Frankfurt a.M. Der Landtechnikhersteller Claas hat ein Rekordjahr hinter sich. Wegen der anhaltenden Chipkrise und fortgesetzter Lieferkettenprobleme ist der Ausblick für 2022 jedoch nicht euphorisch.
Im Geschäftsjahr 2020/21 (Oktober/September) verzeichnete Claas einen Rekordumsatz von 4,798 Mrd. €, das waren 18,7 Prozent mehr als 2020. Das Ergebnis vor Steuern erhöhte sich um 125,9 Prozent auf 357,1 Mio. €, der Konzernüberschuss um 154,5 Prozent auf 272,6 Mio. €. Die Umsatzrendite kletterte von 3,9 auf 7,4 Prozent.
Alle Weltregionen konnten zweistellige Wachstumsraten vorweisen: In Osteuropa ging es um rund 17 Prozent nach oben, in den außereuropäischen Märkten um 19 Prozent. Nach Jahren der Seitwärtsbewegung schloss sich auch der wichtige Kernmarkt West- und Zentraleuropa mit Deutschland und Frankreich diesem Trend wieder an und wuchs um 18,8 Prozent. Sogar in Großbritannien wurden dem Brexit zum Trotz bessere Geschäfte gemacht.
Die guten Umsätze führten auch zu einer deutlich gestiegenen Liquidität. Abzüglich der Finanzschulden von 757,4 Mio. € standen dem Unternehmen netto liquide Mittel in Höhe von 480,5 Mio. € zur Verfügung, mehr als dreimal so viel wie zuvor.
Ausblick durchwachsen
Für das zum 1. Oktober gestartete neue Geschäftsjahr rechnet Claas zwar mit einem weiteren Umsatzanstieg im mittleren einstelligen Prozentbereich, das Ergebnis dürfte aber wohl etwas geringer ausfallen. So geht Claas-Chef Thomas Böck davon aus, dass Chipkrise und Lieferkettenprobleme noch ein weiteres halbes Jahr andauern werden. Bei der Lieferkette gehe es um „ständiges Überwachen, Planen und Ändern", sagte Böck auf der Bilanzpressekonferenz diese Woche in Harsewinkel. Dies sei bisher jedoch gut gelungen. Trotzdem werde man künftig in bestimmten Bereichen weniger auf Zulieferer setzen, mehr selbst produzieren und sich auch regionaler orientieren.
Spannend für Claas sind die Auswirkungen der künftigen EU-Agrarpolitik. Hier erwartet Böck eine Verschiebung bei den Investitionen: „Die Subventionsströme werden neu geregelt, das heißt, das Einkommen der Landwirte wird sich neu zusammensetzen. Und das könnte grundsätzlich einen Einfluss auf die Kauflaune haben." Chancen bestünden jedoch in der steigenden Förderung von Investitionen für mehr Nachhaltigkeit, beispielsweise im Precision Farming.
Digital spart Zeit
Die Digitalisierung treibt Claas in allen Bereichen voran – beginnend beim Konfigurator über den Verkauf bis hin zur Wartung. So kann etwa ein Mechaniker schon vorab aus der Ferne prüfen, was das Problem einer Maschine ist, und mit dem richtigen Ersatzteil zum Kunden fahren, erklärte Vertriebs- und Servicevorstand Christian Radons: „Ich vermeide eine unsinnige Anfahrt. Das ist wichtig, weil wir eine begrenzte Verfügbarkeit von Schlossern und Mechatronikern haben." Von der daraus resultierenden Zeitersparnis profitierten sowohl Händler als auch Kunden.
Die Monetarisierung digitaler Services steht bei Claas dagegen am Anfang. Die Umsätze kämen von einem niedrigen Niveau, sagte Radons, entwickelten sich aber mit zweistelligen Zuwachsraten erfreulich.
Für den langjährigen Finanzchef Hans Lampert war diese Bilanzpressekonferenz die letzte. Er übergibt zum 1. Januar nach 13 Jahren an seinen Nachfolger Henner Böttcher und geht in den Ruhestand.
Die Subventionsströme werden neu geregelt. Thomas Böck, CEO bei Claas
PHOTO (COLOR): Claas erwartet weiterhin gute Geschäfte. Foto: Claas
By Bernhard Vetter
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