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Ein Dreiklang für „Nouvelle Cantine".

Schmid, Burkart
In: GV Praxis, 2023-01-03, Heft 1, S. 14-17
Online serialPeriodical

Ein Dreiklang für „Nouvelle Cantine" 

Wenn er über seine gut frequentierten Betriebsrestaurants spricht, nennt Bernhard Kampmann immer drei Erfolgsfaktoren: Frische, Regionalität und handwerkliche Kochkunst. So entstehe genussvolles und gesundes Essen. Das bedeute für die Beschäftigten seiner Kunden eine besondere, motivierende Wertschätzung, ist der energiegeladene Bielefelder Gastro-Profi überzeugt.

Mit dieser Philosophie positionieren wir uns erfolgreich im Wettbewerb", so der Ostwestfale. Die gelten typischerweise als wortkarg und mundfaul, was bei Kampmann in keiner Weise zutrifft. Kaum sitzt der hochgewachsene Macher im schicken Betriebsrestaurant von DMG Mori in Bielefeld, wird er sofort erkannt. „Ich bin in der Stadt gut vernetzt", plaudert der gelernte Koch und Küchenmeister, der schon seit seinem zehnten Lebensjahr wusste, dass er Koch werden wollte. „Für mich gab es nie eine Alternative." Damals schaute er seiner Mutter beim Heringssalat-Schnippeln zu und war irgendwie angetan. Das war Anfang der achtziger Jahre. Danach machte er den besten Azubi-Abschluss in Bielefeld. Nach dem Wehrdienst zog es ihn in die Schweiz, dann aufs Promi-Schiff und zu Hans-Peter Wodarz. Nach der Hotelfachschule kam schließlich der Wunsch nach Selbstständigkeit auf, erzählt der ehemalige Bundesliga-Handballspieler. Heute bildet er selbst „leidenschaftlich gern aus, auch weil mir die jungen Leute so viel Inspiration geben. Aktuell haben wir fünf Azubis. Dennoch haben wir Nachwuchsprobleme. Die Gemeinschaftsgastronomie ist heute klar attraktiver als die Gastronomie. Das Niveau ist enorm gestiegen."

Kantinenküche sei eine hohe Kunst, denn sie bedeute „Gut kochen für viele". In aktuell 21 gastronomischen Outlets beweisen er und sein Team, dass sich hochwertiges, gesundes Essen auch in Tausender-Stückzahlen produzieren lässt: „Wir haben aus der 08/15-Kantine oft ein schickes Restaurant gemacht, in dem eine Wohlfühlatmosphäre herrscht und eben auch frisch gekocht wird – eine Nouvelle Cantine". Den Begriff entdeckte er in Hanni Rützlers Food Report.

Warum er überhaupt ins Kantinengeschäft einstieg? Ein Vorstandsmitglied war bei ihm im renommierten Restaurant „Schlichte Hof" essen und wollte genau diese Qualität für seine Beschäftigten. Ohne Convenience koste es mehr Geld, antwortet Kampmann. Sein erster Auftraggeber war einverstanden. Heute sei entscheidend, wer ihn anspreche. „Wenn es die Geschäftsleitung ist, dann super, beim Einkauf wird es deutlich schwerer. Deshalb lege ich meine Zahlen offen." Die Marge liege zwischen fünf und sieben Prozent. In den letzten zwei Jahren sei der Wert leider nicht erreicht worden.

Kampmanns neue Kantinenkultur beschreibt eine Trendwende in der Betriebsgastronomie. Ganz bewusst in Anlehnung an die „Nouvelle Cuisine", einen Kochstil, der Mitte des 20. Jahrhunderts in der französischen Küche entwickelt wurde und auf frische Zutaten, natürlichen Geschmack, kürzere Zubereitungszeiten und schonende Verarbeitung setzt. In seinem Buch – im Februar erschienen – hat er 52 Rezepte kreiert, die in seinen Business Restaurants mindestens einmal pro Woche gekocht werden. Frische, regionale Produkte und gutes Kochhandwerk prägen die Rezeptur-Ideen. Das Buch wird mit angepasstem Coverbild auch bei den Kunden verkauft. „Wir tauschen bis zu 18 Seiten aus, um ein Unikat daraus zu machen." Das komme gut an und laufe „wie geschnitten Brot."

