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Informationskompetente Grundschulkinder.

Andersen, Gesine
In: Information -- Wissenschaft und Praxis, Jg. 73 (2022-07-01), Heft 4, S. 172-178
Online academicJournal

Informationskompetente Grundschulkinder  Information literate elementary school children  Les enfants du primaire compétents en matière d'information 

Kinder wachsen heute mit dem Internet und einem breiten Medienrepertoire auf. Um Informationen online zu recherchieren, nutzen sie Suchmaschinen, Kindersuchmaschinen oder Videoplattformen. Sie sind dabei verschiedenen Formaten von Inhalten mit unterschiedlicher Qualität ausgesetzt, mit denen sie lernen müssen umzugehen.In diesem Artikel wird das Forschungsvorhaben der Autorin beschrieben. Ziel des Dissertationsprojektes ist es, den Stand der Informationskompetenz von Grundschulkindern zu erheben. Die Ergebnisse sollen als Grundlage dafür dienen, Empfehlungen für die Gestaltung von Unterricht zu formulieren, um die Förderung von Informationskompetenz sinnvoll in die Grundschule zu integrieren.

Children today are growing up with the Internet and a broad media repertoire. To research information online, they use search engines, children's search engines or video platforms. They are exposed to different formats of content with varying degrees of quality, which they have to learn to deal with. This article describes the author's research project. The goal of the dissertation project is to survey the state of information literacy of elementary school children. The results are to serve as a basis for formulating recommendations for the design of lessons in order to integrate the promotion of information literacy into elementary school in a meaningful way.

Résumé: Aujourd'hui, les enfants grandissent avec Internet et un large répertoire de médias. Pour chercher des informations en ligne, ils utilisent des moteurs de recherche, des moteurs de recherche pour enfants ou des plateformes vidéo. Ils sont ainsi exposés à différents formats de contenus de qualité variable, qu'ils doivent apprendre à gérer. Cet article décrit le projet de recherche de l'autrice. L'objectif du projet de thèse est d'évaluer l'état des compétences informationnelles des enfants de l'école primaire. Les résultats doivent servir de base à la formulation de recommandations pour la conception de formation, afin d'intégrer de manière judicieuse la promotion de la maîtrise de l'information dans l'école primaire.

Keywords: Benutzerforschung; Informationsverhalten; Kind; Internet; Medien; Informationskompetenz; User research; Information behaviour; Child; Media; Information literacy; Recherche sur les utilisateurs; Comportement face à l'information; Enfant; Médias; Compétence informationnelle

Einleitung

Ob Tageszeitung, Newsletter, Radiosendung, Lexikoneintrag, Social Media Post, Fernsehbeitrag oder persönliche Gespräche – Informationen können über vielfältige Kanäle ausgespielt und empfangen werden. Eine entscheidende Rolle bei der Sichtbarmachung und Verbreitung von Informationen nehmen digitale Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) ein. Eng damit verbunden ist der Zugang zu und Umgang mit dem Informationsraum Internet.

Um sich in einer immer komplexer werdenden technologisierten Lebenswelt zurechtzufinden und um in der Wissensgesellschaft selbstbestimmt handeln, partizipieren und teilhaben zu können, ist der kompetente Umgang mit Informationen eine wichtige Voraussetzung. Die Schlüsselqualifikation, die benötigt wird, um den (digitalen) Chancen und Herausforderungen einer modernen Informationsgesellschaft gewachsen zu sein, kann mit dem vielschichtigen Begriff Informationskompetenz beschrieben werden (Kommission Zukunft der Informationsinfrastruktur, 2011; Informationskompetenz und Demokratie, 2022). Der Begriff Informationskompetenz wurde früh vom Bibliothekswesen aufgegriffen und wird definiert als „Fähigkeit, die es ermöglicht, bezogen auf ein bestimmtes Problem Informationsbedarf zu erkennen, Informationen zu ermitteln und zu beschaffen sowie Informationen zu bewerten und effektiv zu nutzen" ([9], 2009).

