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Einzelhandel mit gebrauchter Mode: Secondhand: Ja, wo kaufen sie denn?

Rösch, Bert
In: TextilWirtschaft Online, 2023-09-07, S. 1-5
Online serialPeriodical

Business Einzelhandel mit gebrauchter Mode: Secondhand: Ja, wo kaufen sie denn? 

In welchen Online- und Offline-Kanälen kaufen Mode-Fans gebrauchte Bekleidung, Schuhe und Accessoires ein? Wie groß ist der Anteil der Secondhand-Shopper an der Gesamtbevölkerung? Wie stark wird der Umsatz bis 2026 weltweit, in Nordamerika und Europa wachsen? Und wie hoch wird das Volumen in Deutschland ausfallen? Diese und viele weitere Fragen beantwortet die neue Studie "Secondhand auf Wachstumspfad", die der Beratungskonzern PwC erstellt hat. Die TW hat die Ergebnisse genauer unter die Lupe genommen und eingeordnet. Plattformen wie Ebay und deren ehemalige Tochter Kleinanzeigen.de profitieren am stärksten vom anhaltenden Boom im Online-Handel mit gebrauchten Modeprodukten. Das lässt sich der neuen Studie "Secondhand auf Wachstumspfad" entnehmen.

Für die Untersuchung hat der Beratungskonzern PwC rund 9000 Verbraucherinnen und Verbraucher in 25 Ländern und Regionen befragt, darunter 513 volljährige Konsumenten in Deutschland. Unter den deutschen Befragten gab fast jede vierte Person (24%) an, gebrauchte Bekleidung und Schuhe für Erwachsene auf Online-Plattformen zu kaufen.

Jeder Fünfte (20%) erwirbt auf den Marktplätzen Accessoires wie Sonnenbrillen und Handtaschen. Es folgen Sport- und Fitness-Ausrüstung mit 19%, vor Luxus- oder Designerprodukten (16%) sowie Bekleidung und Schuhe für Kinder (15%).

Zu den meistgenutzten Secondhand-Plattformen in Deutschland gehören - neben dem Generalisten Ebay - Modespezialisten wie Vinted, Vestiaire Collective, Rebelle und Mädchenflohmarkt. Auf dem litauischen Marktplatz Vinted, der bis Ende 2020 hierzulande unter den Namen Kleiderkreisel und Mamakreisel firmierte, sind heute europaweit über 550 Millionen Modeartikel gelistet. Vinted wächst um fast 51% Der Umsatz der Vinted-Gruppe, zu der neben dem in 22 Ländern aktiven Marktplatz Vinted seit 2022 auch die Logistiksparte Vinted Go und die Hamburger Plattform Rebelle gehören, kletterte im vergangenen Jahr um fast 51% auf 371,4 Mio. Euro. Der Verlust vor Steuern reduzierte sich um 70,9 Mio. Euro auf 42,9 Mio. Das entspricht einer Verbesserung um 62,3%. Laut Statista erwirtschaftete Vinted allein 345,37 Mio. Euro, nach 245,27 Mio. Euro im Vorjahr.

Der 2008 in Vilniuis gegründete Secondhand-Gigant spricht die breite Masse der Modefans an. Das gleiche gilt für den Stuttgarter Marktplatz Mädchenflohmarkt, der kürzlich von der Beteiligungsgesellschaft MFG Recommerce aus der Insolvenz übernommen wurde. Rebelle und Vestiaire Collective haben sich auf Premium- und Luxusmode spezialisiert. Secondhand-Spezialisten auf Platz zwei Die zweitbeliebteste Anlaufstelle von Secondhand-Mode-Shoppern sind erstaunlicherweise Online-Modehändler wie Zalando, About You und Asos, die gebrauchte Modeprodukte im Grunde nur nebenbei verkaufen. Und das auch erst seit wenigen Jahren. Allerdings haben die Händler in den vergangenen Jahren teilweise riesige Secondhand-Sortimente aufgebaut.

