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Halbjahresbilanz 2023: Erholt sich der E-Commerce?

Faber, Jelena
In: TextilWirtschaft Online, 2023-07-17, S. 1-3
Online serialPeriodical

Business Halbjahresbilanz 2023: Erholt sich der E-Commerce? 

Erst Boom, dann Absturz. Jetzt normalisiert sich das Digital Business. Experten erwarten einen erneuten Aufschwung. Die gebeutelten Player bleiben dennoch dabei: Profit vor kopfloser Expansion. Der Aufschrei war groß. Nachdem Zalando im Februar eine neue Gebührenstruktur angekündigt hatte, zeigten sich Partner empört. "Riesensauerei", war noch einer der zurückhaltenden Kommentare. Seit April liegen die Provisionen im Connected Retail-Modell bei 5 bis 25%. Bisher belief sich die Kommission für Verkäufe zwischen 5 und 18% des Brutto-Verkaufspreises. Die ohnehin magere Marge verpufft.

Zalando passt damit die Gebühren für Connected Retail an die des Partnerprogramms mit den Lieferanten an.,,Die Industrie hat eine andere Wertschöpfung, eine höhere Kalkulation als der Handel. Für mich liest sich das, als wolle Zalando den Handel loswerden, den man in den vergangenen Jahren engagiert umworben hat. Was soll das?", fragt ein Schuheinzelhändler, der seit vier Jahren über Connected Retail aus seinen drei Filialen versendet. Für ihn ist die Sache klar: "Zalando will aussieben, nur noch die High-Performer haben."

Für einige Partner geht es um ihre Existenz. "Ich muss 60% meiner auf Zalando platzierten Artikel deaktivieren, weil ich sie jetzt nicht mehr rentabel verkaufen kann", klagt ein Händler, der den Großteil seiner Umsätze -einen zweistelligen Millionenbeitrag - mit Zalando macht und daher namentlich nicht genannt werden will. Im Grunde geht es bei ihm um alle Produkte unter 100 Euro VK.

So nachvollziehbar der Ärger und die Existenzängste sind, so nachvollziehbar ist Zalandos Schritt.,,Wir sind uns der Herausforderungen bewusst, die diese Änderungen für einen Teil unserer Partner*innen mit sich bringen werden. Wir vertrauen aber darauf, dass die neue Gebührenstruktur unser Ziel, ein kontinuierliches gemeinsames Wachstum zu ermöglichen, bestmöglich unterstützt", sagt ein Unternehmenssprecher auf Nachfrage der TW.

Zalando kämpft noch Zalando muss wachsen, Zalando muss profitabel wachsen. Der Online-Retailer hat zwar solide Geschäftszahlen für das erste Quartal vorgelegt, kämpft aber noch mit den Folgen des vergangenen Jahres: erstmals Umsatzrückgang in der Geschichte des Unternehmens, Gewinneinbrüche, volle Läger, zu viel Personal. Und die Maßnahmen greifen. "Unser Fokus auf profitables Wachstum ist erfolgreich und liefert Ergebnisse", sagt CFO Sandra Dembeck.

Der Anteil des Partnergeschäfts stieg im ersten Quartal auf 39% des Bruttowarenvolumens (GMV), ein Plus von 8 Prozentpunkten im Vorjahresvergleich. Ob nach der Einführung des neuen Provisonsmodells viele Partner ausgestiegen sind, wird sich erst bei der Bilanz des zweiten Quartals zeigen. Mittlerweile setzt die zweite Stufe der neuen Gebührenstruktur ein: Seit Juli fällt für den Marktplatz-Verkauf erstmals eine Grundgebühr (monatlich 40 Euro) an.

Auch About You hat sein Provisonsmodell für Marktplatzpartner geändert und verlangt jetzt in der Spitze bis zu 27% Gebühren. Gleichzeitig begünstigt das neue System Plattform-Partner, die vorrangig Produkte mit hohen Verkaufspreisen und geringer Retourenquote einstellen. "Die neue Kommissionsregelung wird bereits bei einer Vielzahl von Partnern angewendet. 2023/2024 wird sie flächendeckend ausgerollt", sagt Co-CEO Hannes Wiese. Zu dem Effizienzprogramm gehören auch eingeleitete Maßnahmen wie die europaweite Einführung eines Mindestbestellwerts für Kunden. Außerdem fokussieren sich die Hamburger auf Performance-Marketing, reduzieren große Events und Markenkampagnen, pausieren mit der Expansion, passen die Warenbestellungen an die aktuelle Nachfrage an.

