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Werner Williams-Krapp, Die Literatur des 15. und frühen 16. Jahrhunderts. Teilbd. 1: Modelle literarischer Interessenbildung. (Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zum Beginn der Neuzeit III/2, 1) De Gruyter, Berlin – Boston 2020. 774 S., € 149,95

Hahn, Reinhard
In: Arbitrium, Jg. 39 (2021-12-01), Heft 3, S. 302-307
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Werner Williams-Krapp, Die Literatur des 15. und frühen 16. Jahrhunderts. Teilbd. 1: Modelle literarischer Interessenbildung. (Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zum Beginn der Neuzeit III/2, 1) De Gruyter, Berlin – Boston 2020. 774 S., € 149,95 

Werner Williams-Krapp, Die Literatur des 15. und frühen 16. Jahrhunderts. Teilbd. 1: Modelle literarischer Interessenbildung. (Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zum Beginn der Neuzeit III/2, 1) De Gruyter, Berlin – Boston 2020. 774 S., € 149,95.

Mit diesem Teilband ist die von Joachim Heinzle herausgegebene Geschichte der deutschen Literatur von ihren Anfängen bis zum Einsetzen der frühen Neuzeit ihrem Abschluss nahegerückt. Da alle vorangehenden Teilbände im Titel zeitliche Angaben enthalten, hätte man auch hier mit einer Periodisierung wie ‚1380/90–1520' rechnen können, zumal da das Epochenende oder doch eine Zäsur überlieferungsgeschichtlich und mit dem Aufkommen der Reformation 1520/21 begründet wird (S. 13). Die bisherigen Darstellungen dieses Zeitraums wurden (um von Wolfgang Stammlers ein Jahrhundert zurückliegendem Buch Von der Mystik zum Barock abzusehen) in der Mehrzahl von größeren Autorenteams verfasst, während Williams-Krapp das 15. Jahrhundert und das frühe 16. allein bearbeitet, wobei die Stofffülle ihn zu einer Aufteilung in zwei Teile zwang, deren erster nun vorliegt. Unter den von einzelnen Autoren verfassten Epochendarstellungen lädt der von Hans Rupprich geschriebene Teilband der von de Boor und Newald begründeten Literaturgeschichte zum Vergleich ein, sowohl hinsichtlich der Periodisierung wie auch des Umfangs (835 Seiten, in der Neubearbeitung 927 Seiten). Rupprich schrieb seinerzeit „in erster Linie für Studierende der Germanistik" (S. 5), ihnen wollte er „ein Handbuch zur Erwerbung des nötigen Realwissens" (S. 7) an die Hand geben. In diesem Bestreben trug er eine Fülle von Autornamen, Werktiteln, Entstehungs- und Erscheinungsdaten zusammen, die einem Einzelnen aus erster Hand darzubieten kaum möglich sein dürfte, und tatsächlich finden sich auch Angaben, die näherer Prüfung nicht standhalten. Über Johannes Rothe, den wichtigsten thüringischen Autor im späten Mittelalter, erfährt man, er sei „Verfasser einer deutschen Landeschronik mit drei in Prosa verfaßten Redaktionen" (S. 154). Rothe begann mit einer Chronik der Stadt Eisenach, schrieb später eine Landeschronik Thüringens und schloss 1421 eine Chronik ab, die heute, da sie eine aus einer Universalchronik entwickelte Regionalchronik bietet, unter dem Titel Thüringische Weltchronik läuft. Von drei Redaktionen einer Landeschronik kann also kaum die Rede sein, und heikel ist auch der Hinweis auf die Prosaform, da der thüringische Chronist sich, von zwei Reimprologen abgesehen, stets der Prosa bediente. Für Details wie diese würde man heute sicher eher nach einem lexikalischen Nachschlagewerk greifen als nach einer Literaturgeschichte; Williams-Krapp macht denn auch deutlich, dass der Leser parallel zu seiner Darstellung die großen Autoren- und Werklexika, das neue Verfasserlexikon, Kühlmanns Neubearbeitung des Killy Literaturlexikons und die von Achnitz herausgegebenen Mittelalterbände des Deutschen Literaturlexikons konsultieren kann, auf die in der Bibliographie verwiesen wird.

