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Atemnot und Rechtsherzversagen.

Lunk, Denny ; Brüllmann, Gregor ; et al.
In: Praxis (16618157), Jg. 112 (2023-04-01), Heft 4, S. 226-230
Online academicJournal

Atemnot und Rechtsherzversagen  Dyspnea and Right Heart Failure 

Die akute Rechtsherzinsuffizenz ist ein kritischer Zustand, der anhand der klinischen Präsentation kombiniert mit Echokardiografie diagnostiziert wird. Zusatzdiagnostik inkl. Labor, EKG, Rechtsherzkatheter und weitere bildgebende Verfahren werden zur Ursachenabklärung benötigt. Therapeutisch spielen die Identifikation und Behandlung der zu Grunde liegenden Pathologie, die Reduktion der rechtsventrikulären Nachlast (sofern möglich), eine Optimierung der Vorlast (häufig Diuretika, selten Volumen) und eine Kreislaufunterstützung mittels Vasopressoren und/oder Inodilatatoren eine zentrale Rolle. In schweren Fällen kommen spezielle Therapien und mechanische Kreislaufunterstützungssysteme ins Spiel.

Acute right ventricular failure is a critical condition diagnosed by clinical presentation combined with echocardiography. Additional diagnostic tools including laboratory, ECG, right heart catheterization, and other imaging modalities are needed to confirm the diagnosis and determine the cause. The identification and treatment of the underlying pathology, the reduction of right ventricular afterload (if possible), optimization of preload (often diuretics, rarely volume), and hemodynamic support using vasopressors and/or inodilators are mainstays of treatment. In severe cases, special therapies and mechanical circulatory support come into play.

Keywords: Akute Rechtsherzinsuffizienz; Rechtsherzversagen; pulmonale Hypertonie; Acute right heart failure; right heart failure; pulmonary hypertension

Im Artikel verwendete Abkürzungen

ARDS Acute Respiratory Distress Syndrome

dPAP Diastolischer pulmonal-arterieller Druck

HIV Human Immunodeficiency Virus

LA Linker Vorhof

LV Linker Ventrikel

MAP Mean Arterial Pressure (mittlerer arterieller Druck)

mPAP Mittlerer pulmonal-arterieller Druck

NIV Nicht-invasive Ventilation

PCI Percutaneous Coronary Intervention (perkutane Koronarintervention)

PEEP Positive Endexpiratory Pressure (positiver endexspiratorischer Druck)

RA Rechter Vorhof

RV Rechter Ventrikel

sPAP Systolischer pulmonal-arterieller Druck

vaECMO Veno-arterielle extrakorporale Membranoxygenierung

Anamnese und Befund

Eine 51-jährige Patientin stellte sich auf der Notfallstation aufgrund von progredienter Dyspnoe vor. Bei rascher klinischer Verschlechterung mit zunehmender Oxygenationsstörung trotz NIV-Therapie (FiO2 von 85–100%) sowie hämodynamischer Instabilität (Noradrenalin 5µg/min wurde sie auf die Intensivstation verlegt.

Hier zeigte sich in der klinischen Untersuchung eine unruhige, allseits orientierte, febrile (39,2°C) und tachypnoeische (Atemfrequenz 40–60/min) Patientin mit verschärftem, basal rechts abgeschwächtem Atemgeräusch und massivem Giemen. Beinödeme bestanden nicht.

Aufgrund einer raschen respiratorischen Erschöpfung bei ausgeprägter bronchialer Obstruktion erfolgte die endotracheale Intubation mit mechanischer Beatmung. Zudem erfolgte bei progredienter hämodynamischer Instabilität mit steigendem Bedarf an kreislaufunterstützenden Medikamenten (Noradrenalin 60µg/min, Adrenalin 10µg/min, Milrinon 10µg/min) die Einlage einer veno-arteriellen extrakorporalen Membranoxygenierung (va-ECMO).

