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Forging the Trident. Theodore Roosevelt and the United States Navy. Ed. by John B. Hattendorf and William P. Leeman, Annapolis, MD: Naval Institute Press 2020, X, 293 S. (= Studies in Naval History and Sea Power), $ 49.00 [ISBN 978-1-68247-534-8].

Rojek, Sebastian
In: Militärgeschichtliche Zeitschrift, Jg. 82 (2023-11-01), Heft 2, S. 471-474
Online review

Forging the Trident. Theodore Roosevelt and the United States Navy. Ed. by John B. Hattendorf and William P. Leeman, Annapolis, MD: Naval Institute Press 2020, X, 293 S. (= Studies in Naval History and Sea Power), $ 49.00 [ISBN 978-1-68247-534-8] 

Forging the Trident. Theodore Roosevelt and the United States Navy. Ed. by John B. Hattendorf and William P. Leeman, Annapolis, MD : Naval Institute Press 2020, X, 293 S. (= Studies in Naval History and Sea Power), $ 49.00 [ISBN 978-1-68247-534-8]

Um die vorletzte Jahrhundertwende begannen mehrere Großmächte damit, den »Dreizack zu schmieden«. Die im Dreizack – Zepter und Waffe des griechischen Meeresgottes Poseidon – symbolisierten navalistischen Aspirationen im Zeitalter des »maritimen Imperialismus« (Rolf Hobson) beschäftigen die internationale marinehistorische Forschung seit Jahrzehnten. John B. Hattendorf, emeritierter Professor am Zentrum für Marinegeschichte des U. S. Naval War College in Newport, Rhode Island, und William P. Leeman, der an der Salve Regina University am selben Ort Geschichte lehrt, nehmen mit ihrem Sammelband die navalistischen Bestrebungen der Vereinigten Staaten von Amerika zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den Blick. Der Fokus liegt dabei auf Theodore Roosevelt (1858–1919), dem US-Präsidenten von 1901 bis 1909, und dessen Verhältnis zur amerikanischen Marine. Roosevelt hat in seinem illustren Leben vieles erlebt und gestaltet: So war er neben seinen Tätigkeiten als Politiker, Abenteurer, Soldat und New Yorker Gouverneur auch als Marinehistoriker und zeitweise als stellvertretender Marineminister aktiv. Der Band möchte die maritime Dimension im Leben Roosevelts beleuchten und damit eine Lücke in der etliche Regalmeter füllenden Forschungsliteratur über den Präsidenten schließen, der für die Entwicklung der modernen amerikanischen Marine maßgeblich war. Die Autoren und Autorinnen der – nach der Einleitung der Herausgeber – elf Beiträge stammen hauptsächlich aus dem Umfeld amerikanischer Marineinstitute sowie deren Bildungs- und Forschungseinrichtungen. Sie nehmen jeweils unterschiedliche Aspekte des Rahmenthemas in den Blick und sind alle durch einschlägige Veröffentlichungen ausgewiesen.

Worum geht es nun in dem Band? Hattendorf fokussiert in seiner Einleitung die vier Besuche Roosevelts am Naval War College in Newport sowie die Freundschaft des späteren Präsidenten mit dem Marinestrategen Alfred Thayer Mahan, dessen Studien über den Einfluss der Seemacht auf die Geschichte maßgeblich dazu beitrugen, den maritimen Imperialismus in den USA ebenso wie bei anderen Großmächten zu befördern. Roosevelts Besuche in Newport kreisten um die Themenkomplexe, denen sich auch die Beiträge des Bandes widmen, nämlich »the issues of naval history, education, empire, politics, and prepardness« (S. 12). Hier ist nicht der Raum, um auf jeden Beitrag im Einzelnen ausführlich einzugehen. Aber aufs Ganze gesehen gewähren die Beiträge einen Einblick in die (Marine-)Geschichte und Politik der Vereinigten Staaten um die vorletzte Jahrhundertwende. Dass der Band sich nicht in unkritischer Traditionsbildung ergeht, demonstriert der erste Aufsatz. Denn Sarah Goldberger nimmt Roosevelts Verhältnis zu den Südstaaten in den Blick und zeigt, dass der Politiker hier seine mit dem (weißen) Süden verknüpfte Familiengeschichte (zwei Onkel dienten in der Marine der Konföderierten) öffentlich nutzte, um die Nation durch das Projekt einer Seemacht zu einen. Hierbei handelte es sich allerdings um einen »Faustian bargain that ignored the South's racial policies in favor of nationalism and a new navy capable of protecting and projecting American interests« (S. 28).

