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Zein, Subhan; Coady, Maria R. (Hrsg.): Early Language Policy in the 21st Century. An International Perspective. Cham: Springer Nature Switzerland, 2021. -- ISBN 978-3-030-76250-6. 331 Seiten, € 149,79.

Klatt, Gunnar
In: Info DaF: Informationen Deutsch als Fremdsprache, Jg. 50 (2023-04-01), Heft 2/3, S. 301-304
Online review

Zein, Subhan; Coady, Maria R. (Hrsg.): Early Language Policy in the 21st Century. An International Perspective. Cham: Springer Nature Switzerland, 2021. -- ISBN 978-3-030-76250-6. 331 Seiten, € 149,79 

Zein, Subhan; Coady, Maria R. (Hrsg.): Early Language Policy in the 21st Century. An International Perspective. Cham : Springer Nature Switzerland, 2021. -- ISBN 978-3-030-76250-6. 331 Seiten, € 149,79.

Das hier zu besprechende Buch beschäftigt sich mit den Rahmenbedingungen für den Fremdsprachenunterricht im Primarbereich, soll hier einleitend bereits gesagt werden.

In fünf Abschnitten wird von den Autoren dieses Bandes in insgesamt 14 Kapiteln -- darunter eine Einleitung und eine Zusammenfassung sowie eine allgemeine Überblicksdarstellung für Englisch als Fremdsprache -- über den Fremdsprachenunterricht auf allen Kontinenten für Englisch, Spanisch, Arabisch und Chinesisch berichtet. In der Einleitung wird zunächst ein tabellarischer Überblick über die Anforderungen bezüglich des Fremdsprachenunterrichts im Primarbereich in 84 Ländern gegeben, verbunden mit einer sehr umfangreichen Übersicht über die Literatur zum frühen Fremdsprachenunterricht.

Das besondere Interesse von Lesern dieser Besprechung dürfte zunächst der Situation des Deutschunterrichts in Großbritannien gelten, obwohl dies nur ein relativ knappes Kapitel des Buches ist, während die anderen Sprachen wesentlich ausführlicher dargestellt werden. Die anderen Teile des Buches sollen hier dann noch dahingehend untersucht und dargestellt werden, ob sie jenseits von länder- oder sprachspezifischen Dingen auch weitergehende Erkenntnisse von Bedeutung vermitteln können.

Der Blick auf die Situation von Deutsch als Fremdsprache im Vereinigten Königreich, den das Buch ermöglicht, ist ernüchternd. Nach Irland ist dies das Land mit den geringsten Kenntnissen an Fremdsprachen in der Bevölkerung. Die Meinung, dass alle Menschen auf der Welt Englisch sprechen, es für englische Muttersprachler also nicht notwendig ist, eine andere Sprache zu lernen, ist nur ein Grund für diesen Umstand. Es fehlt allen vier Teilen des Vereinigten Königreichs an einer klaren Strategie zum Erlernen von Fremdsprachen in Schulen, genauso wie die Förderung des Fremdsprachenunterrichts durch die Regierungen der einzelnen Landesteile im besten Falle unzureichend bis hin zu praktisch nicht vorhanden ist. Die Schulpolitik wird in jedem der vier Landesteile von der jeweiligen Regierung des Landesteils gestaltet. Schottland schneidet dabei noch am relativ besten ab, hier stellt die Regierung verhältnismäßig viele Mittel vor allem auch in Form von Materialien zur Verfügung und hat eine relativ klare Vorgabe für die Gestaltung des Unterrichts ausgearbeitet. Die anderen drei Landesteile stehen dagegen in allen Bereichen sehr viel schlechter dar. Es gibt nur sehr vage Zielvorgaben für den Fremdsprachenunterricht, wenn es um die Kompetenzen geht, die dieser vermitteln soll, und weder die Lösungen bezüglich der Ausstattung des Unterrichts noch der Qualifikation der Lehrkräfte lassen irgendeine dementsprechende Systematik erkennen. Entsprechend ist es für Schüler in britischen Grundschulen möglich diese zu durchlaufen, ohne in nennenswertem Umfang mit einer Fremdsprache in Kontakt zu kommen, was in eindeutigem Widerspruch zu den erklärten offiziellen Zielen steht.

