Joebstl-Berger, Brigitta : Sprachspiele: Fachsprache Wirtschaft DaF. Ein universitäres Experiment. Hamburg : tredition, 2021. – ISBN 978-3-476-02300-1. 100 Seiten, € 9,94.
Dieses Buch stellt ein DaF-Modul im Bereich Wirtschaftsdeutsch vor, das die Autorin in einem Masterstudiengang an der Universität Mailand konzipiert und durchgeführt hat. Es versteht sich als Erfahrungsbericht und Anregung für Lehrkräfte, die im Bereich Fachsprache Wirtschaft tätig sind, und beinhaltet neben Präsenz- auch asynchrone Online-Lektionen.
Im ersten Teil wird der didaktische Rahmen vorgestellt. Zum Zielpublikum ist zu bemerken, dass es sich tendenziell um Studierende mit einem hohen Sprachniveau handelt, die auf das Niveau C1/C2 vorbereitet werden sollen und außerdem fundierte Kenntnisse im wirtschaftlichen Bereich besitzen. Der Schwerpunkt liegt auf Präsentationstechniken sowie textanalytischen Aspekten.
Der zweite Teil ist der theoretischen Einbettung des Konzepts gewidmet. So werden der didaktische Hintergrund sowie sprachphilosophische Einflüsse, unter anderem der titelgebende Bezug auf die Theorie der Sprachspiele Ludwig Wittgensteins, erläutert. Joebstl-Bergers Ansatz ist in der Konstruktivistischen Didaktik verankert und basiert auf der These, dass auch der Spracherwerb Teil der Wirklichkeit ist, die wir erzeugen, und dieser somit aktiv, durch „Erfinden und Entdecken" (
Im nächsten Kapitel werden die Rollenbilder und die damit verbundenen Erwartungen kurz angerissen, welche die Studierenden an sich selbst sowie an die Rolle der Kursleiterin hatten. Es geht um Spannungen zwischen lehrerzentrierter, wissensorientierter Instruktion und lernerorienter Konstruktion, wobei die Erwartungshaltung der Teilnehmenden, insbesondere derjenigen mit einem schwächeren Niveau, zur Instruktion tendierte.
Der darauffolgende Teil ist den Prüfungsmodalitäten und -zielen sowie der Durchführung von Prüfungen gewidmet. Bei der mündlichen Präsentation wurden hauptsächlich die Kompetenzen Analyse und Textverständnis, die formale, d. h. im Wesentlichen grammatische Richtigkeit sowie die Erfüllung des Kommunikationsziels – insbesondere die klare und übersichtliche Darstellung komplizierter Inhalte – bewertet. Außerdem wurden die Struktur, die Sprache, die PowerPoint-Präsentation und das nonverbale Verhalten bewertet. Hier wäre es wünschenswert gewesen, wenn dieses relativ komplexe Bewertungsschema und die unterschiedlichen Gewichtungen, die in Prozent angegeben sind, näher diskutiert worden wären.
Im fünften Teil geht es um die Umsetzung des Moduls in den einzelnen Phasen, wobei zunächst noch einmal auf die Voraussetzungen der Studierenden in Bezug auf Sprachkenntnisse, Sprachniveau, Textanalysekompetenz, metasprachliche Kompetenz sowie Präsentationskompetenz beschrieben werden: In allen Teilbereichen war das Niveau der Studierenden sehr heterogen, was zusammen mit der Gruppengröße (ca. 30 Teilnehmende) eine besondere Herausforderung darstellte, der die Autorin mit einem erhöhten Angebot an Zusatzmaterial begegnet ist.
