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Eisschwimmen.

Weiss, Katja ; Nikolaidis, Pantelis T. ; et al.
In: Praxis (16618157), Jg. 112 (2023-04-15), Heft 5/6, S. 348-356
Online academicJournal

Eisschwimmen  Ice Swimming  La tendance de la nage en eau glacée 

Zusammenfassung: Noch vor wenigen Jahren konnte sich niemand vorstellen, dass sich Eisschwimmen zu einem Wettkampfsport entwickeln könnte. Früher wurden Menschen, die in eiskaltem Wasser geschwommen sind, als Verrückte bezeichnet und im günstigen Fall als wissenschaftliche Objekte untersucht. Heute gibt es mittlerweile offizielle Wettkämpfe für das Eis- bzw. Winterschwimmen über verschiedene kürzere Strecken (50m, 100m, 200m, 1000m) und Disziplinen (Freistil, Brustschwimmen, Rückenschwimmen, Delfin). Dabei werden auch Landesmeisterschaften bis hin zu Kontinental- und Weltmeisterschaften ausgetragen. Regelmässig werden neue Rekorde aufgestellt. In dieser Übersicht stellen wir die geschichtliche Entwicklung des Eisschwimmens bis hin zum Wettkampfsport zusammen und weisen auf die Risiken in dieser neuen Sportdisziplin hin.

Abstract: Just a few years ago, no one could imagine that ice swimming could evolve into a competitive sport. In the past, people swimming in ice-cold water were called madmen and, at best, were studied as scientific objects. Today regular competitions in ice swimming over different distances (ice mile, ice km, and shorter distances such as 50m, 100m, and 200m), and different disciplines are organized (freestyle, breaststroke, backstroke, butterfly). National championships, as well as continental and world championships, are also held, with new records set regularly. In this overview, we summarize the historical development of ice swimming up to a competitive sport and explore the risks in this nascent sports discipline.

Résumé: Il y a quelques années à peine, personne n'aurait pu imaginer que la natation en eau glacée pourrait devenir un sport de compétition. Dans le passé, les personnes qui nageaient dans l'eau glacée étaient appelées des fous et, dans le meilleur des cas, étaient étudiées comme des objets scientifiques. Aujourd'hui, il y a des compétitions officielles pour la natation en eau glacée voire la natation hivernale en différentes distances (50m, 100m, 200m, 1000m) et disciplines (nage libre, brasse, dos crawlé, dauphin). Des championnats nationaux ainsi que des championnats continentaux et mondiaux sont également organisés. De nouveaux records sont établis régulièrement. Dans cet aperçu, nous résumons l'évolution historique de la natation en eau glacée jusqu'au sport de compétition et soulignons les risques dans cette nouvelle discipline sportive.

Keywords: Wassersport; Extremsituationen; Eisschwimmen; Unterkühlung; Risiko; Water sports; extreme situations; ice swimming; hypothermia; risk; Sports nautiques; situations extrêmes; natation en eau glacée; hypothermie; risque

Im Artikel verwendete Abkürzungen

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Einführung

Kaltwasserschwimmen, auch als Überbegriff für Winterschwimmen und Eisschwimmen verwendet, ist das Schwimmen in freien Gewässern in kaltem (<15 °C) Wasser [[1]], wobei sich das Winterschwimmen auf die Winterzeit begrenzt und das Eisschwimmen explizit das Brechen des Eises erfordert, um dann beispielsweise über Leitern oder einen Steg in das zugefrorene Wasser zu steigen. Als solches kann es in den Ländern des nördlichen Polargebiets [z.B. Vereinigte Staaten (mit Alaska), Kanada, Dänemark (mit Grönland), Island, Norwegen, Schweden, Finnland und Russland], wo grosse Wasserflächen permanent von Eis bedeckt sind, zu jeder Jahreszeit praktiziert werden. Diese spezielle Form von Ausdauersport erfreut sich auch in anderen Ländern zunehmender Beliebtheit.

Definition von kaltem Wasser

Es gibt keine strikte Definition von «kaltem» Wasser für das Kaltwasser- bzw. das Eisschwimmen. Beim Eintauchen in Wasser mit einer Temperatur zwischen 0 °C und 15 °C können plötzliches Lufteinziehen, Hyperventilation, Tachykardie, periphere Vasokonstriktion und Hypertension beobachtet werden [[2]]. Das Muster und Ausmass dieser Reaktionen beim Eintauchen in Wasser mit 0 °C ist ähnlich wie das in Wasser von 5–15 °C beobachtet werden [[3]]. In Anbetracht der Tatsache, dass diese gefährlichen Reaktionen auf kaltes Wasser beim Eintauchen zwischen 10 °C und 15 °C ihren Höhepunkt zu erreichen scheinen, ist es vernünftig zu sagen, dass «kaltes» Wasser als Wasser mit einer Temperatur von <15 °C definiert werden kann [[1]]. Die thermoneutrale Wassertemperatur für eine ruhende unbekleidete Person beträgt jedoch ~35 °C [[4]], sodass es möglich ist, dass Personen mit der Zeit beim Eintauchen in Wasser unterhalb dieser Temperatur ein Absinken der Körperkerntemperatur erleiden. Die entsprechende Temperatur für trainierende Langstreckenschwimmerinnen und -schwimmer beträgt ~25 °C [[4]].

