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Retail-Deal: Was bleibt von Sport Scheck nach der Übernahme?

Javorovic, Mara
In: TextilWirtschaft Online, 2023-10-26, S. 1-3
Online serialPeriodical

Business Retail-Deal: Was bleibt von Sport Scheck nach der Übernahme? 

Sports Direct vollzieht mit dem Kauf von Sport Scheck den lange erwarteten großen Schritt nach Deutschland. Was heißt das für die hiesige Sporthandelslandschaft? Aus eins mach 35. Keine schlechte Quote. Mit der Übernahme von Sport Scheck verfügt der britische Sporthändler Sports Direct - kurz: SDI - auf einen Schlag über Standorte in allen großen deutschen Metropolen, von Berlin bis Köln, von Hamburg bis Stuttgart, von Leipzig bis Frankfurt. Und natürlich in München. Bislang gibt es gerade mal einen einzigen, einsamen SDI-Store in Erding.

Bleibt die Frage: Was haben die Briten mit Sport Scheck vor? Wird die Marke Sport Scheck und das Konzept am Markt bleiben? Werden die Läden - oder zumindest einige - auf Sports Direct umgeflaggt? Lieferanten wollen sich offiziell noch nicht äußern. "Noch können wir überhaupt nicht einschätzen, welchen Plan die Engländer haben", heißt es in den ersten Tagen nach der Bekanntmachung.

Gerätselt wird über die Höhe des Kaufpreises. Und darüber, wie viel höher dieser Preis wohl über dem eines anderen Interessenten lag, der sich dem Vernehmen nach auch schon fast am Ziel wähnte. Und nicht zuletzt darüber, wie groß die Not des Verkäufers Signa wohl aktuell ist.

Denn Anfang vergangener Woche verkaufte Signa nicht nur Sport Scheck, sondern zog auch bei Signa Sports United (SSU) die Reißleine und nahm eine Finanzierungszusage zurück. Nur wenige Tage später war klar, dass der E-Commerce-Spezialist, der über 80 Online-Shops betreibt, es ohne Signa nicht schafft. Am Freitag meldete mit Tennis-Point die erste SSU-Tochter Insolvenz an. Und das war nur der Anfang. Inzwischen folgte Internetstores (u.a. Fahrrad.de) und auch die oberste Muttergesellschaft der Signa Sports United-Gruppe, Signa Sports United NV, wird wohl in Kürze einen Insolvenzantrag stellen, wie das Unternehmen bereits mitgeteilt hat.

Viele Sport Scheck-Lieferanten, vor allem aus dem Bereich Outdoor, arbeiten nicht oder nicht im großen Stil mit Sports Direct. Doch alle erinnern sich noch allzu gut an das Sport Eybl-Debakel in Österreich. 2013 stiegen die Briten bei dem österreichischen Sporthändler ein. Und erlebten mit ihrer extrem preisaggressiven Strategie ein Debakel. Der Plan, einfach so von Premium auf Preis umzuschwenken, ging nicht auf. Die Zahl der Eybl-, später Sports Direct-Filialen sank von über 50 auf heute noch 17 Stores in der Alpenrepublik.

"Wir werden uns das natürlich sehr genau anschauen, was jetzt mit Sport Scheck passiert", sagt denn auch der Vertriebsleiter eines Outdoor-Anbieters. "Bei Eybl sind wir damals nach einer Saison raus."

Eine der möglichen Folgen, die die SDI-Übernahme für Sport Scheck haben könnte, ist naheliegend: Die Partnerschaft mit den großen Brands wird ausgebaut werden. Genau das ist Teil der Strategie von Michel Murray. Dessen Schwiegervater Mike Ashley störte sich einst gerade an dieser Marktmacht der Brands und arbeitete sich daran ab.

Das ist Vergangenheit. Heute feiert Frasers, dass Sports Direct von Nike ganz offiziell zu einem der wichtigsten globalen strategischen Partner erklärt wird. Und lässt Adidas-CEO Bjørn Gulden in der offiziellen Mitteilung zur Sport Scheck-Übernahme zu Wort kommen. "Michaels Aufstieg bei der Frasers Group und bei Sports Direct war beeindruckend. Die Übernahme von Sport Scheck ist ein weiteres großes Engagement in der Sportbranche und eine natürliche Entwicklung in ihrer Strategie, ein globaler Player zu werden. Wir sind entschlossen und freuen uns, Sports Direct auf seinem Weg zu unterstützen." Ein klares Commitment zu Sports Direct - und eine mindestens genauso klare Ansage an Nike.

Eine engere Partnerschaft mit den Big Brands - Frasers nennt neben Nike und Adidas auch Under Armour - sowie die Aufnahme von Frasers Sportswear-Eigenlabels wie Everlast, USA Pro und Karrimor wird wohl Teil der künftigen Strategie für Sport Scheck sein. Ein Blick in das Online-Angebot von Sports Direct zeigt: Das Marken-Portfolio ist riesig - doch die Konzentration auf wenige Marken signifikant.