Bei der Materialauswahl und -erstellung betont Joebstl-Berger die „enge Zusammenarbeit und Rückkopplung mit den Studierenden" (
Die verschiedenen Arbeitsweisen, auf die innerhalb des Moduls zugegriffen wird, werden im nächsten Abschnitt erläutert. Im Sinne des Scaffolding und der Leittextmethode wurde den Studierenden „Handwerkszeug" (
Im Folgenden werden die beiden Schwerpunkte des Moduls, Textanalysen und Präsentationen, vorgestellt. Am Anfang des Kapitels zu den Textanalysen werden Fragen zum Thema Wirtschaftsdeutsch aufgeworfen, deren Nutzen für den Unterricht allerdings nicht ganz deutlich zum Vorschein kommt, zumal diese Fragen von den Studierenden nicht explizit behandelt werden sollten. Es folgt ein Analyseschema, nach dem sich auch die Arbeitsblätter richten, wie auf den folgenden Seiten deutlich wird. Dieses ist in eine externe Makro- und eine textinterne Mikroebene gegliedert, wobei die für eine Textanalyse üblichen Fragen zu SenderIn, EmpfängerIn, Kanal, Absicht, Inhalt, Struktur, sprachlichen Mitteln usw. gestellt werden. Dabei fragt man sich, warum dieses Analyseschema auch auf die Textsorte Prüfungsgespräch selbst bezogen wird, innerhalb dessen über die zu analysierenden Texte gesprochen wird. Anschließend wird eine Hörtextanalyse anhand von Leitfragen sowie einer unkorrigierten Fassung der Ergebnisse einer Studierendengruppe abgebildet. Die Aufgabenstellung erscheint im Rahmen einer konstruktivistischen Didaktik gut geeignet, da die Studierenden die Rolle der adressierten Person im Hörtext übernehmen und an ihrer Stelle handeln sollen. Durch die Kombination aus Hörtext und schriftlicher Aufgabe werden außerdem verschiedene Kompetenzen trainiert.
Im nächsten Kapitel, das dem zweiten Schwerpunkt des Moduls, der Präsentation, gewidmet ist, erfährt man, dass den meisten Studierenden freies, interaktives Präsentieren sehr schwergefallen ist. Um angemessene Präsentationstechniken zu trainieren, sollten die Studierenden daher mit kleinen Zwischenpräsentationen beginnen, was didaktisch sinnvoll erscheint.
Im neunten Teil werden zwei Sprachspiele, eine Videoanalyse und eine Fallstudie, genauer vorgestellt sowie ein allgemeines Schema zur Analyse von Videos, das wiederum in textexterne und -interne Analyse gegliedert ist und dem Analyseschema für Hörtexte auf Seite 63 ähnelt. Die Arbeit mit einer Fallstudie eines Karriereberatungsunternehmens wird präsentiert, welche die Studierenden in Gruppen mit jeweils verschiedenen Aufgabenstellungen lösen sollten: Ausgangssituation, Hintergrundinformationen, Aufgabe und Lösung. Da es sich um aufeinander aufbauende Abschnitte handelt, fragt man sich, wie dieser Aspekt bei der Aufteilung auf verschiedene Gruppen gelöst wurde. Das Aufgabenblatt ähnelt wiederum stark denjenigen, die für die Hörtexte und die Videoanalyse vorgestellt wurden. Als Beispiel für eine Textanalyse werden verschiedene von einer Studentin erstellten Tabellen abgebildet. Diese scheinen sehr gelungen, allerdings wird darauf leider nicht näher eingegangen.
Es folgen Hinweise zur Durchführung eines Fachsprachenkurses. Diese sind sehr allgemein und beinhalten z. B. die Rücksichtnahme auf eventuelle Vorgaben von Seiten der Universität, die technische Ausstattung (Software etc.), allerdings keine spezifischen fachsprachendidaktischen Hinweise. Eine interessante Idee ist das angesprochene Bonussystem für eine besonders aktive Teilnahme am Unterricht.
Den Abschluss bilden Bemerkungen zur Online-Didaktik, die von der Autorin insbesondere im Rahmen der Pandemie eingesetzt wurde. So erfährt man, dass auf der Kursplattform zahlreiche Materialien zur Verfügung standen, auf die zusätzlich zum Unterricht zugegriffen werden konnte. Dies ist gerade für Studierende mit einem niedrigeren Niveau sinnvoll. Auch die Idee eines Online-Kursbuchs, in dem die Studierenden ihre Ergebnisse veröffentlichen konnten, ist sicherlich eine gute Möglichkeit, sie im Rahmen einer lernerorientierten, konstruktivistischen Didaktik in das Unterrichtsgeschehen miteinzubeziehen und somit zu AkteurInnen ihres Lernprozesses zu machen.
Das Buch ist durch seine einfache Sprache angenehm zu lesen und eignet sich als Erfahrungsbericht für Lehrende an Universitäten, die sich konkrete Einblicke in die Unterrichtsgestaltung im Bereich Wirtschaftsdeutsch verschaffen möchten. Allerdings sind die vorgestellten Analysemethoden im Wesentlichen die einer allgemeinen Textanalyse, wobei fachsprachenspezifische Aspekte etwas zu kurz kommen. Positiv anzumerken sind die sprachphilosophische Fundierung des Moduls sowie die Handlungsorientierung im Sinne einer Konstruktivistischen Didaktik.
By Lucia Schmidt
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