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Tahiri, Naima; Laasri, Mohammed; El Mtouni, Said; Jai-Mansouri, Rachid (Hrsg.): Germanistik und DaF in mehrsprachigen Kontexten. Sprachdidaktische, interkulturelle und systemorientierte Perspektiven. Berlin: Frank & Timme, 2021 (Sprachen lehren -- Sprachen lernen, 11). -- ISBN E-Book 978-3-7329-9340-6. 238 Seiten, € 58,00 [Open Access unter https://www.frank-timme.de]

Well, Benjamin van
In: Info DaF: Informationen Deutsch als Fremdsprache, Jg. 50 (2023-04-01), Heft 2/3, S. 284-288
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Tahiri, Naima; Laasri, Mohammed; El Mtouni, Said; Jai-Mansouri, Rachid (Hrsg.): Germanistik und DaF in mehrsprachigen Kontexten. Sprachdidaktische, interkulturelle und systemorientierte Perspektiven. Berlin: Frank & Timme, 2021 (Sprachen lehren -- Sprachen lernen, 11). -- ISBN E-Book 978-3-7329-9340-6. 238 Seiten, € 58,00 [Open Access unter https://www.frank-timme.de] 

Tahiri, Naima; Laasri, Mohammed; El, Mtouni, Said; Jai-Mansouri, Rachid (Hrsg.): Germanistik und DaF in mehrsprachigen Kontexten. Sprachdidaktische, interkulturelle und systemorientierte Perspektiven. Berlin : Frank & Timme, 2021 (Sprachen lehren -- Sprachen lernen, 11). -- ISBN E-Book 978-3-7329-9340-6. 238 Seiten, € 58,00 [Open Access unter https://www.frank-timme.de].

Der Sammelband Germanistik und DaF in mehrsprachigen Kontexten, der auf eine gleichnamige Tagung an der Universität Sidi Mohamed Ben Abdellah/Fès aus dem Jahr 2019 zurückgeht, kündigt an, den Themenkomplex Multilingualität in sprachdidaktischer, interkultureller sowie systemorientierter Perspektive in insgesamt sieben Beiträgen zu beleuchten (9).

Hess-Lüttich (15–41) diskutiert in seinem Aufsatz den Umgang plurilingualer Gesellschaften mit kommunikativen Herausforderungen, v. a. mit Blick auf Konfliktsituationen, wie sie zwischen konkurrierenden Sprachen im Alltag, in Bildungsinstitutionen, Medien und in der Politik sichtbar werden. Auf der Basis eines linguistisch perspektivierten empirisch-komparatistischen Forschungsansatzes werden historisch-kolonial sowie macht- und migrationspolitisch entstandene superdiversive Verhältnisse von Sprachen in Europa, v. a. in Deutschland und der Schweiz sowie in Indien und Südafrika, exemplarisch untersucht. Aus den Befunden der Studie entwickelt der Autor Vorschläge für Strategien einer Optimierung von Mehrsprachigkeitspolitik, die adäquat auf historisch und religiös gewachsene sowie spezifische regionale und politische Bedingungen reagieren. Dabei möchte Hess-Lüttich auch den Blick auf die Situation in großstädtischen Zentren des deutschsprachigen Raums schärfen. Der Beitrag reflektiert faktenbasiert und dabei auf hohem wissenschaftlichen Niveau den neusten Stand der Forschung zum Multilingualismus in unterschiedlichen Regionen einer globalisierten Welt und liefert in diesem Zusammenhang wichtige sprachpolitische Überlegungen zur Realisierung eines konfliktfreien Zusammenlebens auch in unserer eigenen Gesellschaft, die es weiterzudenken gilt.

