Sommer, Sonne, volle Stände - in der Münchner Innenstadt (sowieso), aber auch auf dem Messegelände! Die zweite IAA in neuer Auflage war ein,,Septemberfest", unabhängig von den Nörglern, die gern viel mehr Autos oder gar keine Autos mehr gesehen hätten.
Trotz der tollen Stimmung gab es auch viele Hinweise darauf, dass sich gerade eine ganze Branche im Wandel befindet: Auch wenn die Fahrrad- und Lastenradbranche mit der Ex-Automesse noch fremdelt - sie ist von der IAA Mobility nicht mehr wegzudenken. Denn wer es ernst meint mit der CO
Unter anderem unser VISION mobility THINK TANK:,,Die Zeit läuft ab - wie wir schnell CO
Am meisten beeindruckt hat uns jedoch die Aussage von Jennifer Lee Morgan, Staatssekretärin und Sonderbeauftragte für internationale Klimaschutzmaßnahmen im Auswärtigen Amt, auf dem chinesischen Weltkongress für,,New Energy Vehicles", der diesmal auf der IAA stattfand: Sie erklärte, dass sich weltweit alle 18 Minuten eine Umweltkatastrophe ereignet, die Schäden in Milliardenhöhe verursacht. ALLE 18 MINUTEN!!! Und sie legte nach: Derzeit sei es wahrscheinlicher, dass die Temperaturen bis 2035 auf 2,5 bis 2,7 Grad statt auf 1,5 Grad ansteigen werden. Dennoch zeigte sie sich optimistisch, dass es uns gelingen wird, das Ruder noch rechtzeitig herumzureißen, und deklarierte die 2020er Jahre als DAS entscheidende Jahrzehnt, um dies noch zu schaffen. Ihre Schlussfolgerung war so logisch wie erschütternd: Wenn uns das nicht gelingt, würden die Umweltkatastrophen bald solche Ausmaße annehmen, dass die Gesundheit und der Wohlstand der gesamten Menschheit auf dem Spiel stünden! Klar, denn wenn wir jetzt schon - statistisch gesehen - alle 18 Minuten Milliardenschäden haben und wir den Turn nicht schaffen, wird die Zeitspanne noch kürzer und/oder das Ganze wird noch teurer und tendenziell immer unbezahlbarer!
Kein Wunder, dass längst auch die Autoindustrie gegensteuert - und das nicht nur in Europa. So fielen auf der IAA Mobility viele chinesische Aussteller auf, außerdem rotteten sich Ford, Tesla und Lucid Motors auf dem Königsplatz zu einer amerikanischen,,Wagenburg" zusammen. Womit wir beim zweiten,,Symptom" nach der Präsenz von Pedalfahrzeugen und ÖPNVKonzepten wären. Der Schwäche der einst,,großen Drei" US-Hersteller: Symptomatisch der zitterig gemalte Ford-Schriftzug auf dem Model T, mit dem einst große Expeditionen unternommen wurden und das einst den Weltmarkt mit über 50 Prozent Marktanteil dominiert hat. Heute? Zieht sich Ford auf den Posten einer USFun- Brand zurück, Stellantis hat ebenfalls nur,,Spaßiges" wie Jeeps oder wilde Dodge-Modelle im Programm und war nur mit Opel präsent, und GM glänzte wie auf allen EU-Märkten durch weitestgehende Abwesenheit! Selbst der dritte Platz bei der BEST-OF-mobility-Leserwahl für das Logistikkonzept,,Brightdrop" konnte GM nicht zum Teilnehmen bewegen. Denn: Bei Vans und in der Last Mile sind Ford und GM stärker denn je!
Tesla nutzte tatsächlich die,,alte Tante IAA", um das lang erwartete Model- 3-Facelift zu präsentieren. Während Fisker ein bisschen,,Trittbrett fuhr" und in der Motorworld den Pear, Alaska und Ronin vorstellte. Das ist Fiskers komplettes Programm bis 2026, das von L.A. direkt nach München transferiert wurde. Lucid Motors brachte gleich mehrere,,Air" für ausgiebige Probefahrten an den Start.
