Da der Blues die Entwicklung der Popularmusik in fast allen Stilrichtungen bis heute beeinflusst, wird der Fokus für die schulische Auseinandersetzung mit dem Blues alternativ einmal auf die Begegnung mit aktuelleren Klangbeispielen gerichtet.
Der Blues ist vermutlich in fast allen Bildungsplänen in irgendeinem Jahrgang als Thema vorgeschrieben oder zumindest vorgeschlagen, und deshalb finden sich in allen gängigen Lehrwerken entsprechende Kapitel. Leider beschränken sich diese Beiträge zumeist auf die Darstellung der sozioökonomischen Hintergründe bei der Entstehung des Blues, des 12-taktigen Blues-Schemas, der Blues-Tonleiter mit ihren Bluenotes und irgendeinem Blues-Titel aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zum Singen und Musizieren mit der Klasse. Historisch und stilistisch endet das im Allgemeinen beim elektrifizierten City oder Urban Blues der 1940er und 50er Jahre mit Beispielen wie B. B. King oder John Lee Hooker. Dass der Blues fast alle stilistischen Varianten der Popularmusik bis in die heutige Zeit hin beeinflusst hat, wird dabei verschwiegen und bleibt als didaktisches Potenzial ungenutzt. Ich habe meinen Musik-Referendar:innen immer geraten, mit Beispielen aus dem zeitgenössischen Blues zu beginnen, um die Schüler:innen emotional erreichen zu können und nicht gleich den Eindruck zu vermitteln, es handle sich dabei um irgendeine Uralt-Mucke, zu der wir keinen Bezug mehr haben. Beispiele hierfür habe ich am Ende dieses Textes aufgelistet. Im nächsten Schritt könnte man den Schüler:innen zeigen, wie sich Elemente des Blues in vielen anderen Stilarten der Pop- und Jazzmusik wiederfinden, wie der Blues eine wichtige Triebfeder bei der Entwicklung und Diversifizierung der Popularmusik gewesen ist: im Bluesrock der 1970er-90er Jahre (z. B. John Mayall, Ten Years After, Cream, Stevie Ray Vaughan), im moderneren Jazz (z. B. Miles Davis, Cassandra Wilson), in der Black Music von Alicia Keys, Prince oder Beyoncé, oder im Neo-Soul von Joss Stone oder Laurin Hill. Auch in aktueller Rap-Musik finden sich in den Sujets der Texte (Sozialkritik, Problembewältigung, Liebeskummer ), in d er Reduktion der musikalischen Ausgestaltung (wenige Akkorde, einfache Riffs, Patterns, Samples ) und in der Expressivität der Sing- und Sprechstimme (Shouting, Pitch-Bending, ternäre Phrasierung, Call&Response-Elemente ) musikalische Merkmale, die auf den Einfluss des Blues zurückgehen. Eine kompakte Übersicht findet sich auf dem Infoblatt: „Blues: Einflüsse bis heute“ (S. 49).
Will man sich dann die Kernentwicklung des Blues in den vergangenen 100 Jahren etwas genauer ansehen, so wären die markanten Entwicklungsstufen folgende:
* Coutry/Delta Blues (1890-1920)
* City/Urban Blues (1920-1940)
* Rhythm'n'Blues (1950er)
* Bluesrock der 1960/70er
* Contemporary Blues der 1980er/90er Jahre.
Auch die meisten Stile des Jazz (insbesondere die eher „schwarz“ geprägten) haben tiefe Wurzeln im Blues: Blues-Schema und Blues-Tonleiter prägen noch ganz den New Orleans Jazz, in Swing und Bebop gibt es z. T. erweiterte Bluesharmonik, die auch den Gebrauch neuer Skalen für die Improvisation verlangen, aber es gibt immer wieder Titel, die eindeutig auf Blues-Elemente zurückgreifen. Nach der Überhitztheit des Bebop und den kammermusikalischen Artefakten des Cool Jazz kommt der Hardbop mit Titeln wie dem All Blues oder Moanin' zur Schlichtheit von Blues und Gospel zurück. Und auch im zeitgenössischen Jazz der letzten Jahrzehnte gibt es, v. a. unter den schwarzen Musiker:innen, prominente Beispiele dafür, wie die Verbindung von Blues mit aktuellem Jazz klingen kann, z. B. bei Cassandra Wilson, Winton Marsalis oder Herbie Hancock. Andere Stile der Popularmusik für eine Spurensuche des Blues wären z. B. Rock'n'Roll, Funk/Soul und Hard Rock/Heavy Metal. Selbst in der Country Music, die wie der Blues im frühen 20. Jahrhundert in den Südstaaten ihren Ursprung hatte, findet sich das 12-taktige Blues-Schema, es gibt Überschneidungen bei den thematischen Inhalten der Texte und die Slide Guitar ist sowohl im Blues als auch in der Country Music ein typischer Sound.
