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Die Kämpfernatur.

Wachholz, Marianne
In: Food-Service, 2022-11-15, Heft 11, S. 88-90
Online serialPeriodical

Die Kämpfernatur 

Konfliktscheu zu sein, kann man ihr gewiss nicht nachsagen. Sie sucht gern das Kräftemessen, die Debatte: klug und standfest, wortgewandt und faktensicher. Zur öffentlichen Person wurde Ingrid Hartges, seit mehr als 30 Jahren in Amt und Würden beim Branchenverband Dehoga und 2006 zur Hauptgeschäftsführerin berufen, vollends während der Coronakrise. Zahllos ihre Auftritte in den Medien, um für die Außer-Haus-Markt-Branche einzutreten, die durch die verhängten Schließungen besonders hart betroffen war. Gastronomie vor allem: hierzulande lange Zeit wenig wertgeschätzt, als Wirtschaftsfaktor, aber auch in ihrer gesellschaftlichen Relevanz weit unter Wert gehandelt. Dies Bild zurechtzurücken, ihre Branche in Schutz zu nehmen, war Ingrid Hartges stets ein Anliegen, erst recht angesichts des für eine Vielzahl Betroffener existenzbedrohenden neunmonatigen Lockdowns.

Ihr entschiedenes Engagement für die Sache der gastgebenden Branche mag manch abgebrühten Talkmaster verblüfft haben: ein Verbandsfunktionär, noch dazu ein weiblicher, der sich so rigoros mit Herzblut, Haut und Haar für die Belange der Gastronomie und Hotellerie einsetzt. Dazu gehören Mut, Haltung und einleuchtende Argumente – tunlichst charmant verpackt.

Verständnis für die Belange der Außer-Haus-Markt-Branche zu wecken, darum ging und geht es Ingrid Hartges auch und vor allem auf politischem Parkett. Kaum, mit knapp 30 Jahren, endgültig beim Verband angekommen, engagierte sich die junge Juristin tatkräftig als Mitinitiatorin für die Gründung der Fachabteilung Systemgastronomie. Keine Frage, dass dafür im föderal organisierten Verband beträchtliche Überzeugungsarbeit vonnöten war. Doch: „Als Dehoga müssen wir das gesamte Spektrum der Branche vertreten, mein Standpunkt von Anfang an!" Folgerichtig wurde Ende der 90er-Jahre auch die Fachabteilung Gemeinschaftsgastronomie etabliert, später bekamen die Caterer ebenfalls eine eigene Fachabteilung. Zugleich: Offensive zur Schaffung des Ausbildungsberufs Fachmann/frau für Systemgastronomie. Ein Meilenstein, elementar für den Bedarf und das Image der multiplizierten Gastronomie, selbst und passgenau ausbilden zu dürfen. Für diesen Kraftakt hat Ingrid Hartges im Jahr 2001 gemeinsam mit Eva-Maria Sachse (McDonald's) und Annette Mützel (Nordsee) den erstmals ausgelobten Special Award im Rahmen des Hamburger Foodservice Preises erhalten.

Gleichwohl hängt ihr Herz unerschütterlich am Mittelstand. Was auch mit ihrer Biografie zu tun hat: Die studierte Volljuristin stammt aus einer niederrheinischen Unternehmerfamilie, die sowohl Landwirtschaft betrieben als auch Spirituosen erzeugt und in der Gastronomie vertrieben hat. Schon in jungen Jahren hat sie mit angepackt und früh gelernt, was es heißt, unternehmerische Verantwortung zu tragen.

Warum sie nach dem Studium nicht in einer Anwaltspraxis gelandet ist? Schuld waren langjährige Nebenjobs in Gastronomie, Hotellerie und Catering. So lernte sie das Metier von der Pike auf kennen – und war fasziniert. Um ein Haar wäre sie im geliebten Würzburg geblieben, dazwischen kam ein Praktikum im Rahmen ihres Studiums, die sogenannte Wahlstation. Ihre Wahl fiel auf den Dehoga. Und da passte einfach alles: ihre Expertise als Juristin, ihr Kommunikationstalent, auch ihre Begabung, hellwache Angriffslust und langen Atem in Einklang zu bringen, nicht zuletzt ihre Vertrautheit mit der Gastronomie.