Insgesamt zeigte sich das klinische Bild eines akuten respiratorischen Versagens, am ehesten getriggert durch einen pulmonalen Infekt mit Kreislaufinstabilität.

Differenzialdiagnostische Überlegungen

Differenzialdiagnostisch kommen in Bezug auf das respiratorische Versagen mit hämodynamischer Instabilität ein septischer Schock mit pulmonalem Fokus, die Exazerbation einer chronischen Lungenpathologie oder eine Lungenarterienembolie in Frage.

Bei Eintritt zeigten sich stark erhöhte Entzündungsparameter (Leukozyten 7,0G/l, CRP 307mg/l, Procalcitonin 18,7ng/ml).

Im Elektrokardiogramm fand sich ein tachykarder Sinusrhythmus (Herzfrequenz 130/min) ohne Repolarisationsstörungen. Das Troponin war normwertig, das NT-proBNP mit 7874ng/l deutlich erhöht. In der transthorakalen Echokardiografie zeigte sich ein normal dimensionierter linker Ventrikel mit hyperdynamer systolischer Funktion. Der rechte Ventrikel war schwer dilatiert mit ausgeprägtem D-Shaping, eingeschränkter radiärer Funktion und erhaltener longitudinaler Funktion (TAPSE 22mm). Der geschätzte pulmonale Druck war stark erhöht (RV/RA-Gradient 90mmHg, entsprechend einem pulmonal-arteriellen Mitteldruck von ca. 60mmHg) bei leichter bis mittelschwerer Trikuspidalinsuffizienz.

Die Rechtsherzinsuffizienz kombiniert mit der Sepsis bilden einen ausreichenden Grund für die hämodynamische Instabilität. Die Ursachen eines Rechtsherzversagens lassen sich anhand des pathophysiologischen Mechanismus in fünf Gruppen einteilen [[1]]: gestörte Vorlast (preload), reduzierte Kontraktilität, erhöhte Nachlast (afterload), gestörte ventrikuläre Interdependenz, Herzrhythmusstörung. Tabelle 1 fasst die häufigen Ursachen einer Rechtsherzinsuffizienz zusammen [[2]].

Graph

Tabelle 1 Mechanismen und Beispiele der akuten Rechtsherzinsuffizienz

Mechanismus Beispiele
Gestörte Vorlast (preload) Hypovolämie, Hypervolämie, mechanische Beatmung, Perikardtamponade
Reduzierte Kontraktilität Myokardischämie, Myokarditis, nach Kardioplegie für herzchirurgischen Eingriff
Erhöhte Nachlast (afterload) Pulmonale Stauung bei Linksherzinsuffizienz, Lungenembolie, ARDS, akute Lungenerkrankung, mechanische Beatmung
Gestörte ventrikuläre Interdependenz Perikardtamponade
Herzrhythmusstörung Tachykardes Vorhofflimmern, Bradykardie bei AV-Block III

Bei unserer Patientin wurde systematisch nach der Ätiologie des Rechtsherzversagens gesucht. Die Vorlast wurde klinisch, anhand des Zentralvenendrucks (leicht erhöht) und echokardiografisch (dilatierte Vena cava inferior mit eingeschränkter Atemvariabilität) als normal bzw. leicht erhöht bewertet. Eine myokardiale Ischämie, eine Herzrhythmusstörung und eine Perikardtamponade wurden bereits im Vorfeld laboranalytisch und echokardiografisch ausgeschlossen. Somit wurde ein abrupter Anstieg der rechtsventrikulären Nachlast als Ursache der akuten Rechtsherzinsuffizienz postuliert. Eine relevante Erhöhung der rechtsventrikulären Nachlast mit konsekutiv erhöhter Wandspannung und Dilatation des rechten Ventrikels führt zur Abnahme des rechtsventrikulären Schlagvolumens und zur Störung der ventrikulären Interdependenz, was wiederum zu einer Einschränkung der linksventrikulären Vorlast mit konsekutiver Abnahme des Herzzeitvolumens und systemischen Blutdrucks führt (Abb. 1).