Das schwierige Marktumfeld hat auch About You zuletzt schwer zu schaffen gemacht: Nach einem Umsatzplus von 48,5% im Vorjahr legte das Unternehmen 2022/23 (28. Februar) nur um 10% zu. Der bereinigte Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) stieg um 105% auf 137 Mio. Euro. Co-CEO Tarek Müller hält trotzdem weiter an seinem Plan fest, im laufenden Geschäftsjahr 2023/24 auf Gruppenebene die Gewinnzone zu erreichen und schneller als der Markt zu wachsen. "Wir haben im vergangenen Geschäftsjahr wichtige Maßnahmen zur Steigerung der Profitabilität initiiert und vorangetrieben."

About You zurück in der Gewinnzone Bereits im ersten Quartal (Stichtag: 31. Mai) hat der OnlineRetailer mit einem operativen Gewinn abgeschlossen. Der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) stieg auf 4,2 Mio. Euro nach einem operativen Verlust von 28,8 Mio. Euro im Vorjahreszeitraum, wie das Unternehmen am Mittwoch in Hamburg mitteilte. Der Umsatz stagniert mit rund 507 Mio. Euro (plus 0,6%) nahezu auf dem Vorjahresniveau. Für das Gesamtjahr bestätigte das Management die Prognose und geht weiterhin von einem Umsatzplus in Höhe von 1 bis 11% aus.

Die Wachstumsrate von About You liegt deutlich über dem Schnitt der deutschen E-FashionBranche: Nach Berechnungen des E-Commerce-Verbands bevh ist der Online-Modehandel 2022 um 13,7% auf rund 21,35 Mrd. Euro geschrumpft. Im ersten Halbjahr 2023 liegt das Minus bei 17,5% auf 8,47 Mrd. Euro. Fast Vor-Corona-Niveau (8,4 Mrd. Euro) - das gesamte Wachstum aus der Pandemiezeit ist wieder weg.

Nach den außergewöhnlich hohen Umsätzen in den ersten Corona-Jahren war die Fallhöhe für den E-Commerce natürlich besonders hoch. Dabei hat sich der Abwärtstrend abgeschwächt. Sind die Umsätze im ersten Quartal 2023 noch um 20,8% abgestürzt, verringerten sich die E-Commerce-Erlöse im zweiten Quartal um 14,1% auf rund 4,3 Mrd. Euro. Ein Signal? Vielleicht sogar ein Trend?

Dazu kommen kleine Lichtblicke in der unerbittlichen Konsolidierungswelle, die zuletzt Mytoys verschluckt hat. Für Stylefile geht es aussichtsreich unter dem Dach von Defshop weiter, für Keller Sports im We Sports-Konzern, Regent übernimmt Hemden-Meister. Die Fraser Group, im Kern stationärer Player, nutzt die Gunst der Stunde, ihr Digitalgeschäft zu erweitern, und kauft sich bei Asos und Boohoo ein.

Der Kampf um Marktanteile ist eröffnet Die Wucht, mit der Player wie Shein, geschätzter Umsatz in Deutschland 2 Mrd. Euro, und Temu den deutschen Markt erobern, zeigt vor allem eines: Sie heben offensichtlich Potenziale, die hiesige Anbieter noch nicht heben. Während der bevh seine Prognose von 4,8% Wachstum für die gesamte Online-Branche wieder einkassiert hat, ist für E-Fashion-Experten die Rückkehr zu einem (zunächst) einstelligen Wachstum im Online-Modehandel realistisch.

Wie das? Mehr aktive Kunden, mehr Traffic verzeichnen OnlineRetailer jetzt schon, die Inflation könnte zusätzlich die, die aufs Geld achten müssen und wollen, ins Netz treiben, wo immer noch exorbitante Rabatte locken, weil Läger abgebaut werden müssen.

By Jelena Faber

Titel:
Halbjahresbilanz 2023: Erholt sich der E-Commerce?
Autor/in / Beteiligte Person: Faber, Jelena
Zeitschrift: TextilWirtschaft Online, 2023-07-17, S. 1-3
Veröffentlichung: 2023
Medientyp: serialPeriodical
Schlagwort:
  • INDUSTRIES
  • MARKET share
  • ELECTRONIC commerce
  • TECHNOLOGICAL innovations
  • PROFITABILITY
  • ADMINISTRATIVE fees
  • Subjects: INDUSTRIES MARKET share ELECTRONIC commerce TECHNOLOGICAL innovations PROFITABILITY ADMINISTRATIVE fees
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Alternate Title: Half-year results 2023: Is e-commerce recovering?
  • Language: German
  • Document Type: Article
  • Full Text Word Count: 959

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