Winterschwimmen

In einigen nördlich gelegenen Ländern wie Finnland, Polen, Russland, Norwegen, Schweden, Dänemark, Estland, Litauen, Tschechien oder Lettland wird das Kaltwasserschwimmen im Sinn eines Winterschwimmens regelmässig praktiziert. In Osteuropa und Russland ist das Winterschwimmen ein Teil der Feierlichkeiten zum Dreikönigstag. Hier sind jeweils nur Einzelpersonen oder kleinere Gruppen im Wasser. Als klassisches Winterschwimmen kann man auch Veranstaltungen im Winter bezeichnen, bei denen grössere Gruppen über eine kurze Strecke im kalten Wasser schwimmen. In der Schweiz sind seit 1934 das Weihnachtsschwimmen «Coupe de Noël» in Genf über rund 120m im Genfersee [[5]] und seit 1999 das «Samichlausschwimmen» in Zürich über rund 111m in der Limmat [[6]] die bekanntesten Winterschwimmen.

Die Anfänge des Eisschwimmens

Eisschwimmen ist eine spezielle Form des Kaltwasser- bzw. Winterschwimmens. In der Regel wird das Eisschwimmen in einer Umgebung durchgeführt, in der unabhängig von der Jahreszeit eisige Temperaturen herrschen, wie etwa am Nord- oder Südpol. Eisschwimmen wird spezifisch durch Extremsportler_innen betrieben, wobei die US-Amerikanerin Lynne Cox [[7]] und der Brite Lewis Gordon Pugh [[8]] zu den ersten, bekanntesten und extremsten Eisschwimmer_innen der Welt gezählt werden.

Die Pionier_innen Lynne Cox und Lewis Gordon Pugh

Die Amerikanerin Lynne Cox durchquerte 1987 die Beringstrasse von der zu Alaska gehörenden Insel Little Diomede zur Insel Big Diomede (damals Sowjetunion, heute Russland) bei einer Wassertemperatur von rund 4 °C. Im Jahr 2002 schwamm sie während rund 25min im Wasser der Antarktis und legte dabei rund 1,7km zurück [[7]].

Der Brite Lewis Gordon Pugh unternahm im Juli 2007 den ersten Versuch, möglichst dicht am geografischen Nordpol eine längere Strecke im Eiswasser zu schwimmen [[9]]. Es gelang ihm, am Nordpol in einer offenen Stelle im Eis während 18:50min:s eine Strecke von 1km in –1,7 °C kaltem Wasser zu schwimmen. Im Januar 2020 ist Pugh als erster Mensch unter dem antarktischen Eisschild hindurch geschwommen und hat als erster Mensch eine Langstrecke in allen Ozeanen absolviert [[10]].

Verlauf der Körperkerntemperatur während des Eisschwimmens

Bei beiden Weltrekordversuchen von Lewis Gordon Pugh war der südafrikanische Sportwissenschaftler Timothy David Noakes von der Universität Kapstadt anwesend. Seine Untersuchungen ergaben, dass Pughs Fähigkeit, seine Körpertemperatur um 2 °C anzuheben, es ihm ermöglicht, in Gewässern dieser Kälte zu überleben. Seine fachspezifische Bezeichnung dafür, die «anticipatory thermo-genesis», ist ein Vorgang, der bis dahin noch bei keinem anderen Menschen registriert wurde [[11]].

Vor Kurzem konnte dieser Anstieg der Körperkerntemperatur beim Eintauchen in eiskaltes Wasser aber auch beim deutschen Eisschwimmer Bruno «Orca» Dobelmann mehrfach bestätigt werden. Sowohl während der vielen dokumentierten Trainingseinheiten [[12]] wie auch unter Wettkampfbedingungen [[12]] kam es unmittelbar nach dem Start des Schwimmens in eiskaltem Wasser zu einem Anstieg der Körperkerntemperatur.

Bruno Dobelmann hat als erster Eisschwimmer der Welt das Experiment gewagt, nach einer begrenzten Erholung mehrere Eismeilen hintereinander n zu schwimmen. Als Beispiel dokumentieren wir den Verlauf der Körperkerntemperatur (Abb. 1) bei einer Eismeile. Bei der 3. Eismeile (eine Meile in Wasser von unter 5 °C) war beim Einstig ins Wasser um 13:12 Uhr die Körperkerntemperatur bei 37,95 °C. Nach 3 Minuten (13:15 Uhr) stieg die Körperkerntemperatur um 0,13 °C an (38,08 °C). Beim Ausstieg aus dem Wasser (13:55 Uhr) war die Körpertemperatur 36,33 °C und sank weiterhin (14:07–14:30 Uhr) bis zu 35,52 °C (afterdrop). Bis 15:51 Uhr stieg die Körpertemperatur wieder auf 37,00 °C.

Graph: Abbildung 1 Afterdrop bei Schwimmen in 4,8 °C kalten Wasser (mit Genehmigung von B. Dobelmann).