Graph: Abbildung 1 Pathomechanismus der Rechtsherzinsuffizienz bei akutem Nachlast-Anstieg.

Häufige Ursachen einer akuten Nachlasterhöhung sind akute Lungenembolien, pulmonale Infekte inkl. ARDS sowie die Dekompensation einer vorbestehenden chronischen pulmonalen Hypertonie.

Bei unserer Patientin konnten eine Lungenarterienembolie und ein akuter Lungenschaden (z.B. ARDS) mittels Thorax-CT ausgeschlossen werden. Der sehr hoch geschätzte pulmonale Druck (RV/RA-Gradient 90mmHg) spricht zudem für eine «Acute-on-chronic»-Genese der pulmonalen Drucksteigerung, da ein «naiver» rechter Ventrikel nicht in der Lage ist, so hohe systolische pulmonal-arterielle Werte zu generieren. Wenn sich systolische pulmonal-arterielle Werte >50mmHg finden, muss von einer vorbestehenden pulmonalen Drucksteigerung mit sekundärer «Adaptation» (im Sinne einer Hypertrophie) des rechten Ventrikels ausgegangen werden.

Die pulmonale Hypertonie wird gemäss WHO in fünf Gruppen eingeteilt, Tabelle 2 [[3]]. Die WHO-Gruppe 1 beinhaltet die pulmonal-arterielle Hypertonie, eine seltene Gruppe von pulmonal-vaskulären Erkrankungen idiopathischer oder hereditärer Ätiologie bzw. assoziiert mit verschiedenen Risikofaktoren. Die WHO-Gruppe 2 umfasst die grösste Gruppe: sie beinhaltet alle Formen der pulmonalen Drucksteigerung, die sich aufgrund einer zugrundeliegenden Linksherzerkrankung entwickeln. WHO-Gruppe 3 fasst die pulmonale Hypertonie aufgrund von Lungenpathologien zusammen. Bei der WHO-Gruppe 4 handelt es sich um pulmonale Hypertonien aufgrund chronisch thromboembolischer Ereignisse (CTEPH), und in der WHO-Gruppe 5 finden sich alle unklaren Mechanismen bzw. multifaktorielle Ätiologien, die zu einer pulmonalen Drucksteigerung führen.

Graph

Tabelle 2 Klassifikation pulmonale Hypertonie nach WHO

COPD = Chronisch obstruktive Lungenerkrankung.
Gruppe 1 (pulmonal arterielle Hypertonie, PAH) Idiopathisch, hereditär, Drogen, Toxine, HIV, portopulmonale Hypertonie, Kollagenosen, pulmonal-venöse Verschlusskrankheit, kongenitale Herzerkrankungen
Gruppe 2 (PH-LHD) Pulmonale Hypertonie in Folge Linksherzpathologie
Gruppe 3 (PH-LUNG) Pulmonale Hypertonie infolge von Lungenpathologie (COPD, interstitielle Lungenerkankungen, ARDS, schlafassoziierte Atemstörungen, alveoläre Hypoventilation, Aufenthalt in grosser Höhe)
Gruppe 4 (CTEPH) Chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie
Gruppe 5 Pulmonale Hypertonie unklarer oder multifaktorieller Ätiologie

Klinisch ist die Diagnose einer pulmonalen Hypertonie herausfordernd [[4]]. Bei einer manifesten Rechtsherzinsuffizienz finden sich gestaute Halsvenen, ein positiver hepatojugulärer Reflux, Beinödeme, eine auskultatorisch akzentuierte Pulmonaliskomponente des 2. Herztons bzw. ein 3. Herzton und das Vorliegen eines Pansystolikums bei schwerer Trikuspidalinsuffizienz. Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen können Folge der kongestiven Hepatopathie sein. Laboranalytisch augenfällig sind erhöhte Cholestaseparameter und Bilirubin und ein erhöhtes NT-pro-BNP. Bei längerfristig bestehender kongestiver Hepathopathie besteht die Gefahr von fibrotischen Veränderungen mit Entwicklung einer «cirrhose cardiaque» [[2]]. Elektrophysiologisch kommt es in Folge der Dilatation des rechten Atriums insbesondere zum Auftreten von Vorhofflimmern oder Vorhofflattern.

