präziser fassen möchte, lautet: „Kollektive oder gemeinsame Atmosphären sind stets an gemeinsame Situationen gebunden [...]." (Schmitz 2014: 50)  Schmitz scheint der Ansicht zu sein, dass lediglich kollektive Atmosphären in Situationen eingebettet sind, nicht jedoch private Atmosphären, also persönliche Gefühle: Es „kommen Atmosphären ohne Situationen vor, solange sie privat bleiben und nicht gemeinsam sind" (Schmitz 2014: 55; Herv. durch Verf.). Ich teile diese Ansicht nicht und stütze mich dabei auf Schmitz' eigenes Situationskonzept, das – wie ich gleich zeigen werde – neben gemeinsamen auch die „persönliche Situation" kennt, womit im Engeren die Biografie und Persönlichkeit eines Menschen gemeint ist (vgl. Schmitz 1990: 75–79). In Schmitz' Terminologie gesprochen gehe ich davon aus, dass die Wahrnehmungs- und Resonanzfähigkeit, die Bewertung wie auch der Umgang mit privaten Atmosphären untrennbar mit der persönlichen Situation verknüpft sind. Zum genaueren Verständnis dieser Aussage erläutere ich in diesem Abschnitt den neophänomenologischen Situationsbegriff (vgl. dazu Schmitz 1990: 65–79, 1999: 21–31, 2005: 17–61). Wie sich zeigen wird, unterscheidet er sich sowohl vom gängigen soziologischen Situationsverständnis, das in der Tradition Erving Goffmans auf mikrosoziale Kontexte und face-to-face-Interaktionen beschränkt ist, als auch von Situationskonzepten, die kommunikationstechnologisch vermittelte, globale Interaktionen starkmachen, wie zum Beispiel Karin Knorr Cetinas Konzept der „synthetic situation" ([48] 2009). Am ehesten weist die Schmitz'sche Situationstheorie noch eine Nähe zum Situationsverständnis von Adele Clark (2012) auf.

Vergleichbar dem Husserl'schen Begriff der „Lebenswelt" ist „Situation" im Schmitz'schen Verständnis ein ontologischer Begriff, konkret das empirisch nicht bestimmbare Fundament menschlichen Erlebens, Handelns, Erwartens, Vorstellens, Wünschens oder Wollens (vgl. Gugutzer 2017: 154). Die Kennzeichnung des ontologischen Grundbegriffs „Situation" erfolgt daher definitorisch. So heißt es bei Schmitz: Eine Situation ist „ein nach außen abgehobenes und in sich zusammenhängendes Ganzes, das zusammengehalten wird durch eine im Innern diffuse (nicht in lauter Einzelnes gegliederte) Bedeutsamkeit, die aus Sachverhalten, Programmen und Problemen besteht [...]." (Schmitz 2003b: 247) Eine Situation ist qua dieser Definition somit durch drei zentrale Merkmale bestimmt: Sie ist erstens ein „zusammenhängendes Ganzes", das gegenüber anderen Situationen abgeschlossen ist. Diese Abgeschlossenheit basiert zweitens darauf, dass die Situation eine eigene „Bedeutsamkeit" – man könnte auch sagen, eine „spezifische Sinnstruktur" (Großheim et al. 2014: 39) – hat. Für jede Situation ist Etwas bedeutsam, durch das sie sich von anderen Situationen abhebt. Das Bedeutsame einer Situation ist dabei mindestens durch Sachverhalte, also Tatbestände, und Programme charakterisiert. Ein Programm ist eine „Richtlinie für die Eigenführung" ([82] 2012: 11), etwa Werte, Normen, Regeln, Zwecke, Konventionen, Hoffnungen oder Wünsche, durch die das eigene Handeln geleitet wird.  Schmitz fasst die verschiedenen Programme einer Situation mit dem Ausdruck „Nomos" zusammen (Schmitz 2012: 13). Zudem gehören zu einer Situation häufig auch typische Probleme, also Schwierigkeiten aller Art, Sorgen, Nöte oder ‚Komplexe' (vgl. [26] 2010: 55 f.). Drittens ist das Bedeutsame einer Situation „im Innern diffus". Damit ist gemeint, dass die einzelnen Elemente, die eine Situation ausmachen (also mindestens die sie kennzeichnenden Sachverhalte, Programme und Probleme), gerade nicht einzeln sind, sondern in einer „chaotischen Mannigfaltigkeit" (Schmitz 2003a: 91) ineinander verwoben sind. Was alles zu einer Situation gehört, ist nie vollkommen eindeutig bestimmbar, dennoch können und werden von den Menschen in der Regel einzelne Sachverhalte, Programme oder Probleme herausgeholt und miteinander kombiniert, wodurch die Situation zu einer Konstellation wird, einem Netzwerk einzelner Elemente (vgl. [77] 2005: 27 ff.). An einem Beispiel sei dieses neophänomenologische Situationsverständnis illustriert.

Ein Tennisspiel ist eine ganzheitliche, von anderen Spiel- und sonstigen Sportarten eindeutig abgrenzbare Situation, da es charakteristische Sachverhalte aufweist wie zwei (oder vier) Menschen, die mit einem Schläger einen kleinen Filzball über ein Netz schlagen, ebenso Programme wie die spezifischen Spielregeln, Verhaltensnormen und Konventionen (z. B. weiße Spielkleidung) oder den Wunsch der Spieler*innen, dass das Match nicht im Tie-Break enden möge. Eventuell weist es auch Probleme auf wie den starken Wind, der das Spielen im Freien erschwert. Was für das je konkrete Tennisspiel alles bedeutsam ist, wodurch es sich also von anderen Tennisspielen abhebt (und erst recht von anderen Spielen), kommt dadurch zum Vorschein, dass aus der binnendiffusen Bedeutsamkeit einzelne Elemente (Sachverhalte, Programme, Probleme) sprachlich expliziert werden, etwa der Sachverhalt „Ergebnis": Dieses Spiel ging 6:4, 6:4 aus, jenes 7:5, 6:0.

Wie dieses Beispiel zeigt, ist „Situation" nicht nur ein ontologischer Begriff, vielmehr sind Situationen ebenso empirische Phänomene – so wie ja auch die „Lebenswelt" nicht nur ein sozialontologischer Begriff ist, sondern ebenso ein empirisches Phänomen. Im Vergleich mit dem Lebensweltbegriff erweist sich der Situationsbegriff jedoch als die präzisere analytische Kategorie, „weil er kleinere Analyseeinheiten in den Blick bekommt. Für die empirische Wirklichkeit ist nämlich kennzeichnend, dass die Lebenswelt ‚ein Geflecht ineinander verschachtelter und einander durchkreuzender Situationen' (Schmitz 2005: 26) ist." (Gugutzer 2017: 155) Dass und auf welche Weise Situationen ineinander verschachtelt sind, erschließt sich vor dem Hintergrund der Situationstypologie von Schmitz, die vier binäre Situationsdimensionen umfasst: Situationen können „persönlich" oder „gemeinsam", „aktuell" oder „zuständlich", „impressiv" oder „segmentiert" sowie „implantierend" oder „includierend" sein ([74] 1999: 22 ff.; vgl. auch Großheim et al. 2014: 54 ff.; Gugutzer 2017: 156 f.). Mit Blick auf das Tennisspiel heißt das zum Beispiel folgendes.

Ein Tennisspiel ist eine gemeinsame Situation, an der zwei oder vier Spieler*innen mit je eigenen persönlichen Situationen (ihren Biografien, persönlichen Eigenschaften etc.) teilhaben. Für den einen ist Tennis eine implantierende Situation, da er in eine Tennisfamilie hineingewachsen ist und deshalb vom Tennis sein Leben lang nicht loskommt, während es für die andere bloß eine includierende Situation ist, beispielsweise die temporäre Mitgliedschaft im Tennisverein des neuen Wohnorts. Ein konkretes Tennisspiel ist eine aktuelle Situation in dem Sinne, dass sein Verlauf von Augenblick zu Augenblick verfolgt werden kann. Im Unterschied dazu ist die Sportart „Tennis" eine gemeinsam-zuständliche Situation, da der Wandel des Tennissports nur über größere Zeitabschnitte sinnvoll beobachtbar ist. Ein Tennisspiel kennt des Weiteren eine Vielzahl impressiver Situationen, das heißt, „vielsagende Eindrücke" (Schmitz 2003b: 248), in denen das für diese Situation Bedeutsame augenblickshaft zum Vorschein kommt, etwa der Aufschlag, Return oder Volley. Der Tennissport ‚als solcher', das heißt mit seiner ganzen Geschichte, seinen Institutionen, Konventionen, Regeln etc., kommt hingegen nie in einem Augenblick vollständig, sondern immer nur ausschnitthaft zum Vorschein – etwa in der jährlichen Neuauflage der traditionsreichen „Lawn Tennis Championships" in Wimbledon – und ist in diesem Sinne eine segmentierte Situation.