Im Rahmen von wiederholten Eis meilen konnte dieser Anstieg der Körperkerntemperatur beim Eintauchen in eiskaltes Wasser im Bereich von Bruchteilen von Graden beobachtet werden und nicht 2 °C wie bei Lewis Gordon Pugh. Abbildung 2 stellt die Auswertung von Dutzenden von Trainings- und Wettkampfmessungen der Körperkerntemperatur von Bruno «Orca» Dobelmann zusammen. Ausgewertet wurden die Körperkerntemperatur beim Start, der höchste Wert während des Schwimmens (anticipatory thermo-genesis), der Wert beim Ausstieg aus dem Wasser und der tiefste Wert in der Erholungsphase (afterdrop). Die Temperaturen am Start (37,7 ± 0,3 °C), zum Zeitpunkt des höchsten Werts (38,0 ± 0,2 °C), am Ausstieg aus dem Wasser (37,3 ± 0,7 °C) und am tiefsten Punkt nach dem Ausstieg aus dem Wasser (36,2 ± 0,8 °C) waren untereinander immer signifikant unterschiedlich. Die höchste Temperatur wurde 25,0 ± 21,6min nach dem Start beobachtet, während die niedrigste Temperatur 62,6 ± 35,9min nach dem Verlassen des Wassers angezeigt wurde.

Graph: Abbildung 2 Die Temperatur zu verschiedenen Zeitpunkten (links) und Zeit bis zum Erreichen der höchsten und niedrigsten Temperaturen (rechts). Der höchste Wert (highest) bezieht sich auf die höchste während des Schwimmens beobachtete Temperatur, während sich der tiefste Wert (lowest) auf die niedrigste Temperatur nach dem Verlassen des Wassers bezieht. Alle Messwerte wurden von Bruno Dobelmann zur Verfügung gestellt.* Alle Zeitpunkte unterscheiden sich voneinander bei p <0,05.

Allerdings dürfte es bei solchen Messungen auf die Art der Thermosonde (Sensitivität) sowie die Lokalisation der Sonde (Magen, Rektum) ankommen. Ebenfalls dürften die Wassertemperatur und die Länge des Aufenthalts im Wasser diese Werte deutlich beeinflussen. Die sog. «anticipatory thermo-genesis» dürfte somit bei einem trainierten Eisschwimmer eine normale physiologische Reaktion auf das Eintauchen in das eiskalte Wasser sein [[12]].

Nach dem Eisschwimmen kommt es aufgrund des «afterdrop» zu einem sog. Kältezittern. Um diese Phase problemlos zu überstehen, packt sich Bruno Dobelmann in dicke Kleider ein, bedeckt Kopf und Hände und hüllt sich zusätzlich noch in eine Alufolie ein. So kommt er wieder innerhalb nützlicher Frist auf die übliche Körperkerntemperatur.

Die neue Dimension von Bárbara Hernández

Mittlerweile geht Eisschwimmen in eine neue Dimension. Immer wieder nehmen sich Extremschwimmerinnen und -schwimmer Schwimmstrecken in der Antarktis vor. Die Chilenin Bárbara Hernández hat am 6. Februar 2023 in der Antarktis einen neuen Rekord aufgestellt. Die 37-Jährige schwamm in der Bucht von Greenwich Island eine Strecke von 2,5km in einer Zeit von 45:50min:s bei einer Wassertemperatur von 2,2 °C. Bárbara Hernández ist eine erfahrene Eisschwimmerin mit mehreren Goldmedaillen an der WM im Winterschwimmen [[14]]. Somit brach sie den bisherigen Rekord für das längste Schwimmen in der Antarktis, der 2015 von der Inderin Bhakti Sharma aufgestellt worden war [[15]]. 2015 schwamm Sharma 2,25km in 41:14min:s bei einer Wassertemperatur von 1 °C und brach damit den Rekord von Lynne Cox und Lewis Pugh [[16]].

Eisschwimmen als Wettkampf

Seit 2009 gibt es offizielle Wettkämpfe im Eissschwimmen [[17]]. Die International Ice Swimming Association (IISA) [[18]] wurde 2009 gegründet. Der Gründer Ram Barkai war zuvor am 31. Januar 2009 in Zürich, begleitet von einem Boot, 1,43 Meilen (2,3km) in 43:00min:s bei 4 °C Wassertemperatur geschwommen [[19]]. Dieses Schwimmen war der Beginn der sog. Eismeilen (Ice Miles).

Die Eismeile „Ice Mile" (1608m) wird in Wasser von maximal 5 °C mit Schwimmbrille, Schwimmkappe und Badekleidung geschwommen [[13]]. Im Jahr 2014 wurde neben der Eismeile die 1-km-Distanz eingeführt [[17]]. Eisschwimmer_innen legen offizielle Eismeilen im Alleingang zurück [[18]], wobei die Temperaturen von Wasser und Luft durch eine Begleitperson offiziell gemessen und erhoben werden müssen [[13]]. Alle Daten werden dann an die IISA übermittelt, und nach Überprüfung bekommen die Schwimmer_innen ein offizielles Diplom.