Tahiri und Heming (43–70) erörtern, mit welchen Herausforderungen die deutsche Sprache in dem multilingual-diglossisch geprägten Staat Marokko konfrontiert ist. Sie geben dabei einen gründlich recherchierten Überblick über die gegenwärtige Situation von Germanistik und DaF in dem nordwestafrikanischen Land, zumal mit Blick auf die derzeit steigenden Zahlen von Deutschlernenden -- eine Tendenz, die v. a. auf das Fachkräfteeinwanderungsgesetz von 2020 sowie auf die Einrichtung von Studienkollegs zurückgeführt wird. In diesem Zusammenhang gibt der Aufsatz anschaulich präsentierte Einblicke in den aktuellen Entwicklungsstand an PASCH-Schulen, Goethe-Instituten sowie an universitären und außeruniversitären privaten Bildungseinrichtungen in Marokko. Die Diskussion mündet abschließend, mit Blick auf derzeit anlaufende Reformen im marokkanischen Bildungssystem, in einer Zukunftsprognose zur möglichen weiteren Entwicklung der Fächer DaF und Germanistik sowie Überlegungen zu einer Notwendigkeit ihrer Neupositionierung in Marokko, die in sprachpolitischer Hinsicht von einiger Relevanz sein dürften.

El Mtouni und Laasri (71–95) untersuchen im Rahmen einer empirisch ausgerichteten Pilotstudie an der Universität Sidi Mohamed Ben Abdellah/Fès die Einflüsse des Französischen als erster Fremdsprache beim Erwerb des Deutschen als Tertiärsprache bei marokkanischen Germanistikstudierenden. Ausgangspunkt ihrer Überlegungen ist dabei die Kontrastivhypothese, nach der sich Fremdsprachen leichter lernen lassen, wenn sie sprachstrukturell ähnliche Regeln aufweisen wie die Muttersprache oder bereits erlernte Fremdsprachen. Im Sinne ihrer kontrastiv-linguistischen Perspektive gehen die Autoren zunächst auf die Bedeutung der Muttersprache der Studierenden für das Deutschlernen ein, wobei sie ihre Überlegungen zum Arabischen anhand zahlreicher Beispiele aus der Grammatik beider Sprachen illustrieren. Anschließend entwickeln sie ihre Forschungsmethode, die auf einer Befragung basiert. Hierbei sollen die Studierenden einschätzen, ob ihnen phonologische, grammatikalische und lexikalische Strukturen des Französischen beim Lernen der deutschen Sprache helfen bzw. ob die Unterschiede zwischen den beiden Sprachen zu negativem Transfer führen. Die Auswertung der Antworten der Deutschlernenden ergibt, dass die Ähnlichkeiten zwischen dem Französischen und Deutschen einer Mehrheit der Befragten den Zugang zur Tertiärsprache tatsächlich erleichtert, dass aber Unterschiede das Lernen auch erschweren können. An diesen Ergebnissen anknüpfend, müsse nun, so das Fazit der Autoren, das Zusammenspiel des Arabischen und Französischen beim Lernen des Deutschen eingehend untersucht werden.

gual-interkulturellen wie kontrastiv perspektivierten Fremdsprachenunterrichts exemplarisch am Beispiel von Abbas Khiders Deutsch für alle. Das endgültige Lehrbuch (2019). Die Überlegungen der Autorin zielen, im Rahmen einer Beschäftigung mit sprachlicher Ambiguität, auf eine Förderung interkultureller und symbolischer Kompetenz ab. Das Buch des deutsch-irakischen Autors soll dabei nicht instrumentell auf die Funktion eines sprach- und kulturbezogenen Lernprozessmediums reduziert, sondern vielmehr seine Literarizität ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt werden. Das Buch, das die Schwierigkeiten des Deutschlernens in ironisch-humorvoller sowie sprach- und gesellschaftskritischer Weise zur Darstellung bringe und dabei die Komplexität potenzieller Bedeutungsproduktion in ihrer Vielschichtigkeit vor Augen führe, ermögliche eine kontrastive Auseinandersetzung mit der Fremdsprache Deutsch. Dadurch, dass die Lernenden ihren persönlichen Erfahrungshintergrund in einen Bezug zum Text setzen könnten, werde zudem ein lernerzentrierter ästhetisch-subjektiver Zugang zum Deutschen möglich. Die Autorin plädiert in diesem Sinne dafür, der Didaktik der Literarizität mit Fokus auf Multilingualität und Interkulturalität künftig mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Interessant wäre, an diese auf hohem Niveau geführte fremdsprachlich-literaturdidaktische Diskussion anknüpfend, auch ein praxisorientiertes Unterrichtskonzept für den Fremdsprachenunterricht zu entwickeln.

