Auf der einen Seite stehen die steigenden Kosten, auf der anderen Seite blockiert der Handel Preiserhöhungen. Für Hersteller von Handelsmarken lohnt sich das Geschäft zum Teil nicht mehr. Einige Produzenten lehnen 2021 Aufträge ab.
Viele Handelsmarkenhersteller müssen im Jahr 2021 schärfer kalkulieren denn je. Während ihre Kosten ähnlich wie bei den Produzenten von Markenware steigen, sehen sie kaum Chancen, Preiserhöhungen gegenüber dem Handel durchzusetzen. „Die Unternehmen befinden sich in einer schwierigen Lage", sagt Marc Knuff, Handelsexperte beim Marktforschungsunternehmen GfK. „Zwar haben sich die Umsatzanteile der Handelsmarken in Deutschland Schritt für Schritt stabilisiert – allerdings auf einem deutlich gesunkenen Niveau."
Nach Zahlen der GfK liegt der Marktanteil der Handelsmarken im Lebensmittelhandel bis November 2021 bei 34,7 Prozent nach 35,4 Prozent 2020 – ohne Einbeziehung von Frischwaren. 2018 waren es noch 37,1 Prozent. Allein im E-Commerce sei der Marktanteil von Handelsmarken in Deutschland gestiegen, sagt Knuff. „Möglich ist, dass die neuen Kooperationen von Schnell-Lieferdiensten mit den großen Handelsketten und damit auch dem Zugriff auf deren Eigenmarken zu dem Anstieg beigetragen haben."
Der Vertriebschef eines Handelsmarkenherstellers berichtet, dass der Streit über auskömmliche Preise bei Handelsmarken immer wieder dazu führe, dass der Handel mit einzelnen Produkten nicht mehr beliefert werde. „Nach einer gewissen Zeit werden dann oft doch wieder Verträge abgeschlossen, und zwar zu den Konditionen, die wir brauchen", sagt der Manager, der namentlich nicht genannt werden möchte. Er weist allerdings auch auf die Gefahr hin, die eine Auslistung für Handelsmarkenhersteller bedeutet: „Markenhersteller haben da eine bessere Verhandlungsposition. Bei uns sucht sich der Handel direkt Alternativen." Nach Einschätzung des Branchenkenners stehen einige Handelsmarkenhersteller zum Jahreswechsel vor der Frage, wie lange sie eine unrentable Produktion mit der Hoffnung auf Entspannung bei den Kosten noch aufrechterhalten können. „Wenn die Kosten nicht innerhalb des kommenden Jahres wieder sinken, wird es für einige Unternehmen sehr eng", befürchtet er.
Für einige ist dieser Punkt bereits erreicht. Die Waschmittel-Eigenmarkenproduzenten leiden in diesem Jahr besonders. Nach den Insolvenzen der Hersteller Thurn und Sopronem wird die Auswahl von Lieferanten für den Handel zunehmend knapp. Die Maschinen aus den geschlossenen Fabriken werden ins Ausland verkauft. Auch eine Windelproduktion kann dem Preisdruck nicht mehr entgegnen. Der belgische Private-Label-Hersteller Ontex gibt im Dezember bekannt, dass die Produktion im Werk in Mayen (Rheinland-Pfalz) bis Mitte 2022 schrittweise eingestellt werden soll.
Bei Herstellern von sowohl eigenen Marken als auch Handelsmarken führt der Preisdruck zum Teil zu Verschiebungen in der Produktion hin zur Marke. Der Tiefkühlproduzent Frosta weist zum Beispiel in seinem Halbjahresbericht einen Umsatzrückgang seiner europäischen Handelsmarkensparte Copack aus. Die Sparte habe im ersten Halbjahr 2021 mit einem Minus von 23 Prozent starke Umsatzrückgänge im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verzeichnet, heißt es dort. Im vergangenen Jahr bereits ist der Spartenumsatz laut Jahresabschluss um 4,1 Prozent auf rund 218 Millionen Euro gesunken.
Offenbar hat Frosta die Notbremse gezogen: „Durch die konsequente Beendigung von verlustbringenden Kontrakten ist es gelungen, einen positiven Konzernergebnisbeitrag zu ermöglichen", schreibt die Frosta AG in ihren Berichten. Die geringeren Umsätze kann das Unternehmen mit der eigenen Marke ausgleichen: Frosta erwartet für das Gesamtjahr einen stabilen Umsatz. Delphine Sachsenröder/lz 52-21
»Zwar haben sich die Umsatzanteile der Handelsmarken in Deutschland Schritt für Schritt stabilisiert – allerdings auf einem deutlich gesunkenen Niveau« Marc Knuff, Marktforscher GfK
PHOTO (COLOR): Teure Produktion: Hohe Rohstoffkosten belasten Hersteller von Eigenmarkenprodukten besonders stark. Foto: McBride
By Delphine Sachsenröder
Reported by Author