Wenn man diese generellen Feststellungen sieht, dann fällt es nicht schwer sich vorzustellen, wie gering die Bedeutung von Deutsch als Fremdsprache ist, das traditionell nach Französisch (74 Prozent) und seit der jüngeren Vergangenheit auch nach Spanisch (22 Prozent) weit abgeschlagen im einstelligen Prozentbereich (4 Prozent) nur noch an dritter Stelle in der Zahl der Fremdsprachenlerner steht. Der große Aufsteiger in der Vermittlung von Fremdsprachen im Vereinigten Königreich ist Chinesisch, das mit den Konfuzius-Instituten über eine große Zahl von eigenen Standorten verfügt und in Schulen und Universitäten den Unterricht auch personell unterstützen kann, mit Mitteln ausgestattet, die keines der europäischen Kulturinstitute auch nur annähernd erreicht. Chinesisch als Fremdsprache verfügt damit nicht nur über die entsprechende Infrastruktur und Materialien, sondern auch über ein entsprechend gestaltetes umfassendes Unterrichtsangebot, das die Sprache attraktiv für Lernende macht.

Der Beitrag zur Lage von DaF in Großbritannien beschreibt nicht speziell die Situation der frühen Sprachvermittlung, sondern führt Klage über ein allgemein unzureichendes Umfeld für die Fremdsprachenvermittlung. In dieser Beschreibung wird jedoch die gute Situation von Chinesisch als Fremdsprache als Kontrast hervorgehoben, weshalb hier nun ein Blick in die Beiträge zu diesem Unterrichtsfach erfolgen soll, um -- neben einer guten finanziellen Ausstattung -- mögliche fördernde Bedingungen des frühen Fremdsprachenlehrens zu erkunden.

Die Situation von Chinesisch wird in Australien und Neuseeland untersucht, die in der jüngeren Vergangenheit besonders von chinesischsprachigen Einwanderern beeinflusst werden. So ist Chinesisch dort zu einer Sprache geworden, die im Alltagsleben anzutreffen ist. Doch nachdem dieser Abschnitt des Buches noch vielversprechend mit einigen grundlegenden Bemerkungen zum Thema früher Spracherwerb begonnen hat, die um die als Mythos bezeichnete Formel Je jünger, desto besser kreisen, wird das Thema danach nicht weiterverfolgt. So wird darauf hingewiesen, dass mit der Einwanderungssituation für den Staat durchaus erkennbar ist, dass Chinesisch eine wichtige Fremdsprache für das Land geworden ist, dass aber in Australien Japanisch ebenfalls eine hohe Bedeutung als asiatische Sprache hat, während in Neuseeland die Sprache der Maori-Ureinwohner eine besondere staatliche Förderung erhält. So geht es auch in diesem Abschnitt überwiegend um eine inkonsequente Umsetzung der Ziele, die sich die Regierungen selbst in der Verbreitung und Verbesserung früher Fremdsprachenkenntnisse setzen.

Südamerika ist ein anderer Abschnitt zu Chinesisch als Fremdsprache im Buch vorbehalten. In Chile hat Chinesisch sowohl durch Einwanderer wie auch aufgrund wirtschaftlicher Beziehungen zur Volksrepublik China die Aufmerksamkeit der Regierung bekommen. In Argentinien und Paraguay wird der Chinesischunterricht hingegen besonders von den Einwanderern selbst vorangetrieben und orientiert sich vor allem in Paraguay, der Herkunft dieser Menschen entsprechend, an Taiwan und wird von dort auch unterstützt. In den südamerikanischen Ländern erhalten, ähnlich wie in Neuseeland, die Sprachen der Ureinwohner zunehmend Bedeutung im Sprachunterricht.