Es gibt mittlerweile auch offizielle Wettbewerbe für das Eis- bzw. Winterschwimmen über verschiedene kürzere Strecken (50m, 100m, 200m, 1000m) und Disziplinen (Freistil, Brustschwimmen, Rückenschwimmen, Delfin). Dabei werden auch Landesmeisterschaften [[20]] bis hin zu Kontinental- und Weltmeisterschaften ausgetragen [[21]]. Offizielle Winterschwimmer_innen schwimmen nicht mit Neoprenanzügen oder anderem Wärmeschutz, sondern nur mit der Standard-Schwimmkleidung, wie oben erwähnt.

Ausser den offiziellen Eis- und Winterschwimmen gibt es in Nordamerika und Westeuropa an vielen Orten sog. Eisbärentauchen (polar bear plunge), um Neujahr zu feiern, obwohl von den Teilnehmenden nicht erwartet wird, dass sie schwimmen, und in der Regel tun die meisten das auch nicht [[22]].

Internationale Eis- und Winterschwimmwettkämpfe finden auf der ganzen Welt statt, wobei zwei der grösseren Organisationsgremien die IISA (International Ice Swimming Association) [[18]] und die IWSA (International Winter Swimming Association) sind [[21]]. Beide Organisationen haben ähnliche Wettbewerbsrichtlinien, einschliesslich Wassertemperaturen von unter 5 °C, einem 25-Meter-Becken, das oft aus gefrorenen Gewässern herausgeschnitten wird, und Schwimmern, deren Ausrüstung auf Schwimmbrillen, einen normalen Badeanzug und eine Latex- oder Silikonkappe beschränkt ist. Das Tragen eines Neoprenanzugs ist nicht zulässig. Erstaunlicherweise korreliert bei dieser Form von Wettkampfschwimmen die Wassertemperatur weder für Männer noch für Frauen mit der Wettkampfzeit [[17]].

Gesundheitliche Risiken des Eisschwimmens

Beim Schwimmen gilt es, kardiale und pulmonale Risiken zu kennen, die aufgrund der Kälte auftreten [[23]]. In der Vergangenheit wurde die mit Kaltwasserschwimmen verbundene Bedrohung in Form einer Unterkühlung oder einer Absenkung der Körpertemperatur unter 35 °C gesehen. Dieser Glaube wurde mit der Titanic-Katastrophe begründet [[24]] und durch Daten gestützt, die während der Seekonflikte des Zweiten Weltkriegs und der Hypothermie-Experimente der Nationalsozialisten gesammelt wurden [[25]]. In jüngerer Zeit wiesen jedoch zahlreiche statistische, anekdotische und experimentelle Belege auf andere Todesursachen beim Eintauchen hin. Vier Stufen des Eintauchens werden mit besonderen Risiken verbunden [[26]] (Tabelle 1). Die Dauer dieser Phasen und das Ausmass der dabei hervorgerufenen Reaktionen variieren erheblich, abhängig von mehreren Faktoren, darunter nicht zuletzt der Wassertemperatur.

Graph

Tabelle 1 Die Stufen des Eintauchens in kaltes Wasser

Erste 3min Anfängliches Eintauchen Hautkühlung
Ab 3min Kurzzeitiges Eintauchen Oberflächliche neuromuskuläre Abkühlung
Ab 30min Tiefe Gewebekühlung Unterkühlung
Im Verlauf Zusammenbruch

Pathophysiologie der Abkühlung im kalten Wasser

Nicht geübte Eisschwimmer_innen können in Eiswasser nur einige Minuten überleben. Schon in den ersten Sekunden zieht sich die Lunge zusammen und der Mensch fängt an zu hyperventilieren [[27]]. Dabei schiessen Herzfrequenz und Blutdruck mit einem Schlag in die Höhe [[28]].

Der Kältedrucktest ist ein einfacher und validierter Test, bei dem die Testperson eine Hand oder einen Fuss für 1–3 Minuten in Eiswasser taucht, während der Blutdruck und die Herzfrequenz überwacht werden [[30]]. Er wurde von Edgar A. Hines, Jr. (1906–1978), einem Arzt in der medizinischen Abteilung der Mayo Clinic Rochester, als Instrument zur Untersuchung der Blutdruckvariabilität entwickelt [[31]]. Hines wollte herausfinden, ob das Auftragen von kaltem Wasser auf die Haut einen Einfluss auf die Blutdruckvariabilität hat [[31]]. Er begann mit einer Hand, die er bis knapp über das Handgelenk in 15 °C kaltes Wasser tauchte, und stellte keine Veränderung des Blutdrucks fest. Bei kälterem Wasser (4–5 °C) beobachtete er einen durchschnittlichen Anstieg von 36,7mmHg bei 49 Proband_innen mit arterieller Hypertonie (deren systolischer Ausgangsblutdruck war mindestens 140mmHg) und einen Anstieg von 29,3mmHg bei 18 Proband_innen mit normalem Ausgangsblutdruck und ohne Vorgeschichte von arterieller Hypertonie [[31]]. Die Wirkung des kalten Wassers auf die Herzfrequenz war in beiden Gruppen recht gering (+3 bis 5 Schläge pro Minute) [[32]]. Der Kältereiz aktiviert die afferenten sensorischen Bahnen, die wiederum eine sympathische Reaktion auslösen, die zu einem Anstieg des Blutdrucks führt [[30]].