Dieses Beispiel verdeutlicht, dass der neophänomenologische Situationsbegriff eine differenzierte und systematische Beschreibung von sozialen (hier als „gemeinsam" bezeichneten) Situationen erlaubt, die nicht auf Interaktionen unter Anwesenden beschränkt ist. Es scheint mir gleichwohl sinnvoll, diesen vier Situationsdimensionen eine fünfte hinzuzufügen. Die Situationstypologie von Schmitz weist nämlich einen zeitlichen Bias auf, weshalb es mindestens für soziologische Situationsanalysen angeraten ist, sie um eine räumliche Dimension zu erweitern. In der Dimension aktuell/zuständlich ist die Zeitlichkeit offensichtlich, aber auch die Dimensionen impressiv/segmentiert und implantierend/includierend weisen eine zeitliche Tendenz auf: Impressive Situationen sind solche, in denen sich das Bedeutsame der Situation „mit einem Schlage" (Schmitz 2003a: 91) zeigt, also in einem kurzen zeitlichen Moment. Implantierende Situationen wiederum sind Situationen, in denen der Einzelne so tief verwurzelt ist, dass er sich gar nicht oder nur sehr schwer aus ihr herauslösen kann (Muttersprache, Klassenzugehörigkeit); eine solche Verwurzelung bedarf eines langen zeitlichen Prozesses. Vor dem Hintergrund dieses zeitlichen Bias' schlage ich eine räumliche (in der Terminologie von Schmitz: ortsräumliche) Situationsdimension mit den Ausprägungen ortsgebunden/ortsungebunden vor. Ein Tennisspiel ist ortsgebunden, die Sportart Tennis ortsungebunden. (Nähere Ausführungen dazu in Kap. 5.)

4 Zur begrifflichen Vermittlung von Situationen und Atmosphären

Die zentrale These des Textes lautet, dass Atmosphären in Situationen eingebettet sind, die zentrale Frage, wie sie das sind. Ich werde diese Frage, wie einleitend erwähnt, in drei Schritten beantworten und auf einer begrifflichen Ebene beginnen.

Nach Schmitz erfolgt die Vermittlung zwischen kollektiven Situationen und Atmosphären im Medium „leiblicher Kommunikation" (Schmitz 2003b: 252–256). Unter leiblicher Kommunikation versteht Schmitz das Aufeinanderbezogensein von einem leiblichen Wesen mit einem anderen leiblichen Wesen oder einem nichtleiblichen Anderen (vgl. Schmitz 1990: 135–151). Leibliche Kommunikation findet statt, wenn ein Leibwesen (Mensch, Tier) von Jemandem (Mensch, Tier) oder Etwas (Dingen, Pflanzen, Elementen, Räumen etc.) außerhalb seiner selbst affiziert wird und durch dieses Affiziertsein in seinem Verhalten oder Handeln maßgeblich beeinflusst wird. Als bedeutendste Medien bzw. „Brücken" leiblicher Kommunikation nennt Schmitz zum einen „Bewegungssuggestionen" wie den sicht- oder hörbaren Rhythmus oder Gestaltverläufe, zum anderen „synästhetische Charaktere", also intermodale Qualitäten wie warm, kalt, weich, hart, leicht, schwer, hell, dunkel (vgl. Schmitz 2005: 168–184). Schmitz zufolge sind es gerade diese Brücken leiblicher Kommunikation, die zwischen Situation und Atmosphäre vermitteln. Man denke beispielsweise an den Unterschied zwischen einem Fußballspiel, das bei Tageslicht oder aber abends unter Fluchtlicht ausgetragen wird oder an eine La Ola im vollbesetzten Stadion. Im ersten Fall sind es die synästhetischen Charaktere hell/dunkel, im zweiten Fall die Bewegungssuggestion der Welle, die in dieser Situation eine bestimmte Atmosphäre hervorbringen.

Mit Schmitz, aber über Schmitz hinaus, gehe ich davon aus, dass eine kollektive Atmosphäre keineswegs allein von der leiblichen Kommunikation zwischen dieser und der Situation, in die die Atmosphäre eingebunden ist, abhängt, sondern ganz entscheidend von den einzelnen Elementen der gemeinsamen Situation. Dies ist die soziologische Fortführung des neophänomenologischen Situationsverständnisses: Es sind wesentlich die Sachverhalte, Programme und etwaigen Probleme der gemeinsamen Situation, die für die Entstehung, Ausprägung, Wahrnehmung, Dauer und den Wandel der kollektiven Atmosphäre verantwortlich sind. Schmitz selbst betont zwar entschieden, dass kollektive Atmosphären immer in gemeinsamen Situationen eingebettet sind, setzt sich allerdings nicht dezidiert mit der Frage auseinander, auf welche Weise dies geschieht, das heißt, in welchem Verhältnis eine konkrete Atmosphäre zu den Sachverhalten, Programmen und Problemen der Situation(en) steht, deren Teil sie ist.

Inwiefern Atmosphären von den sie rahmenden Situationen bedingt sind, sei exemplarisch anhand des folgenden Zitats verdeutlicht. Es stammt aus einem Interview mit dem ehemaligen Fußballprofi Dietmar Hamann, das dieser der Süddeutschen Zeitung (SZ) wenige Tage vor dem Achtelfinalrückspiel zwischen dem FC Bayern München und dem FC Liverpool in der Champions League-Saison 2018/2019 gegeben hatte:

„Die Atmosphäre in England hat sich geändert. Da hat sich ein Fußballtourismus entwickelt, weil sich viele heimische Fans den Stadionbesuch nicht mehr leisten können. Heute kommen Leute aus der ganzen Welt, die astronomische Ticketpreise bezahlen. Vor 20 Jahren wurde aus 45000 vollen Kehlen gesungen. Jetzt sind zum Teil Leute im Stadion, die den Liedtext gar nicht kennen und lieber bei der Hymne [gemeint ist die Liverpool-Hymne „You'll never walk alone"; R.G.] ein Handyvideo drehen. Ja, stimmt, die Stimmung beim 0:0 in Liverpool war ganz, ganz komisch. // SZ: Warum? // Sicher auch wegen der Erwartungshaltung der Fans: Liverpool war 2018 im Champions-League-Finale, die Bayern hatten diese Saison Probleme – also dachten viele: Denen schenken wir zwei, drei Tore ein! [...] Aber wenn's nicht so läuft, wie erhofft, wird es in englischen Stadien sehr schnell ruhiger. Das Publikum ist fachkundig, die haben gesehen: Oha, die Bayern sind ja doch ein ebenbürtiger Gegner – davor hatten sie Respekt." (Hamann 2019: 23)

Hamann beschreibt in dem Zitat den Wandel einer zuständlichen Atmosphäre (im Stadion an der Anfield Road herrscht seit Jahrzehnten eine tolle Atmosphäre), wie er sich in einer aktuellen Situation zeigte: Im Achtelfinalhinspiel zwischen Liverpool und Bayern München herrschte eine „komische", weil ungewöhnlich ruhige Stimmung. Als dafür relevante Faktoren nennt Hamann Sachverhalte wie die „astronomischen Ticketpreise", die sich die „heimischen Fans" nicht mehr leisten können, den damit zusammenhängenden „Fußballtourismus", der zur Folge hat, dass im Stadion immer mehr fachunkundige Zuschauer sitzen, die nicht die vereinseigene „Hymne" mitsingen können, sowie die „Erwartungshaltung der Fans" aus Liverpool, dass ihre Mannschaft dem Gegner „zwei, drei Tore ein(schenken)" werde. Diese Erwartung wurde enttäuscht, weil das Problem auftrat, dass die Bayern „ein ebenbürtiger Gegner" waren und das Spiel nicht programmgemäß, nämlich „wie erhofft", verlief. Obwohl die Fans bis Spielbeginn ihre ritualisierte „ästhetische Arbeit" (Böhme 1995: 35) verrichtet bzw. ihre ritualisierten „Eindruckstechniken" (Schmitz 2003b: 256)  Situationstheoretisch formuliert sind „Eindruckstechniken" Techniken der Herstellung impressiver Situationen. Sie sind verwandt, aber nicht identisch mit Goffmans „Techniken der Eindrucksmanipulation" ([20] 1983: 189). wie Choreografien, Gesänge etc. angewandt hatten, stellte sich die erwünschte kollektive Atmosphäre nicht ein.

Verallgemeinert verdeutlicht das Beispiel, dass die Herstellung einer kollektiven Atmosphäre zwar vorbereitet werden kann, aber ob sie sich wirklich zeigt, ist offen – es hängt von den Sachverhalten, Programmen und etwaigen Problemen der gemeinsamen Situation ab. Aus Sicht der NPS und ihres methodologischen Situationismus' gilt es dem entsprechend, ausgehend von der gemeinsamen Situation kollektive Atmosphären zu analysieren.