Während Chinesisch sich, von der Volksrepublik China unterstützt und von Migranten mitgebracht, in immer mehr Ländern der Welt als Fremdsprache findet, ist Englisch die unumstritten wichtigste Fremdsprache in der Welt und z. B. für die australische Regierung der Schlüssel zur Herausbildung einer nationalen Identität und Einheit in dem multikulturellen Land. Englisch ist deshalb auch ein großer Teil der Untersuchung vorbehalten. Dabei wird am Beispiel Japans auch deutlich gemacht, dass die Erwartungen an Englisch als Fremdsprache schon für Kinder sehr stark von den Eltern getrieben werden. Japan hat sich dabei aber erst relativ spät entschlossen, Englisch im Sprachunterricht größere Bedeutung beizumessen und es im Grundschulbereich einzuführen. Nach einer ersten Zeit der Freiheit in der Gestaltung des Unterrichts für Kinder, mit der Möglichkeit, sich an den jeweiligen Lernergruppen zu orientieren und den Gebrauch in den Vordergrund zu stellen, wurde das Curriculum 2011 vereinheitlicht und führt Englisch nun von der Grundschule bis zum Schulabschluss als leistungsorientiertes Fach. Dies fügt sich in ein Schulsystem ein, das Prüfungen und Noten als Ausweis von Kompetenzen begreift. Aber es wird dazu auch kritisch angemerkt, dass der japanische Staat zwar sehr viel Wert darauf legt, Englisch als entscheidend für eine international offene Gesellschaft zu betrachten, dass die konkrete Rolle, die die Sprache in einer fast ausschließlich japanischen Kultur und Gesellschaft spielt, jedoch deutlich überschätzt wird. Durch die zentralisierte Form, in der Englisch nun aber im Schulunterricht organisiert ist, wird, so ist die Schlussfolgerung dieses Abschnitts, das Potenzial, dass sich in einer lokalen Ausgestaltung bot, ignoriert und das Ziel des Sprachunterrichts damit letztendlich zerstört.

Ohne hier nun noch die weiteren Beispiele zum Englischunterricht zu untersuchen und auch ohne auf Arabisch als Fremdsprache einzugehen, kann nun aber problemlos ein Fazit zu diesem Buch gezogen werden. Dazu kann gesagt werden, dass, auch wenn hier sehr unterschiedliche Länder mit sehr unterschiedlichen Bedingungen des Fremdsprachenlernens vorgestellt werden, das alles verbindende Ergebnis ist, dass Fremdsprachen ein Spielball der Politik sind. Die Politik richtet sich dabei nicht nach den Bedürfnissen der Lehrenden oder der Lernenden. Es ist der Verdienst dieses Buches, dies, nicht politisch aufgeladen, sondern auf einer akademisch soliden Basis aufbauend, herauszustellen. Es ist damit als Argumentationshilfe für Entscheider hilfreich und mag auch Ansätze zur weiteren Forschung liefern, für den Alltag einer Lehrkraft bietet es jedoch keine verwertbaren Erkenntnisse.

By Gunnar Klatt

Reported by Author

Titel:
Zein, Subhan; Coady, Maria R. (Hrsg.): Early Language Policy in the 21st Century. An International Perspective. Cham: Springer Nature Switzerland, 2021. -- ISBN 978-3-030-76250-6. 331 Seiten, € 149,79.
Autor/in / Beteiligte Person: Klatt, Gunnar
Link:
Zeitschrift: Info DaF: Informationen Deutsch als Fremdsprache, Jg. 50 (2023-04-01), Heft 2/3, S. 301-304
Veröffentlichung: 2023
Medientyp: review
ISSN: 0724-9616 (print)
DOI: 10.1515/infodaf-2023-0059
Schlagwort:
  • EARLY Language Policy in the 21st Century: An International Perspective (Book)
  • ZEIN, Subhan
  • LANGUAGE policy
  • TWENTY-first century
  • NONFICTION
  • Subjects: EARLY Language Policy in the 21st Century: An International Perspective (Book) ZEIN, Subhan LANGUAGE policy TWENTY-first century NONFICTION
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Alternate Title: Early Language Policy in the 21st Century. An International Perspective.
  • Language: German
  • Document Type: Book Review
  • Author Affiliations: 1 = Qingdao, / VR China China

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