Gemäss den aktuellen ESC-Guidelines [[3]] wird die Diagnose einer pulmonalen Hypertonie bei einem mittleren pulmonal-arteriellen Druck (mPAP) >20mmHg gestellt. Dazu ist eine invasive Messung mittels Rechtsherzkatheter notwendig. Um zwischen einer prä-kapillären und post-kapillaren Ätiologie zu differenzieren, wird der pulmonale Verschlussdruck (pulmonary artery wedge pressure, PAWP bzw. pulmonary arterial occlusion pressure, PAOP) und der pulmonale vaskuläre Widerstand (pulmonary vascular resistance, PVR) berücksichtigt. Der PVR ist dabei die einzige nicht gemessene Grösse: Er wird aus der Differenz von mPAP zu PAWP geteilt durch das Herzminutenvolumen (cardiac output, CO) berechnet und wird in Woods Units (WU) quantifiziert.

Bei einem erhöhtem Verschlussdruck (PAWP >15mmHg) liegt eine post-kapilläre Komponente der pulmonalen Drucksteigerung zu Grunde (meistens eine Linksherzpathologie). Bei einem erhöhten pulmonalen Widerstand (PVR >2WU) liegt eine prä-kapilläre Komponente vor. Wenn sowohl PVR als auch PAWP erhöht sind, besteht eine kombinierte prä- und post-kapilläre Drucksteigerung.

Je nach Befund im Rechtsherzkatheter und klinischem Kontext folgen dann Zusatzabklärungen zur Identifikation der zugrundeliegenden Pathologie [[4]]. Dazu gehören in der Regel eine Echokardiografie zum Ausschluss einer Linksherzpathologie, eine Spirometrie mit Diffusionsmessung und ein Thorax-CT zur Beurteilung einer Lungenpathologie und eine Ventilations-/Perfusionsszintigrafie zum Ausschluss von chronisch thromboembolischen Ereignissen. Bei bestimmten Formen der PAH (i.e. idiopathischer, hereditärer oder Medikamenten-/Toxin-induzierten pulmonal-arteriellen Hypertonie) wird zudem eine Vasoreagibilitätstestung durchgeführt. Diese dient der Identifikation von Patienten, welche von einer Therapie mit hochdosierten Kalziumantagonisten zur Senkung des pulmonalen Widerstands profitieren.

Auch bei kritisch kranken Patienten mit pulmonaler Hypertonie und Rechtsherzinsuffizienz liefert der Rechtsherzkatheter wichtige Informationen für das weitere Management auf der Intensivstation. Der «Pulmonaliskatheter» wurde 1970 von Dr. Swan und Dr. Ganz entwickelt und wird perkutan meistens über die Vena jugularis interna, den rechten Vorhof und Ventrikel in die Pulmonalarterie eingelegt. Der Pulmonaliskatheter dient der Messung des mPAP, PAWP sowie des Herzminutenvolumens.

Auch bei unserer Patientin kam der Pulmonaliskatheter zur Anwendung und zeigte passend zum echokardiografischen Befund stark erhöhte pulmonal-arterielle Druckwerte (sPAP 97mmHg, dPAP 30mmHg, mPAP 50mmHg). Der pulmonale Verschlussdruck (PAWP) war mit 17mmHg bei einem PEEP von 8 cmH20 im oberen Normbereich.