Was die,,Wagenburg" auch zeigte: Nach wie vor können die USA auf Trends sehr schnell reagieren respektive sie setzen - nicht nur bei Apple und Co
Doch hinter den eleganten Ständen von Lucid und Tesla machte Xpeng laut Party: Man zeigte P7 und G9 und war nur ein Teil der zahlreich angereisten chinesischen Aussteller, die so ein starkes Zeichen setzten - das durch die großen Stände von BYD auf der Messe und in der Innenstadt noch verstärkt wurde. Gefühlt waren fast 50 Prozent der Standflächen von chinesischen Herstellern belegt, die zudem zahlreiche Probefahrten anboten. (Die wichtigsten davon finden Sie unter den folgenden QR-Codes.) Was uns erstaunte: Die,,klassischen Tugenden" wie Karosseriebau samt Spaltmaßen, Design und Haptik hat man in Fernost binnen weniger Jahre komplett auf EU-Niveau gehoben, während es bei der Digitalisierung, die gerade in China als so wichtig erachtet wird, noch gewaltig hakt. Die meisten Modelle nerven mit viel zu häufigem übereifrigen Warngebimmel, das man teils einfach, teils etwas umständlicher wegschalten kann, ohne dass Fahrassistenz und Sprachsteuerung annähernd das tun würden, was man als Europäer erwartet oder von den deutschen Premium-OEMs kennt. Auch Fahrwerken gehört (noch) nicht zu den Kernkompetenzen der Neulinge. Und trotzdem muss man sich angesichts eines weiteren,,Trittbrettfahrers" - Nio - fragen, warum Audi, BMW und Mercedes-Benz hier dem ET5 Touring den Vortritt bei den elektrischen Mittelklasse- Premium-Kombis lassen. Und warum Ford, Opel, VW, alle Koreaner und Japaner erst jetzt langsam Antworten auf den MG5 Kompakt-Elektro-Kombi finden. Wenigstens sind Peugeot e-308 als SW und Opel Astra Sports Tourer Electric für demnächst angekündigt
Immerhin stand der Astra auf der IAA - neben dem Rocks-e fürs Gewerbe und dem gelifteten elektrischen Corsa-e. Aber: Wer Stellantis-CEO Tavares kennt, wird sich nicht wundern, dass der Opel-Stand in der Innenstadt und auf der Messe kaum größer war als eine Bude auf dem Christkindlmarkt und ganz zu Anfang (vor den schicken Verkleidungen) auch so aussah. Wie man aus Nix viel machen kann, zeigte Mercedes-Benz: Mit schwäbischer Sparsamkeit zimmerte man (vielleicht in Zusammenarbeit mit einem schwäbischen Gerüstgiganten?) aus Sperrholzplatten und Rohrstangen eine Box, die man rot anstrich, um dort mit einer gekonnten Lichtshow (dafür waren auch nur ein paar Leuchten nötig) den künftigen elektrischen CLA zu zeigen. Immerhin machte man so aus wenig eine,,Best of Show", musste aber im Apothekerhof einen Innenhof hinter Cupra aufbauen, wo man einen Stand hinknallte, der so groß war wie der von VW Und weil man schon mal die Muskeln spielen ließ, stellte man auch gleich die vogelwilde Studie,,Dark Rebel" in 1:1 dazu - klar, bestes Showcar! Und natürlich ließ es sich CEO Wayne Griffiths nicht nehmen, Party zu machen. Die Aussage war klar: Cupra gehört die Welt - und tatsächlich tut man sich damit in neuen Märkten wie Australien auch phonetisch leichter als mit Seat, was für,,Sociedad Española de Automóviles de Turismo" steht. VW selbst? Gegenüber von Opel, zweistöckig und niedersächsisch aufgeräumt. Im Fokus? Auf der Messe der ID.7, in der Stadt stattdessen der Passat - neben der GTI-Version des künftigen ID.2. Dazu etwas versteckt im Obergeschoss der neue Tiguan. Doch statt der großen Show bevorzugte man am Stand Gespräche über Umwelt und Inklusion. Ähnlich dezent trat Audi auf: Am Wittelsbacherplatz zeigte man nur die Studie,,Activesphere Concept", während auf der Messe Q6 e-tron und der elektrische A6-Avant-Nachfolger standen. Daneben: Porsche, wo man in erster Linie den 60. Geburtstag des 911 feierte mit einem Stand in 911-Optik. Interessant: Am Ende der Audi- und Porsche-Stände konnte man die Premium-E-Bikes der Premiummar-ken leihen, die ständig unterwegs waren! Womit die Pedal-Porsches so viel Aufmerksamkeit bekamen wie die benzingetriebenen. Und klar, das Hypercar Mission X hatte man natürlich auch am Stand: erst auf der Messe, dann in der Stadt. Bentley, Lambo, Seat oder Škoda? Abwesend.