Die von Heinzle herausgegebene Literaturgeschichte will mehr und anderes als „Realwissen" vermitteln, nämlich ein konsistentes Bild von der Entwicklung der deutschen Literatur von ihren Anfängen im 8. Jahrhundert bis zur Epochenschwelle der Frühen Neuzeit entwerfen. Das hierfür entwickelte zweisträngige Verfahren, bekannt geworden unter dem Begriff der „literarischen Interessenbildung", wurde wiederholt erläutert und diskutiert, und da die Teilbände inzwischen fast vollständig vorliegen, mag hier eine Andeutung genügen. Die Darstellung verfährt in zwei Schritten. Zunächst wird das literarische Geschehen der Epoche modellhaft an ausgewählten Zeugnissen unter dem Blickwinkel der Interessenbildung beschrieben, ausgehend von Personen, gesellschaftlichen Gruppen, Institutionen und so weiter, die das Entstehen der Werke beförderten und mit ihrer Rezeption in Verbindung stehen. Sodann werden die Texte in größerer Vollständigkeit unter dem Aspekt der literarischen Formenbildung, das heißt nach Gattungen behandelt. Heinzles Literaturgeschichte zielt auf eine solide, dokumentarisch überprüfbare Basis der mediävistischen Literaturwissenschaft. Indem sie mit dem „denkbar weitesten Literaturbegriff" arbeitet, sucht sie über rein ästhetische Urteile hinauszugehen, die sich gewöhnlich auf die sogenannte schöne Literatur konzentrieren. Dass auch diese Konzeption nicht ohne Kompromisse auskommt, hat er selbst ausgesprochen.

Der von Williams-Krapp vorgelegte Teilband, dessen Umfang das Dreifache der Teilbände I/2 und II/2 beträgt, ist überschaubar strukturiert. Eröffnet wird er durch eine Einleitung (S. 1–36), die Grundtendenzen der Epoche skizziert und deren Schwerpunkt auf der Materialität der Überlieferung liegt: Verdeutlicht wird der Zusammenhang zwischen dem Aufkommen des Beschreibstoffs Papier und der vielzitierten Literatur-, richtiger Überlieferungsexplosion; eingehend beschrieben wird die Entwicklung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern, auch Blockbücher und Holzschnitttechnik fehlen nicht. Anderes wird nur gestreift, etwa der Übergang vom Vers zur Prosa und dessen vieldiskutierte Ursachen (S. 16f.). Knapp abgehandelt werden auch die sprachlichen Auswirkungen des Buchdrucks.Das Luther zugeschriebene Wort „von einem ‚gemeinen Deutsch'" (S. 30) ist nicht ganz korrekt wiedergegeben, spricht er doch von der „gemeinen deutschen Sprache". Vgl. D. Martin Luthers Werke (Weimarer Ausgabe), Tischreden. Bd. 1. Weimar 1912, S. 524f., Nr. 1040.