Wie Baumann so spricht sich auch Zierau (119–136) explizit gegen eine Instrumentalisierung literarischer Texte für reinen Grammatik- und Landeskundeunterricht aus. Auch sie stellt in ihrem Beitrag die Literarizität der Texte in den Vordergrund. Dabei diskutiert sie Möglichkeiten und Chancen einer Förderung literar-ästhetischen Lernens im DaF-/DaZ-Studium exemplarisch am Beispiel von Zé do Rocks satirischem Roman fom winde ferfeelt (2004). Im Rahmen ihres fremdsprachlich-literaturdidaktischen Konzepts möchte die Autorin literar-ästhetisches mit kulturellem und sprachreflexivem Lernen verknüpfen, um interkulturelle Erkenntnisprozesse anzubahnen. Der Roman des deutsch-brasilianischen Autors ermögliche mit seiner verfremdend-satirischen Spielart deutscher Orthografie und Lexik eben solche interkulturellen und sprachsensibilisierenden Reflexionen.

Laasri und El Mtouni (137–157) diskutieren die Relevanz von Kulturkompetenz für eine adäquate transkulturelle Übersetzungstätigkeit im Kontext des marokkanischen Germanistikstudiums. Dabei weisen die Autoren darauf hin, dass strukturelle Fremdsprachenkenntnisse allein nicht ausreichten, um etwa die ästhetische Dimension von Texten übertragen zu können. Übersetzen sei mehr als nur ein Übertragen von Wörtern in eine Fremdsprache, vielmehr sei es ein Transfer von Kultur. Notwendig hierfür sei deshalb ein konkretes Zusammenspiel von Grundsprachen- und Fremdsprachenkenntnissen, von kultureller Kompetenz und Transkulturalität. Die Autoren erörtern, wie sich ein solcher Kompetenzverbund im Rahmen eines translationswissenschaftlich perspektivierten Germanistikstudiums fördern ließe. Mit Blick auf eine potenzielle berufliche Perspektive der StudienabsolventInnen als ÜbersetzerInnen bietet der Beitrag Überlegungen, die einer universitären translationswissenschaftlichen Ausbildung auch über den arabisch-deutschen Kontext hinaus wichtige Impulse geben könnten.

Tahiri (159–190) untersucht, wie marokkanische Germanistikstudierende Bitten an Hochschulehrende in deutscher Sprache formulieren und welche unbeabsichtigten Verstöße gegen Formen und Normen der Höflichkeit dabei zustande kommen. Gegenstand der Inhaltsanalyse sind 82 studentische E-Mails, wobei der Fokus der Analyse auf Betreffzeile, Anrede, Dankesbekundungen und Entschuldigungen, Schlussformeln sowie Angaben zur Person liegt. Gründe für Verstöße gegen Höflichkeitskonventionen werden dabei in kulturspezifischer wie linguistischer Perspektive erörtert. Die Autorin plädiert in ihrem Beitrag dafür, Höflichkeitsformen und -normen möglichst frühzeitig zum Gegenstad des DaF-Unterrichts zu machen, da eine kulturkompetente situationsangemessene Anrede von großer gesellschaftlicher Relevanz sei. Zum anderen möchte Tahiri zu weiterführenden Studien anregen, die, auch kulturübergreifend, ein erweitertes Textkorpus studentischer E-Mails berücksichtigen.