5 Situationstypen und Atmosphären des Sports

Für eine genauere Darlegung der Möglichkeit, Atmosphären ausgehend von Situationen zu beschreiben, soll nun in einem zweiten Schritt eine Typologie von Situationen vorgestellt werden. Die Typologie dient zum einen dazu, das Konzept „Situation" zu differenzieren und damit zu verdeutlichen, dass Situationen sehr unterschiedlicher Art sein können. Zum Zweiten fungiert die Typologie als analytisches Instrumentarium für eine differenzierte Beschreibung von (in diesem Fall) Atmosphären des Sports. Dass Atmosphären ‚durch die Brille' der Situation ‚gelesen' werden, heißt konkret, dass sie mit Hilfe der für die Situation charakteristischen Sachverhalte, Programme und Probleme identifiziert, beschrieben, analysiert, interpretiert werden. Durch diese Perspektivierung unterscheidet sich die neophänomenologische Atmosphärensoziologie von einer rein phänomenologischen Atmosphärentypologie, wie sie zum Beispiel Julmi vorgelegt hat (vgl. Julmi 2015: 208–217). Denn während Julmi seine vier Idealtypen von Atmosphären auf der Grundlage der phänomenologischen Kategorien „Enge/Weite" und „Lust/Unlust" entwirft  Aus der Kombination der vier Ausprägungen der beiden Dimensionen Enge und Lust gewinnt Julmi die vier idealtypischen Atmosphären „einladend-engend", „einladend-weitend", „ausladend-engend" und „ausladend-weitend" (Julmi 2015: 207). und damit den situativen Kontext von Atmosphären außer Acht lässt, geht die neophänomenologisch-soziologische Atmosphärenanalyse davon aus, dass es situationsunabhängige Atmosphären nicht gibt.

Die theoretische Konstruktion der Situationstypen erfolgt mit Hilfe der in Kap. 3 erläuterten neophänomenologischen Situationsdimensionen. Von den dort genannten fünf Situationsdimensionen wähle ich drei (aktuell/zuständlich, impressiv/segmentiert, ortsgebunden/ortsungebunden) und kombiniere sie miteinander. Im Ergebnis führt dies zu einer Vier-Felder-Typologie von Situationsatmosphären des Sports (siehe Tabelle 1). Hierzu lässt sich kritisch anmerken, dass die Auswahl der Situationsdimensionen selektiv und ihre Kombination zwar logisch, im strengen Sinne aber willkürlich ist, was impliziert, dass auch andere Situationstypen hätten gebildet werden können. Logisch-kombinatorisch gibt es zum Beispiel auch aktuell-impressiv-ortsunabhängige oder aktuell-segmentiert-ortsgebundene Situationsatmosphären. Aus empirischer Sicht dürften aktuell-impressiv-ortsunabhängige Situationsatmosphären jedoch vermutlich inexistent sein, da sich der vielsagende Eindruck immer in einer je gegebenen ortsräumlichen Situation zeigt, wohingegen aktuell-segmentiert-ortsabhängige Situationsatmosphären sehr wohl vorstellbar sind. Die Typologie ließe sich also erweitern, wie dies auch durch die Integration der in der Typologie nicht berücksichtigten Situationsdimensionen „implantierend" und „includierend" möglich wäre. Dass hier auf eine Vervollständigung der Typologie verzichtet wurde, ist erstens dem Umstand geschuldet, dass der hier zur Verfügung stehende Platz nicht ausreichend ist; zweitens haben die vorzustellenden vier Situationstypen aber auch eine ausreichend hohe empirische Evidenz, um intersubjektiv nachvollziehbar das zentrale Anliegen dieses Beitrags zu realisieren – den Nachweis, auf welche Weise Atmosphären in Situationen eingebunden sind.

Tab. 1: Typen von Situationsatmosphären des Sports

Situationsdimensionen

impressiv

segmentiert

aktuell

(1) aktuell-impressiv-ortsgebundene Situationsatmosphäre

Stadionatmosphäre

„Tor liegt in der Luft"

(2) aktuell-segmentiert-ortsungebundene Situationsatmosphäre

Momentum

„einen Lauf haben"

zuständlich

(3) zuständlich-impressiv-ortsgebundene Situationsatmosphäre

Heimvorteil

„Wohnzimmer"

(4) zuständlich-segmentiert-ortsungebundene Situationsatmosphäre

Klima der Angst

Misstrauensklima

Situationsdimensionen

ortsgebunden

ortsungebunden

(1) Aktuell-impressiv-ortsgebundene Situationsatmosphären. Die Atmosphären dieses Typs stehen im Mittelpunkt sowohl der rudimentären sportwissenschaftlichen Atmosphärenforschung als auch der medialen Sportberichterstattung sowie des Interesses der Sportaktiven und Sportkonsumenten. Es sind dies Atmosphären, die an einen konkreten Ort – Stadion, Halle, Laufbahn, Fußballplatz, Skipiste, Kletterwand, Kabine etc. – gebunden sind und als eindrucksvolle, überindividuelle Ereignisse von Augenblick zu Augenblick erlebt werden. Eindrucksvoll sind die Atmosphären in der voll besetzten Basketballarena, auf dem sandig weichen und sonnenwarmen Beach-Volleyball-Platz oder beim Public Viewing auf einem Marktplatz nicht in dem wertenden Sinne von „spektakulär", sondern in dem phänomenologischen Sinne einer chaotisch-mannigfaltigen, leiblich-affektiven Wahrnehmung. Die mitreißende „südeuropäische" Atmosphäre in der Arena ist eine ganzheitliche Situation voller Impressionen, die typischerweise mit ritualisierten Eindruckstechniken herzustellen versucht wird. Die Atmosphärenproduktion gelingt, wenn die Programme der impressiven Situation (z. B. der leiblich-affektive Appell, beim rhythmischen Klatschen mitzumachen) die Situationsteilnehmer*innen mittels leiblicher Kommunikation ad hoc zu einem Gesamtleib zusammenschweißen. Der Nomos der Situation lenkt in diesem Fall die Zuwendung des vitalen Antriebs der Zuschauer*innen, woraus ihr kollektives Verhalten und Empfinden resultiert. Letztlich aber ist das Entstehen einer bestimmten Situationsatmosphäre nicht planbar, weil immer irgendwelche Probleme (schlechtes Wetter, überlegener Gegner) auftreten können, die dem Nomos der Situation – etwa dem kollektiven Wunsch „die Hütte soll brennen" – einen Strich durch die Rechnung machen.

Eine im Sport regelmäßig wiederkehrende, insbesondere durch problematische Situationen hervorgerufene Situationsatmosphäre ist das, was umgangssprachlich als „die Stimmung kippt" bezeichnet wird. Ein typischer Grund für das Kippen der Stimmung (hier im Sinne von Atmosphäre) ist, dass explizite oder unwillkürliche Erwartungen enttäuscht werden, ein anderer, dass Normen verletzt werden. Wenn der Underdog wider Erwarten gegen den Favoriten in Führung liegt, kann die zunächst verhaltene kollektive Atmosphäre urplötzlich in eine begeisternde Stadionatmosphäre umschlagen. Ebenso mögen spielimmanente Normverstöße in Form von zum Beispiel wiederkehrenden „bösen" Fouls dazu führen, dass aus einer freundlichen eine feindselige Atmosphäre unter den Zuschauern erwächst.

Neben solchen gut und von jedermann wahrnehmbaren aktuell-impressiven Situationsatmosphären kennt der Sport auch eine Vielzahl weniger offensichtlicher Situationsatmosphären, für deren Wahrnehmung es eines kompetenten Gespürs bedarf. Das Tor, das „in der Luft liegt", ist eine solche situations- und ortsgebundene Atmosphäre, die nur wahrnimmt, wer mit der Bedeutsamkeit der Situation vertraut ist. Die Atmosphärenwahrnehmung besteht hier im „Ahnen, Spüren, Wittern" ([94] 2011: 209–217), und dazu ist nur in der Lage, wer die Sachverhalte, Programme und (potenziellen) Probleme der zuständlichen Situation „Fußball" kennt, sodass er*sie den von Augenblick zu Augenblick sich zuspitzenden Verlauf der aktuellen Spielsituation „lesen" kann, was heißt, von der darin eingebetteten, leiblich engenden („zugespitzten") Atmosphäre gefangengenommen werden kann.  Ganz ähnlich, allerdings stärker handlungsorientiert, meint Schmitz: „Man muss in ganzheitliche Situationen eingeweiht sein, um, ihrem Programmgehalt (Nomos) folgend, körperlich handeln zu können." ([85] 2017: 131) Die Differenz zwischen Laien- und Expertenpublikum erweist sich dann als eine Differenz in der Kompetenz „atmosphärischen Verstehens" (Gugutzer 2012: 80).