Als erste Marke startete jedoch Mini mit einer großen Vorpressekonferenz in die IAA. Dort kommt nicht weniger als das ganze Programm neu und der Markenkern elektrisch und künftig erstmal aus China. Shocking! Deshalb gab man noch zur IAA bekannt, neben den dreitürigen Verbrennern auch die dreitürigen Elektro- Minis doch AUCH wieder im Stammwerk Oxford zu bauen Ähnlich kommuniziert man bei BMW, wo man tags darauf die,,Neue Klasse" präsentierte, für die man extra ein neues Werk in Ungarn aus dem Boden stampfte, die aber dann (räusper, räusper),,auch im Stammwerk München" gebaut werde. Immerhin löst sie den,,Markenkern" 3er ab und wird nicht mehr so heißen - kommt aber ab 2026 nur noch rein elektrisch! Und auf dem vergrößerten, jetzt zweistöckigen Stand vor dem Theater zeigte man auch gern Zweiräder wie den E-Minimalisten CE 02 - ein Zweirad für 15-Jährige zwischen Fahr- und Motorrad. Auch hier verschwim-men die Grenzen maximal!
Und sonst? Renault zeigte den neuen elektrischen Scenic und vertrat damit allein nicht nur West- sondern auch ganz Resteuropa Wobei man sich mit den Rauten-SUV grundsätzlich immer noch schwertut. Nicht mal Renault-Mitarbeiter wissen, wie genau sie jetzt Arkana, Austral und den neuen Rafale und Espace einordnen sollen - da werden R5 und R4 elektrisch viel griffiger.
Japan und Südkorea traten dezenter auf denn je: Der Hyundai-Konzern hatte mit der Digital- und Mobilitätstochter,,Mobis" einen halbwegs großen Stand auf der Messe, wo auch der Kia EV9 versteckt wurde, während Honda viele Autos zum Probefahren an den Königsplatz stellte, das aber eher kaum kommunizierte. So fuhren die seltenen Lucid rund um die Uhr, während der hybridlastige Honda- Fuhrpark teils auf Teilnehmer wartete. Für Asien sprach deshalb hauptsächlich China
Dort übernimmt man Stück für Stück: Smart wurde von Mercedes-Benz zu 50 Prozent an Geely verschoben mit dem Effekt, dass künftig alle Smart-Modelle von Geely entwickelt und gebaut werden. Und weil man schon dabei war, schnitzte Geely auch gleich einen Volvo EX30 und einen Zeekr X aus der Basis. So wie Geely künftig als,,Bad Bank" gern die (letzten) Verbrenner für Mercedes-Benz und Renault entwickelt und fertigt.
Aber war das nicht DIE große Kernkompetenz von Europas Autoindustrie?! Haben wir wohl irgendwie falsch verstanden - zumal auch BMW den dreitürigen Mini samt Aceman erstmal komplett nach China verschob, bis man feststellte, dass man im Falle des Falles Probleme bekommen könnte und Oxford - natürlich mit monetärer Hilfe des britischen Staates - doch auch für die künftigen Kernmodelle ertüchtigt.
Es ist einer der größten Weckrufe in der Mobilitätsbranche ever - aber er ertönt nur leise.
Ideal für
die Menschheit: Aufwachen bitte! Unser CO
Schön, dass viele Beteiligte bereits aufgewacht sind und mit tollen Ideen voranstürmen.
Schade, dass es immer noch viel zu viele Schläfer und durchaus einige Fallstricke in dem Ganzen gibt!
Daran zeigt sich die Kräfteverschiebung: Mittlerweile werden nicht mehr einzelne Baumuster (Volvo S90, BMW iX3) in China gefertigt, sondern ganze Baureihen: Citroën C5 X, DS 9, Mini, Smart#1 und #3. Teslas Model 3 für Europa kommen ebenso komplett aus den fernen Werken wie Cupras neuer Tavascan, Volvo EX30 oder alle MG-Modelle, wo nur der Name europäisch blieb. Auch MG buchte übrigens kurzfristig noch einen Stand auf dem Messegelände und zeigte hier den elektrischen Serien-Roadster Cyberster sowie den 320 kW starken MG4 XPower.