Da internetbasierte Dienste und digitale Technik alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens prägen und durchdringen, ist die Entwicklung auch in der Alltagswelt von Grundschulkindern angekommen (Gesellschaft für Didaktik des Sachunterrichts, 2013). Sowohl in der Schule als auch in der Freizeit sind sie von digitalen Informationsmöglichkeiten umgeben. Untersuchungen zum Mediennutzungs- und Informationsverhalten der sechs- bis 13-jährigen zeigen, dass sie vorrangig das Internet nutzen, um sich zu informieren (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, 2020; Feil, Gieger, & Grobbin, 2013). Dabei benötigen vor allem jüngere Kinder Anleitung und Unterstützung ([24], 2006; Feil, Decker, & Gieger, 2004).

Im Folgenden wird das Mediennutzungs-, Informations- und Rechercheverhalten von Kindern näher erläutert. Daran anschließend wird auf die Möglichkeit der Informationskompetenzerfassung von Schülerinnen und Schülern und das methodische Vorgehen im Dissertationsprojekt im Kontext des BMBF-Projekts „Digitale Lernumgebungen in der Grundschule (DigiLeG)" eingegangen. Ausgehend vom Ist-Stand der Informationskompetenz, bedarf es der Entwicklung von Unterrichtskonzepten, die Grundschulkinder in informationskompetentem Handeln fördern. Die Potenziale der Umsetzung im Sachunterricht werden vor dem abschließenden Fazit diskutiert.

Mediennutzungs- und Informationsverhalten von Kindern

Um Kinder in ihrem informationskompetenten Handeln zu stärken, ist es nach [26] (2012, S. 576) notwendig, die Förderung von Informationskompetenz auf das tatsächliche, empirisch untersuchte Informationsverhalten abzustimmen. Die wissenschaftliche Untersuchung der Medienausstattung und Mediennutzung der sechs- bis 13-jährigen ist seit 1999 Aufgabe des Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest. Die Studie Kindheit, Internet, Medien (KIM-Studie) erfasst die Mediennutzung der Kinder, zeigt Medienausstattung in den Haushalten auf und gibt Einblicke zur schulischen Medienbildung aus Sicht von rund 1200 Schülerinnen und Schüler und deren primärer Erziehungsperson. Die aktuelle Erhebung 2020 zeigt, dass Kinder mit einem breiten Medienrepertoire aufwachsen und durch den Besitz von Smartphone, Computer und Laptop leicht Zugang zum Internet haben, welches in 99 Prozent der Haushalte vorhanden ist (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, 2020).

In der Schule steht zur regelmäßigen Nutzung der klassische Computer an erster Stelle (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, 2020, S. 56). Werden digitale Lerngelegenheiten im Grundschulunterricht angeboten, überwiegen folgende Tätigkeiten: Texte und Wörter mit dem Computer schreiben, etwas im Internet nachlesen oder ein Lernprogramm nutzen (vgl. Abb. 1).

Graph: Abbildung 1 Digitale Tätigkeiten in der Schule (aus: Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, 2020, S. 58).

Kinder sind an einem durchschnittlichen Wochentag bis zu 46 Minuten online und surfen zunehmend allein (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, 2020, S. 17). Mit dem Internet verbinden die sechs- bis 13-jährigen vor allem Informationsaspekte. Entsprechend steuern sie mehrmals pro Woche bis täglich Suchmaschinen an (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, 2020, S. 39). Bei der Erhebung 2018 wurde gefragt, welche Suchmaschinen die Kinder nutzen, um sich zu informieren. Es zeigte sich, dass Google bei nahezu allen Themen als erste Anlaufstelle dient und auch die Videoplattform YouTube zunehmend zur Recherche herangezogen wird (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, 2018, S. 49). Die Kindersuchmaschinen FragFinn, Helles Köpfchen und Blinde Kuh werden zwar genannt, erfahren in der Popularität aber nicht den gleichen Stellenwert, wie in Abbildung 2 deutlich wird.

Graph: Abbildung 2 Quellen, die Kinder zur Online-Recherche heranziehen (aus: Medienpädagogischer Forschungsverbund, 2018, S. 49).

Wie recherchieren Kinder im Internet?