(2) Aktuell-segmentiert-ortsungebundene Situationsatmosphären. Im Unterschied zu den aktuell-impressiven kommen die aktuell-segmentierten Gemeinschaftsatmosphären des Sports nicht „auf einen Schlag" zum Vorschein, sondern zeitweise.  Schmitz nennt als Beispiele für aktuell-segmentierte Situationen „Gespräche, mit einer nur fragmentarisch durchblitzenden integrierenden, binnendiffusen Bedeutsamkeit; Probleme, an denen jemand ratlos grübelt [...]. " (Schmitz 2003a: 92) Ihr zeitlicher Verlauf ist beobachtbar, selbst wenn er sich über den Zeitraum eines einzelnen Rennens oder Spiels hinaus erstreckt. Ist Letzteres der Fall, erweist sich die aktuell-segmentierte Situationsatmosphäre als ortsunabhängig. Ein Beispiel für diesen Atmosphärentypus ist das so genannte „Momentum"  Das Momentum im Sport ist ein gut untersuchtes Phänomen in der Sportwissenschaft, besonders in der Sportpsychologie; vgl. [11] & Nesti (2006), [43] & Harwood (2008), [50] & Henriksen (2015), [54] & Guenther (2007), [92] & Demick (1994). Das Momentum wird hier durchgängig als „psychologisches Momentum" verstanden und daher in die Innenwelt der Akteure, deren Psyche, verlegt, während es in diesem Beitrag in die Zwischenwelt platziert wird, eben in die gemeinsame Situation, in die es als kollektive Atmosphäre eingebettet ist. oder der „Lauf", den eine Mannschaft hat. Das Momentum kann innerhalb eines Spiels entstehen, wenn sich die Mannschaft „in einen Rausch hineinspielt", es kann sich aber eben auch über mehrere Spieltage hinweg erstrecken: Es ist dann segmentiert (eingebettet in einen Zeitraum von zum Beispiel mehreren Wochen) und zeigt sich je aktuell an den einzelnen Spieltagen. Wenn sich das Momentum zeigt, verdichtet sich die segmentierte zu einer impressiven Situation.  Schmitz nennt die Verdichtung einer segmentierten zu einer impressiven Situation in Anlehnung an Heidegger „Plakat-Situation" (Schmitz 1999: 25, 2003a: 92).

Das über den Spieltag hinausreichende Momentum ist eine ortsunabhängige Atmosphäre, die den flächenlosen Zeitraum so besetzt, dass das Handeln der davon ergriffenen „Patheure" ([35] 2010: 70; Gugutzer 2017: 150) auf eine positive oder negative Weise maßgeblich beeinflusst wird. In der positiven Variante ergreift diese Atmosphäre die Patheure leiblich-affektiv auf eine Art, die sich leicht anfühlt, mitunter federleicht, als würde man fliegen. Es ist ein Zeitraum, in dem auf einmal alles gelingt, es „wie geschmiert läuft", also reibungsfrei, glatt, alles Widerständige und Hemmende scheint verschwunden. Damit sich dieses atmosphärische Gefühl einstellt, bedarf es wiederholter Gelingensmomente – ein einmaliger Drei-Punkte-Wurf reicht nicht hin, ein singulärer Sieg ebenfalls nicht. Im Falle wiederholter Gelingensmomente resultiert daraus eine Atmosphäre des Vertrauens, konkret: des Selbst-Vertrauens der Akteure. Das Selbst-Vertrauen ist eine so machtvolle Atmosphäre, dass es die von ihr Ergriffenen auf einer Welle des Erfolgs trägt. Aber: Das Momentum ist von endlicher Dauer, weil ein Halbding, das kommt und dann in seinem Erscheinen beobachtbar ist, das aber auch wieder geht, und wo es in der Zwischenzeit ist, bleibt rätselhaft – manch Trainer*in ist daran schon verzweifelt.

Teams, die das Momentum auf ihrer Seite haben und von Sieg zu Sieg eilen, würden es gern festhalten und versuchen daher, die einzelnen Faktoren ihrer Erfolgssituation zu identifizieren. Dieses konstellationistische Vorgehen ist verständlich, jedoch letztlich zum Scheitern verurteilt, weil das Momentum Teil einer ganzheitlichen, binnendiffusen Situation ist. Aus der chaotisch-mannigfaltigen Situation, in die diese Atmosphäre zeitweise integriert ist, lassen sich nie alle für ihr Erscheinen relevanten Einzelheiten und insbesondere deren Zusammenspiel explizieren. Daher kann in letzter Konsequenz nicht willentlich etwas für das Momentum getan werden. Das Momentum ist eine machtvolle Atmosphäre, deren Aufblitzen erstaunt oder erschrocken wahrgenommen wird, aber es bleibt ein Widerfahrnis, das gerade deshalb fasziniert.

(3) Zuständlich-impressiv-ortsgebundene Situationsatmosphären. Atmosphären dieses Typs sind in gemeinsame Situationen eingebettet, die sich dadurch auszeichnen, dass sie über eine lange Zeit hinweg andauern und dabei regelmäßig wiederkehrend, aber nur temporär, mit gefühlshaften Eindrücken verbunden sind.  Als Beispiele für zuständlich-impressive Situationen nennt Schmitz „das ‚Bild', das man sich von einem Menschen macht, den man gut zu kennen glaubt; der typische oder individuelle Charakter eines Dinges, der sich im Wechsel seiner Gesichter durchhält [...]. " (Schmitz 2003a: 92) Von den aktuell-segmentierten unterscheiden sich die zuständlich-impressiven Situationsatmosphären darin, dass ihr zeitlicher Verlauf nicht oder zumindest nicht so minutiös beobachtbar ist (anders als der Lauf, den ein Team über mehrere Spieltage hinweg hat), eben weil sie ein dauerhafter Zustand sind und kein kurzzeitiger Prozess. Hinzu kommt, dass die zuständlich-impressiven Situationen im Sport typischerweise ortsgebunden sind, während die aktuell-segmentierten Situationen an keinen bestimmten Ort gebunden sein müssen. Ein typisches Beispiel für eine zuständlich-impressiv-ortsgebundene Situationsatmosphäre des Sports ist der so genannte „Heimvorteil".

„Ein absoluter Heimvorteil liegt vor, wenn die Wahrscheinlichkeit, unter heimischen Bedingungen zu siegen, größer ist als 50 %. Von einem relativen Heimvorteil kann dann gesprochen werden, wenn die Wahrscheinlichkeit, ein Heimspiel zu gewinnen, größer ist, als es zu verlieren" ([67] & Strauß 2003: 160). Über die Gründe für den Heimvorteil herrscht in der sportwissenschaftlichen Forschung Uneinigkeit (Reisestrapazen der Auswärtsmannschaft, Vertrautheit der Heimmannschaft mit der Sportstätte, Unterstützung durch Zuschauer, Beeinflussbarkeit des Schiedsrichters etc.), gelegentlich wird seine Existenz auch statistisch angezweifelt.  Vgl. zum Heimvorteil in der sportpsychologischen Forschung z. B. [12] & Carron (1992), [22] (2013), [51] & [60] (2018), [56] & Raabe (2017), Pollard (2006), [91] et al. (2015). Als Idee ist der Heimvorteil gleichwohl ein fest verankerter, programmatischer Bestandteil der zuständlichen Situation Sport, das heißt, eine unbewusste Richtlinie für das Verhalten der Akteure: Für die Heimmannschaften typischerweise der Wunsch, das Heimspiel möge ein Vorteil sein, für die Auswärtsmannschaft oftmals die Befürchtung, der Sachverhalt Auswärtsspiel könnte ein Nachteil sein; beides kann in der aktuellen Situation verhaltenssteuernd wirken.

Der Glaube an den Heimvorteil ist ein Verhaltensprogramm, dessen Wirkmacht primär daraus resultiert, dass es atmosphärisch aufgeladen ist. Grund dafür sind die heimischen Bedingungen, die für den Heimvorteil konstitutiv sind, denn „heimisch" bedeutet bekannt, vertraut, gewohnt und meint damit etwas Gefühlshaftes. Die vorteilhaften heimischen Bedingungen im Einzelnen zu identifizieren, ist schwierig oder gar unmöglich, die daraus resultierende binnendiffuse, atmosphärische Gesamtsituation ist gleichwohl wahrnehmbar. Dass es hierbei Unterschiede gibt, die beispielsweise mit der Spielstärke der beiden Teams oder dem Standardisierungsgrad der Spielstätten (der in den unteren Amateurligen geringer ist als im professionellen Sport) zu tun haben, ist selbstverständlich. Der Sachverhalt, dass der Heimvorteil als zuständlich-impressive Situation eine atmosphärische Färbung oder Tönung aufweist, bleibt davon jedoch unberührt.