Der ambitionierte Koch, Inhaber des „Schlichte Hof", Neu-Buchautor und Chef der Kampmann Business Restaurants, bringt die „Nouvelle Cantine" bei demnächst zwölf Kunden und 21 Standorten seiner Betriebsrestaurants, Bistros, Cafeterien – „und zwei echten Kantinen" – auf die Teller. Insgesamt bis zu 3.500 Essen pro Tag. Die Bandbreite der Abgabepreise liegt zwischen 3,90 Euro und 5,20 Euro. „Wir arbeiten mit Top-Zuschlägen bei z. B. Wild oder Spargel." Sein Angebotskonzept: weniger Fleisch, vegetarische und vegane Angebote, frische Zutaten und Gewürze, Bowls, Currys, Salat- und Obstbar, aber auch klassische Gerichte neu interpretiert, mehr Gemüse und weniger Zucker. „Es ist immer der Mix je Betrieb mit einem Masterspeiseplan samt Eintopf und Desserts. Schni-Po gibt's am Mittwoch, aber ansonsten bleibt jeder Küchenleiter frei in seiner Gestaltung." Es gebe auch immer „Kontergerichte". „Wir legen Wert auf Nudging, um die Gäste auf den Geschmack zu bringen." Zu den Kunden gehören so bekannte Namen wie Nobilia oder Gildemeister, aber auch das Erzbistum Paderborn und die Handwerkskammer in Bielefeld sind mit dabei. Für die Schüler der IHK wurde eine Streetfood-Linie eingeführt. Dazu gehört dann auch ein Linsenragout. Insgesamt wurde dort der Umsatz vervierfacht. Employer Branding geht eben durch den Magen.

Bernhard Kampmann: „Wir sind in der Pandemie stark gewachsen, das hatten wir gar nicht so erwartet." Heute hat er nach Firmengründung vor fünf Jahren 128 Beschäftigte auf der Payroll, davon 113 in Vollzeit. „Wir gehen weg von Stundenverträgen, damit wir attraktiver sind." Mit Gastronomie, Event Service und Business Catering plant er für 2022 einen Umsatz von rund zehn Millionen Euro. Sein Vorteil bringt der Familienunternehmer auf den Punkt: „Wir müssen nicht um jeden Preis wachsen." Er lebe von der Weiterempfehlung. Die Zahl der Anfragen sei hoch, auch aufgrund von geringeren Budgets und niedrigen Kantinen-Standards. Doch darauf kann er nicht bauen. Die Philosophie der neuen Kunden müsse schon mit seiner eigenen übereinstimmen. „Wir sehen den Kunden ganzheitlich und arbeiten mit einer Mischkalkulation." Entsprechend sei der Rahmen für Catering definiert. In der reinen Mitarbeiterverpflegung sei aktuell schwer Geld zu verdienen, gibt Bernhard Kampmann offen zu. Man könne hier nicht aus dem Vollen schöpfen. So scheut er auch nicht, Vortagesessen um 50 Cent günstiger zu verkaufen. „Damit haben wir großen Erfolg." Vorteil sei der verringerte Foodwaste. „Bei überflüssiger Foodwaste sehe ich nämlich Rot."

Learnings in den Corona-Jahren hat Kampmann reichlich gemacht. „Wir müssen unsere Flexibilität höher schrauben und versuchen mehrmals am Tag, Angebote zu lancieren. Deshalb haben wir einen Konditor eingestellt." Gleichzeitig sollte auch der Gastraum mehrfach am Tag nutzbar sein – als Co-Working Place. Das bedeute an einigen Standorten ein Ganztageskonzept, „da müssten sich die Öffnungszeiten ändern". Sein Credo: „Wir rechnen heute mit drei Arbeitstagen bei unseren Kunden und stellen fest, dass wir, also die Gastronomie, Herzstück der Unternehmen sind." Die Schnelligkeit steige. Die Umstellung auf To go sei notwendig. Dazu werden kleine Foodboxen mit Rezept zum Selbermachen verkauft.