Die letzte Überraschung erlebten wir am Kreisel um den Monopterus, wo Volta Trucks seinen Zero für Mit- und Probefahrten parkte - einen ausgewachsenen elektrischen Verteiler-Lkw. Wie ein gigantischer Wecker stand er da und nach all den Foren und Fahrrädern war klar: Es ist Zeit, aufzuwachen - denn die Welt dreht sich aktuell schneller denn je. Und wer jetzt keinen festen Halt mit festen Plänen hat, könnte demnächst vom Karussell geworfen werden. Also: Aufwachen und agieren!
PHOTO (COLOR): Der Wind hat sich ganz massiv gedreht! Auf dem chinesischen Weltkongress für,,New Energy Vehicles" auf der IAA benannte Jennifer Lee Morgan, Staatssekretärin und Sonderbeauftragte für internationale Klimaschutzmaßnahmen im Auswärtigen Amt, die aktuellen Gefahren glasklar.
PHOTO (COLOR): Zweiräder sind von der IAA nicht mehr wegzudenken. Hier nur einige Beispiele: BMW präsentierte den Scooter CE 02, KTM-Designer Gerald Kiska (3. v. re.) diskutierte Mikromobilität und bei Valeo standen Fahrund Lastenräder auf der Bühne.
PHOTO (COLOR): Valeo
PHOTO (COLOR): BMW
PHOTO (COLOR): Die USA sind immer noch für Überraschungen gut: vor allem aber Fisker, Lucid Motors und Tesla. Ford trat als einziger der einst,,Big Three" an. Schriftzug und die dünne Made-in-USA-Prägung sind sympto-matisch.
PHOTO (COLOR): Ford
PHOTO (COLOR): Fisker
PHOTO (COLOR): MG Cyberster
PHOTO (COLOR): Voyah Free
PHOTO (COLOR): Nio Nio ET 5 Tourer
PHOTO (COLOR): Avatr 12
PHOTO (COLOR): HiPhi Z
PHOTO (COLOR): BYD
PHOTO (COLOR): Leap Motors
PHOTO (COLOR): Der Wind hat massiv auf Ost-Südost gedreht: Aus China fuhren BYD, MG, Xpeng, Leap Motors und Avatr groß auf. Dazu konnte man Nio, HiPhi und Voyah fahren.
PHOTO (COLOR): BMW Vision Neue Klasse
PHOTO (COLOR): Opel Experimental
PHOTO (COLOR): Vor allem BMW, Cupra und Opel blickten weit und wild in die Zukunft, Audi, Mercedes-Benz, Porsche, Renault und VW blieben deutlich konkreter.
PHOTO (COLOR): VW ID. GTI Concept 01
PHOTO (COLOR): Renault Scenic
PHOTO (COLOR): Mercedes-Benz Concept CLA Class
PHOTO (COLOR): Porsche-Stand als Über-911, daneben PV-gedeckt Audi. Am Standende (hier nicht sichtbar) konnte man E-Bikes leihen. Weiteres Highlight: Porsches Mission X.
PHOTO (COLOR): Kia/Hyundai Mobis
PHOTO (COLOR): Japan und Südkorea entsandten nur Honda und Hyundai Mobis - wo der neue Kia EV9 mit Hyundai-Mobis-Software seine zweite Deutschland-Premiere nach der Power2Drive hatte.
PHOTO (COLOR): Honda
PHOTO (COLOR): Spannende Sidekicks: der Elektroverteiler-Lkw Volta Zero und der Zedu-1 der DL R, das erste im Betrieb fast vollständig emissionsfreie Fahrzeug.
PHOTO (BLACK & WHITE): Zum Livestream des THINK TANKS
PHOTO (BLACK & WHITE): Fisker stellt Pear, Alaska und Ronin vor
PHOTO (BLACK & WHITE): Tesla Model 3 - Erste Sitzprobe
PHOTO (BLACK & WHITE): Erste Sitzprobe im MG Cyberster
PHOTO (BLACK & WHITE): Zum Nio-Fahrbericht
PHOTO (BLACK & WHITE): Zur Vorstellung des Avatr 12
PHOTO (BLACK & WHITE): Zum Fahrbericht des Xpeng P7
PHOTO (BLACK & WHITE): Zum Fahrbericht des Xpeng G9
PHOTO (BLACK & WHITE): Zum Fahrbericht des Voyah Free
PHOTO (BLACK & WHITE): Cupra rockt die Stadt
PHOTO (BLACK & WHITE): Zur Vor-stellung des BMW
PHOTO (BLACK & WHITE): Smart erfindet sich neu
PHOTO (BLACK & WHITE): Zur Vorstellung des VW
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By GREGOR SOLLER