Ortsgebunden ist diese Atmosphäre dabei sowohl in dem allgemeinen Sinne, dass sie zu irgendeinem Heim gehört, als auch in einem konkreten Sinne, in dem zum Beispiel Boris Becker vom Center Court in Wimbledon immer wieder als seinem „Wohnzimmer" sprach. Wimbledon wurde für Becker zu seinem Wohnzimmer, nachdem er dort als 17-Jähriger das Turnier gewann und auch in den Folgejahren sehr erfolgreich war, erfolgreicher als bei jedem anderen Grand Slam-Turnier. Aufgrund dieser wiederholten aktuellen Situationen, die mit vielen positiven Gefühlen besetzt waren, erwuchs daraus eine zuständliche Situation, in der Becker sich heimisch fühlte (und sich womöglich noch heute heimisch fühlt) – eben sein Wohnzimmer. Mit Schmitz gesprochen fühlt sich ein Wohnzimmer – wie insgesamt die private Wohnung – deshalb heimisch an, weil man sich dort frei bewegen und entfalten kann.  „Da die häusliche Wohnung solche freie Entfaltung gestattet, können sich in ihr reichhaltige zuständliche Situationen bilden, in die die Persönlichkeit oder persönliche Situation des Bewohners so einwächst, dass sich der Effekt des Zu-Hause-Sein, des Heimischgewordenseins, ergibt" ([80] 2008: 38). Auf den Heimvorteil im Sport übertragen, darf das wörtlich genommen werden: Der Heimvorteil ist ein ortsgebundener, mit einer (wohnzimmerähnlichen) atmosphärischen Qualität besetzter Raum, der sich in einer freien Entfaltung der Bewegungen, Spielzüge, Tricks und Kombinationen niederschlägt. Korrespondierend dazu zeigt sich der Auswärtsnachteil für die involvierten Patheure typischerweise darin, dass sie von der Atmosphäre dieser Situation in ihren Bewegungen, Spielzügen etc. negativ beeinflusst werden.

(4) Zuständlich-segmentiert-ortsungebundene Situationsatmosphären. Bei diesem Atmosphärentyp handelt es sich um die dauerhafte, zumeist latente Präsenz eines überindividuellen Gefühls, das an keine spezifische räumliche Umgebung gebunden ist. Als eine Art „Hintergrundgefühl" (Slaby 2011) ist die zuständlich-segmentierte Situationsatmosphäre zwar immer irgendwie als anwesend erlebbar, ohne aber die darin eingehüllten Akteure explizit leiblich-affektiv ergreifen zu müssen. Ihre Wirkung entfalten solche Atmosphären eher schleichend über eine längere Zeit, dadurch aber womöglich umso tiefgreifender. In Analogie zur Unterscheidung von (aktuell-impressivem) Wetter und (zuständlich-segmentiertem) Klima könnte man sie als klimatische Atmosphären bezeichnen. Der Sport kennt solche Atmosphären zum Beispiel als „Klima der Angst",  Selbstredend kennt nicht nur der Sport Klimata der Angst, sondern wohl jede soziale Institution, beginnend bei der Familie über Kleingruppen und Organisationen bis hin zu Gesellschaft und Epoche. Zum Klima der Angst auf Gesellschaftsebene siehe bspw. [93] (2011) oder [95] (1991: 148–157). der Sorge, des Misstrauens oder als „Reizklima" ([42] 2019), das in einem Team, Verein oder Verband herrscht.

Doping im Spitzensport beispielsweise ist ein realer Sachverhalt, der dazu führt, dass er in einigen Sportarten als vermuteter Sachverhalt wirkmächtig ist und zu „defensivem Doping" ([4] & Schimank 2000: 100) verleitet: Das anhaltende Misstrauen gegenüber den Konkurrent*innen kann ausreichen, um selbst zu dopen und so zumindest die dopingbedingten Vorteile der anderen auszugleichen. Das weitverbreitete Misstrauen, das Rennradfahrer*innen, Gewichtheber*innen, Sprinter*innen oder Biathlet*innen untereinander haben – und das neutrale Publikum pauschal gegenüber solchen Sportarten –, ist Produkt und Ausdruck des programmatischen Gehalts der gemeinsamen Situation Spitzensport. Spitzensportimmanente Leitprogramme wie „Nur der Sieg zählt", „Der Zweite ist bereits der erste Verlierer", von Verbänden vorgegebene Leistungsnormen, die kaum zu erfüllen sind, Wunschprogramme wie „Ich trainiere, um Weltmeister*in zu werden" etc., fungieren als generelle Richtlinien spitzensportlichen Verhaltens, mitunter aber eben auch als spezielle Richtlinien für gezieltes Doping. Das ist besonders dann der Fall, wenn situationstypische Probleme auftreten, etwa die mühsame Rückkehr in den Spitzensport nach einer langen Verletzungspause oder die angedrohte Kürzung von staatlichen Fördergeldern bei ausbleibenden sportlichen Erfolgen. In einem solchen, situationsbedingten Klima der Sorge (um die eigene, nicht nur sportliche Existenz) oder Angst (vor dem Scheitern) kann Doping zu einer Problemlösungsstrategie werden, und dies vermutlich umso eher, je länger die latente, unterschwellig zehrende Präsenz der sorgevollen  Zur sozialen Bedingung und Bedeutung der Sorge als einer machtvollen Atmosphäre siehe Gugutzer (2019). oder angstgesättigten Atmosphäre andauert.

Klimatische Atmosphären wie das wechselseitige Misstrauen innerhalb einer Sportart oder das Angstklima in einem Kontext sexualisierter Gewalt (vgl. [66] 2016) hängen wie eine Dunstglocke  Der Begriff Atmosphäre verbindet zwei Aspekte: „einerseits den Atmos, den Dunst, das feinstofflich Hauchartige und Diffuse, das zwischen Subjekten und Objekten weht und diffundiert, und andererseits die Sphäre, das Kugelförmige, das formhaft klar Definierte, das Gefäß, durch das der Hauch zusammengehalten wird" ([62] 2018: 128; Hervorhebungen im Original). über der gemeinsamen Situation und können so anhaltend-hintergründig das Handeln, Denken und Empfinden der an der Situation Teilhabenden – genauer: deren persönliche Situationen – beeinflussen. Explizit in den Vordergrund treten die zuständlich-segmentierten Situationsatmosphären immer dann, wenn sie sich zu einer aktuell-impressiven Situation verdichten – beispielsweise dann, wenn die Dopingkontrolleurin unangekündigt vor der Wohnungstür steht oder der Trainer seine Athletin unsittlich berührt. Die Dopingkontrolleurin und der Trainer erscheinen in solchen Situationen als „Verdichtungsbereich" der Angst, die in der darunterliegenden Angst vor dem Erwischtwerden bzw. dem Missbrauch „verankert"  Zur Unterscheidung von Verdichtungsbereich und Verankerungspunkt von Gefühlen siehe Schmitz (1990: 301 f.). ist. Es scheint dies ein typisches Merkmal zuständlich-segmentierter Situationsatmosphären zu sein, dass der Übergang ihrer latenten Präsenz zu einer manifesten Präsenz primär personengebunden ist, mehr oder stärker jedenfalls als dass dieser Wechsel ortsgebunden wäre.

6 „Doch was danach kam, habe ich in einer kollektiven Atmosphäre [...] nicht wieder erlebt". Ei...

Das vorangegangene Kapitel hat gezeigt, wie theoriegleitet ausgehend von Situationen Atmosphären in einem empirischen Feld wie dem Sport identifiziert und beschrieben werden können. Auf der Grundlage der neophänomenologisch-soziologischen Situationstypologie war es möglich, eine systematische Differenzierung von Atmosphären des Sports vorzunehmen, die ohne dieses analytische Instrumentarium nicht möglich gewesen wäre. Gleichwohl stellen sich in Folge dieser Analyse einige Anschlussfragen. Diesen soll nun nachgegangen werden und so in einem dritten Schritt das neophänomenologisch-soziologische Konzept der Vermittlung von Situationen und Atmosphären analytisch erweitert werden. Vier Fragen stehen hierbei im Mittelpunkt: (1) Herrscht in einer gemeinsamen Situation immer nur eine kollektive Atmosphäre vor? Falls nein, wie ist das Verhältnis der verschiedenen Atmosphären zueinander? (2) Wie beeinflussen Atmosphären die Gestalt und den Verlauf gemeinsamer Situationen? Oder ist das Verhältnis von gemeinsamer Situation und kollektiver Atmosphäre ausschließlich einseitig, sodass jene zwar diese prägt, nicht aber umgekehrt? (3) Wie ist das Verhältnis von individuellen Atmosphären, das heißt, persönlichen Gefühlen, und kollektiver Atmosphäre in einer gemeinsamen Situation zu verstehen? Ist die kollektive Atmosphäre das Aggregat der persönlichen Gefühle der an der Situation Teilhabenden, oder ist sie ein Phänomen sui generis, das unabhängig von der Vielzahl persönlicher Gefühle existiert? (4) Wie kann man kollektive Atmosphären empirisch erforschen? Welche Methoden empirischer Sozialforschung eignen sich hierfür besonders, welche eher nicht?