Zusammenfassend schien bei unserer Patientin mit deutlich erhöhten pulmonalen Druckwerten, echokardiografisch fehlenden Hinweisen auf eine Linksherzpathologie und computertomografisch ausgeschlossener Lungenembolie und akutem Lungenschaden eine «acute-on-chronic» pulmonale Hypertonie wahrscheinlich. In der aktenanamnestischen Aufarbeitung bestand seit mehreren Jahren eine klinisch stabile (NYHA-Klasse II) pulmonal-arterielle Hypertonie (WHO-Gruppe 1) bei HIV-Erkrankung, die mit einem Endothelinrezeptor-Antagonist (Macitentan) und einem Phosphodiesterase-5-Inhibitor (Tadalafil) behandelt wurde. Supportiv war eine nächtliche Sauerstoff-Supplementation etabliert. Der bei initialer Diagnosestellung gemessene RV/RA-Gradient von maximal 70mmHg konnte im stabilen Verlauf unter etablierter Therapie auf ca. 50mmHg stabilisiert werden. Zudem bestand bei unserer Patientin ein bekanntes allergisches Asthma bronchiale mit Erstmanifestation in der Kindheit.

Zur Klärung der Ätiologie der akuten Verschlechterung der pulmonalen Situation wurden weitere diagnostische Schritte eingeleitet. Im breiten mikrobiologischen Sampling fand sich eine Influenza-A-Infektion als Trigger eines Status asthmaticus. Die HIV-Erkrankung war optimal kontrolliert ohne nachweisbare Viruslast.

Initiale therapeutische Optionen

Die Behandlung der akuten Rechtsherzinsuffizienz soll einerseits die kausale Therapie des Triggers, der zur Dekompensation führt (z.B. Lungenembolie, pulmonaler Infekt, Myokardinfarkt), anderseits die Stabilisierung der Hämodynamik beinhalten. Therapeutisch stehen zur Stabilisierung der Hämodynamik neben der Optimierung der Vorlast (Volumengabe bei Hypovolämie, Diuretika bei Stauung) und Senkung der Nachlast (je nach zugrundeliegender Pathologie, s.u.), die Sicherstellung einer adäquaten myokardialen und peripheren Organperfusion durch Vasopressoren (meistens Noradrenalin) und eine Steigerung der rechtsventrikulären Kontraktilität mittels Inotropika im Vordergrund [[1]].

Viele Patientinnen und Patienten lassen sich bereits durch den Einsatz von Noradrenalin gut stabilisieren. Noradrenalin führt zur Steigerung des peripheren Widerstands und erhöht somit den Perfusionsdruck der wichtigsten Organe (inkl. Myokard), ohne den pulmonalen Widerstand (= rechtsventrikuläre Nachlast) zu erhöhen. Wenn die periphere Minderperfusion durch Noradrenalin allein nicht zu stabilisieren ist, werden positiv inotrope Substanzen eingesetzt.

In der Schweiz sind drei Klassen von Inotropika verfügbar: Katecholamine, Phosphodiesterase-3-Hemmer und «calcium sensitizer». Katecholamine (z.B. Dobutamin) erhöhen über die Aktivierung der Adenylatcyclase die intrazelluläre cAMP-Konzentration und führen somit zu einer Erhöhung der intrazellulären Calcium-Konzentration, was wiederum positiv inotrop wirkt. Dies führt jedoch auch zu einem erhöhten myokardialen Sauerstoffbedarf. Phosphodiesterase-3-Inhibitoren (z.B. Milrinon) führen über die Hemmung des intrazellulären cAMP-Abbaus ebenfalls zu einer Erhöhung der intrazellulären Calcium-Konzentration sowie zu einer deutlichen Vasodilatation mit Senkung der intrakardialen Füllungsdrücke sowie PVR. Levosimendan ist der einzig verfügbare «calcium sensitizer», d.h. er erhöht die Calcium-Sensitivität von Troponin C und erhöht somit die myokardiale Kontraktilität, ohne die intrazelluläre Calcium-Konzentration und den myokardialen Sauerstoffbedarf zu erhöhen. Zudem führt Levosimendan über eine Öffnung von ATP-sensitiven Kalium-Kanälen zu einer peripheren Vasodilatation [[5]].