Im Folgenden ordnet Williams-Krapp seinen Stoff in drei Blöcken unterschiedlichen Umfangs: 1. der Literaturbetrieb der Freien Reichsstadt Nürnberg (S. 37–194), 2. der literarische Niederschlag der kirchlichen Reformbewegungen und der Observanzbewegungen der einzelnen Orden (S. 195–506), 3. der Renaissancehumanismus im deutschsprachigen Raum (S. 507–643). Im ersten Block werden so wichtige Gattungs- und Themenbereiche wie das vorreformatorische Nürnberger Fastnachtspiel, historisch-politische Ereignisdichtung und Reiseliteratur (um nur eine Auswahl zu nennen) unter Verarbeitung der neueren Forschung abgehandelt. Hier war mancher alte Zopf abzuschneiden, etwa die Ventil-Theorie, das heißt die Annahme, die dominierende Sexualthematik der frühen Spiele habe den unverheirateten Nürnberger Handwerksgesellen gleichsam ein Ventil der Triebabfuhr geboten, oder auch eine zu starke Begrenzung der Spiele auf Handwerker und städtische Mittelschicht. Da der Autor zunächst die maßgeblichen Autoren Rosenplüt und Folz behandelt und darauf Gattungen wie Fastnachtspiel und Meistergesang, waren Wiederholungen nicht gänzlich zu vermeiden.Folz wird zunächst im Zusammenhang (S. 66–90) behandelt, im Kapitel „Das Nürnberger Fastnachtspiel" (S. 94–114) und im Kapitel „Der Nürnberger Meistergesang" (S. 114–135). Hier wären statt öffentlicher und interner Singschulen Hauptsingen, Freisingen und Zechsingen zu unterscheiden. Die Finanzen der Gesellschaft verwalteten nicht „Büchsenmacher" (S. 119), sondern „Büchsenmeister". Inwieweit das Selbstbewusstsein der Meistersinger übersteigert war (S. 123), wäre vielleicht der Diskussion wert. Während man mit Nürnberg gewöhnlich die Handwerkerdichtung eines Rosenplüt, Folz und Sachs verbindet, akzentuiert Williams-Krapp auch anderes, so die Beziehungen zwischen der Politik des Rats und dem literarischen Schaffen, die judenfeindliche Texte eines Hans Folz ermöglichen konnten, auch eine geistliche Literatur, angeregt durch „eine außerordentliche Frömmigkeit und umfassende Pflege des kirchlichen Lebens, die durch gezielte Maßnahmen des Rats entscheidend gefördert und in gewisser Hinsicht auch für dessen Politik instrumentalisiert wurden" (S. 44). Auch bei der Pilgerreiseliteratur kann die vom Autor zur „Literaturhauptstadt des Reichs" erklärte fränkische Reichsstadt mit einer Reihe klangvoller Namen aufwarten; vorgestellt werden Hans Lochner, Nikolaus Muffel, Jörg Pfinzing, die Familie Rieter, Hans Tucher. Ein abgerundetes Bild der Gattung, die ihre Blüte in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erlebte, wird erst der 2. Teil bieten (auf ihn wird für Martin Ketzel verwiesen), jedenfalls fehlen so wichtige Namen wie Konrad Grünenberg und Arnold von Harff, Bernhard von Breidenbach wird nur gestreift. Untertrieben ist die Behauptung, die Pilgerreisen seien „mitunter mit Ablassbestätigungen verbunden" (S. 159) gewesen, war der Erwerb von Ablässen doch ein entscheidendes, wenn nicht das wichtigste Motiv für Fahrten zu den großen Pilgerzielen. Und bedenkt man, wie viele Fürsten im Lauf des 15. Jahrhunderts ins Heilige Land zogen und wie viele junge Adlige von der Aussicht auf den Ritterschlag am Heiligen Grab angezogen wurden, dürfte sich auch die Annahme einer „durch und durch städtisch geprägten Welt des 15. Jahrhunderts" (S. 9) relativieren. Williams-Krapp wiederholt den Gedanken, dass der deutschsprachige Raum in diesem Jahrhundert „bereits eine so gut wie völlig städtisch geprägte Welt" (S. 37) gewesen sei, nennt jedoch auch Beispiele literarischer Interessenbildung in fürstlichem Umfeld wie den Spigell des ehlichen ordens, den der Leipziger Dominikaner Marcus von Weida 1487 für den Hof der sächsischen Kurfürsten zu Torgau verfasste.