Sport Scheck hat seit dem Antritt des jetzigen CEO Matthias Rucker vor allem am Aufbau von Sport Scheck als Sporterlebnismarke gearbeitet. Die Idee ist nicht neu, doch seit dem Umbau der 8000m² großen Filiale in Stuttgart konnte SportScheck präsentieren, wie das auf der Fläche aussehen kann. Zum Beispiel in Form eines Erlebnis-Terminals im Eingangsbereich. Mehrere hundert Erlebnisse und Services sind hier oder auch online über die Website buchbar - seien es Lauf-Beratung und YogaSessions im Store oder die siebentägige Alpenüberquerung mit der Sport Scheck Berg- und Skischule.

Andere Services, die in der neuen Filiale von Kooperationspartnern angeboten werden, sind etwa die optische Verglasung von Sportbrillen, eine gläserne Service-Werkstatt, eine Physiotherapie-Praxis und nicht zuletzt ein Café im ersten Obergeschoss.

Dieses Konzept soll nun, so der eigentliche Plan, auch in anderen Filialen umgesetzt werden - zunächst an Standorten, an denen ohnehin Veränderungen anstehen. Erst kürzlich hatte Sport Scheck angekündigt, in Berlin, Frankfurt und Leipzig umzuziehen. Die Briten werden, davon ist auszugehen, das Filialnetz einer strengen Prüfung unterziehen. Ob bzw. wie Sport Scheck sein Geschäftsmodell mit diesen hohen Mieten profitabel betreiben kann, darüber wird in der Branche schon lange diskutiert. Immerhin ist das Münchner Haupthaus das Geschäft mit der mutmaßlich höchsten Ladenmiete Deutschlands.

Ein harter Schlag ist die Übernahme von Sport Scheck durch die Briten vor allem für die Intersport. Immerhin entfällt auf Sport Scheck rund ein Zehntel des gesamten Außenumsatzes. Die Frage nach dem Verbleib von Sport Scheck im Intersport-Verbund stand schon nach der Ankündigung der Übernahme durch Signa Ende 2019 im Raum. Sport Scheck blieb. Allerdings wurde der Filialist damals auch nicht Teil eines anderen Sport-Filialisten, der erklärtermaßen ein globaler Player werden will und bereits hervorragende Beziehungen zu den Big Brands unterhält.

Auf die Strahlkraft der Marke Intersport, an der in Heilbronn intensiv gearbeitet wird, hat die Übernahme des größten Mitglieds durch den britischen Wettbewerber keinen Einfluss. Als so genannter Kooperationspartner zahlt Sport Scheck ohne rot-blaues Intersport-Schild über den Filialen nicht auf die Marke Intersport ein - aber bei einem Verbleib im Verbund wäre das immerhin als Option vorstellbar gewesen.

Und egal, was jetzt verhandelt werden wird - selbst im unwahrscheinlichen Fall des Verbleibs im Intersport-Verbund ist diese Möglichkeit damit vom Tisch. Sollte das orangefarbene Sport ScheckSchild ausgetauscht werden, dann in ein anderes rot-blaues, nämlich das von Sports Direct.

Das wird aber wohl nicht über Nacht geschehen. Im vergangenen Jahr haben die Briten mit Sportmaster den größten Sporthändler Dänemarks übernommen. Auch dort hängt noch das Sportmaster-Schild über allen Läden. Und auch die Partnerschaft der Dänen mit Sport 2000 International, dem zweiten großen Händlerverbund, besteht weiterhin unverändert.

Die Pläne der Briten mit Sportmaster, die im letzten Geschäftsbericht der Frasers Group formuliert werden, lesen sich wie eine Blaupause für alle weiteren Akquisitionen: "Wir integrieren dieses Geschäft nun in unsere breitere Plattform und werden den Standort in den kommenden Jahren optimieren, indem wir uns auf größere, bessere und weniger Läden konzentrieren."

By Mara Javorovic

Titel:
Retail-Deal: Was bleibt von Sport Scheck nach der Übernahme?
Autor/in / Beteiligte Person: Javorovic, Mara
Zeitschrift: TextilWirtschaft Online, 2023-10-26, S. 1-3
Veröffentlichung: 2023
Medientyp: serialPeriodical
Schlagwort:
  • FRASERS Group PLC
  • METROPOLIS
  • NIKE Inc.
  • SPORT Scheck (Company)
  • MERGERS & acquisitions
  • SPORTS Direct International PLC
  • ADIDAS AG
  • SPORTS
  • BRAND name products
  • Subjects: FRASERS Group PLC METROPOLIS NIKE Inc. SPORT Scheck (Company) MERGERS & acquisitions SPORTS Direct International PLC ADIDAS AG SPORTS BRAND name products
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Alternate Title: Retail deal: What remains of Sport Scheck after the takeover?
  • Language: German
  • Document Type: Article
  • Full Text Word Count: 1103

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