Das Schwimmen im Winter kann für Menschen gefährlich sein, die es nicht gewohnt sind, in sehr kaltem Wasser zu schwimmen. Untrainierten kann nicht empfohlen werden, mitten im Winter ins kalte Wasser zu steigen. Damit es zu keinen gesundheitlichen Problemen kommt, muss eine Person, die in eiskaltem Wasser schwimmen will, regelmässig und mit zunehmender Frequenz sowie immer tieferer Temperatur den Körper an die Kälte anpassen [[33]]. Erfahrene Winter- und Eisschwimmer_innen werden durch Konditionierung widerstandsfähiger gegen die Kälteschockreaktion. Manche gehen beim Training mit einer Rettungsboje ins Wasser. In dieser Boje ist ein Handy wasserdicht verpackt, sodass im Notfall Hilfe angefordert werden kann.

Über die minimalen Änderungsraten der Temperatur an den Kälterezeptoren – die erforderlich sind, um einen Kälteschock zu verursachen – ist relativ wenig bekannt. Es wurde berichtet, dass die Reaktion in 25 °C warmem Wasser einsetzt, bei dieser Temperatur jedoch leicht bewusst unterdrückt werden kann. Unter Laborbedingungen erreicht die Frequenz der Atmung als Hinweis auf einen Atemantrieb beim Eintauchen in eine Wassertemperatur von 10–15 °C einen Spitzenwert und ist beim Eintauchen in Wasser bei 5 °C nicht höher [[1]].

Die Probleme, die beim kurzfristigen Eintauchen auftreten, hängen in erster Linie mit der durch neuromuskuläre Abkühlung verursachten körperlichen Beeinträchtigung zusammen [[34]]. Die Arme sind aufgrund ihres hohen Verhältnisses von Oberfläche zu Masse besonders anfällig. Niedrige Muskeltemperaturen beeinflussen chemische und physikalische Prozesse auf zellulärer Ebene. Dies umfasst speziell die Freisetzung und Diffusion von Kalzium und Acetylcholin [[35]]. Die Muskelkraft hängt von der Muskeltemperatur ab, wobei die Abnahme der Muskeltemperatur von 4 bis 6 % pro °C bis auf 30 °C reicht [[36]]. Bei Nerventemperaturen unter ~20 °C wird die Nervenleitung verlangsamt und die Amplitude des Aktionspotenzials verringert [[37]]. Eine Nervenblockade kann auftreten, wenn der Mensch 1–15min lang einer Temperatur zwischen 5 und 15 °C ausgesetzt wird. Dies kann zu einer Funktionsstörung führen, die einer peripheren Lähmung gleichkommt und wiederum zum Ertrinken führen, da die Atemwege nicht vom Wasser ferngehalten werden können [[38]].

Es besteht eine grosse Variabilität zwischen der tiefen Körperkerntemperatur und den Anzeichen und Symptomen einer Unterkühlung. Obwohl die mit dem Tod verbundene tiefe Körperkerntemperatur häufig mit ~25 °C angegeben wird, betrug die niedrigste Körperkerntemperatur, die nach versehentlichem Kontakt mit Kälte (Luft) und vollständiger Genesung bis heute gemessen wurde, 12 °C bei einem zweijährigen Kind [[40]]. Der kälteste erwachsene Überlebende von Kaltwasserschwimmen hatte eine Körperkerntemperatur von 13,7 °C [[41]]. Die fortschreitenden Anzeichen und Symptome je nach Körperkerntemperatur sind in Tabelle 2 zusammengestellt [[42]]. Der Grund, dass sich Wasser kälter anfühlt als Luft liegt darin, dass Wasser der bessere Wärmeleiter von beiden ist. Beim Sprung ins 15 °C kalte Wasser entweicht die Wärme viel leichter aus dem Körper als bei einer Lufttemperatur vom 15 °C. Weil das Wasser dem Körper mehr und schneller Wärme entzieht, fühlt es sich kälter an.

Graph

Tabelle 2 Symptome beim Eintauchen in kaltes Wasser nach Körperkerntemperatur

36 °C Zittern
35 °C Verwirrung, Desorientierung, Introversion
34 °C Amnesie
33 °C Herzrhythmusstörungen
33–30 °C Bewusstseinstrübung
30 °C Bewusstlosigkeit
28 °C Kammerflimmern
25 °C Tod

Das Problem der Hypothermie im kalten Wasser

Das grosse Problem von Kaltwasserschwimmen ist die Tatsache, dass es zu einer Abnahme der Körperkerntemperatur führt [[13], [19], [43]], die zu einer Hypothermie mit schwerwiegenden Folgen führen kann. Bei einem Kaltwasserschwimmer sank die Körperkerntemperatur nach 2,2km in 4 °C kaltem Wasser innerhalb von 42min von 37 °C auf 32 °C [[19]].