Während der erste Block als modellhafte Vorstellung des literarischen Lebens in der Stadt des späten Mittelalters gelten kann, gilt das für den zweiten nicht uneingeschränkt, umfasst er doch nicht nur den Süden, Südwesten und weitere Räume, sondern zielt auch im Bereich der Orden auf Vollständigkeit mit Behandlung der Dominikaner, Franziskaner, Klarissen, Benediktiner, Zisterzienserinnen, der Devotio moderna und der Augustinereremiten. Hier ist der durch grundlegende Beiträge zur Erforschung der spätmittelalterlichen geistlichen Literatur ausgewiesene Autor sichtlich in seinem Element. Vorgestellt wird eine schier unüberschaubare Reihe von Ordens- und Säkularklerikern, die mit Predigten, Traktaten, Auslegungen und Sendbriefen im Dienst der Ordensreform hervortraten: Johannes Kirchschlag, Johannes Diemar, Johannes Hentinger, Johannes Weyg, Friedrich Stromer, Hermann von Metten, Johannes Prausser und Johannes Lock, um nur eine sehr schmale Auswahl zu nennen. Besprochen werden die Autorviten, Inhalt, Aufbau und Überlieferung der Texte. Es ist nicht möglich, den Reichtum dieses Teils an Texten und Texttypen, Autoren, Überlieferungsdaten und intertextuellen Bezügen hier angemessen zu würdigen. In diesem Teil hätte man sich Raffungen vorstellen können, sind doch nicht wenige Autoren im Verfasserlexikon behandelt. Doch findet man wiederholt eingehende Würdigungen, die erheblich über das dort Gebotene hinausgehen. Ausführlich wird der Reformtheologe Johannes Nider auf den Seiten 242 bis 251 besprochen. Auch den Ulmer Dominikaner Felix Fabri, der in den bisherigen Darstellungen meist nur als Autor von Pilgerreiseberichten, voran des Evagatorium, erscheint, lernt man besser kennen. Sein Porträt geht weit über die Artikel im Verfasserlexikon und im Killy hinaus. Genannt sei noch die Lichtenthaler Zisterzienserin Regula.

Der dem Humanismus gewidmete dritte Teil ist etwas knapper als die beiden vorangehenden ausgefallen, gleichwohl unterrichtet auch er nahezu erschöpfend: Behandelt werden Intentionen und Tätigkeitsfelder der humanistischen Bewegung, ihre Zentren (Fürstenhöfe, Universitäten), ihre Repräsentanten und ihre Werke in lateinischer und deutscher Sprache. Williams-Krapp versteht es, auch komplexe biographische und werkgeschichtliche Zusammenhänge konzise und stimmig darzustellen, etwa in den Porträts des Enea Silvio Piccolomini, Konrad Celtis, Johannes Reuchlin und Jakob Wimpfeling. Knapp werden die Epistolae obscurorum virorum, eine der bedeutendsten Satiren der Epoche, behandelt; neben Crotus Rubeanus, ihrem eigentlichen Schöpfer, und Ulrich von Hutten, dem Hauptverfasser des zweiten Teils, hätte der ebenfalls beteiligte Hermann Buschius eine Erwähnung verdient. Recht knapp wird Hutten porträtiert. Missverständlich ist sein „humanistisches Studium" (S. 541), schickte man ihn doch nach Italien zum Studium der Rechte. Ob man in ihm die „wohl schillerndste Gestalt des deutschen Humanismus" (S. 540) oder ihn wie schon C. F. Meyer in seiner Widersprüchlichkeit sehen sollte, mag man unterschiedlich beurteilen. Zu fragen wäre vielleicht auch, inwieweit Autoren wie Hutten und Erasmus, die mit ihrem Schaffen in die frühen Reformationsjahre hineinreichen, in einer Geschichte der mittelalterlichen Literatur überhaupt berücksichtigt werden sollten. Williams-Krapp verarbeitet auch in diesem Teil seiner Darstellung den aktuellen Forschungsstand, wie zum Beispiel der Abschnitt über den Klosterhumanismus mit gelungenen Skizzen der Benediktiner Trithemius und Bonstetten zeigt. Nicht jede Verallgemeinerung leuchtet völlig ein, etwa die, die deutschen Universitäten seien „fast ausschließlich Fürstenuniversitäten" gewesen und hätten sich „in Städten mit Residenzen des Hochadels" (S. 518) befunden. Für Erfurt und Leipzig gilt das nicht, den „bedeutenden Humanistenkreis" (S. 540) in Erfurt erwähnt der Autor beiläufig, den „Dichterkönig" Helius Eobanus Hessus gar nicht. Da er systematisch verfährt, mit der humanistischen Literatur in lateinischer Sprache beginnt, die in der Volkssprache anschließt, sodann den Humanismus an den Höfen, darauf in den Städten behandelt, erscheinen die Autoren nicht immer in chronologischer Folge (Wyle etwa nach Erasmus) und angesichts der Fülle dieser systematisch angelegten Überblicke könnte man auch fragen, ob es sich hier wirklich nur um ein Modell handele. Nicht ganz klar wird das Verhältnis der antiken Latinität zum Mittellatein und anderseits das von „scholastischem" und Humanistenlatein. Das neue Latein (Neulatein?) sei weniger kompliziert gewesen als „das ‚Mittellatein' des kirchlichen Wissenschaftsbetriebs" (S. 508). Wer etwa den berühmten Brief Huttens an Pirckheimer vom 18. Oktober 1518 liest, wird kaum den Eindruck gewinnen, dass er in einem einfachen Latein geschrieben sei. An anderer Stelle heißt es, Bebel habe danach gestrebt, „das barbarische scholastische Latein" (S. 520) durch das der Antike zu ersetzen.