Wer bei Zalando nach Herrenhemden sucht, bekommt über 23.000 Produkte vorgeschlagen. Bei Kleidern sind es sogar knapp 28.300 Artikel. Da dürfte für jeden Kunden und jede Kundin etwas dabei sein. Diese Fashion-Fülle lässt sich unter anderem damit erklären, dass der Berliner Modekonzern es seinen Stammkunden denkbar einfach macht, ihre aussortierten Teile zu Geld zu machen. Sie können in ihrem Kundenkonto gekaufte Produkte auswählen und für den Wiederverkauf markieren. 135.000 gebrauchte Kleider bei About You Beim Hamburger Konkurrenten About You umfasst das Angebot an gebrauchten Kleidern über 135.000 Produkte. In der Kategorie Secondhand-Jeans stehen über 50.000 Artikel zur Auswahl. Herrenhemden sind nicht gelistet.

Fast jeder Fünfte (19%) erwirbt bei klassischen Online-Modehändlern wie About You, Asos und Zalando gebrauchte Erwachsenenbekleidung oder -Schuhe. Accessoires kaufen dort 16% der Befragten. Sport- und Fitness-Ausrüstung etwa jeder achte Konsument (12%). Jeder Zehnte deckt sich bei den Unternehmen, die mit dem Verkauf von Neuware groß geworden sind, mit gebrauchten Luxus- oder Designerprodukten ein, die andere Kunden aussortiert haben.

Einige Marken und Online-Modehändler partizipieren am Secondhand-Boom, indem sie eine Partnerschaft mit einer Plattform eingehen, um seinen Kunden ein "deutlich größeres Angebot an gebrauchter Mode machen zu können", erklärt Wulff. So kooperiert etwa About You seit Juli dieses Jahres mit dem Secondhand-Spezialisten Momox Fashion

Dadurch hat sich das Secondhand-Sortiment von About You Unternehmensangaben zufolge auf einen Schlag vervierfacht. Mitte Juli hatte Momox Fashion nach eigenen Angaben 400.000 Artikel im Second Love-Bereich von About You eingestellt.

Hinzu kommen laut Wulff zahlreiche Investitionen und Übernahmen im Secondhand-Markt. Als Beispiele nennt der PwC-Manager die Übernahmen von Deepop, Tradesy und Rebelle durch die Unternehmen Etsy, Vestiaire Collective und Vinted.

Kräftig investiert haben unter vor allem die Fast Fashion-Konzerne H&M und Inditex. H&M hat laut PwC mehr als 20 Mio. Euro in den schwedischen Reseller Sellpy investiert. Inditex habe viel Geld in den Roll-out der Secondhand-Plattform der Kernmarke Zara gesteckt.

Bei den Kooperationen hebt Wulff neben dem Bündnis von Momox und About You folgende Partnerschaften hervor: Der Münchner Luxusmode-Online-Händler Mytheresa arbeitet mit der Pariser Secondhand-Plattform Vestiare Collective zusammen. Der Secondhand-Spezialisten Carou betreibt in mehreren C&A-Häusern Shop-in-Shop-Flächen, und Tchibo hat Mitte Juli im Online-Shops des schwedischen Secondhand-Händlers Sellpy einen Pop-up-Store eröffnet. Relativ wenig Nachfrage bei Spezialisten Auf Platz drei der beliebtesten Online-Bezugsquellen von gebrauchter Mode liegen Recommerce-Spezialisten wie Momox, die H&M-Tochter Sellpy und der Hamburger Multichannel-Händler Reverse Retail, der gebrauchte Premium- und Luxusmode-Produkte auf der Website Buddy & Selly ankauft und über die Marke Vite en Vogue on- und offline weiterverkauft.

Letzteres auf Shop-in-Shops und Pop-up-Flächen, die sich in Department-Stores wie KaDeWe und Breuninger befinden. Oder in Modehäusern wie Wöhrl, Lodenfrey, Garhammer, Leffers und PKZ. Der Online-Vertrieb läuft nicht nur über den eigenen Online-Shop Vite-enVogue.de, sondern auch über die Secondhand-Bereiche des E-Fashion-Anbieters About You und des Online-Shopping-Clubs Best Secret.