Im digitalen Zeitalter sind das Suchen und Finden von Informationen im Internet scheinbar leicht zu bewältigende Aufgaben. Wie Schülerinnen und Schüler recherchieren, ist in den letzten Jahren von ausgewählten Studien untersucht worden. Die Untersuchung von [6] (2013) fokussiert dabei das Informationsverhalten von Kindern, insbesondere deren Rechercheaktivitäten auf Kindersuchmaschinen. Zentrale Ergebnisse sind, dass Kinder einerseits informationsorientiert, d. h. häufiger als Erwachsene nach unbekannten Websites recherchieren, andererseits aber nicht geübt darin sind, zentrale Suchbegriffe zu finden, zu verwenden und richtig zu schreiben (Feil, Gieger, & Grobbin, 2013; Internet-ABC e.V. & EU-Initiative klicksafe, 2016).

Weiterhin wurde aufgezeigt, dass sich die Rechercheaktivitäten von Kindern in Schul- und Ferienzeit unterscheiden. Kinder starten Suchanfragen in der Ferienzeit deutlich seltener, was sich darin begründet, dass Suchanfragen während der Schulzeit fremdgesteuert sind und durch schulische Belange hervorgerufen werden (Feil, Gieger, & Grobbin, 2013, S. 227).

Erhalten Kinder nach erfolgreicher Sucheingabe eine Trefferliste, sichten sie in drei Viertel der Fälle nur die erste Trefferseite und davon wiederum meist die obersten Ergebnisse, weil Kinder die Trefferseite von oben nach unten durchklicken oder nicht nach unten scrollen (Feil, Gieger, & Grobbin, 2013, S. 227–228). Die Studie zeigt zudem, „dass Kinder die Glaubwürdigkeit von Ergebnissen in der Regel nicht in Frage stellen. Skeptisch werden sie nur, wenn verschiedene Suchmaschinen unterschiedliche Ergebnisse liefern. In diesem Fall fehlt Kindern die Erfahrung, die Glaubwürdigkeit von Webseiten und deren Inhalten zu beurteilen" (Internet-ABC e.V. & EU-Initiative klicksafe, 2016, S. 11).

Die Untersuchung „Wie entdecken Kinder das Internet?" von Feil, Gieger und Decker aus 2004, bei der die Internetaktivitäten fünf- bis zwölfjähriger Schülerinnen und Schüler beobachtet wurden, zeigt, dass vor allem jüngere Kinder beim Umgang mit Webseiten schnell überfordert sein können und eine Begleitung durch Erwachsene unabdingbar ist (Feil, Decker, & Gieger, 2004, S. 147). Dies steht insbesondere in Zusammenhang mit der fehlenden oder noch geringen Lese- und Schreibfertigkeit (Feil, Decker, & Gieger, 2004, S. 147). Sibylle [24] (2006) bestätigt in ihrer Studie „Internet-Recherche von Grundschulkindern", dass eine pädagogische und didaktisch sinnvolle Begleitung der Kinder durch Erwachsene im Grundschulunterricht aufgegriffen werden sollte. „Etwa ab acht oder neun Jahren sind Kinder nur noch auf begleitende Hilfen von Erwachsenen angewiesen. Kinder in diesem Alter sind in der Lage, sich relativ selbstständig durch „ihre Website" zu bewegen" (Feil, Decker, & Gieger, 2004, S. 148). Trotzdem ist es notwendig, Kinder in die Internetnutzung einzuweisen, ihnen beispielsweise verschiedene Browservarianten aufzuzeigen. Zehn- bis Elfjährige nutzen das Internet weitgehend selbstständig. Die Forscher stellten im Laufe der Untersuchung fest, dass aber auch ältere Kinder auf Probleme stoßen, zum Beispiel bei der Orientierung und Navigation auf den Internetseiten oder bei der Einordnung von Fehlermeldungen (Feil, Decker, & Gieger, 2004, S. 148). Zudem können Kinder während ihrer Internetnutzung auf Inhalte treffen, die sie ablenken oder überfordern oder die sie selbst als unangenehm empfinden (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, 2020, S. 70).

Die hier dargestellten Problematiken veranschaulichen, dass der kompetente Umgang mit dem Internet allgemein und die Recherche mit Suchmaschinen und (Kinder-) Webseiten im Speziellen angeleitet und geübt werden muss. In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass die Förderung der Informationskompetenz der Kinder im Unterricht notwendig ist. Damit dies gelingt, sind neben dem Wissen zu Mediennutzungs- und Informationsverhalten Kenntnisse zum konkreten Stand der Informationskompetenz entscheidend.

