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Zarrinabadi, Nourollah; Pawlak, Mirosław (Hrsg.): New Perspectives on Willingness to Communicate in a Second Language. Cham: Springer Nature Switzerland, 2021. -- ISBN 978-3-030-67633-9. 274 Seiten, € 128,39.

Klatt, Gunnar
In: Info DaF: Informationen Deutsch als Fremdsprache, Jg. 50 (2023-04-01), Heft 2/3, S. 298-301
Online academicJournal

Zarrinabadi, Nourollah; Pawlak, Mirosław (Hrsg.): New Perspectives on Willingness to Communicate in a Second Language. Cham: Springer Nature Switzerland, 2021. -- ISBN 978-3-030-67633-9. 274 Seiten, € 128,39 

Zarrinabadi, Nourollah; Pawlak, Mirosław (Hrsg.): New Perspectives on Willingness to Communicate in a Second Language. Cham : Springer Nature Switzerland, 2021. -- ISBN 978-3-030-67633-9. 274 Seiten, € 128,39.

Die Bereitschaft zum Sprechen -- auf Englisch Willingness to Communicate (WTC) -- ist ein Problem, mit dem jeder Fremdsprachenlehrende umgehen muss. Dabei stellt sich diese Bereitschaft nur bedingt als Problem dar, denn wie Lehrende aus eigener Erfahrung wissen, ist keine Gruppe in dieser Beziehung gleich. Während einige Gruppen schnell und einfach dazu zu bewegen sind sich in der Fremdsprache zu äußern, sind andere in der gleichen Situation sehr viel schwieriger zu motivieren. Der von Zarrinabadi und Pawlak herausgegebene Sammelband nimmt sich damit eines universellen Problems des Fremdsprachenlehrens und -lernens an. In diesem Band werden insgesamt 12 Fachbeiträge präsentiert, die größtenteils Forschungen mit spezifischen Gruppen zum Thema haben. Der Band versucht Antworten und Impulse auf offene Fragen im Bereich der WTC zu geben.

Wenn es um die wechselnde Bereitschaft zum Sprechen bei Lernenden geht, dann dürften vielen Lehrenden im DaF-Bereich zunächst kulturelle Erklärungsmuster einfallen, die sie auf ihre Erfahrungen zurückführen. Lernende aus diesem Kulturkreis sind leichter zum Sprechen zu bewegen als Lernende aus jenem Kulturkreis, werden sie sagen und dabei dann als Nächstes noch auf Persönlichkeitsmerkmale kommen. Dies klingt zunächst nach Laienpsychologie, war aber der Anfang der ernsthaften Forschung zur Bereitschaft zum Sprechen in den 1980er-Jahren, wie Nematizadeh und Wood in ihrem die Fachbeiträge eröffnenden Aufsatz feststellen. Doch ist die Wissenschaft nicht an diesem Punkt stehengeblieben, wie die beiden im weiteren Verlauf darstellen, denn dies ist in der Tat eine zu einfache Erklärung. Kultur und Persönlichkeitsmerkmale sind nur ein Teil eines Systems, das die Bereitschaft zum Sprechen beeinflusst. Nematizadeh und Wood sehen ein System, das ähnlich dem von ihnen dazu auch selbst angeführten Beispiel des Flatterns eines Schmetterlings, das mit einem Tornado an einem anderen Ort in Verbindung steht, sehr komplex ist und deshalb bis jetzt in keinem Falle in allen seinen Komponenten und ihrem Zusammenspiel verstanden wurde. Dementsprechend darf man keine einfachen Lösungen oder Antworten zu diesem Thema erwarten, wenn sie denn schon vorhanden sind.