Es ist aber davon auszugehen, dass bei Schwimmer_innen mit mehr Subkutanfett die Körpertemperatur weniger schnell abfällt. Übergewichtige und an das kalte Wasser gewöhnte Personen mit entsprechender Erfahrung tolerieren einen längeren Aufenthalt im kalten Wasser eher als Personen mit wenig Fettgewebe und solche, die nicht an das kalte Wasser gewöhnt sind [[12], [27], [44]]. Ein erfahrener, übergewichtiger Eisschwimmer mit einem BMI >35kg/m2 und ~45% Körperfett wurde auch bei mehreren Aufenthalten im eiskalten Wasser nie hypotherm [[12]]. Keatinge et al. [[46]] beschreiben einen Fall eines isländischen Fischers, der im eiskalten Wasser dank seines dicken Fettgewebes überlebte. Nachdem sein Boot gesunken und seine zwei Kollegen innerhalb von 10min ertrunken waren, schwamm er im 5 °C kalten Meer rund 6h lang zurück ans Ufer [[46]].

Eine Hypothermie birgt ein geringeres Risiko für gesundheitliche Schäden bei trainierten Kaltwasserschwimmer_innen. Gemäss Tucker und Dugas [[47]] dauert es auch in 0 °C kaltem Wasser mehr als 30min, bis die Körpertemperatur so tief absinkt, dass Unterkühlung auftritt. Viele Menschen könnten wahrscheinlich fast 1h überleben. Über diese Zahlen besteht jedoch kein Konsens. Nach verschiedenen Schätzungen kann eine Person 45min in 0,3 °C kaltem Wasser überleben. Es wird jedoch erwartet, dass Erschöpfung oder Bewusstlosigkeit innerhalb von 15min eintreten. Der Konsum von Alkohol vor dem Winterschwimmen sollte vermieden werden, da dies das Einsetzen und Fortschreiten der Unterkühlung beschleunigt.

Nach einer Kälteexposition kommt es zu einem «Afterdrop» oder einer «Nachabkühlung». Auch bei einem geübten Eisschwimmer wie B. Dobelmann fiel die Kernkörpertemperatur in durchschnittlich 28 Minuten nach dem Ausstieg aus dem <5 °C Wasser um durchschnittlich zusätzliche 0,8 °C (Abb. 1 und 2). Das weitere Absinken der Körperkerntemperatur nach einer Kälteexposition wird durch zum Kern zurückströmendes kaltes Schalenblut verursacht [[48]].

Beim Winterschwimmen in Schwimmbädern und Meeren in der Nähe der Polarregionen ist besondere Vorsicht geboten. Das dem Wasser in Schwimmbädern zugesetzte Chlor und das Salz im Meerwasser ermöglichen, dass das Wasser bei Minustemperaturen flüssig bleibt. In solchen Gewässern zu schwimmen ist bedeutend herausfordernder und gefährlicher. Der erfahrene Winterschwimmer Lewis Gordon Pugh schwamm in der Nähe des Nordpols bei –1,7 °C und erlitt eine Erfrierungsverletzung an den Fingern. Es dauerte vier Monate, bis er das Gefühl in seinen Händen wiedererlangte [[49]].

Tod beim Eisschwimmen

Bis jetzt wurden zwei Todesfälle bei einem offiziellen Wettkampf im Eisschwimmen publik. Im Dezember 2018 starb in Russland ein einheimischer und sehr erfahrener Eisschwimmer nach seinem Rennen über 50m Delfin. Auf dem Weg zum Aufwärmbereich brach er unerwartet zusammen und starb an Ort und Stelle. Das Wasser war 0 °C kalt und die Luft –22 °C [[50]]. Ende Dezember 2019 starb ein 51-jähriger Schwimmer nach einem offiziellen Wettkampf in Shaungyashan in China. Der Schwimmer bestand die medizinische Untersuchung vor dem Start problemlos, fühlte sich aber während des 500m langen Eisschwimmens unwohl, wurde aus dem Wasser genommen und ins Krankenhaus überführt, wo er kurz darauf starb [[51]]. In beiden Fällen dürfte eine Rhythmusstörung im Rahmen des Afterdrop ursächlich für den Tod gewesen sein.

Medizinische Anforderungen bei Eisschwimmen als Wettkampfsport

Die International Ice Swimming Association (IISA) hat Regeln etabliert, die Eisschwimmer_innen vor dem Start zu erfüllen haben. Zukünftige Teilnehmende einer solchen Veranstaltung müssen sich ärztlich untersuchen lassen und ein ausgefülltes Formular vor dem Start vorweisen [[52]]. Ohne dieses Formular ist kein Start möglich.

Alle Schwimmer_innen müssen für die Teilnahme an einem Wettkampf einen Zulassungstest absolviert haben [[52]]. Die Schwimmerin/der Schwimmer muss ihre/seine Absicht, einen Schwimmversuch zu unternehmen, gegenüber der Ärztin/dem Arzt erklären, die/der die medizinische Untersuchung durchführt. Die Schwimmerin/der Schwimmer muss der Ärztin/dem Arzt auch alle relevanten Krankengeschichten, Allergien, chronischen Krankheiten oder Medikamente, die er/sie zum Zeitpunkt der Untersuchung einnimmt, offenlegen [[52]].