Erfassung und Messung von Informationskompetenz

„Durch die wachsende Bedeutung der Informationskompetenz im Schul- und Hochschulbereich entstanden in den letzten Jahren sowohl nationale als auch internationale Standards. Diese wandeln Definitionen und Modelle [der Informationskompetenz] in konkrete Indikatoren um, durch die sowohl die Vermittlung von Informationskompetenzen standardisiert als auch der Stand der Informationskompetenz festgestellt werden kann" (Dreisiebner, Beutelspacher, & Henkel, 2017, S. 330). In Deutschland steht mit dem Referenzrahmen Informationskompetenz ein Bezugsrahmen für alle Bildungsebenen zur Verfügung, welcher die in den Definitionen von Informationskompetenz genannten (Teil-)Kompetenzen aufgreift und in unterschiedlichen Niveaustufen beschreibt, was es heißt informationskompetent zu sein ([18], 2016). Der Referenzrahmen richtet sich an den einzelnen Lernenden oder Anbieter von Veranstaltungen zur Vermittlung von Informationskompetenz. Er kann als Voraussetzung für standardisierte Assessment-Verfahren zur Erfassung von Informationskompetenz herangezogen werden ([18], 2016).

Um Informationskompetenz zu messen, werden in der Regel folgende Ansätze verfolgt und oftmals miteinander kombiniert: Selbstauskunft durch die Nutzer, Beobachtung des Nutzerverhalten oder explizite Wissens- und Leistungstests ([11], 2022). Zur Datenerhebung werden schwerpunktmäßig mündliche und schriftliche Befragungen mit Hilfe von Fragebogen oder Interviews gewählt oder Wissens- und Leistungstests im Multiple-Choice-Format eingesetzt (Dreisiebner, Beutelspacher, & Henkel, 2017; [11], 2022).

Bei Auswertung der Forschungsaktivitäten im deutschsprachigen Raum zeigt sich, dass bei der Erhebung und Förderung der Informationskompetenz der Schwerpunkt bei den Studierenden liegt (u. a. SteFi-Studie 2001 und Projekt i-literacy 2008). [13] (2005) konstatieren, dass die Erhebung qualitativer und quantitativer Information zum tatsächlichen Stand der Informationskompetenz ein dringliches Forschungsdesiderat im Bereich Schule ist. Aktuelle Diskurse um die Informationskompetenzerfassung konzentrieren sich im Bildungsbereich vor allem auf Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufen (vgl. beispielsweise Studien [8] (2013), [22] (2013), [2] (2013)). Empirische Untersuchungen zum Stand der Informationskompetenz von Grundschulkindern sind bisher ein Desiderat. Das Dissertationsvorhaben der Autorin im Kontext des BMBF-Drittmittelprojekts „Digitale Lernumgebungen in der Grundschule (DigiLeG)" widmet sich dem Thema Förderung der Informationskompetenz und hat zum Ziel, den Stand der Informationskompetenz von Grundschulkindern empirisch zu erfassen und darauf basierend Unterrichtskonzepte zu entwickeln, die unter Einbeziehung medienpädagogischer Aspekte sinnvoll in den Sachunterricht integriert werden können. Dazu soll zunächst der Stand der Informationskompetenz von Grundschulkindern am Ende der vierten Klasse bzw. am Übergang zur weiterführenden Schule erhoben werden. Grundlage für die Erhebung ist der Multiple-Choice-Fragebogen nach [3] (2014), welcher adaptiert und an die Stichprobe angepasst wird. Beutelspacher entwickelte auf Basis von 62 Indikatoren, die in sieben Kompetenzbereiche eingeteilt sind, Multiple-Choice-Fragebogen für Schülerinnen und Schüler der 7. bzw. 10. Klasse, Lehrkräfte sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ([3], 2014, S. 344). Bei der Erstellung zog sie einzelne Informationskompetenzmodelle und Standards heran. Ein wesentlicher Bestandteil der Anpassung für das Dissertationsvorhaben stellt die Berücksichtigung und Integration des Referenzrahmen Informationskompetenz dar. Zudem werden die Formulierungen der Testfragen an die Stichprobe angepasst (vgl. Abb. 3). Die gewonnenen Daten werden deskriptiv ausgewertet.