Cameron arbeitet in ihrem Beitrag auf der Grundlage von Interviews mit iranischen Migranten in Neuseeland sodann heraus, dass die Bereitschaft zum Sprechen von der vorhergehenden Sprachlernumgebung wie auch vom augenblicklichen Umfeld beeinflusst wird. Im Iran ist ein kommunikativer Sprachlehransatz noch sehr schwach ausgeprägt und die Sprachlehre setzt noch immer stark auf die seit langem praktizierte Grammatik-Übersetzungsmethode. Iranische Englischlernende sind daher nur sehr wenig daran gewöhnt die Fremdsprache zu sprechen, wenn sie in eine englischsprachige Umgebung kommen, die zum einen der Alltag im Land und zum anderen die des Fremdsprachenklassenraums ist. Außerhalb des Fremdsprachenklassenzimmers können Alltagssituationen problemlos bewältigt werden und ein informeller Austausch mit Muttersprachlern wird in der Fremdsprache als positiv empfunden. Im Gegensatz dazu wirkt eine formellere Gesprächssituation, etwa im akademischen Austausch, sehr viel hemmender auf die Kommunikationsbereitschaft. Cameron weist entsprechend auf die große Bedeutung hin, die der Lehrperson in der Schaffung von Möglichkeiten zur Kommunikation zukommt, gleichzeitig aber bei der Förderung von Selbstwertgefühl, das im Kontakt mit Muttersprachlern wichtig wird.

Für diese Besprechung von besonderem Interesse ist der Beitrag von Tarp, die eine Untersuchung zur Kommunikationsbereitschaft unter Migranten in Deutschland durchgeführt hat. Auch wenn die Studie nicht repräsentativ von der Zusammenstellung ihrer Teilnehmergruppe her ist, so stellt sie doch Trends heraus. So wird deutlich, dass ein Master oder Doktorgrad genauso wie eine höhere berufliche Stellung -- etwa im Management -- die Bereitschaft zur Kommunikation in der Fremdsprache erhöhen. Auch der bereits von Cameron verzeichnete Trend, dass informelle Situationen eher zum Sprechen motivieren als andere, wird hier bestätigt, obwohl deutlich wird, dass die Unterschiede nicht bedeutend sind. Der Beitrag von Şen and Oz über eine Untersuchung zum Zusammenhang zwischen der Größe des Vokabulars und der Sprechbereitschaft kommt zu dem zunächst wenig überraschenden Ergebnis, dass mit zunehmendem Wortschatz die Bereitschaft zum Sprechen ebenfalls allgemein zunimmt, wobei bei geringem Wortschatz die Bereitschaft persönlich geprägt zu sein scheint. Dabei geht es jedoch nicht nur um die reine Ausdrucksfähigkeit, sondern auch um das Selbstwertgefühl, das mit steigendem Wortschatz wächst. Dies soll für die Autoren als Aufforderung verstanden werden, den Lernenden möglichst viele Gelegenheiten zu geben den Wortschatz zu erweitern, heißt es.

Die Beiträge von Allahyar und Piechurska-Kuciel schauen beide auf die Klassenraumsituation, dabei werden aus unterschiedlicher Perspektive die Lernenden in das Zentrum gerückt. Allahyar legt dar, dass Lehrende einem Trugschluss folgen, wenn sie Lernenden, die durch ihre geringe kommunikative Aktivität auffallen, ein Nicht-Lernen unterstellen. Von Piechurska-Kuciel wird dieses Bild komplementiert, da sie die extrovertierten Lernenden in den Blick nimmt, die durch ihre Persönlichkeit vielfach als die besseren Fremdsprachenlernenden wahrgenommen werden. Sie weist darauf hin, dass eine Konzentration auf dieses Persönlichkeitsmerkmal unzureichend ist, da entsprechend dem einleitenden Aufsatz von Nematizadeh und Wood auch andere Merkmale eine wichtige Rolle spielen und das System damit entsprechend komplex wird. Piechurska-Kuciel betont, dass auch introvertierte Lernende eine nicht zu unterschätzende Bereitschaft zur Kommunikation mitbringen, diese nur länger braucht, um sichtbar zu werden. Sie kommt zu dem Schluss, dass die Bereitstellung von Möglichkeiten zur Kommunikation nicht nur im Unterricht, sondern auch außerhalb davon sich positiv auf die Bereitschaft zum Sprechen auswirken kann, da so Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten bei den Lernenden aufgebaut wird.

