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NACHHALTIGKEIT IST DAS HERZSTÜCK UNSERER STRATEGIE.

Peter, Schneider
In: Fleischwirtschaft, 2023-10-17, S. 16-18
Online serialPeriodical

NACHHALTIGKEIT IST DAS HERZSTÜCK UNSERER STRATEGIE 

Immer mehr große Fleischproduzenten siedeln das Thema Nachhaltigkeit im Vorstand an – so auch bei Vion. Freek van den Eijnden über die Ziele und die dahinter stehende Strategie.

Herr van den Eijnden, seit kurzem sind Sie auf Executive-Ebene für Wissenschaft und Nachhaltigkeit verantwortlich. Welche Gründe gab es dafür, gerade jetzt diese Position ins Leben zu rufen?

Freek van den Eijnden: Der Aufbau nachhaltiger Lebensmittelketten ist das Herzstück der Strategie der Vion Food Group. Deshalb haben wir bereits 2016 eine Transparenzinitiative gestartet und 2017 als erstes Unternehmen der Branche einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht. Wir streben an, den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren, Tierschutz zu erhöhen und soziale Verantwortung zu übernehmen, und wollen Branchenvorreiter auf diesen Gebieten sein. In diesem Zusammenhang ist es nur konsequent, einen Verantwortlichen für diese Themen in das höchste Entscheidungsgremium des Konzerns, unser Executive Committee, aufzunehmen. Wir verstehen diesen Schritt als klares Signal an unsere Kunden, Mitarbeiter und an die Branche, dass wir unsere Verpflichtung zur Nachhaltigkeit äußerst ernst nehmen.

Wie groß ist der neue Bereich und welche Ziele sind damit verbunden?

Unser Ziel ist es, bis 2030 das nachhaltigste Fleischunternehmen Europas zu werden. Mit diesen Ambitionen brauchen wir mehr Fokus auf bestimmte Themen und eine engere Zusammenarbeit zwischen den Experten – konzernübergreifend und international. Das Know-how kommt aus den Bereichen Strategie, Energiemanagement, Kommunikation, digitale Innovationen, wissenschaftliche Innovationen. Außerdem involvieren wir Finanzwesen und Business Development, damit wir nah an unserem Kerngeschäft arbeiten. Wir haben somit sämtliche erforderlichen Ressourcen und das notwendige Wissen gebündelt, um unsere Nachhaltigkeitsagenda erfolgreich voranzutreiben. Nun erarbeiten wir gemeinsam einen konsolidierten Umsetzungsplan, um schneller und effizienter an unser Ziel zu kommen: das nachhaltigste Fleischunternehmen Europas zu sein.

Welche Aufgaben werden in dem neu gegründeten Bereich gebündelt?

Wir haben Nachhaltigkeit sehr breit definiert und haben insgesamt sechs Kernbereiche, an denen wir arbeiten: Tierschutz, Lebensmittelsicherheit, Klimaschutz, Arbeitsbedingungen, Biodiversität und Produktintegrität. Aktuell fokussieren wir uns auf unserem CO2-Fußabdruck. Neben Scope 1 und Scope 2 (direkte und indirekte Emissionen) arbeiten wir auch am Scope 3 (Emissionen in der Kette).

Welche konkreten Maßnahmen haben Sie in diesen wichtigen Bereichen bereits angeschoben?

Gerade im Scope 3 liegen die größten Emissionen in der gesamten Lieferkette und die erste Herausforderung ist, diesen zu berechnen, anstatt auf Branchendurchschnitt zu setzen. Dafür haben wir ein dediziertes, konzernübergreifendes Team, das bereits gute Fortschritte gemacht hat. Um unsere Scope 1 und Scope 2 zu reduzieren, haben wir ein zentrales Energieteam ins Leben gerufen, das den gesamten Prozess steuert, neue Möglichkeiten entdeckt und die Ergebnisse kontrolliert. Auch hier haben wir bereits wesentliche Verbesserungen erzielt: mit Solaranlagen auf den Dächern, durchdachtem Abwassermanagement, modernen Kühlanlagen oder Wärmerückgewinnung. Biodiversität ist ein weiteres Thema und wir freuen uns, dass wir hier auch mit kleinen lokalen Projekten an unseren Standorten etwas dazu beitragen können: mit Blumen- und Bienenwiesen, Dachbegrünung und anderen Maßnahmen.

