Mit dem rezensierten Buch liefert Michael Flöer den 14. Band (von 19 geplanten Bänden) des 'Westfälischen Ortsnamenbuchs' (WOB), das im Rahmen des Projekts 'Ortsnamen zwischen Rhein und Elbe -- Onomastik im europäischen Raum' der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen entsteht[
Formal ist der Band gegliedert in Allgemeines (S. 7-16), den Hauptteil des Namenbuches mit 221 behandelten Namen (S. 17-278), einen Teil zu den morphologischen Bildungen (S. 279-300), Erläuterungen der Fachausdrücke (S. 301-304), das Literatur-, Quellen- und Kartenverzeichnis (S. 305-323) und ein Register (S. 326-344). Der Band enthält zudem zwei Karten: Es handelt sich um eine Karte der Gemeindeeinteilung des Ennepe-Ruhr-Kreises, der Stadt Bochum und der Stadt Herne (S. 10) (dem Untersuchungsgebiet) und eine Übersichtskarte über alle behandelten Siedlungen und Wüstungen im Untersuchungsgebiet (im hinteren Buchdeckel).
Der Band folgt den allgemeinen Richtlinien des Westfälischen Ortsnamenbuchs', was u.a. bedeutet, dass nur solche Namen Berücksichtigung finden, die auch vor 1600 in handschriftlichen oder gedruckten Quellen zu finden sind, oder dass gewisse Namenarten prinzipiell ausgeklammert werden[
Der Untersuchungsraum ist, wie im Titel des Bandes spezifiziert, der Ennepe-Ruhr-Kreis sowie die Städte Bochum und Herne, wobei die Stadt Bochum das größte Areal abdeckt und der EnnepeRuhr-Kreis in neun Gemeinden weiter unterteilt ist: Hattingen, Witten, Sprockhövel, Wetter, Herdecke, Schwelm, Gevelsberg, Ennepetal und Breckerfeld (vgl. dazu auch die Karte auf S. 10) nach dem Stand des Jahres 2000 (S. 13).
Das eigentliche Namenbuch (mit der eponymen Kapitelüberschrift 'Die Ortsnamen des EnnepeRuhr-Kreises, der Stadt Bochum und der Stadt Herne', S.17-278) bildet den soliden Kern des vorliegenden Bandes. Es ist alphabetisch aufgebaut und nicht nach Kreisen oder Städten, wobei bei den noch bestehenden Siedlungen immer die administrativ relevante Gemeinde in Klammern hinzugefügt ist. Der Aufbau der einzelnen Ortsnamenartikel unterscheidet sich geringfügig, je nachdem, ob es sich bei dem besprochenen Namen um einen noch bestehenden Ort oder um eine Wüstung han delt (vgl. S. 11-15)[
Das Kapitel 'Ortsnamengrundwörter und -suffixe', das dem Namenbuchkapitel unmittelbar folgt, resümiert den Namenbestand des Untersuchungsgebietes nach morphologischen Kriterien, wobei hier drei allgemeine Bildungstypen vorkommen, die insgesamt bei deutschen Ortsnamen präsent sind (angegeben nach absteigender Häufigkeit des Typus): 1. Ortsnamen als Komposita, 2. Ortsnamen als Suffixbildungen und 3. Simplizia. Dazu gibt es allerdings mehrere Ausnahmen. Darunter fallen u.a. Namen, die zwar formal Komposita sind, aber durch ihren appellativischen Charakter zu den Simplizia gezählt werden, Namen, bei denen die Komposition oder Derivation nicht durchsichtig ist, und auch Namen, bei denen ein Grundwortwechsel eingetreten ist oder bei denen insgesamt die Beleglage eine genaue Klassifikation erschwert. Der Autor bietet eine kurze, aber prägnante Übersicht über die Fälle (und Ursachen) für die Ausnahmen zu diesen drei Bildungstypen. Dabei geht er auch darauf ein, was er eine "Besonderheit des Untersuchungsgebiets" nennt, wobei es "Fälle im Raum Witten (Annen, Düren, Wullen)" gibt, bei "denen der Erstbeleg so stark von den folgenden abweicht, daß [sic!] eine sprachliche Kontinuität" schwer sicherzustellen sei (S. 279). Hier wäre u.a. von Ortsnamenwüstungen zu sprechen, wobei die schlechte frühe Beleglage weitere Erklärungen erschwert. Der Autor zählt zu den Simplizia -- wie bereits erwähnt -- auch Komposita, die durch ihre appellativische Natur im Allgemeinwortschate vertreten sind und bei denen die Benennung womöglich das Kompositum im Allgemeinwortschate als Basis hat, wobei es allerdings nicht zu einem onymischen Kompositum bei der Benennung des Ortes gekommen sein muss[
Das umfassende und durchaus hilfreiche alphabetische Register beinhaltet nicht nur moderne und historische Formen der behandelten Ortsnamen, sondern verweist auch auf andere diskutierte Formen. Dabei wird unterschieden zwischen Personennamen (PN), Personennamenstämmen (in Kapitälchen), Suffixen und Lexemen (kursiv und durch Angabe der Sprachstufe markiert). Ein nach Sprachstufen aufgeschlüsseltes Register gibt es nicht; dies wäre für eine sprachgeschichtliche Einordnung des Untersuchungsraums hilfreich gewesen. Angesichts des doch überschaubaren Umfangs des Registers ist dies aber nicht unbedingt erforderlich.
Bei dem zu besprechenden Band handelt es sich alles in allem um eine gelungene Fortführung des 'Westfälischen Ortsnamenbuchs'. Durch die Erläuterungen der Fachausdrücke und den schematischen Aufbau der Artikel ist das Werk auch durchaus für Nicht-Linguisten gut zu benuteen, wobei besonders Sprachwissenschaftler/innen und Namenforscher/innen im Allgemeinen davon profitieren können, dies vor allem durch die beispielhafte Bearbeitung der einzelnen Nameneinträge und die zum Teil äußerst ausführlichen Besprechungen unklarer Fälle. Der vorliegende Band bietet durch seine Genauigkeit damit nicht nur einen Mehrwert für die Forschung im Bereich der Ortsnamen im Ennepe-Ruhr-Kreis und in den Städten Bochum und Herne, sondern auch für andere sprachlich ähnliche Untersuchungsgebiete innerhalb und außerhalb der Bundesrepublik.
By Sam Mersch, Strassen (Luxemburg)