Daran lässt sich der Aufsatz von Zarrinabadi, Khodarahmi und Shahbazi anschließen, der die Bedeutung eines Flipped-Classroom-Ansatzes untersucht und zu dem Ergebnis kommt, dass über die Bereitstellung von Lehrstoff vor dem eigentlichen Unterricht Hemmschwellen abgebaut werden können. Doch sollte man, dies macht der Beitrag von Amirian, Rezazadeh und Rahimi-Dashti deutlich, nicht nur bei den Lernenden und ihrer Situation nach den Ursachen für die Bereitschaft oder Nicht-Bereitschaft zum Sprechen suchen. Es gilt, dies wird dort gesagt, auch das Auftreten der Lehrperson zu beachten. So wirken sich die erkennbare Bereitschaft der Lehrperson, auf die Lernenden einzugehen, in Verbindung mit einer Offenheit, was die eigene Situation angeht, positiv auf die Bereitschaft zum Sprechen aus. Dabei wird von den drei Forschern auch die Rolle untersucht, die die Einstellung zum Einsatz von technischen Hilfsmitteln durch die Lernenden -- hierbei ist wohl vor allem an Handys zu denken -- spielt. Während zwar festzustellen ist, dass die Nutzung von elektronischen Geräten zur Ablenkung und damit einem geringeren Lernerfolg führt, ist jedoch auch erkennbar, dass ein sachgerechter Umgang bzw. eine Einbindung in den Unterricht die Sprechbereitschaft durchaus fördern kann, wird gesagt.

Abschließend lässt sich zu dieser Veröffentlichung vermerken, dass alle Beiträge, sowohl mit einer umfangreichen Literaturschau wie auch jeweils neuen Forschungsergebnissen zum jeweiligen Thema, die Bereitschaft zum Sprechen fundiert und in ihrem Zusammenwirken umfassend untersuchen und darstellen. Der Band bietet denjenigen, die mit dem Thema vertraut sind, genauso Neues, wie er dem erstmalig am Thema Interessierten einen guten Einstieg und Anregungen für die eigene Tätigkeit bietet. Die Lektüre dieses Bandes kann damit uneingeschränkt empfohlen werden.

By Gunnar Klatt

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Titel:
Zarrinabadi, Nourollah; Pawlak, Mirosław (Hrsg.): New Perspectives on Willingness to Communicate in a Second Language. Cham: Springer Nature Switzerland, 2021. -- ISBN 978-3-030-67633-9. 274 Seiten, € 128,39.
Autor/in / Beteiligte Person: Klatt, Gunnar
Link:
Zeitschrift: Info DaF: Informationen Deutsch als Fremdsprache, Jg. 50 (2023-04-01), Heft 2/3, S. 298-301
Veröffentlichung: 2023
Medientyp: academicJournal
ISSN: 0724-9616 (print)
DOI: 10.1515/infodaf-2023-0058
Schlagwort:
  • FLIPPED classrooms
  • NEW Perspectives on Willingness to Communicate in a Second Language (Book)
  • SOCIOCULTURAL factors
  • ZARRINABADI, Nourollah
  • LANGUAGE & languages
  • PAWLAK, Miroslaw
  • SECOND language acquisition
  • NONFICTION
  • TEACHER role
  • ANTHOLOGIES
  • Subjects: FLIPPED classrooms NEW Perspectives on Willingness to Communicate in a Second Language (Book) SOCIOCULTURAL factors ZARRINABADI, Nourollah LANGUAGE & languages PAWLAK, Miroslaw SECOND language acquisition NONFICTION TEACHER role ANTHOLOGIES
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Alternate Title: New Perspectives on Willingness to Communicate in a Second Language.
  • Language: German
  • Document Type: Product Review
  • Author Affiliations: 1 = Qingdao, / VR China China

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