Hilary M. Rhodes, The Crown and the Cross. Burgundy, France, and the Crusades (1095–1223). Outremer. Studies in the Crusades and the Latin East, Vol. 9. 2020 Brepols Publishers Turnhout, 978-2-503-58684-7, € 76,–
Hilary Rhodes befasst sich in ihrer Dissertation mit einem Thema, das räumlich und zeitlich gesehen von der Kreuzzugsforschung bislang nicht systematisch bearbeitet wurde. Sie fokussiert sich auf die Kreuzzugsaktivitäten in Burgund zwischen 1095 bis 1223, vor allem auf die Beziehung Burgunds zur französischen Krone sowohl in der Rolle der Verbündeten als auch der Antagonistin. Gleich zu Beginn betont Rhodes das komplexe Herrschaftssetting Burgunds als Herzogtum und Grafschaft zwischen dem Königreich Frankreich und dem Römischen Reich, das es in seinen einzigartigen Strukturen und Wechselwirkungen adäquat zu fassen gilt.
Konsequenterweise widmet sie sich daher im ersten Kapitel ihres Buches zunächst den relevanten geographischen, machtpolitischen und soziokulturellen Kontexten vor dem eigentlichen Untersuchungszeitraum, um so den grundlegenden Nährboden für die Kreuzzugsbewegung in Burgund umreißen zu können. Die Analyse der sich fortwährend wandelnden Spezifika der regionalen Kreuzzugsdynamiken im Emergenz- und Resonanzraum erfolgt dann in den fünf folgenden, chronologisch geordneten Kapiteln bis ins 13. Jahrhundert. Rhodes liefert in ihrer Untersuchung ein vielschichtiges Bild unterschiedlicher männlicher und weiblicher Akteure im burgundischen Raum und arbeitet eine große Bandbreite von Push-and-pull-Faktoren heraus, die hoch- und niederrangige Adelige zu verschiedenen Zeiten dazu motivierten, sich der Kreuzzugsbewegung anzuschließen oder aber ihr fernzubleiben. Sie führt damit zugleich ein fluides Spektrum von Resonanzmöglichkeiten auf die Kreuzzugsunternehmungen vor Augen und zeigt vor allem die je nach Fallbeispiel stärker oder schwächer ausgeprägte Agilität und Flexibilität der Herzöge von Burgund bei den Entscheidungsprozessen. Damit stemmt sich Rhodes gegen jedwede konformistische Vorstellung einer universellen oder monokausal begründeten Kreuzzugsbegeisterung im französischen Raum seit dem Ersten Kreuzzug. Stattdessen sensibilisiert sie dafür, die Kreuzzugsteilnahme selbst in traditionsreichen Kreuzfahrerfamilien nicht als Automatismus vorauszusetzen und fortzuschreiben, sondern die jeweiligen Beweggründe stets genau zu hinterfragen. Dabei unterstreicht sie, dass im burgundischen Raum kreuzzugsrelevante Einflüsse und Aktivitäten auch dann feststellbar waren, wenn burgundische Machtträger daran keinen Anteil hatten. Das Jahr 1187 markiert für Rhodes einen deutlichen Einschnitt, weil der amtierende Hugo III., gebunden in ein komplexes Netz aus Rechten und Verpflichtungen zwischen König und Kaiser, die soziopolitische Beweglichkeit seiner Vorgänger einbüßte und weil die Kreuzzugsteilnahme der burgundischen Herzöge fortan zwangsläufig an die Interessen der Krone gebunden war. Odo III., der zu seinen Lebzeiten mehrfach Gelegenheit hatte, sich für oder gegen einen Kreuzzug zu entscheiden, habe dies etwa ausschließlich in Absprache mit dem französischen König getan. Im gesamten Untersuchungszeitraum erscheint Burgund in Kreuzzugsfragen allerdings keineswegs als eindimensionales, passives Anhängsel des französischen Königtums.
Hilary Rhodes hat ein fundiertes und gut lesbares Buch geschrieben, dessen Ertrag kleine Fehler (wie etwa fälschlich Theobald III. statt Theobald IV. auf S. 204) kaum schmälern können. Bedauerlich ist lediglich, dass Rhodes den Zeitraum zwischen 1193 und 1223 im letzten Kapitel nicht mehr ganz so intensiv bearbeitet und mit dem Albigenserkreuzzug abschließt, ohne etwa detaillierter auf die Kontexte der neuerlichen Kreuzzugsvorbereitungen Odos III. einzugehen, bei denen der Herzog verstarb. Rhodes liefert dennoch zweifellos einen zentralen Beitrag für die Erforschung der frühen burgundischen Kreuzzugspartizipation und vermag es, die Kreuzzugsaktivitäten jenseits der Valois-Herzöge facettenreich sichtbar werden zu lassen. Es bleibt nun die Aufgabe, ihre Forschungen sowohl punktuell zu vertiefen als auch zeitlich bis zum Ende des 13. Jahrhunderts auszuweiten.
By Melanie Panse-Buchwalter
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