Zwischen Büstenkultur und T-Shirt-Verehrung bewegt sich die Beethovenrezeption im Film, die unser Beethoven-Bild wesentlich mitgeprägt hat. Der hier vorliegende Sammelband beschäftigt sich nun mit Spielfilmen, die sich entweder mit Beethoven als Person beschäftigen, seine Musik als Filmmusik verwenden, wie der Untertitel,,Titan auf Tonspur und Leinwand" es verspricht. Wir erleben Beethoven als Helden, als Leidenden, als Märtyrer, als Naturliebhaber, von der Stummfilmzeit bis hinein in das 21. Jahrhundert, auch wenn wir dabei konstatieren müssen, dass es der Titan zwar bis nach Hollywood, aber nie wie sein komponierender Kollege Amadeus in ein Blockbuster-Format geschafft hat. Die einzelnen Beiträge widmen sich dabei einzelnen zentralen Aspekten wie dem des Hörens, der Gewalt seiner Musik, der Person als tragisches Genie oder Superhero - und damit, wie all diese Aspekte dann im Comic- oder Comedy Format immer wieder neu belebt, gebrochen oder gespiegelt wurden. So darf eine gründliche Auseinandersetzung mit Professor Ludwig Pahlke, dem Gründer des Loriotschen Beethoven-Trios ebenso wenig fehlen wie jene mit Monty Pythons Beethoven oder die Beethoven-Rezeption bei den Simpsons.
Die Verwendung der Musik Beethovens als Filmmusik konzentriert sich auf zentrale Werke wie der Mondscheinsonate oder der Sinfonien. Dem Fidelio, der Pastorale und der 7. Symphonie sind hier eigene Beiträge gewidmet, die sich auch historisch verorten und dem gerade äußerst aktuellen Diskurs um kulturelle Aneignung stellen, wenn,,hohe Kulturgüter" und eine,,edle vollkommene Kunst" in den Disney-Studios mit Bildern unterlegt werden, um unsere Kinos zu entern, wie ein empörter Leserbrief aus den 1950er Jahren dies verlauten lässt (S. 140). Ausgehend von diesem Skandalon gilt es dann zu diskutieren, wie sich unsere Rezeption von klassischer Musik, die Auseinandersetzung mit Komponisten und ihren Biografien verändert haben und wie Beethoven von den verschiedensten Kulturen, von Diktaturen, Freiheitskämpfern und Klimaschützern vereinnahmt wurde (S. 146). Die Anregungen dieses Buches für den Musikunterricht sind somit vielfältig: Sie können von profanen Auseinandersetzungen mit den Themen Musikfilm oder Filmmusik bis hin zu komplexen Diskussionen zu kunstphilosophischen und gesellschaftkritischen Fragen reichen. Somit werden in diesem Band erste Spuren gelegt, um sich mit neuen oder schon bereits bekannten und gut zugänglichen Filmsequenzen näher auseinanderzusetzen, diese und andere für den Musikunterricht neu aufzubereiten, um den Titanen nun nicht mit Tonspur Whiteboard lebendig zu halten.
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By Jürgen Oberschmidt