Die Nachlast-Senkung ist ein zweiter wichtiger Hebel der Behandlung der akuten rechtsventrikulären Dysfunktion. Eine Optimierung der Oxygenation und bei mechanischer Beatmung der Ventilationsparameter inkl. PEEP ist essenziell. Medikamentös stehen neben den bereits diskutierten Inotropika (insbesondere die Inodilatatoren Levosimendan und Milrinon aufgrund des stärkeren Effekts auf den pulmonalen Widerstand) weitere verschiedene Substanzklassen zur Senkung des erhöhten pulmonalen Drucks zur Verfügung. Häufig wird bei intubierten Patientinnen und Patienten mit erhöhtem pulmonalem Widerstand Stickstoffmonoxid (NO) eingesetzt, das als pulmonaler Vasodilatator wirkt. Endothelin-Rezeptor-Antagonisten, Phosphodiesterase-5-Inhibitoren, Prostacyclin-Rezeptor-Agonisten und Prostacyclin-Analoga bewirken eine pulmonale Vasodilatation und haben die chronische Behandlung der pulmonal-arteriellen Hypertonie in den letzten zwei Dekaden revolutioniert [[6]]. Der Einsatz dieser Substanzklassen bei kritisch kranken Patientinnen und Patienten benötigt eine grosse Expertise, da unerwünschte Wirkungen wie z.B. schwere systemische Hypotonien viel häufiger auftreten als im chronischen Setting. Zu beachten ist auch, dass Phosphodiesterase-5-Inhibitoren (z.B. Sildenafil) nicht mit Nitraten kombiniert werden dürfen, da hier schwere systemische Hypotonien zu erwarten sind.

Bei fehlender Stabilisierung trotz maximaler medikamentöser Therapie können in hochspezialisierten Zentren mechanische Kreislaufunterstützungssysteme wie z.B. die rechtsventrikuläre Impella®-Pumpe oder die veno-arterielle extrakorporale Membranoxygenierung (va-ECMO) eingesetzt werden [[7]].

Weitere Abklärungsschritte und Therapie

Unter Therapie mittels Bronchodilatatoren, systemischer Steroide, Oseltamivir und empirischer antibiotischer Therapie konnte bei unserer Patientin eine deutliche klinische Besserung erreicht werden. Unter erweitertem hämodynamischem Monitoring konnte die vorbestehende medikamentöse Therapie der pulmonal-arteriellen Hypertonie wieder etabliert werden. Die pulmonal-arteriellen Drücke zeigten sich unter minimalem ECMO-Blutfluss und mechanischer Beatmung (PEEP 8cmH2O) regredient (mPAP 42mmHg) bei jedoch deutlich erhöhtem pulmonalem vaskulärem Widerstand (5,2 WU). Bei stabiler Hämodynamik mit einem Cardiac Index von 2,7l/min/m2 konnte das ECMO-Gerät schlussendlich entfernt werden.

Diagnose

Es konnte somit die Diagnose einer akuten Dekompensation einer chronischen Rechtsherzinsuffizienz (Cor pulmonale) gestellt werden, ausgelöst durch einen Status asthmaticus bei Influenza-A-Infektion mit respiratorischem Versagen und vorbestehender HIV-assoziierter pulmonal-arterieller Hypertonie (WHO-Gruppe 1).