(Ad 4) Um mit der letzten Frage zuerst zu beginnen: Da Atmosphären, wie Albrecht sagt, „synthetische" – in Schmitz' Terminologie: chaotisch-mannigfaltige –, „emergente", „diffuse" und „fluide" Phänomene (Albrecht 2017: 155 f.) mit einem subjektiven Erlebnisanteil sind, dürfte eine phänomengerechte Untersuchung dieses Gegenstandes mit standardisierten Verfahren kaum möglich sein. Für eine gegenstandsangemessene Analyse kollektiver Atmosphären erscheinen vielmehr qualitativeMethoden der Datenerhebung und -auswertung als angemessen. Ob dafür autoethnografische Methoden (vgl. Engelfried-Rabe 2017) und im Besonderen die „aisthetische Feldforschung" ([61] 2012, 2018) genutzt werden oder aber qualitative Interviews ([101] 2017), Tagebuch- oder Videoaufzeichnungen, Filme oder Literatur, ist dabei sekundär. Primär ist, dass für die Datenauswertung schriftlich fixierte Beschreibungen der Situationsatmosphäre vorliegen, die so detailliert und präzise wie möglich sind. Es ist somit auch unerheblich, ob der*die Forscher*in selbst diese Beschreibung erstellt (etwas als Ethnolog*in) oder er*sie diese im Material (Interview, Zeitung etc.) ‚vorgefunden' hat, entscheidend ist lediglich eine konkrete, lebendige Beschreibung der Atmosphäre.  In diesem Sinne meint auch Albrecht (2017: 160): „Erfasst werden kann eine so komplexe Erfahrung wie die von Atmosphären nur mit dem klassischen Mittel einer ‚dichten Beschreibung' (Geertz 1987)". Für die Analyse und Interpretation der empirischen Daten bedarf es sodann entsprechend interpretativer, allen voran hermeneutischer oder phänomenologischer Auswertungsverfahren.

Im Folgenden soll beispielhaft gezeigt werden, wie eine neophänomenologisch-soziologische Interpretation einer kollektiven Atmosphäre des Sports aussehen kann. Empirische Grundlage hierfür ist die schriftliche Atmosphärenbeschreibung von Julian Arnold, einem Studenten der Goethe-Universität Frankfurt am Main, die er im Sommersemester 2015 im Rahmen eines von mir geleiteten Seminars als Hausaufgabe abgegeben hatte.  Ich danke Julian Arnold für die Erlaubnis, seinen Bericht im Rahmen dieses Artikels verwenden zu dürfen. Das Seminar beschäftigte sich mit der Neuen Phänomenologie, weshalb sich in der Beschreibung des Studenten einige neophänomenologische Begriffe wiederfinden (Engung, Weitung). Die Aufgabenstellung für die Studierenden des Seminars lautete: „Beschreiben Sie eine kollektive Atmosphäre des Sports, die Sie selbst erlebt haben." Dazu Julian Arnold:

„Weltmeisterschaft 2014, Halbfinale Brasilien gegen Deutschland. Wie bereits alle anderen Spiele dieser WM haben wir im Hof meiner Eltern in sehr großer Gruppe, bestehend aus Familie und Freunden, das Spiel verfolgt. Eine Leinwand wird im Wintergarten aufgebaut, die Türen zum Hof geöffnet, dort stehen Bierbänke und -tische, außerdem diverse weitere Sitzgelegenheiten. Beim Spiel gegen Brasilien war zusätzlich ein Pavillon aufgebaut, da es geregnet hat oder zumindest Regen angesagt war.

Die Anspannung aller Zuschauer bei uns zu Hause war zu spüren, es war eher eine Engung, also negative Anspannung, da man Angst vor einem Rückstand hatte, als sich auf eine Führung der Deutschen vorzubereiten.

Nach zehn Minuten ging Deutschland in Führung, allgemeiner Jubel setzte ein. Doch was danach kam, habe ich in einer kollektiven Atmosphäre vorher und nachher nicht wieder erlebt: Deutschland erzielte vier Tore in sechs Minuten, so etwas hatte noch nie jemand gesehen. Die Leute lagen sich in den Armen, liefen vor Freude herum, sprachen sich gegenseitig an: ‚Das kann ich nicht glauben, das gibt es ja gar nicht.' Eine kollektive Weitung, die man am liebsten immer noch weiter gedehnt hätte, war zu spüren. Nach dem 0:3 war die Weitung gefühlt schon maximal, doch schon eine Minute später folgte das nächste Tor, aber die Spannung war schon am Anschlag, man konnte sich im Prinzip nicht noch mehr freuen als beim vorherigen Tor. Das vierte Tor in Folge, also das 0:5 nach knapp einer halben Stunde, wurde dann schon mit einer Art positiven Resignation aufgenommen, nach dem Motto: ‚Das ist nicht zu glauben, so etwas habe ich noch nie gesehen.' Obwohl es für alle offensichtlich war, dass dort gerade etwas Historisches passiert, ist die Stimmung verhaltener geworden. Man war sich zu 100 Prozent sicher, dass Deutschland das Finale erreichen wird, deshalb ist die anfängliche engende Anspannung einer weitenden Entspannung gewichen, mit dem absoluten Höhepunkt irgendwann zwischen dem 0:3 und 0:4."

Bezugnehmend auf die oben eingeführte Typologie beschreibt Julian Arnold hier eine aktuell-impressiv-ortsgebundene Situationsatmosphäre: die Zusammenkunft mehrerer Menschen zum gemeinsamen Betrachten eines Fußballspiels inklusive des Verlaufs der dabei herrschenden Atmosphäre. Zu den Sachverhalten dieser Situation gehören die Tatsachen, dass es sich um eine in Brasilien stattfindende Weltmeisterschaft im Fußball handelt, und zwar konkret um das Halbfinale zwischen dem fünffachen Weltmeister Brasilien und dem zu diesem Zeitpunkt dreifachen Weltmeister Deutschland. Ein WM-Halbfinale hat für Fußballinteressierte eine hohe Bedeutung, die Paarung Brasilien gegen Deutschland ist zudem sehr prestigeträchtig. Zu den tatsächlichen Sachverhalten dieser Situation gehören des Weiteren die interessierten und fachkundigen Zuschauer*innen im Wintergarten und Hof von Julian Arnolds Eltern wie auch deren skeptische Erwartungshaltung vor Spielbeginn, erkennbar an der „Angst vor einem Rückstand" anstelle der Vorbereitung auf die „Führung der Deutschen". Programmatische Bestandteile dieser Situation sind zum Beispiel der Zweck der Zusammenkunft, gemeinsam mit der Familie und Freunden in einem privaten Raum ein Fußballspiel anzuschauen, der Wunsch der Anwesenden, Deutschland möge das Spiel gewinnen und ins Endspiel einziehen, sowie implizite Normen wie der unausgesprochene Appell, beim Anfeuern der deutschen Mannschaft mitzumachen. Ein Problem hätte sich in dieser Situation dann ergeben, wenn die Fernsehübertragung aus Brasilien zusammengebrochen wäre oder der angekündigte Regen eingesetzt und das gemeinsame Fußballschauen im Hof verunmöglicht hätte.

Die von Julian Arnold beschriebene „negativ Anspannung" kurz vor Spielbeginn ist der kollektiv spürbare Ausdruck dieser situativen Gegebenheit, insbesondere des sportlichen Stellenwerts dieses besonderen Fußballspiels und der skeptischen Erwartungshaltung der Anwesenden. Ohne diese situative Einbettung existierte die angespannte Atmosphäre nicht.  In diese Richtung zielt die Kritik von Demmerling am Atmosphärenbegriff von Schmitz. Demmerling weist darauf hin, dass die Wahrnehmung einer Atmosphäre von den „Erwartungshaltungen" und „kulturellen Emotionsnormen" der Betroffenen abhängt, letztlich also von der Sozialisation, was in unserem Fall heißt: der Fußballfansozialisation (vgl. [14] 2011: 48 und 53). Wie die Beschreibung Julian Arnolds zeigt, veränderte sich die anfängliche Atmosphäre der Situation jedoch ziemlich schnell: Die negative Anspannung ging zunächst über in eine ausgelassene, überschwängliche, fassungslose Freude („lagen sich in den Armen, liefen vor Freude herum"), die sodann von einer „verhaltenen Stimmung", „einer Art positiven Resignation", abgelöst wurde. Grund für diesen atmosphärischen Wandel war der überraschende Spielverlauf: Deutschland schoss innerhalb weniger Minuten vier Tore und führte nach einer knappen halben Stunde mit 5:0 Toren. Dass die Atmosphäre in der Situation in dieser Form kippte, lag genauer gesagt an einer Erwartungsenttäuschung: Ein Spielverlauf wie dieser war nicht zu erwarten. Erwartbar war vielmehr ein ‚enges' Spiel oder eine Führung Brasiliens, und selbst ein 1:0 für Deutschland nach 30 Minuten hätte sich im Rahmen des Erwartbaren bewegt. Diese Erwartung aber wurde massiv, geradezu brutal enttäuscht – es passierte „etwas Historisches", wie Julian Arnold sagt. Für den Verlauf dieser Situationsatmosphäre ist also der Sachverhalt, dass allen Anwesenden die historische Dimension dieses Ereignis bewusst war, mitentscheidend. Ohne das in der persönlichen Situation der zuschauenden Personen verankerte Wissen, dass es ein solches Ergebnis in einem Halbfinalspiel einer Fußball-WM wie auch in den bisherigen Spielen zwischen Brasilien und Deutschland noch nie gab und eigentlich nicht geben kann, hätte es diesen atmosphärischen Umschwung nicht gegeben.