Kampmann: „Wir haben dann Erfolg, wenn wir uns auf die neue Situation schnell einstellen." Was nicht funktioniere, sei Vorbestellen. Bei Green Day – alle Tagesangebote auf Veggie – habe man allerdings 40 Prozent Umsatz verloren, das wurde dann schnell auch wieder geändert. Was die Auftraggeberseite betreffe, sei der Grad an Wertschätzung gegenüber dem Catering signifikant gestiegen. Das gelte noch mehr in der öffentlichen Gastronomie. Selbst Preiserhöhungen seien kein Problem gewesen. Insgesamt führe diese positive Entwicklung zu einer Stärkung des Berufsbildes. Wer den zwei Meter großen Ostwestfalen erlebt, spürt sofort die ehrliche Begeisterung und Energie für seinen Job: „Wir brauchen etwa ein halbes Jahr, um den vegetarischen Anteil der Nachfrage um 10 bis 20 Prozent zu steigern." In Sachen Plant-based meint er, das sei kein Trend, sondern eine Tatsache. „Wir machen das jetzt zum Standard." Sein betriebsgastronomisches Flaggschiff ist DMG Mori in Pfronten im Allgäu mit 600 bis 800 Essen. Dort beschäftigt er den Michelin-dekorierten Sternekoch Michael Bernhard. Ihm ist es gelungen, den Anteil vegetarischer Menüs auf über 40 Prozent zu schrauben. Allerdings sei unweit der österreichischen Grenze die regionale Küche eng verwurzelt. Heißt: Hier brauche es Erfahrung und örtliche Lieferanten, um Original-Spezialitäten top zu kochen.

Ziele für 2023? Zwei neue Verträge mit Kunden, die auch die Kampmann- Philosophie teilen. Er stehe im ersten Monat immer im neuen Betrieb, „damit ich den Laden besser verstehe". Auch die Servicefrage am Tisch sei so ein Thema, das ihn beschäftige. Und ein intelligentes Abrechnungssystem, am besten übers Handy, werde immer wichtiger – auch für mehr Transparenz und damit Effizienz in der Produktion. Eben Digitalisierung in Bestform. Burkart Schmid

Hochwertiges und gesundes Essen jeden Tag.

Vortagesessen gibt es um 50 Cent günstiger zu kaufen.

„Ich muss jeden Kundenbetrieb erst verstehen lernen."

PHOTO (COLOR): © Kampmann Business Restaurants Orientalischer Bulgur mit Quitten-Karotten-Gemüse und Joghurt-Dip Nordic Bowl mit gebratenen Riesengarnelen, Dinkel, Feldsalat und Radieschen. © KAMPMANN BUSINESS RESTAURANTS Handwerkliches Kochen gehört zur DNA. © Business Restaurants Kampmann © Business Restaurants Kampmann Nouvelle Cuisine à la Kampmann für Betriebsrestaurants in Deutschland. Modern und einladend: das Ambiente im Betriebsrestaurant bei DMG Mori © BUSINESS RESTAURANTS KAMPMANN

1 Kampmann Business Restaurants

Geschäftsführer Bernhard Kampmann

Unternehmenssitz Bielefeld

Gründung 2017

Kunden 12, darunter DMG Mori und Nobilia

gastronomische Outlets 21

Preisband Menü 3,90 - 5,20 Euro

Mitarbeitende 128 | 113 VZ

Umsatzziel 2022 10 Mio. Euro

2 Das Buch

Bernhard Kampmann

Nouvelle Cantine

Die Zukunft der Betriebsrestaurants

1. Auflage 2022, 160 Abbildungen

Format 21,0 x 28,0 cm

€ 29,90 [D] / € 30,80 [A]

ISBN 978-3-667-12396-1 WG455

By Burkart Schmid

Reported by Author

Titel:
Ein Dreiklang für „Nouvelle Cantine".
Autor/in / Beteiligte Person: Schmid, Burkart
Zeitschrift: GV Praxis, 2023-01-03, Heft 1, S. 14-17
Veröffentlichung: 2023
Medientyp: serialPeriodical
ISSN: 0342-376X (print)
Schlagwort:
  • EXECUTIVES
  • FLAVOR
  • COOKING
  • DIGITAL technology
  • MEALS
  • EURO
  • Subjects: EXECUTIVES FLAVOR COOKING DIGITAL technology MEALS EURO
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Language: German
  • Document Type: Article
  • Full Text Word Count: 1366

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