Key messages

  • • Die akute Rechtsherzinsuffizienz ist ein kritischer Zustand, der eine interdisziplinäre Expertise benötigt.
  • • Die Diagnose ist herausfordernd: Sie basiert auf der klinischen Präsentation und echokardiografischen Befunden. Rechtsherzkatheter und weitere bildgebende Verfahren werden zur Ursachenabklärung benötigt.
  • • Sehr hohe pulmonale Druckwerte sprechen für eine bereits vorbestehende chronische Pathologie.
  • • Die Identifikation und Behandlung der zu Grunde liegenden Pathologie, die Reduktion der rechtsventrikulären Nachlast, die Optimierung der Vorlast und eine Kreislaufunterstützung mittels Vasopressoren und/oder Inodilatatoren spielen eine zentrale Rolle.
  • • In schweren Fällen werden Spezialtherapien (z.B. pulmonale Vasodilatatoren) und mechanische Kreislaufunterstützungssysteme eingesetzt.
Interessenskonflikte

Es bestehen keine Interessenskonflikte.

Bibliografie 1 Arrigo, M, Huber, LC, Winnik, S, et al. Right Ventricular Failure: Pathophysiology, Diagnosis and Treatment. Card Fail Rev. 2019;5(3):140–146. 2 Rudiger, A, Breitenstein, A, Bosshart, M, et al. Die akute Rechtsherzinsuffizienz, Teil 1: Mechanismen und Diagnostik. Schweiz Med Forum. 2012;12(17):347–351. 3 Humbert, M, Kovacs, G, Hoeper, MM, et al. 2022 ESC/ERS Guidelines for the diagnosis and treatment of pulmonary hypertension. Eur Heart J. 2022;43(38):3618–3731. 4 Huber, LC, Vrugt, B, Arrigo, M. Pulmonary hypertension: Classification and pathobiology. Cardiovasc Med. 2014;17(11):312–319. 5 Arrigo, M, Mebazaa, A. Understanding the differences among inotropes. Intensive Care Med. 2015;41(5):912–915. 6 Etter, AB, Huber, LC. CME: Pulmonale Hypertonie 2016: Einteilung, Diagnostik, Therapie. Praxis (Bern 1994).2016;105(9): 489–495. 7 Rudiger, A, Bosshart, M, Breitenstein, A, Bettex, D. Die akute Rechtsherzinsuffizienz, Teil 2: Therapie. Schweiz Med Forum. 2012;12(18):364–368.

By Denny Lunk; Gregor Brüllmann; Lars C. Huber and Mattia Arrigo

Reported by Author; Author; Author; Author

Titel:
Atemnot und Rechtsherzversagen.
Autor/in / Beteiligte Person: Lunk, Denny ; Brüllmann, Gregor ; Huber, Lars C. ; Arrigo, Mattia
Link:
Zeitschrift: Praxis (16618157), Jg. 112 (2023-04-01), Heft 4, S. 226-230
Veröffentlichung: 2023
Medientyp: academicJournal
ISSN: 1661-8157 (print)
DOI: 10.1024/1661-8157/a004012
Schlagwort:
  • ARTIFICIAL blood circulation
  • PULMONARY hypertension
  • CARDIAC catheterization
  • HEART failure
  • SYMPTOMS
  • CARDIOGENIC shock
  • ECHOCARDIOGRAPHY
  • HEMODYNAMICS
  • Subjects: ARTIFICIAL blood circulation PULMONARY hypertension CARDIAC catheterization HEART failure SYMPTOMS CARDIOGENIC shock ECHOCARDIOGRAPHY HEMODYNAMICS
  • Acute right heart failure
  • pulmonary hypertension
  • right heart failure
  • Akute Rechtsherzinsuffizienz
  • pulmonale Hypertonie
  • Rechtsherzversagen Language of Keywords: English; German
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Alternate Title: Dyspnea and Right Heart Failure.
  • Language: German
  • Document Type: Article
  • Author Affiliations: 1 = Institut für Intensivmedizin, Stadtspital Zürich Triemli, Zürich, Schweiz ; 2 = Klinik Innere Medizin, Stadtspital Zürich Triemli, Zürich, Schweiz
  • Full Text Word Count: 2428

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