Abbildung 3 Beispiele für Testfragen (eigene Darstellung).

KompetenzbereichBeispielitem
Informationsbedarf erkennenDu hast in einer Suchmaschine etwas gesucht. Es wurde kein Text gefunden. Warum?
Informationen suchen und findenDu suchst Informationen über Autos, darfst aber „Auto" nicht verwenden. Welches Wort benutzt du stattdessen?
Informationen beurteilenUm die aktuellsten Informationen zu finden, sucht man am besten in...?
Informationen nutzenDu hast zu einem Thema mehrere Texte im Internet gefunden. Wie schreibst du eine Zusammenfassung?
Informationen kommunizieren und publizierenWer darf im Internet etwas berichten und veröffentlichen?

Informationskompetenz im Sachunterricht

Um Kinder in ihrem informationskompetenten Handeln zu fördern und um ihnen Strategien und Fähigkeiten im Umgang mit unterschiedlichen Informationsquellen frühzeitig an die Hand zu geben, sollte die Vermittlung von Informationskompetenz bereits in der Grundschule umgesetzt werden. An deutschen Grundschulen wird Informationskompetenz nicht als eigenständiges Schulfach unterrichtet und es existiert im Gegensatz zu anderen Ländern (u. a. Kanada, Slowenien, Großbritannien) kein spezifisches Curriculum zur Förderung von Informationskompetenz (Gust von Loh & Stock, 2013). Empirische Untersuchungen oder evaluierte Konzepte zur Informationskompetenzvermittlung im Grundschulbereich fehlen. An die Thematik angelehnte Publikationen, die sich auf die Primarstufe fokussieren, sind rar (Ader, Orszullok, & Stock, 2013). Lena [23] (2011) erarbeitet in ihrer Bachelorarbeit ein integratives Praxiskonzept für den Deutschunterricht zur Vermittlung von Informationskompetenz. Eva [14] (2008) analysiert die Angebote an Lehreraus-, fort- und weiterbildung in den Bundesländern und plädiert dafür, dass die Vermittlung von Informationskompetenz bereits mit der Aufnahme des Lehramtsstudiums beginnen sollte. Sie argumentiert, dass informationskompetente Schülerinnen und Schüler informationskompetente Lehrkräfte voraussetzen. Wo, was und wie aber sollte Informationskompetenz in der Grundschule unterrichtet werden? Darauf gaben 2013 Ader, Orszullok und Stock aus informationswissenschaftlicher Perspektive eine Antwort. Im Primarbereich sollte die Informationskompetenz eingebettet in den Sachunterricht vermittelt werden. Sie stützen sich dabei auf die Studienergebnisse von Chu in Hongkong (Ader, Orszullok, & Stock, 2013, S. 261). Aus didaktischer und fachwissenschaftlicher Perspektive und ausgehend vom eigenen Bildungsanspruch wird deutlich, dass der Sachunterricht ein geeignetes Schulfach zur Förderung von informationskompetentem Handeln ist, denn „[d]ie besondere Aufgabe des Sachunterrichts besteht darin, Schülerinnen und Schüler darin zu unterstützen, ihre natürliche, kulturelle, soziale und technische Umwelt sachbezogen zu verstehen, sie sich auf dieser Grundlage bildungswirksam zu erschließen und sich darin zu orientieren, mitzuwirken und zu handeln" (Gesellschaft für Didaktik des Sachunterrichts, 2013). Die Integration digitaler (Informations-)Medien in den Sachunterricht birgt somit das Potenzial, die Erlebnisse, Interessen und Fragen der Kinder aufzugreifen und an das Informations- und Mediennutzungsverhalten in ihrer medial geprägten Lebenswelt anzuknüpfen. Der breit gefächerte Lehrstoff des Sachunterrichts bietet dazu mannigfaltige Lerngelegenheiten.