Unter unseren Wissenschaftspartnern befindet sich beispielsweise das renommierte Friedrich-Löffler-Institut, mit dem wir gemeinsam an alternativen Betäubungsmethoden in der Schweineschlachtung arbeiten. Also, ein sehr vielfältiges Aufgabengebiet mit vielen unterschiedlichen Projekten.

Das Thema Nachhaltigkeit steht weltweit und in allen Branchen ganz oben auf der Agenda der Unternehmen. Welche Herausforderungen sehen Sie in der Fleischbranche beim Thema Nachhaltigkeit und wie reagieren Sie darauf?

Jeder Partner kann Teile einer nachhaltigen Lebensmittelkette werden, einen positiven Beitrag zu Klima- und Tierschutz leisten – und das auf eine wirtschaftlich tragbare Art und Weise. Dies ist unsere größte Chance auf eine nachhaltigere Branche. In diesem Zusammenhang können alle beteiligten Parteien beispielsweise über die Blockchain-Technologie Daten austauschen und so ihre eigene Nachhaltigkeitsperformance verbessern. Wir setzen uns daher dafür ein, Informationen beispielsweise über Tierschutzaspekte oder Tiergesundheit zu sammeln und mit der Lieferkette zu teilen.

Welche Rolle spielt das Tierwohl im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit und welche Maßnahmen ergreifen Sie in diesem Bereich?

Tierschutz ist eines der wichtigsten Themen bei Vion. Und auch hier gehören wir zu den fortschrittlichsten Unternehmen der Branche. Gemeinsam mit Partnern haben wir beispielsweise eine auf künstlicher Intelligenz basierende Software für unser Kameraüberwachungssystem entwickelt. Diese Software analysiert das gesamte Videomaterial eines Tages aus dem Ablade- und Entblutebreich in unseren Betrieben. In unserem Tierschutzüberwachungskonzept haben wir bestimmte Risikoereignisse definiert, die diese Software nun automatisch erkennt und potenzielle Abweichungen an den Tierschutzbeauftragten sendet. Damit sind eine lückenlose Kontrolle und kontinuierliche Verbesserung unserer Tierschutzmaßnahmen möglich. Wir sind gerade dabei, dieses System an allen unseren Standorten einzuführen.

Regionalität, Bio und Frische sind drei wichtige Schlagworte in Zusammenhang mit Fleisch. Welche Rolle spielen sie für die Nachhaltigkeitsstrategie?

Jeder dieser Begriffe könnte ein eigenes Interviewthema sein. Regionalität ist ein sogenannter Megatrend der Branche und spielt in Sachen Tierschutz und Umwelteinfluss eine große Rolle. Kurze Transportwege ist hier das Stichwort aber auch die Förderung der lokalen Landwirtschaft spielt bei unserer Nachhaltigkeitsstrategie eine Rolle. Hier sind wir mit einer sehr guten regionalen Standortstruktur bereits hervorragend aufgestellt. Als führender Anbieter von Bio-Rindfleisch in Deutschland setzen wir uns derzeit auch dafür ein, mit unserem in den Niederlanden bereits sehr erfolgreichen Konzept "Der Grüne Weg" die Entwicklungen in der Bio-Schweineproduktion voranzutreiben. Zur Frische gehören für uns nicht nur die höchsten Standards im Bereich Lebensmittelsicherheit, sondern auch die Regionalität.

Nachhaltigkeit umfasst aber auch andere Themen, wie einen fairen Umgang mit Geschäftspartnern und Mitarbeitern. Hier steht die Fleischbranche immer wieder in der Kritik. Welche Gegenmaßnahmen müssen hier ergriffen werden?

Seit der Abschaffung der Werkverträge in Deutschland haben wir sehr viel dafür getan, fast 3.000 Mitarbeiter in unser Unternehmen zu integrieren. Wir haben Field Coaches, die bei Fragen unterstützen oder auch bei Behördengängen helfen, organisieren Wohnungen und Transportmöglichkeiten, bieten Sprachkurse an und haben vor kurzem an jedem Standort mindestens einen Ambassador wählen lassen, der oder die ein Bindeglied zwischen dem Management und den Mitarbeitern darstellt. Und zwar in beide Richtungen. Das hilft uns, die Bedürfnisse der Mitarbeiter zu verstehen und entsprechend zu reagieren, aber auch Unternehmensentscheidungen transparenter zu kommunizieren. Nicht zu vergessen ist auch, dass Vion das einzige Branchenunternehmen in Deutschland ist, bei dem alle Mitarbeiter in Schlachtung und Zerlegung tarifgebundene Verträge haben.