11% der Befragten beziehen über Online-Secondhand-Spezialisten gebrauchte Bekleidung und Schuhe für Erwachsene. Jeder Zehnte Luxus- oder Designerprodukte. Jeweils 9% der befragten volljährigen Konsumenten erwerben bei den Resellern Accessoires sowie Sport- und Fitnessausrüstung. Mit Bekleidung und Schuhen für Kinder decken sich nur 8% der Befragten bei Online-Händlern wie Momox Fashion ein.

Dieser bietet in Deutschland mehr als eine Million Modeartikel von über 2000 Marken an. Insgesamt wurden dort laut PwC bisher 18 Millionen Kleidungstücke von 800.000 Kunden und Kundinnen gekauft. Im vergangenen Jahr setzte das Berliner Unternehmen 66 Mio. Euro mit dem Verkauf von gebrauchten Modeprodukte um. 11% mehr als im Vorjahr.

Besonders groß war die Nachfrage nach Sneakern und Jeans. Bei den Marken dominierten erneut Tommy Hilfiger, Marc O'Polo, Nike und Zara. "Es hat mich verwundert, dass so wenig passiert ist in den vergangenen Jahren. Es würde mich freuen, wenn irgendwann eine nachhaltige Marke in den Top Ten auftauchen würde", sagte Modechefin Lenia Karallus Ende Juli im Interview mit der TextilWirtschaft. So wird im stationären Handel eingekauft Ein ganz anderes Bild zeichnet die Studie für den stationären Secondhand-Modehandel: Nur 13% der Befragten suchen klassische Flohmärkte auf, um Bekleidung und Schuhe für Erwachsene zu kaufen. Das sind 11 Prozentpunkte weniger als beim Internetpendant der Flohmärkte, den Online-Marktplätzen.

Die größte Motivation, bei Wind und Wetter über Flohmärkte zu ziehen, besteht offenbar dann, wenn es darum geht, gebrauchte Accessoires oder Kindermode-Produkte zu erwerben. Das machen jeweils 14% der Befragten. Jeder Zehnte kauft auf Flohmärkten Sport- und Fitness-Ausrüstung. Und nur 9% Luxus- oder Designerprodukte, vermutlich aus Angst vor Fälschungen. Flohmärkte im stationären Recommerce vorn Unterm Strich sind die Flohmärkte aber die Hauptanlaufstelle für Jäger von stationären Secondhand-Schnäppchen. Über alle Modekategorien hinweg beziehen im Schnitt 11,8% der Befragten ihre Fashion Items in diesem Einkaufskanal.

Allerdings dicht gefolgt von Familienangehörigen und Bekannten, von denen 11,5% der Konsumenten ihre Secondhand-Produkte bekommen. Das gilt vor allem für Kindermode (14%). Es folgen Erwachsenenmode mit 11%. Vor Accessoires, Sport- und Fitness-Ausrüstung sowie Luxus- oder Designerprodukte mit jeweils 10%.

Den dritten Platz im stationären Recommerce belegen klassische Secondhand-Händler, bei denen 11,3% der Befragten einkaufen. Hauptsächlich Erwachsenenmode (15%). Das sind vier Prozentpunkte weniger als bei den Secondhand-Spezialisten, die im Internet verkaufen, was man als Beweis dafür deuten könnte, dass sich der Handel mit gebrauchter Mode immer mehr ins Internet verlagert.

13% der Befragten decken sich in den Läden, die heutzutage meistens nicht mehr bis oben hin vollgestopft sind, sondern gut kuratierte Sortimente anbieten, mit Preloved-Accessoires ein. 11% mit Kindermode und jeweils 9% mit Luxus- oder Designerprodukten bzw. Sport- und Fitness-Ausrüstung. So viele Verbraucher haben schon einmal gebrauchte Mode gekauft Über alle On- und Offline-Kanäle hinweg hat mehr als die Hälfte (56%) der in Deutschland befragten Verbraucher schon einmal gebrauchte Erwachsenenbekleidung käuflich erworben. 14% ziehen das in Betracht. Bei Luxusmode-Marken sind es 44% bzw. 18%, bei Schuhen 43% bzw. 13%.