Die Liste ihrer Etappensiege im Dienst der Branche ist lang, angefangen bei der Abschaffung der Trinkgeldbesteuerung oder Wiedereinführung der Minijobs bis zur Einforderung von Hilfsgeldern für die coronabedingt zwangsweise geschlossenen Betriebe in jüngster Zeit. Einspruch seitens der Juristin: Nicht im Alleingang bewerkstelligt! Sondern im Zusammenwirken der gesamten Dehoga-Familie! Zusammenhalt zählt für sie hoch, auch kooperativ sein und verlässlich, jederzeit ansprechbar, vor allem bestens vernetzt, weit über den eigenen Verband hinaus: Nur so lassen sich strategische Allianzen schmieden, das A und O erfolgreicher Verbandsarbeit.

Speziell für ihren Einsatz während der Coronakrise wurde Ingrid Hartges im Frühjahr dieses Jahres mit einem Ehrenpreis im Rahmen des Hamburger Foodservice Preises gewürdigt. Zu tun gibt es noch mehr als genug. Ganz oben auf der Agenda: Entfristung der reduzierten Mehrwertsteuer. Und zugunsten der Wettbewerbsfähigkeit der Gastronomie endlich Steuergerechtigkeit walten zu lassen: lange überfällig und angesichts der krassen Inflation umso dringlicher, erklärt die Wahl-Berlinerin. Diesem Ziel ist sie jüngst einen großen Schritt nähergekommen: Anfang September wurde im Rahmen des nächsten Entlastungspakets der Bundesregierung der reduzierte Mehrwertsteuersatz auf Speisen in der Gastronomie bis auf weiteres verlängert. „Wieder einmal hat sich gezeigt, dass sich der Einsatz der Dehoga-Familie für die Branche gelohnt hat."

Wenn sie sich darüber hinaus etwas wünschen dürfte? „Dass es noch mehr Außer-Haus-Markt-Akteuren jeglicher Größenordnung einleuchtet, wie wertvoll es ist, eine starke Interessenvertretung zu haben und zu unterstützen. Nur gemeinsam können wir uns nachdrücklich Gehör verschaffen!"

Marianne Wachholz

„Als Dehoga müssen wir das gesamte Spektrum der Branche vertreten, mein Standpunkt von Anfang an!"

PHOTO (COLOR): Ingrid Hartges © Svea Pietschmann Ehrenpreisträgerin Ingrid Hartges mit Laudator Peter Altmaier, Bundesminister a.D., bei der diesjährigen Verleihung des Hamburger Foodservice Preises. © Thomas Fedra

1 INGRID HARTGES

Aufgewachsen am Niederrhein im elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb mit Destillerie und Handel

  • 1980 Beginn des Jurastudiums in Würzburg, parallel gastronomische Teilzeitjobs
  • 1988 Dreimonatiges Praktikum beim Dehoga Bundesverband
  • 1989 2. Staatsexamen und Festanstellung beim Dehoga Bundesverband
  • 1992 Berufung zur Geschäftsführerin
  • 1994 Berufung zur Stellvertretenden Hauptgeschäftsführerin
  • 2001 Auszeichnung mit dem erstmals vergebenen Special Award des Hamburger Foodservice Preises
  • 2006 Ernennung zur Hauptgeschäftsführerin des Dehoga-Bundesverbandes
  • 2022 Auszeichnung mit dem Ehrenpreis des Hamburger Foodservice Preises

By Marianne Wachholz

Reported by Author

Titel:
Die Kämpfernatur.
Autor/in / Beteiligte Person: Wachholz, Marianne
Zeitschrift: Food-Service, 2022-11-15, Heft 11, S. 88-90
Veröffentlichung: 2022
Medientyp: serialPeriodical
ISSN: 0936-1618 (print)
Schlagwort:
  • COVID-19 pandemic
  • FINANCIAL aid
  • TAX cuts
  • HOTELS
  • TRADE associations
  • Subjects: COVID-19 pandemic FINANCIAL aid TAX cuts HOTELS TRADE associations
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Language: German
  • Document Type: Article
  • Full Text Word Count: 814

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