Welches sind nun die typischen Blues-Elemente, die bis heute auch in anderen Musikstilen Verwendung finden?
* Das Blues-Schema mit den 3 Hauptstufen und den charakteristischen Dominantseptakkorden - und vielen Varianten davon.
* Die ternäre und entspannte rhythmische Gestaltung (laid-back).
* Die Verwendung von einprägsamen Riffs, von bluesigen Gitarren-Licks, von typischen Piano- und Orgelfiguren, der Sound der Steel Guitar und der Mundharmonika.
* Die Expressivität des Blues-Gesangs mit seinen typischen Schleifern (Slides), Tonbeugungen (Pitch Bendings) und seinen melismatischen Gesangslinien.
* Die Funktion der Texte bei der Beschreibung von Liebeskummer, von persönlichen Notlagen, von Unterdrückung, und bei der Artikulation von Sozialkritik.
* Die Kombination dieses Ausdruckswillens mit extrem reduzierten musikalischen Elementen.
Die beiden folgenden Fachbegriffe sind schon in vielen zugänglichen Materialien ausführlich beschrieben, deshalb hier nur als kurze Erinnerung:
* Das 12-taktige Blues-Schema:
* Die Blues-Tonleiter:
Die „fehlenden“ Töne der Dur-Tonleiter werden als Vorhalts-/Durchgangs-/Wechselnoten beim Improvisieren aber durchaus auch verwendet. Bei den beiden Bluenotes b3 und b7 ist der Wechsel zwischen kleiner und großer Terz bzw. kleiner und großer Septim geradezu charakteristisch.
Hinweis: Einige Fakten zu diesem Thema wurden mit Hilfe von Chatgpt überprüft, zu zitierende Formulierungen wurden dabei aber nicht übernommen.
* Bluesrock/Contemporary Blues Steve Ray Vaughan: The Sky Is Crying, https://
* Janis Joplin: Me & Bobby McGee, https://
* Eva Cassidy: Stormy Monday, https://
* Ten Years After: I'm Going Home, https://
* Cream: Crossroads, https://
* John Mayall: Country Road, https://
* The Blues Brothers Band: Sweet Home Chicago, https://
* Gary Moore: Story of the Blues live (YouTube Video mit Bigband), https://
* Hamburg Blues Band 2020: Stormy Monday Blues, https://
* Rockpalast 2010: Blindside Blues Band, https://
* Homemade Jamz Blues Band: Gotta Bad Bad Feeling, https://
* Ry Cooder: The Prodigal Son (live im Studio), https://
* Joe Bonamassa: Different Shades of Blue (Youtube Video), https://
* Steve Vai: Blue Powder (Youtube Video),s https://
* Louis Armstrong: St. Louis Blues, https://
* Billie Holliday: My Man Don't Love Me, https://
* Charlie Parker: Now's the time, https://
* Sonny Rollins: Tenor Madness, https://
* Cassandra Wilson: Resurrection Blues, https://
* Miles Davis: All Blues, Link: https://
Weitere Materialien:
* Strathmore Music Center: Shades of Blues (11 Artikel zu unterschiedlichen Aspekten des Blues; z. T. mit Youtube Links und Links zu Spotify Playlists): https://
* Giovanni Russonellos Spotify Playlist zu Einflüssen des Blues bis heute: https://open.spotify.com/playlist/5lfm2Y2wxo4eo3pvNwQ2Kx
* America's Blues (Documentary, 2015) in English: https://
* Blues Story (Documentary, 1986): https://
* The Blues - 7teilige Dokumentation von PBS von 2003 mit vielen Zusatzmaterialien, auch für den Unterricht (pbs.org/theblues) Influence of Blues: https://
Blues: Einflüsse bis heute
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* Links zu Klangbeispielen und Materialien
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By Elmar Luksch