Beim Aufschlagen des vorliegenden Buches ist der erste Eindruck bereits beim Inhaltsverzeichnis: bunt und unruhig. Bei näherer Betrachtung lässt sich dann aber ein dahinter stehendes pädagogisch sorgfältig durchdachtes Sys - tem ausmachen. Als Orientierungshilfe dienen Symbole, die auf diverse Aspekte hinweisen, wie zum Beispiel die Brille für inhaltliche und didaktische Variationen, die Glühbirne für mögliche Perspektivwechsel, die Taschenlampe für die Selbstwahrnehmung, um nur einige zu nennen. In einem ersten Basisteil stehen grundlegende Überlegungen im Zentrum. Sie beziehen sich auf den Inklusionsbegriff, musikdidaktische sowie erlebens- und gestaltungsbezogene Aspekte. Dazu gehören Kriterien für diversitätssensible Aufgabenstellungen und Impulse für die Lehrkraft im Sinne eines erweiterten Werkzeugkoffers.
Der zweite umfängliche Praxisteil enthält zahlreiche Unterrichtsbeispiele zu den einzelnen Handlungsfeldern, anhand derer inklusive Zugänge auf unterschiedlichen Ebenen aufgezeigt werden: Musik mit der Stimme, Tänze und Bewegungsspiele mit Musik, Musik machen mit Instrumenten, Musik hören. Es folgen praktische Ideen zum Umgang mit Unterrichtsreihen. Die Ausführungen sind sehr vielschichtig, teilweise kleinschrittig, allerdings nicht einengend, sondern vielmehr offen und impulssetzend.
Der abschließende Wissensteil informiert über die Rolle der Lehrperson, Chaos und Sicherheitsdenken, Kennzeichen inklusiver Musikpraxis, ausgewählte Modelle zur Realisierung von Inklusion sowie über grundlegende politische und rechtliche Vorgaben.
Zugehörige Audio-Produktionen in praktischen Ausschnitten und Unterrichtsmaterialien als Kopiervorlagen sind über die Helbling Media App mittels eines im Buch aufgeführten Codes herunterzuladen.
Die insgesamt 13 (!) - grafisch verdeutlichten - Textsorten und Symbole mögen angesichts der Vielschichtigkeit des Themas in der Verbindung von Praxis und Reflexion gerechtfertigt sein. Sie erweisen sich aber erst nach längerer Gewöhnung und tieferer Durchdringung in das System als nützlich. Das Buch lädt dazu ein, sich differenziert mit dem jeweiligen Lerngegenstand und der Methodik auseinanderzusetzen. Dabei gilt es, die mitunter große Informationsfülle und Komplexität zu verarbeiten. Wäre hinsichtlich der Darstellungsform hier und dort ein Weniger vielleicht doch ein Mehr? Abgesehen von dieser eher das Layout betreffenden Anmerkung handelt es sich um ein äußerst fundiertes, ja hervorragendes Werk zweier Autorinnen, die auf langjährige Erfahrungen der Unterrichtspraxis, Forschung und Lehre zurückblicken können. Positiv hervorzuheben sind nicht nur die zahlreichen praktischen Tipps und Denkanstöße. Das anregende inhaltlich-methodische Ideenreichtum macht Lust darauf, gleich musikpädagogisch loszulegen. Mit seinen differenzierten Ausarbeitungen zur inklusiven Praxis ist dieses Buch sehr zu empfehlen.
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By Björn Tischler