Zu diesem Zweck muss ein Formular (z.B. für IISA eine IISA® medical assessment form) [[53]] ausgefüllt werden, das folgende Fragen umfasst: frühere Krankengeschichte, bisherige Operationen, aktuelle Medikamente, Allergien, Herz-Kreislauf-Erkrankungen (z.B. arterielle Hypertonie, Arrhythmien), Eltern/Geschwister mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Lungenerkrankungen (z.B. Asthma), abdominale Erkrankungen, neurologische Erkrankungen (z.B. Epilepsie), Hals-Nasen-Ohren-Erkrankungen, ophtalmologische Erkrankungen (z.B. Sehprobleme, Operationen), psychiatrische Erkrankungen, Behinderungen, Hospitalisationen in den vergangenen fünf Jahren, frühere medizinische Tests zum Eisschwimmen nicht bestanden, frühere Schwimmerfahrung im kaltem Wasser, frühere Problematik bei Wiedererwärmung (Hypothermie, Arrhythmien), COVID-19-Erkrankung/-Impfung und die Frage nach einer abgelehnten Lebensversicherung) [[53]].

Die Ärztin/der Arzt veranlasst eine allgemeine körperliche Untersuchung (Grösse, Gewicht, BMI, Temperatur, mögliche Schwangerschaft) sowie eine Untersuchung des Herz-Kreislauf-Systems (Herzfrequenz, Blutdruck), der Lunge (Atemfrequenz, Sauerstoffsättigung, Peak Flow), des Abdomens, des Nervensystems und eine HNO-Untersuchung. Zwingend ist auch ein 12-Kanal-EKG inkl. Beurteilung [[53]].

Die EKG-Ergebnisse müssen zusammen mit dem medizinischen Bewertungsformular bei der Registrierung der Veranstaltung vorgelegt werden. Bei einem Solo-Versuch (Ice Mile) muss die Schwimmerin/der Schwimmer das unterschriebene IISA Medical Assessment Form und das EKG der Schwimmbeobachterin/dem Schwimmbeobachter zur Überprüfung vorlegen. Die Nichteinhaltung dieser Anforderung bedeutet, dass die Schwimmerin/der Schwimmer nicht qualifiziert ist, zu schwimmen oder an einer Veranstaltung teilzunehmen [[53]].

Das Formular und das EKG sind für einen Zeitraum von sechs Monaten vor dem Schwimmtermin gültig. Diese Gültigkeit würde wegfallen, wenn die Schwimmerin/der Schwimmer seit der Unterzeichnung des IISA Medicals an COVID, einer Lungenentzündung, einem Herz- oder Lungenproblem oder einem anderen schweren Ereignis erkrankt wäre [[53]]. Zu Sicherheitszwecken wird vor jedem Wettkampf auch ein detailliertes Briefing mit allen anwesenden Schwimmer_innen und Teams gehalten [[52]].

Der gesundheitliche Nutzen von Eisschwimmen

Viele Schwimmer_innen glauben, dass das Schwimmen im eiskalten Wasser ihrer Gesundheit nützt. Die meisten Beweise dafür sind jedoch anekdotischer Natur. Studien berichteten, dass Eisschwimmen die Stimmung verbessert, Müdigkeit verringert und das Selbstwertgefühl stärkt [[54]].

Bei einer finnischen Studie von Huttunen et al. [[56]] nahmen 36 Schwimmer_innen (29 Frauen, 7 Männer) und 23 Kontrollen (17 Frauen, 6 Männer) im Alter von 30–68 Jahren teil.

Die Schwimmer_innen praktizierten durchschnittlich viermal pro Woche Eisschwimmen. Die Kontrollgruppe machte kein Eisschwimmen, sondern führte ein normales Leben. 53% der Teilnehmenden und 52% der Kontrollen nahmen auch an anderen Outdoor-Aktivitäten wie Spazieren, Joggen, Skifahren und Radfahren teil. Die Studie zeigte, dass die Anpassung an eiskaltes Wasser mit einer signifikanten Abnahme von Anspannung und Müdigkeit sowie einer Verbesserung der Stimmung und des Gedächtnisses verbunden war. Die Schwimmer_innen fühlten sich nach der Eisschwimmperiode von vier Monaten kräftiger, energiegeladener und aktiver als die Kontrollgruppe.

Schwimmen im eiskalten Wasser löst eine Stressreaktion aus, aktiviert das sympathische Nervensystem und erhöht die Sekretion von Katecholaminen, insbesondere Noradrenalin [[57]]. Dies ist wahrscheinlich ein Faktor für die erfrischende und schmerzlindernde Wirkung des Eisschwimmens. Die Veränderung des Adrenalinspiegels im Plasma scheint von seinem Spiegel vor der Exposition abzuhängen. Niedrige Werte können ansteigen, während hohe Werte beim Schwimmen in eiskaltem Wasser abfallen können [[57]]. Durch die Kälte induzierte Veränderungen in den Funktionen sowohl des autonomen als auch des zentralen Nervensystems können eine Rolle bei der Regulierung der Stimmung und der Schmerzschwelle spielen [[56]]. Die Anpassung an Kälte durch wiederholten Kontakt mit eiskaltem Wasser kann die Fähigkeit erhöhen, anderen Arten von Stress standzuhalten. Die Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens durch Anpassung an oxidativen Stress ist ein Vorteil, der durch regelmässiges Schwimmen in eiskaltem Wasser induziert wird [[56]].