Kevin D. McCranie zeichnet in seinem Aufsatz Roosevelts Tätigkeit als Marinehistoriker nach und zeigt, dass sein Protagonist seine Analyse des Britisch-Amerikanischen Seekriegs von 1812 nutzte, um der Öffentlichkeit diejenigen Lehren zu vermitteln, die er meinte, hieraus gezogen zu haben. Denn zu Beginn des Jahrhunderts seien die amerikanischen Seestreitkräfte schlecht vorbereitet und viel zu klein gewesen, um wirklich erfolgreich Krieg zu führen. Demnach musste die Marine stets kriegsfähig sein und so aufgerüstet werden, dass sie die potenziell globalen Interessen der USA wirksam vertreten könne. Die Gelegenheit, seine Pläne umzusetzen, erhielt der junge Akademiker, als er mit noch nicht vierzig Jahren zum stellvertretenden Marineminister aufstieg. Von dieser Position aus reformierte Roosevelt in nur wenigen Jahren grundlegend die US-Seestreitkräfte, wie mehrere Beiträge mit Blick auf verschiedene Aspekte seiner Amtszeit feststellen.

Folgt man der Darstellung Edward J. Maroldas, so tat Roosevelt alles dafür, um die Marine kriegsfähig zu machen, da seiner Ansicht nach allein eine starke Seemacht die Feinde der USA abschrecken könnte. Im Spanisch-Amerikanischen Konflikt, der schließlich im Jahr 1898 in einen Krieg eskalierte, war er durchgehend auf Seite der Falken zu finden und schuf die Voraussetzung dafür, dass die Vereinigten Staaten sich »as a truly global power« (S. 76) etablieren konnten. Einen Teilaspekt dieses Aufbaus der Marine beleuchtet William P. Leeman, indem er Roosevelts letztlich erfolgreiche Bemühungen darstellt, die Ausbildung innerhalb der Seestreitkräfte zu verbessern. Denn seine »navalist agenda« (S. 103) setzte voraus, dass diejenigen Bildungsressourcen zur Verfügung standen, um die damals hochmodernen Kriegsschiffe auch adäquat führen zu können. In diese Richtung wirkte auch seine Reform des Marineoffizierkorps, wie Jon Scott Logel beschreibt. Denn diese schuf die Grundlage für die modernen Ausbildungs- und Karrierewege der U. S. Navy. Die moderne Technologie faszinierte Roosevelt, wie Matthew Oyos ausführt. Ganz im Stil der Zeit verkörperten und symbolisierten die Kriegsschiffe für ihn (und viele andere) die ökonomische Leistungsfähigkeit der Vereinigten Staaten ebenso wie deren technologischen Fortschrittsgeist, der zu einem Zuwachs an politischer Macht führen sollte. Er setzte sich in seinen verschiedenen Ämtern und nicht zuletzt als Präsident dafür ein, die Marine stets mit den modernsten Waffensystemen und Technologien auszustatten. Dieses Engagement, das sich auch durch seine persönliche und von Kindheit an nachweisbare Faszination für die Seestreitkräfte erklären lässt, führte schließlich dazu, dass die USA zu »one of the leading sea powers« (S. 145) avanciert waren, als Roosevelt 1909 das Weiße Haus verließ. Diese Aspekte beleuchtet auch David Kohnen, der zeigt, dass Roosevelt strategische Vision darin bestand, die Marine zu einer Streitkraft aufzubauen, in der die Einheit der Nation und globale Ansprüche sich medienwirksam verbanden. Die U. S. Navy sollte dabei als »peacemaker« (S. 149) auf den Weltmeeren agieren können. All das konnte der stellvertretende Marineminister und spätere Präsident nicht alleine schaffen, wie Branden Little in einem Aufsatz darlegt, der die Beziehung zwischen Roosevelt und »seinen« fünf Marineministern analysiert. Insgesamt teilten diese Männer dessen navalistische Agenda und formten »the president's favorite department« (S. 200) in dessen Sinne.