Unter dem Stichwort „Plastikmüll" ist auch die Verpackung inzwischen zu einem hochrelevanten Nachhaltigkeitsthema geworden. Welche Maßnahmen ergreifen Sie?

Je nach Kundenanforderungen und Produkten setzen wir bei Vion diverse Verpackungstypen ein. Aus Gründen der Nachhaltigkeit und zur besseren Recyclingfähigkeit setzen wir schon seit Jahren bei Folien auf Monoprodukte und bei Transportkartonagen auf den Einsatz von Recyclingmaterial. Je nach Anforderungen und Kundenwünschen bieten wir auch individuelle Lösungen für diverse Märkte an. Währenddessen sind wir bestrebt, unsere Verpackungen kontinuierlich nachhaltiger zu gestalten. Wir haben die Layouts unserer Transportkartonagen überarbeitet unter anderem mit dem Ziel, weniger Druckfarben einzusetzen. Darüber hinaus reduzieren wir kontinuierlich Folienstärken, ohne dabei die Qualität oder die Haltbarkeit unserer Produkte zu beeinträchtigen.

Die Fragen stellte Peter Schneider

PHOTO (COLOR): Freek van den Eijnden treibt bei der Vion Food Group die Nachhaltigkeit voran. Foto: © Vion

1 2 FRAGEN AN ... Reiner Reutzel, Fleischermeister und Fleischsommelier, Fachberater Fleisch &a...

Welche Herausforderungen sehen Sie in der Fleischbranche beim Thema Nachhaltigkeit?

Den größten Einfluss auf die Nachhaltigkeit hat für mich der Verbraucher. Er legt durch seinen Einkauf die Parameter für Produktion, Herstellung und Verkauf fest. Der Handel würde noch intensiver auf Fleischproduzenten einwirken, wenn der Verbraucher es honorieren würde. Leider gibt es in der Bevölkerung oft kein Bewußtsein dafür, dass Fleisch ein Lebensmittel mit hoher ernährungsphysiologischer Wertigkeit ist und nicht als Billigfleisch täglich verfügbar sein muss.

Welche Rolle spielen die Begriffe Tierwohl, Frische und Regionalität?

All diese Themen sollten für die gesamte Fleischbranche eine Selbstverständlichkeit sein. Vor allem der respektvolle Umgang mit Tieren ist für mich der wichtigste Parameter, denn dies führt zu einer besseren Rohwarenqualität und dient somit dem Endprodukt. Ich würde mir mehr Bewußtsein für Tierwohl und Tierethik wünschen. Schließlich handelt es sich um Lebewesen, welche mit Respekt und dem Maximum an Tierwohl behandelt werden sollten.

Schinken Deutscher Fachverlag GmbH, ca. 220 Seiten, Hardcover € 68 Euro ISBN 978-3-86641-355-9

By Schneider Peter

Reported by Author

Titel:
NACHHALTIGKEIT IST DAS HERZSTÜCK UNSERER STRATEGIE.
Autor/in / Beteiligte Person: Peter, Schneider
Zeitschrift: Fleischwirtschaft, 2023-10-17, S. 16-18
Veröffentlichung: 2023
Medientyp: serialPeriodical
ISSN: 0015-363X (print)
Schlagwort:
  • MEAT industry
  • ANIMAL welfare
  • SUSTAINABLE development reporting
  • BUSINESS partnerships
  • FOOD safety
  • PACKAGING recycling
  • SUSTAINABILITY
  • ECOLOGICAL impact
  • EUROPE
  • Subjects: MEAT industry ANIMAL welfare SUSTAINABLE development reporting BUSINESS partnerships FOOD safety PACKAGING recycling SUSTAINABILITY ECOLOGICAL impact
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Language: German
  • Document Type: Article
  • Geographic Terms: EUROPE
  • Full Text Word Count: 1290

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