Im Perspektivrahmen Sachunterricht thematisiert der perspektivenvernetzende Bereich „Medien" das Lernen mit und über Medien und greift das Themenfeld „Medien als Informationsträger" explizit auf (Gesellschaft für Didaktik des Sachunterrichts, 2013, S. 83–86). Die im Themenbereich Medien formulierten Kompetenzbeschreibungen lassen sich Kriterien und Teilkompetenzen der Informationskompetenz zuordnen. Beispielsweise sollen die Schülerinnen und Schüler verschiedene Informationsformen erkennen und nutzen, in verschiedenen medialen Beständen und/ oder in zur Verfügung stehenden medialen Diensten nach Informationen suchen (z. B. Bibliotheken, Datenbanken, Nachschlagewerken, Kinderwebseiten, Lehrmittel, Kindersachbücher) und Hilfsmittel (z. B. Kataloge, Schlagworte, Suchmaschinen) gezielt einsetzen, Informationen vergleichen, eine Auswahl treffen und für Kommunikation verwenden (Gesellschaft für Didaktik des Sachunterrichts, 2013, S. 85). Die hier aufgeführten Beispiele veranschaulichen, welches Potenzial die Integration informationskompetenzförderlicher Inhalte im Sachunterricht bietet.

Fazit und Ausblick

Für viele Kinder gehört es in der heutigen Zeit dazu, von digitaler Technik und elektronischen Medien alltäglich umgeben zu sein. Sie sind Teil einer Generation, die den schnellen technischen, gesellschaftlichen und kulturellen Wandel selbst erfährt und diese Zeit mitgestalten und mitbestimmen sollte. Das Internet als Wissensspeicher und Kommunikationsraum bietet ihnen dabei scheinbar unbegrenzte Möglichkeiten zu partizipieren. Sechs- bis 13-Jährige surfen täglich im Durchschnitt bis zu 46 Minuten im Internet und tun dies zunehmend allein (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, 2020, S. 17). Auf der Suche nach Informationen aber brauchen gerade jüngere Kinder Orientierung und Begleitung durch Erwachsene. Während ihrer Internetnutzung können sie auf Inhalte treffen, die sie ablenken oder überfordern oder die sie selbst als unangenehm empfinden. Es fehlt ihnen noch an ausreichend Urteilsvermögen, um die Glaubwürdigkeit von Inhalten und Webseiten einschätzen zu können. Die 2011 veröffentlichte Forderung der Kommission Zukunft der Informationsinfrastrukturen (2011, S. 30), die Bedeutung von Informationskompetenz in allen Teilen der Gesellschaft zu verankern und die Vermittlung von Informationskompetenz bereits in der Schule anzusetzen, ist durch die aktuellen IKT-Entwicklungen und der damit in Verbindung stehenden veränderten Wege, auf Informationsquellen zuzugreifen, wichtiger denn je.

Um alle Kompetenzbereiche der Informationskompetenz fördern zu können, müssen Lehrkräfte selbst informationskompetent sein und Kenntnisse über das Mediennutzungs- und Informationsverhalten ihrer Schülerinnen und Schüler haben. Sie benötigen zudem Konzepte, um fachspezifischen und fächerübergreifenden Unterricht anzubieten, der zum Informationskompetenzerwerb beiträgt. „Eine Kombination aus neuen Technologien, die den Bedarf der Kinder ansprechen, und unterstützenden Unterrichtskonzepten, die ins Bildungssystem verankert werden, scheint eine erfolgversprechende Maßnahme zu sein, um Kinder beim Erwerb von Informationskompetenz zu begleiten und ihnen Strategien für einen kompetenten Umgang mit dem Informationsmedium Internet zu vermitteln" ([17], 2013, S. 63).

Zuletzt trägt die Erhebung des Stands der Informationskompetenz wesentlich dazu bei, die Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler zu kennen, ihre Stärken und Schwächen sichtbar zu machen und darauf aufbauend curriculare Inhalte zu verändern oder Unterstützungsangebote zu entwickeln (Foo, Majid, & Chang, 2017).

