Rewe setzt Prioritäten: Der Konzern treibt das Thema Digitalisierung voran und positioniert sich zunehmend als Hightech-Händler. Den Spielraum dafür liefert das starke Kerngeschäft.
Natürlich mischt die Rewe Group 2021 auch bei allen Themen mit, die im deutschen Lebensmitteleinzelhandel für Aufregung sorgen. Doch ob bei der Aufteilung des Großflächenbetreibers Real oder dem mit hoher Intensität geführten Geschacher um Konditionen und Preise mit Konsumgüterherstellern: In eher klassischen Bereichen nehmen die Kölner zwar nicht die Rolle des Zaungastes ein, sie zählen aber auch nicht unbedingt zu den prägenden und lautstarken Hauptakteuren. Ganz anders sieht es dagegen bei digitalen Geschäftsfeldern aus.
Der Konzern nutzt das Jahr, um die Digitalisierung nicht nur voranzutreiben, sondern sich dort auch ein Stück weit als Vorreiter zu präsentieren. Rewe-CEO Lionel Souque und Rewe-Digital-Chef Christoph Eltze zeigen sich bemüht, ihr Unternehmen vom biederen Krämer-Image zu befreien und als idealen Partner von Startups zu positionieren. Tatsächlich gelingen hierbei auch einige Ausrufezeichen und Achtungserfolge: Die Rewe-Gruppe ist der erste unter den großen Handelskonzernen Deutschlands, der einen Pick & Go-Store der Öffentlichkeit zugänglich macht, der einen selbstfahrenden Kiosk in Betrieb nimmt und der bei den ExpressLieferdiensten aktiv mitmischt.
Manch einer mag das als nebensächliche Spielereien ansehen. Die wirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Aktivitäten ist auch noch gering. Dass die Rewe-Gruppe diese Projekte mit einer Ernsthaftigkeit verfolgt, unterstreicht sie aber auch dadurch, dass sie sich an den Tech-Anbietern und Startups finanziell beteiligt. Sowohl beim israelischen Pick & Go-Dienstleister Trigo als auch beim Quick-Commerce-Spezialisten Flink belassen es die Kölner nicht bei einer bloßen Zusammenarbeit, sondern sie sichern sich Minderheitsanteile.
Die Hoffnung, dass sich derartige Investitionen lohnen können, zieht Rewe aus anderen Engagements. Der Anbieter von Handelssoftware Commercetools, bei dem der Konzern vor gut sieben Jahren einstieg, wächst 2021 zum Einhorn heran – erreicht also eine Unternehmensbewertung von über einer Milliarde Euro. Mit Fulfillment Tools, einer IT-Plattform zur logistischen Abwicklung von Online-Bestellungen, sowie Payment Tools und einem Zahlungsdienstleister, stehen weitere hoffnungsvolle Kandidaten in den Startlöchern.
Die Basis für die Ausflüge ins Digitale bildet das starke Kerngeschäft. Die Handelssparten halten Rewe trotz der schwächelnden Touristik unverändert auf Kurs. Im Frühjahr berichtet die Gruppe die Zahlen von 2020 – und steigt mit einem Gesamtaußenumsatz von 75,3 Mrd. Euro (netto) zum zweitgrößten Händler Europas auf. Auch im Jahr zwei der Pandemie bleibt der Konzern stabil. Die Verluste in der Touristik können 2021 halbiert werden, der Handel hält Kurs. Souque berichtet in seiner Weihnachtsbotschaft an die Mitarbeiter von einem „wirtschaftlich erfolgreichen Jahr" für die Gruppe.
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PHOTO (COLOR): Autonom unterwegs: Das Snack-Mobil. Foto: Georg Lukas
By Werner Tewes
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