Manfred Treml, Geschichte des modernen Bayern. Königreich und Freistaat. 2021 Verlag Friedrich Pustet Regensburg, 978-3-7917-3280-0, € 39,95
Den Titel „Geschichte des modernen Bayern" hat die Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit bereits in mehreren Auflagen angeboten. Im Zentrum stand dabei jeweils die politische Geschichte Bayerns von 1800 bis zur Gegenwart. Viele Studierendengenerationen haben den Band als Einstiegslektüre verwendet und für die Examensvorbereitung herangezogen. Im Jahr 2021 ist das von Manfred Treml herausgegebene Werk nun noch einmal in einer vollständig neu bearbeiteten Auflage erschienen. Bei dem hier besprochenen Werk handelt es sich um die mehr als 700 Seiten umfassende Lizenzausgabe für den deutschen Buchhandel, die im Pustet-Verlag erschienen ist. Das Buch selbst ist es zweifellos wert, in aktualisierter Form neu aufgelegt zu werden. Während es sich bei den früheren Auflagen um ein Studienbuch für den raschen Zugriff auf verschiedene Themen der bayerischen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts handelte, kann man der Neuauflage inzwischen einen handbuchartigen Charakter zusprechen.
Für die Neuauflage konnte das bisherige Autorenteam um Manfred Treml, Peter Jakob Kock, Franz Menges (†) und Wolf Volker Weigand mit Matthias Bischel und Daniel Rittenauer zwei neue Autoren verpflichten, die sich mit breit rezipierten Monografien zur bayerischen Geschichte in der Weimarer Republik bzw. in der NS-Zeit einen Namen gemacht haben.
Der vorliegende Band gliedert sich in vier etwa gleich große Teile. Dadurch, dass sie unterschiedlich lange Zeiträume behandeln, nimmt das 20. Jahrhundert allerdings den weitaus größten Teil der Darstellung ein. Teil I umfasst das Königreich Bayern und damit den Zeitraum von der Konstituierung des Königreichs 1806 bis zur Auflösung der Monarchie im Jahr 1918. Mit einigen Rückgriffen auf das Gedankengut der Aufklärung in Bayern und auf die Französische Revolution schafft dieser erste Teil zunächst Grundlagen für das, was unter dem Begriff des „modernen" oder „neuen" Bayern zu verstehen ist. Überblicksartig werden auf wenigen Seiten zunächst Bayerns Rolle in den Napoleonischen Kriegen und die territorialen Entwicklungen zwischen 1803 und 1816 dargestellt. Es zeichnet das Buch aus, dass auch in späteren Kapiteln die territorialen Grundlagen und ihre Veränderungen (z. B. Pfalz, Coburg) immer wieder thematisiert werden; besonders betrifft das die Frage der Rheinpfalz.
Im Vergleich zu den vorherigen Auflagen ist Teil I kaum verändert worden. Auf das Wesentliche konzentriert und mit Mut zu langen Linien erhält er dadurch die Funktion einer „Einführung". Vertiefende Einblicke bieten vor allem die Kapitel zum Frühliberalismus und zur ‚Parteienlandschaft' in den 1840er Jahren. Die wenigen auffälligen Änderungen schließen an diese Akzentsetzungen an. So greift beispielsweise eine Doppelseite das Phänomen der „Wahlkreisgeometrie" auf (S. 128 f.). Hinter dem Begriff verbirgt sich nichts anderes als die Beeinflussung von Wahlen durch den bewussten Zuschnitt der Wahlkreise. Auch die Teile II bis IV zeichnen sich dadurch aus, dass sie stets Demokratisierungsprozesse herausarbeiten. In besonderer Weise betrifft dieses Anliegen Teil II „Bayern in der Weimarer Republik", dessen gesamte Struktur so angelegt ist, dass die Geschichte des Freistaates Bayern zwischen 1918 und 1933 nicht zur bloßen Vorgeschichte des „Dritten Reiches" wird, die sich in politischer Radikalisierung und Krisennarrativen erschöpft. Stattdessen wird herausgearbeitet, wie in der Zwischenkriegszeit eine erste demokratische Verfassungsordnung in Bayern etabliert werden konnte, welche Diskussionen um eine föderalistische oder zentralistische Reichsreform geführt wurden oder welche politische Sprengkraft Schulreformen hatten. Während in Teil III das „Gesetz zum Neuaufbau des Reichs" (1934) den Moment markiert, in dem Bayern seine verbliebene Souveränität verliert, legt der vierte und letzte Teil ab 1945 nicht das Augenmerk auf den Struktur- und Wirtschaftswandel, sondern setzt sozusagen wieder an den parlamentarischen Strukturen der Zwischenkriegszeit und an einzelnen politischen Akteuren der Weimarer Zeit an.
Der Band bietet eine dichte Zusammenschau der bayerischen Geschichte vom 19. Jahrhundert bis ins frühe 21. Jahrhundert. Er überzeugt durch eine stringente Gliederung, die es dem Leser zugleich ermöglicht, auch nur einzelne Kapitel herauszugreifen. Ergänzt wird die Darstellung durch Schemata, Statistiken und farbige Infografiken sowie einen umfangreichen Quellenanhang, der auf der Website des Verlags online zum Download zur Verfügung steht. Während der Teil zum Königreich Bayern mitunter etwas unausgewogen wirkt, überzeugen die drei anderen Kapitel durch ihren konzisen Aufbau und klare Sprache. Der Band eignet sich als Pflichtlektüre sowohl für bayerische Geschichtslehrer als auch für Geschichtsstudierende in Bayern – und darüber hinaus.
By Britta Kägler
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