Schaar (191–231) diskutiert in seinem unterrichtspraktisch angelegten Beitrag Erinnerungsorte als Gegenstand der Ausbildung künftiger DaF-Lehrkräfte im Masterstudiengang an der German Jordanian University in Amman. Der Thematik wohne großes Potenzial für kulturelles Lernen inne, da gerade Erinnerungsorte Ausdruck gesellschaftlich-kulturellen Selbstverständnisses seien. Das hierbei entwickelte methodisch-didaktische Konzept fokussiert eine kriteriengeleitete Auswahl der jeweiligen Orte sowie praxisorientierte Vermittlungsverfahren, die u. a. die Analyse landeskundlichen Materials sowie Recherchen zu deutscher Geschichte umfassen. Zusätzlich rücken auch parallele Erinnerungsorte in der MENA/Sudan-Region in den Blick, um eine erweiterte grenzübergreifend-kontrastive Perspektive auf die Thematik zu ermöglichen. Entwickelt wird in diesem Aufsatz ein überzeugendes didaktisch-methodisches Konzept zu einem wichtigen Themenfeld der DaF-LehrerInnen-Ausbildung.

Der Tagungsband diskutiert zentrale Aspekte der Mehrsprachigkeit in linguistisch-kontrastiver, fremdsprachlich-literaturdidaktischer, interkultureller sowie sprachpolitischer Perspektive auf hohem wissenschaftlichen Niveau. Seine Qualität verdankt die Publikation dabei sicherlich auch einem, offenbar strengen, Peer-Review-Verfahren, das -- nach Aussage der HerausgeberInnen (8) -- die Auswahl der Beiträge geleitet habe. Vorgelegt wird ein Sammelband, der der Diskussion um den germanistischen wie DaF-/DaZ-spezifischen Themenkomplex im multilingualen Kontext wichtige Impulse gibt.

Literatur 1 do Rock, Zé (2004): fom winde ferfeelt. 6. Auflage. München: Piper. 2 Khider, Abbas (2019): Deutsch für alle. Das endgültige Lehrbuch. München: Hanser.

By Benjamin van Well

Reported by Author

Titel:
Tahiri, Naima; Laasri, Mohammed; El Mtouni, Said; Jai-Mansouri, Rachid (Hrsg.): Germanistik und DaF in mehrsprachigen Kontexten. Sprachdidaktische, interkulturelle und systemorientierte Perspektiven. Berlin: Frank & Timme, 2021 (Sprachen lehren -- Sprachen lernen, 11). -- ISBN E-Book 978-3-7329-9340-6. 238 Seiten, € 58,00 [Open Access unter https://www.frank-timme.de]
Autor/in / Beteiligte Person: Well, Benjamin van
Link:
Zeitschrift: Info DaF: Informationen Deutsch als Fremdsprache, Jg. 50 (2023-04-01), Heft 2/3, S. 284-288
Veröffentlichung: 2023
Medientyp: review
ISSN: 0724-9616 (print)
DOI: 10.1515/infodaf-2023-0054
Schlagwort:
  • GERMANISTIK und DaF in mehrsprachigen Kontexten. Sprachdidaktische interkulturelle und systemorientierte Perspektiven (Book)
  • TAHIRI, Naima
  • LAASRI, Mohammed
  • LANGUAGE & languages
  • NONFICTION
  • Subjects: GERMANISTIK und DaF in mehrsprachigen Kontexten. Sprachdidaktische interkulturelle und systemorientierte Perspektiven (Book) TAHIRI, Naima LAASRI, Mohammed LANGUAGE & languages NONFICTION
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Alternate Title: German studies and DaF in multilingual contexts. language didactics, intercultural and system-oriented perspectives.
  • Language: German
  • Document Type: Book Review
  • Author Affiliations: 1 = Peking, / VR China China

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