Den Band beschließt ein umfänglicher Apparat, bestehend aus einem Abbildungsteil, einer Bibliographie und mehreren Registern, die die gezielte Suche nach einem Werk, Autor oder Codex erlauben. Bei den 16 Schwarzweiß-Abbildungen, die zumeist Werke namhafter Autoren wie Steinhöwel, Eyb, Brant, Murner und Sachs dokumentieren, sollten bei einer Neuauflage einige Unstimmigkeiten beseitigt werden: Bei Abbildung 2 erscheint in der Bildunterschrift die Universitätsbibliothek Heidelberg irrtümlich als „Bad. LB", ähnlich bei Abbildung 3 die Bayerische Staatsbibliothek als „Bayer. LB", auch stimmen die Unterschriften nicht immer mit dem Abbildungsverzeichnis überein. Die Namen der Drucker sind inkonsequent angeführt, bei Steinhöwels Esopus (Abb. 12) ist er angegeben, bei Eybs Ehebüchlein (Abb. 13) nicht. Da das Ehebüchlein 1472 in Nürnberg bei zwei Druckern in drei Ausgaben erschien, wäre diese Angabe, am besten mit GW-Nummer, zweckmäßig. Die bibliographischen Hinweise (S. 662–707) sind besonders da hilfreich, wo sie neuere und neueste Literatur verzeichnen, weniger in den Hinweisen auf Lexikonartikel. Für Hans Sachs wird auf den Artikel in Killy verwiesen, das ist alles; vielleicht wird der zweite Teil neuere Forschungsliteratur verzeichnen. Umgekehrt wäre bei Hutten der Hinweis auf den materialreichen Artikel in Worstbrocks Deutschem Humanismus zweckmäßig gewesen. Dass neben Autoren wie Vegetius, die man vielleicht nicht unbedingt erwarten würde, der Name Luther fehlt, dürfte Absicht sein. Manchmal hätte man sich den Hinweis auf wichtige Monographien und Anthologien wie Jan-Dirk Müllers Gedechtnus und Die Kultur des Humanismus von Nicolette Mout gewünscht.Da die erste Ausgabe des Killy in Teilband III/1 unter der Abbreviatur „LL" erscheint, sollte diese auch hier verwendet werden. Das Buch von Martina Backes erscheint S. 670 zweimal. Verkürzt angeführte Arbeiten (z. B. Heike Uffmann, S. 215) sind nicht immer ohne weiteres auffindbar. Das Personen- und Werkregister ist mitunter lakonisch, eine Angabe wie „Ludwig V., Kurfürst" hilft kaum weiter, und „Wilhelm von Thüringen, Herzog" könnte dahingehend missverstanden werden, dass es in Thüringen im 15. Jahrhundert Herzöge gegeben hätte (der Wettiner war Landgraf von Thüringen und Herzog zu Sachsen).Die Werktitel weichen manchmal vom Verfasserlexikon ab, Dil Ulenspiegel etwa (dort Ulenspiegel). Das Sachs'sche Städtelob heißt richtig Lobspruch der Stadt Nürnberg. Bei den Registereinträgen „Tristan als Monch" und „Prosaauflosung" dürfte ein technisches Problem vorliegen, auch bei „Konneker". Im Ortsregister wären Marienberg und Bordesholm (S. 458) nachzutragen.

