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TW-Zahlengipfel: Die drei drängendsten Fragen für den Modemarkt - Frage 3: Lässt sich überhaupt noch zum Vollpreis verkaufen? Und wenn ja: Wann und wie lange?

Freutel, Aziza
In: TextilWirtschaft Online, 2023-11-20, S. 1-3
Online serialPeriodical

Business TW-Zahlengipfel: Die drei drängendsten Fragen für den Modemarkt - Frage 3: Lässt sich überhaupt noch zum Vollpreis verkaufen? Und wenn ja: Wann und wie lange? 

Diese Fragen waren für die Teilnehmenden des Zahlengipfels der TextilWirtschaft die drängendsten. Die Antworten im Überblick. Bei einem Zahlengipfel, der auch noch in den November fällt, darf das Thema Preis natürlich nicht fehlen: Mit Singles Day, Black Friday und Cyber Monday hat sich der Monat längst zu einem der rabatt- und umsatzstärksten für den Modemarkt entwickelt. So erwartet der HDE für dieses Jahr einen Anstieg der Einzelhandelsumsätze über alle Branchen um 3% auf 5,8 Mrd. Euro. Ein Teil davon wird auch in den Modehandel fließen.

Für Petra Dillemuth ist das keine Überraschung. "Das ist auch eine krisenbedingte Entwicklung. Wir fragen in unseren Verbraucherbefragungen immer: 'Auf was achten Sie beim Modekauf eher - Qualität oder Preis?' In den letzten Jahren haben immer mehr Leute gesagt, dass ihnen die Qualität wichtiger ist als der Preis. Das hat sich jetzt wieder ein bisschen gedreht, was sicher der Inflation und den knapperen Budgets geschuldet ist."Laut GfK Consumer Panel Fashion werden knapp 40% der Modeartikel mit Preisnachlässen gekauft. Ein seit einiger Zeit stabiler Prozentsatz.

"Es ergibt Sinn, in Tools zu investieren, die befähigen, bedarfsgerecht einzusteuern. Trotzdem kann ich mir vorstellen, dass der Zeitraum der Schwarzpreisverkäufe aufgrund der unvorhersehbaren Wetter- und Krisensituationen künftig etwas reduziert wird." Marc Unterbrink, H+P Der hohe Anteil stellt den Bekleidungsmarkt aber durchaus vor Herausforderungen. Preisnachlässe minimieren die Marge der Modeanbieter, auf die sie gerade in Zeiten mit wachsendem Kostendruck besonders angewiesen sind. Und was - wie etwa im September vielerorts gesehen - zu starken Preisnachlässen führen kann.

Ein Teufelskreis. Angesichts des sehr sommerlichen Wetters verlief der Saisonstart in den Herbst für die Branche alles andere als zufriedenstellend. Die Umsätze rutschten ab. Eine wetterbedingte Ausnahmesituation oder Auftakt für einen langfristigen Trend? "Ich glaube schon, dass wir weiter zum Vollpreis verkaufen werden. Aber ich glaube auch, dass das Intervall, in dem zum Vollpreis verkauft werden kann, kürzer wird", sagt Peter Frank von der BBE mit Blick auf den viel zu warmen Herbstauftakt. Neben dem Wetter spielten die permanenten Aktionen, die vor allem durch das Internet stetig sichtbar seien, hier rein.

Zudem nutzten viele Marktakteure die Preisgestaltung zunehmend strategisch. "Es gibt seit vielen Jahren erfolgreiche Unternehmen, die zu Beginn der Saison einen Einkaufsgutschein herausschicken in Höhe von beispielsweise 20 Euro. Dabei geht es dann darum, die Kundin oder den Kunden zum ersten Kauf in der Saison zu bewegen.

Wenn dann jemand für 500 Euro einkauft, sind die 20 Euro ein verhältnismäßig geringer Preis dafür, dass der Umsatz beim eigenen Unternehmen und nicht beim Händler nebenan zwei Wochen später gemacht wurde."

An vielen Stellen im Gespräch wird deutlich, wie strategisch mit dem Thema Preis in der Modebranche mittlerweile umgegangen wird und wie wichtig dabei wiederum die Differenzierung zwischen unterschiedlichen Kundengruppen und Saisonzeitpunkten ist.