Mit Blick auf die eingangs dieses Kapitels formulierten Fragen legt das Fallbeispiel folgende Antworten nahe. (Ad 1) In eine gemeinsame Situation können verschiedene kollektive Atmosphären eingebettet sein. Generell gilt: Die Möglichkeit der gleichzeitigen Anwesenheit mehrerer kollektiver Atmosphären in einer gemeinsamen Situation folgt aus ihrem ontologischen Status als Halbdinge (s. Kap. 2); die Einbettung in die je konkrete gemeinsame Situation mit ihren je spezifischen Sachverhalten, Programmen und eventuell Problemen begrenzt die Anzahl kollektiver Atmosphären, deren empirisches Erscheinen tatsächlich möglich ist. Das Fallbeispiel erlaubt zwar nur den Nachweis, dass eine gemeinsame Situation im zeitlichen Verlauf verschiedene kollektive Atmosphären aufweisen kann, hier bedingt durch den Umstand, dass der Spielverlauf (Sachverhalt) zu einer positiven Erwartungsenttäuschung (Sachverhalt) führte, wodurch sich die Hoffnung auf ein spannendes Spiel (Wunschprogramm) wie auch das Verhalten der Beteiligten (Normprogramm) änderten und die Sorge (Problem), das Endspiel nicht zu erreichen, dem Staunen über das historische Ereignis wich. Es ist jedoch davon auszugehen, dass nicht nur im zeitlichen Verlauf, sondern ebenso zu einem bestimmten Zeitpunkt mehrere kollektive Atmosphären in einer gemeinsamen Situation erlebbar sind. Der zentrale Grund hierfür ist, dass Situationen immer in und mit anderen Situationen verschachtelt sind (vgl. Schmitz 2005: 26). Angewandt auf das Fallbeispiel könnte das zum Beispiel heißen: Die zum Fußballschauen zusammengekommenen erwachsenen Frauen und Männer im Garten von Julian Arnolds Eltern konstituieren die übergeordnete gemeinsame Situation; innerhalb dieser gemeinsamen Situation konstituieren die Kernfamilie von Julian Arnold, die anderen Familien aus der Nachbarschaft, ein heimliches Liebespaar unter den Anwesenden und im Hintergrund spielende kleine Kinder  Um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen: Das heimliche Liebespaar und die spielenden Kinder sind erfunden und dienen lediglich der Veranschaulichung. ihre je eigenen gemeinsamen Situationen. Jede dieser einzelnen gemeinsamen Situationen ist aufgrund ihrer je eigenen Sachverhalte, Programme und Probleme zum einen von den anderen abgrenzbar und kann zum anderen auf eigene Art atmosphärisch aufgeladen sein: Das verliebte Paar erlebt programmbedingt eine erotische Atmosphäre, die Eltern von Julian Arnold teilen problembedingt eine genervte Atmosphäre und die spielenden Kinder sachverhalts- und programmbedingt eine fröhliche Atmosphäre. Inwiefern diese verschiedenen und ineinander verschachtelten Situationsatmosphären miteinander konkurrieren, sich abschwächen oder aufstacheln, ist dann eine empirische Frage.

(Ad 2) Das Fallbeispiel weist des Weiteren darauf hin, dass nicht nur Situationen Atmosphären prägen, sondern ebenso kollektive Atmosphären gemeinsame Situationen formen können. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass sich die Atmosphärenwahrnehmung der Situationsteilnehmer*innen in konkreten Verhaltensweisen ausdrückt. Menschen liefen hier spontan herum und lagen sich in den Armen, weil sie von der freudigen Atmosphäre nach dem Torerfolg der deutschen Mannschaft mitgerissen worden waren. Solch atmosphärisch bedingte Verhaltensweisen können die jeweils aktuelle Situation modifizieren, etwa indem sie aus einer bis dato schweigsamen Gruppe eine lautstark singende Gruppe machen. Kollektive Atmosphären wie die von Julian Arnold beschriebene können zudem über die aktuelle Situation hinaus folgenreich sein und in eine zuständliche Situation übergehen. Wer bei einem historischen Ereignis leibhaftig anwesend war, vergisst dieses Ereignis in aller Regel nicht, wie er auch nicht vergisst, wo und mit wem er es erlebt hat; in diesem Sinne wirkt das Ereignis vergemeinschaftend. Je intensiver das atmosphärische Ergriffensein in einer gemeinsamen aktuellen Situation war, „desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass aus der aktuellen eine zuständliche Situation resultiert, die sich im Gedächtnis Einzelner oder Mehrerer ablagert und in der Erinnerung aufgerufen wird mit dem möglichen Effekt, Jahre später erneut gemeinschaftsstiftend zu wirken." (Gugutzer 2017: 158)

(Ad 3) Schließlich lässt sich das Fallbeispiel dahingehend verallgemeinern, dass kollektive Atmosphären Phänomene sui generis sind, also nicht die Aggregation der persönlichen Gefühle der anwesenden Menschen. Einen Anhaltspunkt dafür liefert hier der bemerkenswerte Umstand, dass aus der Summe der intensiven Freudegefühle der einzelnen Zuschauer*innen kein kollektives Gefühl der ‚Hyper-' oder ‚Mega-Freude' resultierte, sondern die „verhaltene Stimmung" der „positiven Resignation". Individuelle Freude + individuelle Freude + individuelle Freude ... summiert sich also nicht zu einer extrem großen gemeinsamen Freude, sondern mündet in ein anderes kollektives Gefühl, hier vielleicht in ein Konglomerat aus tiefer Ungläubigkeit, Glückseligkeit, Stolz und Zufriedenheit. Das Beispiel verdeutlicht damit auch, dass eine kollektive Atmosphäre nicht das Produkt einer Bedeutungszuschreibung ist – im Sinne Rendas eine „kommunizierte Zurechnung" (Renda 2018: 640 f.) bzw. eine „kommunikative Zuweisung" (ebd.: 645) –, sondern umgekehrt die Zuschreibung der Bedeutung dem leiblich-affektiven Betroffensein von der Atmosphäre nachgeordnet ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Atmosphäre nicht nur registrierend wahrgenommen wird, sondern die Teilhabenden von ihr spürbar ergriffen sind. Mindestens in solchen Fällen erweisen sich kollektive Atmosphären als situationsimmanente Phänomene in eigenem Recht, die primär pathisch ergreifen und denen sekundär eine Bedeutung zugewiesen wird.

7 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Der Text hatte das Ziel, einen Beitrag zur gerade erst sich entwickelnden soziologischen Atmosphärenforschung zu leisten. Hierfür wurde als theoretische Grundlage die Neue Phänomenologie gewählt, da diese über einen präzisen Atmosphärenbegriff verfügt. Im neophänomenologischen Sinne sind Atmosphären die wahrnehmbare Besetzung flächenloser Räume, insbesondere von Gefühlen und des Leibes, wobei die Atmosphärenwahrnehmung zwischen einer nüchternen Registrierung und einem affektiven Betroffensein variieren kann. Für die soziologische Atmosphärenforschung ist dieser Atmosphärenbegriff ein Gewinn, weil er die pathische Dimension von Atmosphären betont und Atmosphären nicht an einen festen Ortsraum bindet. Atmosphären können zwar durch „ästhetische Praktiken" (Böhme) vorbereitet werden, im strengen Sinn aber nicht hergestellt werden – ob die Arbeit an der Atmosphäre zum Erleben der beabsichtigten Atmosphäre führt, ist eine offene Frage. Unter diesem Gesichtspunkt ist der pathische Atmosphärenbegriff auch für die Sozialtheorie relevant, insofern er deren aktivistischen, intentionalistischen, konstruktivistischen Bias zu korrigieren hilft. Das neophänomenologische Verständnis situierter Atmosphären lehrt, dass Sozialität nicht nur etwas sozial Konstruiertes ist, sondern ebenso sehr ein nichtintentionales, leiblich-affektives Widerfahrnis.