Eine der bekannteren marinegeschichtlichen Episoden der Ära Roosevelt stellt die Weltreise der »Great White Fleet« dar, ein Verband von 16 Linienschiffen, der von 1907 bis 1909 Präsenz auf den Weltmeeren zeigte. Diese Reise diente einmal propagandistischen Zwecken im Inland und sollte die neue amerikanische Seemacht vor Augen führen, verfolgte darüber hinaus aber auch geostrategische Ziele, indem Japan im Pazifik davon abgeschreckt werden sollte, einen militärischen Konflikt mit den USA zu wagen. James R. Holmes zeigt in seinem Aufsatz, dass diese Abschreckung höchstens temporär funktionierte, denn Japan zog aus dieser Demonstration strategische Konsequenzen für die eigene Seemacht, die langfristig wirksam wurden und damit das Abschreckungspotenzial der US-Marine unterhöhlten. Holmes ist dabei der Ansicht, dass die gegenwärtig verantwortlichen Politiker der USA diese Episode besonders gründlich studieren sollten, um »for an age of great power competition« (S. 230) gerüstet zu sein. Dieser Beitrag ist dabei der einzige, der so deutlich als eine Form historischer Politikberatung auftritt. Ob man mit historischen Mitteln aber wirklich so einfach handlungsleitendes Wissen für die Marinestrategie der Gegenwart und Zukunft generieren kann, sei einmal dahingestellt.

Mit den »Lessons of History« (S. 234) setzt sich auch Jason W. Smith auseinander. Er untersucht, wie Roosevelts Vorstellungen über den Verlauf der Geschichte in die Kommunikation über die Weltreise der Great White Fleet einflossen. Diejenigen Lektionen, die der Präsident meinte aus der Marinegeschichte ableiten zu können, enthüllen eine »race-based conception of history« (S. 236), sowie Vorstellungen über Männlichkeit und die Bedeutung, welche den Seestreitkräften zukamen, um medienwirksame Events zu inszenieren, die wiederum Japan abschrecken sollten.

Craig L. Symonds nimmt zuletzt Roosevelts fünfundzwanzig Jahre jüngeren Cousin Franklin D. Roosevelt in den Blick, und fragt danach, inwiefern der Ältere dessen Weltsicht und Präsidentschaft prägte. Im Ergebnis habe der Jüngere seine Karriere nach dem Modell des Älteren entworfen und musste erst 1921, als er im Alter von 39 Jahren infolge einer Erkrankung auf den Rollstuhl angewiesen war, einen eigenen politischen Weg finden, der nicht mehr primär durch das Vorbild Theodores bestimmt war.

Alles in allem ist dem Herausgeberduo und den Autorinnen und Autoren ein Buch gelungen, das in gut lesbaren Beiträgen einen Einstieg in diejenige historische Phase bietet, in der die USA im Allgemeinen und Theodore Roosevelt im Besonderen damit begannen, »den Dreizack zu schmieden«. Ein Register erlaubt darüber hinaus die gezielte Arbeit mit dem Band. Wer sich für die amerikanische Marinegeschichte oder den maritimen Imperialismus um 1900 interessiert, wird das Werk durchaus mit Gewinn zur Kenntnis nehmen. Viele Beiträge durchzieht dabei eine Bewunderung für den Präsidenten, der die US-Marine ins 20. Jahrhundert führte und grundlegende Aufbauarbeit leistete; dennoch werden auch problematische Aspekte angesprochen, etwa der »social Darwinism« (S. 242) des Hauptprotagonisten. Auch in dieser Hinsicht fügt sich die US-Flottenrüstung um 1900 ganz in den damaligen Trend des maritimen Imperialismus.

By Sebastian Rojek

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Titel:
Forging the Trident. Theodore Roosevelt and the United States Navy. Ed. by John B. Hattendorf and William P. Leeman, Annapolis, MD: Naval Institute Press 2020, X, 293 S. (= Studies in Naval History and Sea Power), $ 49.00 [ISBN 978-1-68247-534-8].
Autor/in / Beteiligte Person: Rojek, Sebastian
Link:
Zeitschrift: Militärgeschichtliche Zeitschrift, Jg. 82 (2023-11-01), Heft 2, S. 471-474
Veröffentlichung: 2023
Medientyp: review
ISSN: 2193-2336 (print)
DOI: 10.1515/mgzs-2023-0082
Schlagwort:
  • FORGING the Trident (Book)
  • LEEMAN, William P.
  • HATTENDORF, John B.
  • TRIDENTS
  • NONFICTION
  • Subjects: FORGING the Trident (Book) LEEMAN, William P. HATTENDORF, John B. TRIDENTS NONFICTION
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Language: German
  • Document Type: Book Review
  • Author Affiliations: 1 = Stuttgart, Germany
  • Full Text Word Count: 1462

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