Der zu besprechende Band versteht sich als ein erstes Ergebnis des Forschungsprojektes Juden in Kurmainz -- Frühe Neuzeit', das im Rahmen des Grundlagenprojektes 'Germania Judaica IV. Historisch-topographisches Handbuch zur Geschichte der Juden im Alten Reich (1520-1650)' verfolgt wird. Aufgrund des insgesamt ungenügenden Forschungsstandes zur frühneuzeitlichen Geschichte der Juden in Kurmainz wurden die Arbeiten am Ortsartikel zurückgestellt und stattdessen zunächst umfangreiche Archivrecherchen zur Quellenüberlieferung geleistet, die aufgrund der wechselhaften Mainzer Archivgeschichte heute stark zersplittert vorliegt[
Der engmaschig gegliederte Band beginnt mit einer einleitenden Übersicht zu den Verwaltungsstrukturen von Mainzer Erzbistum und Mainzer Erzstift (S. 18-21), bevor die Siedlungsgeschichte der Juden in Kurmainz zwischen der Mitte des 15. und dem späten 18. Jh. dargestellt wird (S. 22-39, von Ulrich Hausmann). Die acht hier beigegebenen Karten (S. 18f., S. 23f., S. 26, S. 28, S. 31 und S. 33) ermöglichen dem Leser eine gute räumliche Orientierung, auch wenn sie leider ohne Maßstabsangaben gedruckt wurden (die neunte Karte hat zwar einen Maßstab, ist jedoch leider zu klein gedruckt, S. 111).
Anschließend wird im Hauptteil systematisch die wechselhafte und nicht immer konsistente Judenpolitik der Mainzer Metropoliten untersucht, wobei jedem Erzbischof und Kurfürsten ein eigener Abschnitt gewidmet ist. Dabei stehen siedlungstopografische, verfassungs- und rechtsgeschichtliche sowie wirtschaftshistorische Fragen im Fokus. Mittels geschickt gewählter Untertitel zu allen 19 Teilkapiteln werden die inhaltlichen Schwerpunkte der jeweiligen erzbischöflichen Judenpolitiken bereits in den Überschriften hervorgehoben. Ältere Traditionen und Diskontinuitäten werden regelmäßig durch Rückverweise angezeigt. Jedes Teilkapitel schließt mit einem als Endnoten formatierten Anmerkungsapparat. Teils längere Exkurse, die wichtige inhaltliche Hintergründe zu den im Text angesprochenen Themen bieten, sind optisch eigens hervorgehoben. Es folgen abschließend ein Abschnitt zur Unterstellung der Juden unter die Spiritualia des Erzbischofs (S. 222-230, v.a. Synagogi- cum und geistliche Gerichtsbarkeit), zwei Zusammenfassungen (S. 231-237: chronologisch; S. 238-240: systematisch) sowie der bereits genannte Forschungsstand, der eine Kombination aus 'Rückblick und Ausblick' bietet (S. 241-249).
Dem Text beigefügt sind 57 teils farbige Abbildungen, darunter die Wappen der 19 behandelten Erzbischöfe (S. 14-16), ihre Porträts sowie einige instruktive Diagramme (etwa auf S. 160 eine demografische Übersicht über die Mainzer Judengemeinde 1650-1800). Reproduktionen von Archivgut (S. 67, S. 79, S. 104 und S. 158) sind gut lesbar, ebenso die Umschriften der abgebildeten Judensiegel (S. 100f.).
Verzeichnisse zu verwendeten Abkürzungen (S. 250), ungedruckten Quellen aus elf Archiven (S. 250f.; die angeführten Stücke aus dem ISG Frankfurt erhielten bereits vor mehr als zehn Jahren neue Signaturen), gedruckten Quellen, Regesten und Bibliografien (S. 251-254) sowie einschlägige Literatur (S. 254-275) beschließen den Band, dem zwei knappe Register der genannten Orte (S. 278f.) und Personen (S. 276f.) beigefügt sind. Eine stichprobenartige Prüfung ergab, dass beide Register unvollständig und somit nur mit Vorsicht zu gebrauchen sind. Im Personenregister fehlen etwa Johannes Pfefferkorn und Johannes Reuchlin (beide S. 59-66 genannt), Jonas von Frankfurt (S. 50) sowie Rabe von Pappenheim (S. 51f.) gänzlich, und bei den ins Register aufgenommenen Personen sind gelegentlich nur Teile der Textnennungen angeführt (etwa bei Beyfuss, zu dem auch Verweise auf S. 44, S. 51, S. 58 und 59 ergänzt werden müssen). Leider wurde im Personenregister zudem auf Angaben zu den insbesondere für prosopographische Fragestellungen wichtigen Namen, Herkunftsbezeichnungen und Beinamen ebenso verzichtet wie auf eine Vereinheitlichung der orthographischen Varianten der Vornamen (vgl. die Lemmata 'Isaac', 'Isaack' und 'Isaak'). Das Ortsregister ist ebenfalls mängelbehaftet und keineswegs vollständig. So fehlen hier beispielsweise die Nachweise für Bödigheim (genannt S. 50), Mombach (S. 56), Paris (S. 60 und S. 64) oder auch Windecken (S. 51), und auch die -- entgegen der Vorbemerkung -- im ansonsten zumindest partiell berücksichtigten Anmerkungsapparat angeführten Orte Esslingen, Obermoschel und Weinheim (alle auf S. 52 genannt) fehlen.
Dennoch schließt das gut lesbare Nachschlagewerk insgesamt eine bedeutende Forschungslücke zur frühneuzeitlichen Geschichte der Juden im Alten Reich, wobei die Stärken insbesondere in der quellennahen Darstellung und der sehr klaren Gliederung des Bandes liegen. Es bleibt somit zu hoffen, dass auf dieser Grundlage bald weitere Forschungen zur vormodernen Geschichte der Juden in Kurzmainz folgen werden.
By David Schnur, Saarbrücken