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Jonathan Rubin, Learning in a Crusader City. Intellectual Activity and Intercultural Exchanges in Acre, 1191–1291. Cambridge, Cambridge University Press 2020.

Mersch, Margit
In: Historische Zeitschrift, Jg. 316 (2023-06-01), Heft 3, S. 717-719
Online review

Jonathan Rubin, Learning in a Crusader City. Intellectual Activity and Intercultural Exchanges in Acre, 1191–1291. Cambridge, Cambridge University Press 2020 

Jonathan Rubin, Learning in a Crusader City. Intellectual Activity and Intercultural Exchanges in Acre, 1191–1291. 2020 Cambridge University Press Cambridge, 978-1-316-63771-5, € 27,55

Akkon stand in der älteren Mittelalterforschung hauptsächlich für das Ende der Kreuzfahrerherrschaft im Heiligen Land, den „Fall von Akkon" 1291. Inzwischen hat sich jedoch eine breite kulturhistorische Auseinandersetzung mit den komplexen transkulturellen Lebenswelten Syrien-Palästinas im Spätmittelalter entwickelt, in die sich die Studie von Jonathan Rubin über das intellektuelle Leben in Akkon einreiht. Der Band bietet eine ausgreifende Besprechung und Kontextualisierung lateinischer, französischer und hebräischer Texte aus dem Heiligen Land, die einen Bezug zu Akkon im 13. Jahrhundert aufweisen oder vermuten lassen.

Rubin weist in der Einleitung darauf hin, dass die Wissensgeschichte dieser wichtigen Hafenstadt und zeitweiligen Hauptstadt des Königreichs Jerusalem noch nicht erforscht sei. Er fragt deshalb nach Art und Akteuren der intellektuellen Aktivitäten in Akkon und inwiefern sie durch interkulturellen Austausch einerseits und Bezug zur „westlichen" Wissensproduktion andererseits geprägt waren. Die intellektuelle Atmosphäre skizziert er zunächst in Kapitel 1, das aufgrund einer Häufung von allein hypothetischen Assoziierungen von andernorts belegter intellektueller Praxis mit der Stadt Akkon nicht recht überzeugen kann. Kapitel 2 stellt die fränkischen und jüdischen Lehrzentren in Akkon vor, wobei es nicht nur um die Bedeutung der Bettelordensstudia für Katechese und Sprachunterricht geht, sondern auch um individuelle Studienaktivitäten, die Akkon als Ziel christlicher und jüdischer Gelehrter aus der Levante wie auch aus Westeuropa zeigen. Kapitel 3 und 4 beschäftigen sich mit Sprache und Jurisprudenz als zwei wichtigen Feldern der Wissensproduktion. Rubin hebt generell die Entwicklung multilinguistischer Kompetenzen in der plurilingualen Stadt Akkon hervor und im Besonderen die Übertragung lateinischer klassischer Texte in das Altfranzösische. Recht wurde in Akkon nach den Assisen des Königreichs Jerusalem gesprochen, doch wurden in gelehrten Zirkeln auch diverse westliche und östliche juristische Traditionen diskutiert. Zwei weitere Kapitel fokussieren die Auseinandersetzung der lateinischen Intellektuellen mit dem Islam (Kap. 5) bzw. mit orientalischem Christentum (Kap. 6). Während Rubin in der „westlichen" Beschäftigung mit muslimischen Texten keinerlei Fortschritte hinsichtlich eines Verständnisses des Islam erkennen kann, konzediert er Akkon in Bezug auf intellektuelle Erkenntnisse über das Ostchristentum eine Spitzenposition in der lateinischen Welt. Dabei sieht er einen bezeichnenden Unterschied zwischen langjährigen fränkischen Bewohnern Akkons, die in informellem Austausch mit Ostchristen standen, und kurzfristigen Besuchern aus Westeuropa, welche zu einer strikt dogmatischen und disziplinarischen Einstellung tendierten. Im Schlusskapitel zieht Rubin das Fazit, dass Akkon sowohl ein Ort lebhaften interkulturellen Austausches als auch einer nennenswerten Produktion von lateinischen, französischen und hebräischen Texten war, die den intellektuellen Diskussionen in Westeuropa in nichts nachstanden. Das Buch wird komplettiert durch ein Quellen- und Literaturverzeichnis, einen differenzierten Index, der aber vereinzelte Lücken aufweist (z. B. „Rhetorica ad Herrennium" und Seitenverweise 161–163, 183 f. zu „Rectorique de Marc Tulles Cyceron"), und einen Anhang mit Kurzporträts der verwendeten Quellentexte, der im Zusammenhang der Buchlektüre hilfreich ist, aber kaum als eigenständiger Katalog genutzt werden kann.

Vereinzelt zeigen sich in den Schlussfolgerungen argumentative Schwächen, z. B. wenn die Beschreibung sprachlicher Vielfalt durch Jakob von Vitry, der einen älteren Text kopiert und aktualisiert, zusammen mit der Traktatliteratur des Benoît d'Alignan sowie einer armenisch-lateinischen Versammlung des Thomas Agni und einem Prozess gegen einen griechischen Mönch in der Zusammenfassung kurzerhand als Belege für „Catholic-Greek discussions" (S. 161) reklamiert werden. Doch Jonathan Rubin präsentiert und diskutiert mehr als 40 Quellentexte des 13. Jahrhunderts, von denen 19 mit großer Sicherheit in Akkon verfasst wurden, bietet eine gründliche Einordnung dieser Texte in den Forschungsstand, zeigt zahlreiche Verknüpfungen auf und fragt immer wieder nach den kommunikativen Situationen, die er oftmals plausibel nachzeichnet. Der lebendig und kurzweilig formulierte Band ist somit eine anregende und gewinnbringende Lektüre für alle, die zur kreuzfahrerzeitlichen Geschichte Syrien-Palästinas forschen.

By Margit Mersch

Reported by Author

Titel:
Jonathan Rubin, Learning in a Crusader City. Intellectual Activity and Intercultural Exchanges in Acre, 1191–1291. Cambridge, Cambridge University Press 2020.
Autor/in / Beteiligte Person: Mersch, Margit
Link:
Zeitschrift: Historische Zeitschrift, Jg. 316 (2023-06-01), Heft 3, S. 717-719
Veröffentlichung: 2023
Medientyp: review
ISSN: 0018-2613 (print)
DOI: 10.1515/hzhz-2023-1152
Schlagwort:
  • LEARNING in a Crusader City: Intellectual Activity & Intercultural Exchanges in Acre 1191-1291 (Book)
  • RUBIN, Jonathan
  • CRUSADES (Middle Ages)
  • INTELLECTUALS
  • NONFICTION
  • Subjects: LEARNING in a Crusader City: Intellectual Activity & Intercultural Exchanges in Acre 1191-1291 (Book) RUBIN, Jonathan CRUSADES (Middle Ages) INTELLECTUALS NONFICTION
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Language: German
  • Document Type: Book Review
  • Author Affiliations: 1 = Ruhr-Universität Bochum, Historisches Institut, Fachnr. 182, Bereich Mittelalter, Bochum,, 44801, Germany.
  • Full Text Word Count: 630

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