Platz vier der am häufigsten gekauften Secondhand-Produkte belegen Accessoires wie Sonnenbrillen und Schmuck (42% und 18%). Vor Kinderbekleidung (41% und 10%) sowie Sportausrüstung (39% und 16%). Auf dem letzten Rang finden sich gebrauchte Handtaschen, die nur ein Drittel der Befragten (33%) schon einmal gekauft hat. 17% ziehen das in Erwägung. Hohe Secondhand-Affinität bei der Gen Z Bei der Generation Z fallen die Zahlen deutlich höher aus: Fast zwei Drittel (64%) der zwischen 1997 und 2022 Geborenen berichten vom Kauf gebrauchter Erwachsenenbekleidung. In der Kategorie Luxusmarken sind es 55%.

"Der Secondhand-Markt bietet Kundinnen und Kunden Zugang zu höherpreisigen Produkten, die sie sich sonst vielleicht nicht leisten könnten. Das gilt insbesondere jüngeren Menschen aus der Gen Z", erklärt Christian Wulff, der bei PwC als Consumer Markets Leader für Deutschland und die Region Europa, Nahost und Afrika arbeitet. Seiner Einschätzung nach ist diese Erkenntnis vor allem für Luxusmarken wichtig. So stark steigen die Umsätze bis 2026 Darüber hinaus hat PwC ermittelt, wie sich die Umsätze mit gebrauchten Modeprodukten weltweit seit 2021 entwickelt haben. Und wie stark sie bis 2016 weiter steigen. Und zwar auf der Basis eigener Analysen sowie von Daten des Datenanalyse- und Beratungsunternehmens Global Data.

Ergebnis: Das Volumen wird sich von 112 Mrd. Euro im Jahr 2022 auf 184 Mrd. Euro im Jahr 2025 erhöhen. Davon entfallen 71 Mrd. Euro auf Nordamerika. Es folgt Europa mit 40 Mrd. Euro. Davon werden voraussichtlich bis zu 15% auf den deutschen Markt erwirtschaftet, der laut PwC-Prognose in den kommenen zwei Jahren auf 5 bis 6 Mrd. Euro anwachsen wird. Das entspräche einem Plus von bis zu rund 71% gegenüber dem Niveau von 2022, das bei 3,5 Mrd. Euro lag.

Europäischer Recommerce unterm Schnitt 2026 soll der weltweite Recommerce-Modemarkt 105 Mrd. Euro schwer sein. Über 83% mehr als 2022. Der europäische Secondhand-Modemarkt wird im Zeitraum 2022 bis 2026 voraussichtlich nicht so stark zulegen wie der weltweite. PwC prognostiziert für Europa ein Plus von rund 57% auf 55 Mrd. Euro. In Nordamerika sollen die Erlöse hingegen um 92,5% auf 77 Mrd. Euro klettern.

Für das laufende Geschäftsjahr erwartet PwC einen weltweiten Recommerce-Umsatz von 132 Mrd. Euro. Fast 18% mehr als 2022. Dabei liegt Nordamerika mit 50 Mrd. Euro klar vorn. Das entspricht einem Anteil von fast 38% am weltweiten Secondhand-Modemarkt. Europa folgt mit 40 Mrd. Euro bzw. 30,3%. Die Wachstumsrate liegt bei rund 14,3%. Im Schnitt wird sich der Fashion-Recommerce in aller Herren Länder im Zeitraum 2022 bis 2026 um 16% pro Jahr vergrößern.

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By Bert Rösch

Titel:
Einzelhandel mit gebrauchter Mode: Secondhand: Ja, wo kaufen sie denn?
Autor/in / Beteiligte Person: Rösch, Bert
Zeitschrift: TextilWirtschaft Online, 2023-09-07, S. 1-5
Veröffentlichung: 2023
Medientyp: serialPeriodical
Schlagwort:
  • FASHION merchandising
  • SECONDHAND trade
  • EBAY Inc.
  • INTERNET stores
  • USED clothing
  • EURO
  • SHOES
  • RESPONDENTS
  • GERMANY
  • Subjects: FASHION merchandising SECONDHAND trade EBAY Inc. INTERNET stores USED clothing EURO SHOES RESPONDENTS
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Alternate Title: Retail sale of used fashion: Secondhand: Yes, where do you buy?
  • Language: German
  • Document Type: Article
  • Geographic Terms: GERMANY
  • Full Text Word Count: 1814

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