Diskussion

Das Schwimmen im eiskalten Wasser begann mit Einzelschwimmern und Selbstversuchen. Heute wird dieser Sport wettkampfmässig betrieben und es werden regelmässig offizielle Wettkampfschwimmen in verschiedenen Disziplinen und Schwimmdistanzen bei Wassertemperaturen unter 5 °C veranstaltet. Es wird davon ausgegangen, dass in den nächsten Jahren immer grössere Distanzen angestrebt werden, da sich der Mensch keine Grenzen setzt.

Daher ist es wichtig, unerfahrene und ungeübte Personen vor den Gefahren des Kaltwasserschwimmens zu warnen, vor allem wegen der hohen Wahrscheinlichkeit des Ertrinkens in eiskaltem Wasser infolge einer Kälteschockreaktion. Obwohl die Gefahr einer Unterkühlung besteht, kommt es beim Eisschwimmen sehr selten zu einem tödlichen Ereignis.

Die Vorbereitung auf das Eisschwimmen ist zentral. So hat sich Ram Barkai als Pionier des wettkampfmässigen Eisschwimmens in der Vorbereitung auf die erste inoffizielle «Ice Mile» mit eigentlichem Langstreckenschwimmen vorbereitet. Dann schwamm er in immer kälterem Wasser und gewöhnte sich mit Eisbädern an die Kälte. Einmal schwamm er 1km in der Antarktis bei 2 °C Wassertemperatur. Unmittelbar vor dem Rekordversuch wurden die Trainingsstrecken immer kürzer und das Wasser immer kälter. Dann kam die mentale Vorbereitung mit Visualisierung. Am Tag vor dem Rekordversuch schwamm er 10 Minuten auf der geplanten Strecke [[19]].

Die heutigen Empfehlungen für eine «Ice Mile» sind: die Akklimatisierung an die Kälte, die ideale Geschwindigkeit herausfinden, um die Hypothermie hinauszuzögern, auf Körpersignale wie kalte Hände, eine Verlangsamung der Herzschlagfrequenz oder ein blockiertes Gebiss achten, die ideale mentale Vorbereitung und unmittelbar nach dem Ausstieg aus dem Wasser den Körper wieder aufwärmen, um den «After Drop» zu vermindern [[58]].

Key messages

  • • Das Schwimmen im Winter bzw. das Eisschwimmen im Wettkampf kann für Menschen gefährlich sein, die es nicht gewohnt sind, in sehr kaltem Wasser zu schwimmen.
  • • Beim Eisschwimmen gilt es, die kardialen und pulmonalen Risiken zu kennen, die aufgrund der Kälte auftreten.
  • • Damit es zu keinen gesundheitlichen Problemen kommt, muss eine Person, die in eiskaltem Wasser schwimmen will, regelmässig und mit zunehmender Frequenz sowie immer tieferer Temperatur den Körper an die Kälte anpassen.

Lernfragen

  • 1. Wie tief war die tiefste Temperatur, bei der je ein Mensch nachgewiesen über eine längere Strecke geschwommen ist?
  • a) +10 °C
  • b) +5 °C
  • c) +2 °C
  • d) –1,7 °C
  • 2. Welches war die tiefste Körperkerntemperatur, die je ein Kaltwasserschwimmer nachweislich überlebt hat?
  • a) 35,0 °C
  • b) 33,1 °C
  • c) 27,7 °C
  • d) 13,7 °C
Antworten zu den Lernfragen

1. Antwort d) ist richtig.

2. Antwort d) ist richtig.

Interessenskonflikte

Es bestehen keine Interessenskonflikte.

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By Katja Weiss; Pantelis T. Nikolaidis and Beat Knechtle

Reported by Author; Author; Author

Titel:
Eisschwimmen.
Autor/in / Beteiligte Person: Weiss, Katja ; Nikolaidis, Pantelis T. ; Knechtle, Beat
Link:
Zeitschrift: Praxis (16618157), Jg. 112 (2023-04-15), Heft 5/6, S. 348-356
Veröffentlichung: 2023
Medientyp: academicJournal
ISSN: 1661-8157 (print)
DOI: 10.1024/1661-8157/a004052
Schlagwort:
  • AQUATIC sports
  • SWIMMING competitions
  • SWIMMING
  • HYPOTHERMIA
  • WORLD championships
  • ICE
  • NATIONAL championships
  • Subjects: AQUATIC sports SWIMMING competitions SWIMMING HYPOTHERMIA WORLD championships ICE NATIONAL championships
  • extreme situations
  • hypothermia
  • ice swimming
  • risk
  • Water sports
  • Eisschwimmen
  • Extremsituationen
  • Risiko
  • Unterkühlung
  • Wassersport
  • hypothermie
  • natation en eau glacée
  • risque
  • situations extrêmes
  • Sports nautiques Language of Keywords: English; German; French
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Alternate Title: Ice Swimming. ; La tendance de la nage en eau glacée.
  • Language: German
  • Document Type: Article
  • Author Affiliations: 1 = Institut für Hausarztmedizin, Universität Zürich, Zürich, Schweiz ; 2 = School of Health and Caring Sciences, University of West Attica, Athens, Griechenland ; 3 = Medbase St. Gallen Am Vadianplatz, St. Gallen, Schweiz

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