Literatur 1 Ader, S., Orszullok, L. M., & Stock, W. G. (2013). Informationskompetenz als Schulfach: Wer sollte was wann und wie unterrichten? In S. Gust von Loh, & W. G. Stock, Informationskompetenz in der Schule. Ein informationswissenschaftlicher Ansatz (S. 263–275). Berlin: de Gruyter. 2 Balceris, M. (2013). Impulse zur Messung von Informationskompetenz bei Schülern. In H. Gapski, & T. Tekster, Informationskompetenz im Kindes- und Jugendalter. Beiträge aus Forschung und Praxis (S. 117–129). München: kopaed. 3 Beutelspacher, L. (2014). Erfassung von Informationskompetenz mithilfe von Multiple-Choice-Fragebogen. Information. Wissenschaft & Praxis, 65(6), S. 341–352. 4 Dreisiebner, S., Beutelspacher, L., & Henkel, M. (2017). Informationskompetenz – Forschung in Graz und Düsseldorf. Information, Wissenschaft & Praxis, 68(5-6), S. 329–336. 5 Feil, C., Decker, R., & Gieger, C. (2004). Wie entdecken Kinder das Internet? 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Perspektivrahmen Sachunterricht. Vollständig überarbeitete und erweiterte Ausgabe. Bad Heilbrunn: Klinkhardt. Griesbaum, J. (2022). Informationskompetenz. In R. Knackstedt, J. Sander, & J. Kolomitchouk, Kompetenzmodelle für den Digitalen Wandel. Kompetenzmanagement in Organisationen (S. 67–98). Berlin, Heidelberg: Springer. Gust von Loh, S., & Stock, W. G. (2013). Vorwort: Informationskompetenz als Schulfach? In S. Gust von Loh, & W. G. Stock, Informationskompetenz in der Schule. Ein informationswissenschaftlicher Ansatz (S. 1–20). Berlin: de Gruyter. Hochholzer, R., & Wolff, C. (2005). Informationskompetenz – status quo und Desiderate für die Forschung. Regensburg. Abgerufen am 02. Mai 2022 von https://epub.uni-regensburg.de/10485/ Homeyer, E. (2008). Informationskompetenz an Grundschulen. Probleme und Perspektiven für Schulen und Lehrer. Berlin: Simon Verlag. Informationskompetenz und Demokratie. (2022). Was bedeutet Informationskompetenz. Abgerufen am 02. 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Die 2008 von Samuel Chu durchgeführte Studie zur Informationskompetenz an einer Grundschule in der vierten Klasse basiert auf einem sechsmonatigen, fächerübergreifenden Projekt, bei welchem Sachunterrichts-, Chinesisch- und IT-Lehrkräfte sowie Schulbibliothekare zusammenarbeiten ([25] , 2013). Siehe Referenzrahmen Informationskompetenz ([18] , 2016).

By Gesine Andersen

Reported by Author

Gesine Andersen ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Lehrerbildung der Technischen Universität Chemnitz und promoviert im BMBF-Projekt „Digitale Lernumgebungen in der Grundschule (DigiLeG)". Davor absolvierte sie das Volontariat zur wissenschaftlichen Dokumentarin am Leibniz Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation (DIPF) in Frankfurt am Main in Kooperation mit dem Fachbereich Media der Hochschule Darmstadt (h_da) in Dieburg.

Titel:
Informationskompetente Grundschulkinder.
Autor/in / Beteiligte Person: Andersen, Gesine
Link:
Zeitschrift: Information -- Wissenschaft und Praxis, Jg. 73 (2022-07-01), Heft 4, S. 172-178
Veröffentlichung: 2022
Medientyp: academicJournal
ISSN: 1434-4653 (print)
DOI: 10.1515/iwp-2022-2224
Schlagwort:
  • INFORMATION literacy
  • SCHOOL children
  • ELEMENTARY schools
  • INTERNET
  • Subjects: INFORMATION literacy SCHOOL children ELEMENTARY schools INTERNET
  • Child
  • Information behaviour
  • Information literacy
  • Media
  • User research
  • Benutzerforschung
  • Informationskompetenz
  • Informationsverhalten
  • Internet
  • Kind
  • Medien
  • Compétence informationnelle
  • Comportement face à l'information
  • Enfant
  • Médias
  • Recherche sur les utilisateurs Language of Keywords: English; German; French
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Alternate Title: Information literate elementary school children. ; Les enfants du primaire compétents en matière d'information.
  • Language: German
  • Document Type: Article
  • Author Affiliations: 1 = Technische Universität Chemnitz, Zentrum für Lehrerbildung, Professur Grundschuldidaktik Sachunterricht, Carolastraße 4–6, 09111 Chemnitz, Germany
  • Full Text Word Count: 3627

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