Ein weiterer Vorzug der Neuen Phänomenologie besteht darin, dass sie über einen Situationsbegriff verfügt, der nicht auf mikrosoziale Kontexte begrenzt ist, sondern ebenso meso- und makrosoziale Situationen zu erfassen erlaubt. Zuständliche und segmentierte Situationen sind nicht auf die physische Ko-Präsenz von menschlichen Akteuren und deren Handlungen und Interaktionen beschränkt, sondern umfassen ebenso Organisationen und Institutionen, Gesellschaft und Kultur. Ein solch weiter, in der Soziologie unüblicher Situationsbegriff  So findet sich beispielweise in einem Sammelband von [104] (2013) und in einem Artikel von [58] (2020), die sich beide als Überblick über die aktuellen philosophischen und soziologischen Situationskonzepte verstehen, kein einziges Wort zu Schmitz – und dies, obgleich Schmitz seinen Situationsbegriff bereits 1977 in die Philosophie eingeführt hat ([70] 1977: § 224). Selbst eine Autorin wie Lindemann, die als erste Schmitz' Philosophie soziologisch aufbereitet ([52] 1993) und seitdem vielfach und vielfältig auf Schmitz Bezug genommen hat, nutzt dessen Situationsbegriff nicht, auch nicht in ihren sozialtheoretischen Arbeiten ([53] 2014). ist eine vielversprechende Möglichkeit, die soziologische Kluft zwischen „Mikro" und „Makro" zu überwinden. An dieser Stelle muss das eine These bleiben, die es in zukünftigen Arbeiten insbesondere in Auseinandersetzung mit anderen „intersituativen" ([41] 2014) soziologischen Situationskonzepten zu untermauern gilt.

Zentrales theoretisches Anliegen des Beitrags war der Nachweis, dass Atmosphären in Situationen eingebettet sind. Hierfür wurde erstens in Anlehnung an die neophänomenologische Terminologie dargelegt, dass Situationen und Atmosphären im Medium leiblicher Kommunikation ineinander verschränkt sind sowie, über Schmitz hinausgehend, dass es die situationskonstitutiven Sachverhalte, Programme und Probleme sind, die für die Entstehung, Ausprägung, Wahrnehmung, Dauer und den Wandel von Atmosphären verantwortlich sind. Eine soziologische Atmosphärenforschung hat folglich analytisch an den Situationen anzusetzen. In diesem Sinne entwarf der Text zweitens eine Typologie gemeinsamer Situationen, deren vier Situationstypen als Analyseinstrument zur Identifikation und Beschreibung unterschiedlichster Atmosphären des Sports fungierten. Die Typologie ermöglichte es, Atmosphären des Sports zu erkennen, die ohne diesen situationstheoretischen Rahmen unerkannt blieben. Das gilt im Besonderen für ortsungebundene Atmosphären, die in der soziologischen Atmosphärenforschung gemeinhin übersehen werden, da Atmosphären dort üblicherweise ortsräumlich verankert sind. Das analytische Potenzial der neophänomenologisch-soziologischen Situationstypologie besteht somit darin, Atmosphären überhaupt und/oder auf eine besonders differenzierte Weise erkennen zu können. Dieses Erkenntnispotenzial besitzt die Situationstypologie selbstredend nicht nur im Hinblick auf Atmosphären. Der hohe Grad an Differenziertheit der neophänomenologisch-soziologischen Situationstypologie ermöglicht es vielmehr, jedes sozial situierte Phänomen präzise zu beschreiben und es so anders und vielleicht sogar besser als bisher zu verstehen.

Weil die typologische Verschränkung von Situation und Atmosphäre einige theoretische und methodologische Fragen unbeantwortet ließ, präsentierte der Text schließlich im dritten Schritt ein empirisches Fallbeispiel, mit dem es gelang, das neophänomenologisch-soziologische Verständnis der Vermittlung von Situation und Atmosphäre konzeptionell zu erweitern.

Der Sport und seine Atmosphären fungierten in diesem Text als Beispiel, um die soziologische Sportforschung für den Untersuchungsgegenstand „Atmosphären" zu sensibilisieren, sind Atmosphären in diesem Forschungsfeld doch ein nahezu unbekanntes Thema. Vor allem aber hatten die Ausführungen zu den Atmosphären des Sports den Zweck, die empirische Evidenz der theoretischen Überlegungen zu begründen. So wie sich die Neue Phänomenologie als „empirische Wissenschaft" (Schmitz 2003a: 3) versteht, begreift sich auch die NPS und mit ihr die neophänomenologische Atmosphärensoziologie als empirische Wissenschaft, genauer als theoretisch-empirische Soziologie im Sinne von [47], Hirschauer und Lindemann (2008), die sich methodologisch dem Paradigma der qualitativen Sozialforschung zurechnet. Das skizzierte Theorieprogramm der neophänomenologischen Atmosphärensoziologie ist also keineswegs auf den Sport und die Sportsoziologie begrenzt, vielmehr ist es anschlussfähig an alle empirischen Felder und die entsprechenden soziologischen Teildisziplinen.

Atmosphären sind ein grundlegendes und allgegenwärtiges gesellschaftliches Phänomen, das letztendlich von allgemeinsoziologischer Bedeutung ist. Soziales Handeln, soziale Ordnung, sozialer Wandel – die drei großen sozialtheoretischen Themen der Soziologie sind untrennbar mit dem Thema Atmosphären verknüpft. Soziales Handeln fällt anders aus, je nachdem, welcher Art die Atmosphäre des Handlungskontextes ist; soziale Ordnungen sind immer auch atmosphärisch wahrnehmbar und stabilisieren sich über atmosphärisch aufgeladene Konventionen und Rituale; sozialer Wandel setzt ein, wenn bzw. weil sich die kollektive Atmosphäre verändert hat, wie er umgekehrt daran spürbar wird, dass sich eine neue Atmosphäre einstellt. Auch soziale Macht- und Ungleichheitsstrukturen zeigen sich oft oder gar ausschließlich auf atmosphärische Weise, etwa als Atmosphäre der Angst oder Unsicherheit, der Scham oder Peinlichkeit, des Ver- oder Misstrauens, der Versuchung oder Verführung etc. Solche atmosphärischen Qualitäten von Sozialität als soziale Rand- oder Begleiterscheinungen abzuqualifizieren und sie daher sozialtheoretisch zu ignorieren, ist sachlich unangemessen. Die neophänomenologische Atmosphärensoziologie jedenfalls versteht sich als ein sozialtheoretischer Ansatz, der einen Beitrag zur allgemeinen Soziologie liefert, da er verdeutlicht, dass Atmosphären eine basale Dimension von Sozialität sind.

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By Robert Gugutzer

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Robert Gugutzer, geb. 1967 in Dorfen (Oberbayern). Studium der Soziologie, Psychologie und Politikwissenschaft in Tübingen und München. Promotion 2001 an der Universität Halle-Wittenberg, Habilitation 2011 an der Universität Augsburg. Von 1999–2002 wissenschaftlicher Mitarbeiter im SFB „Reflexive Modernisierung" an der Universität Augsburg, von 2001–2009 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU München, seit Oktober 2009 Professor für Sozialwissenschaften des Sports an der Goethe-Universität Frankfurt am Main; Forschungsschwerpunkte: Körpersoziologie, Sportsoziologie, Leibphänomenologie, Sozialtheorie; Wichtigste Buchpublikationen: Handbuch Körpersoziologie, 2 Bde. (hrsg. mit G. Klein & M. Meuser), Wiesbaden 2017; Soziologie des Körpers (5. Aufl.), Bielefeld 2015; Verkörperungen des Sozialen. Neophänomenologische Grundlagen und soziologische Analysen, Bielefeld 2012; body turn. Perspektiven der Soziologie des Körpers und des Sports (als Hrsg.), Bielefeld 2006; Leib, Körper und Identität. Eine phänomenologisch-soziologische Untersuchung zur personalen Identität, Wiesbaden 2002.

Titel:
Atmosphären, Situationen und der Sport. Ein neophänomenologischer Beitrag zur soziologischen Atmosphärenforschung.
Autor/in / Beteiligte Person: Gugutzer, Robert
Link:
Zeitschrift: Zeitschrift für Soziologie, Jg. 49 (2020-10-01), Heft 5/6, S. 371-390
Veröffentlichung: 2020
Medientyp: academicJournal
ISSN: 0340-1804 (print)
DOI: 10.1515/zfsoz-2020-0030
Schlagwort:
  • PHENOMENOLOGY
  • ATMOSPHERE
  • SOCIOLOGY
  • SPORTS
  • Subjects: PHENOMENOLOGY ATMOSPHERE SOCIOLOGY SPORTS
  • Atmosphere
  • Neophenomenological Sociology
  • New Phenomenology
  • Sociology of Atmospheres
  • Sociology of Sport
  • Atmosphäre
  • Atmosphärensoziologie
  • Neophänomenologische Soziologie
  • Neue Phänomenologie
  • Situation
  • Sportsoziologie Language of Keywords: English; German
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Alternate Title: Atmospheres, Situations, and Sport: A Neophenomenological Contribution to Sociological Atmosphere Research.
  • Language: German
  • Document Type: Article
  • Author Affiliations: 1 = Goethe-Universität Frankfurt a.M., Institut für Sportwissenschaften, Abt. Sozialwissenschaften des Sports, Ginnheimer Landstraße 39, 60487 Frankfurt a.M., Deutschland

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