Williams-Krapp hat eine moderne Epochendarstellung vorgelegt, für die ihm Anerkennung und Dank gebührt. Seine Diktion ist ebenso präzise wie anschaulich und wird auch komplexeren Sachverhalten gerecht, zum Beispiel „Sodalitäten waren lockere Zusammenschlüsse von humanistisch geneigten Gelehrten" (S. 174). Knapper kann man nicht erklären, was es etwa mit der sodalitas litteraria Rhenana auf sich hat. Abschließend bleibt nur der Wunsch auszusprechen, dass der zweite Teil bald folgen möge, in dem man mehr erfahren wird über Gattungen und Texttypen wie Prosaromane, Novellen- und Schwanksammlungen, geistliche Spiele, Chroniken, Liederhandschriften und -bücher, didaktische, Sach- und Wissenschaftsliteratur.

Footnotes 1 Genannt seien Ingrid Bennewitz / Ulrich Müller (Hgg.), Von der Handschrift zum Buchdruck. Spätmittelalter, Reformation, Humanismus 1320–1572. (Deutsche Literatur. Eine Sozialgeschichte 2) Reinbek bei Hamburg 1991; Werner Röcke / Marina Münkler (Hgg.), Die Literatur im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. (Hansers Sozialgeschichte der deutschen Literatur vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart 1) München 2004. 2 Vgl. Hans Rupprich, Die deutsche Literatur vom späten Mittelalter bis zum Barock. 1. Teil: Das ausgehende Mittelalter, Humanismus und Renaissance 1370–1520. (Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart 4/1) München 1970 [2. Aufl. neu bearbeitet von Hedwig Heger. München 1994], die Zitate S. 5, 7, 154. 3 Vgl. Joachim Heinzle, „Wie schreibt man eine Geschichte der deutschen Literatur des Mittelalters?" In: Der Deutschunterricht 41 (1989), S. 27–40. Wohl im Bestreben, die Weite des zugrundeliegenden Literaturbegriffs zu verdeutlichen, bedient Heinzle sich einer variierenden Terminologie: Literatur, Schriftkultur, Schriftlichkeit, Schriftproduktion, Schrifttum usw. 4 Vgl. Joachim Heinzle (Hg.), Literarische Interessenbildung im Mittelalter. DFG-Symposion 1991. (Germanistische Symposien. Berichtsbände 14) Stuttgart – Weimar 1993. Aus den hier vereinten Diskussionsbeiträgen sei genannt Jan-Dirk Müller, „Zu einigen Problemen des Konzepts ‚Literarische Interessenbildung'", S. 365–384.

By Reinhard Hahn

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Titel:
Werner Williams-Krapp, Die Literatur des 15. und frühen 16. Jahrhunderts. Teilbd. 1: Modelle literarischer Interessenbildung. (Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zum Beginn der Neuzeit III/2, 1) De Gruyter, Berlin – Boston 2020. 774 S., € 149,95
Autor/in / Beteiligte Person: Hahn, Reinhard
Link:
Zeitschrift: Arbitrium, Jg. 39 (2021-12-01), Heft 3, S. 302-307
Veröffentlichung: 2021
Medientyp: review
ISSN: 0723-2977 (print)
DOI: 10.1515/arb-2021-0083
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Language: German
  • Document Type: Book Review
  • Author Affiliations: 1 = Universität Jena, Frommannsches Anwesen, Zenkerhaus, Fürstengraben 18, D-07743 Jena, Germany

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