"Wir unterscheiden drei Gruppen an Kunden. Den Vollpreiskunden, der schon immer zum Vollpreis gekauft hat, den betreffen die Preissteigerungen kaum und der ändert deswegen auch sein Konsumverhalten nicht. Es sei denn, er wandert aus ideellen Gründen zu Secondhand ab oder verzichtet mal auf eine neue DesignerTasche", sagt Marc Unterbrink von Hachmeister+Partner.

Genau diese Kundengruppe stehe allerdings für mehr als die Hälfte der Umsätze im H+P-Händlerkreis. "Mit 18% der Kundinnen und Kunden werden rund 60% der Umsätze erzielt. Das macht deutlich, wie wichtig es ist, in der Saison diese 18% zu aktivieren." "Das T-Shirt lässt sich im August immer noch zum Vollpreis verkaufen, die Winterjacke im März aber definitiv nicht mehr." Gerhard Albrecht, Unitex Generell gebe es in den vergangenen Jahren einen Trend zu geringeren Abschriften - aufgelaufen per Ende Oktober lägen sie im H+P-Kreis bei 13,1% und damit etwa 1,8 Prozentpunkte niedriger als im Vergleichszeitraum 2019.

Der Handel habe viel nachjustiert. "Marketingaktionen dürfen aber nicht nach dem Gießkannenprinzip laufen. Die A-Kundin sollte etwa schon zum Saisonbeginn angesprochen werden, um die Ware zum Vollpreis verkaufen zu können."

Zumal es für die Verbraucherinnen und Verbraucher immer leichter wird, Preise zu vergleichen. "Mit der hohen Preistransparenz haben vor allem größere MultilabelHändlern mit einem mittelpreisigen Sortiment Schwierigkeiten, da ihr Sortiment oft auch online zu finden ist", sagt Hansjürgen Heinick vom IFH.

Die Anbieter müssten es schaffen, sich aus dieser Transparenz lösen, etwa durch alternative Marken und ein umfassendes Service-Angebot. Das richtige Austarieren der Preissetzung sieht auch Martin Groß-Albenhausen vom bevh als entscheidend an. "Das macht den Unterschied zwischen den Anbietern, ob sie sich mit Rabatten in den Ruin wirtschaften oder damit erfolgreich sind.

Einem Neukunden etwa, zu dem man noch Vertrauen aufbauen muss, schickt man nicht gleich einen Gutschein. Den bekommt dann eher der Kunde, der schon länger dabei, aber inaktiv ist." In diesem Bereiche müssten viele Unternehmen noch - auch technologische -Kompetenzen aufbauen.

Das sieht Marc Unterbrink ähnlich, wobei er noch früher ansetzt. Es müsse darum gehen, nicht in die Zwickmühle des Warenüberschusses zu kommen, wenn reduziert werden muss, weil die neue Ware schon vor der Tür steht. "Es ergibt Sinn, in Tools zu investieren, die befähigen, bedarfsgerecht einzusteuern. Trotzdem kann ich mir vorstellen, dass der Zeitraum der Schwarzpreisverkäufe aufgrund der unvorhersehbaren Wetter- und Krisensituationen etwas reduziert wird in Zukunft", sagt Unterbrink und ergänzt dann noch: "Und aufgrund von Liquiditätsfragen sicherlich auch. Anders kann ich mir manche Rabattaktionen im September nicht erklären."

Auch Axel Augustin sieht in der richtigen Mengenplanung einen Weg, um Reduzierungen zu minimieren. "Das Thema hat doch auch etwas mit dem Einkauf zu tun. Wenn ich natürlich als Händler gezwungen bin, mehr einzukaufen als ich brauche, weil Mindesteinkaufsmengen bestehen, dann muss ich vielleicht auch mal früher in die Reduzierungstrommel greifen. Die Lieferanten haben so auch Einfluss auf die Situation. Wenn es möglich ist, zu sagen, ich nehme nur die Menge, die ich wirklich verkaufen kann, dann müsste ich vielleicht auch nicht mehr so viel reduzieren."

An dieser Stelle widerspricht Gerhard Albrecht. "Ich glaube, der Peak ist überschritten. Die Vorgaben haben sich in den meisten Fällen den Realitäten angepasst." Der Unitex-Geschäftsführer betont beim Vollpreisverkauf das Thema Warensteuerung. "Ich glaube, man muss hier stark differenzieren und überlegen, wie schauen denn die Saisons aus?"

Die Wareneinsteuerung laufe weiterhin grundlegend falsch. "Bei der Herbst/Winter-Saison ist das durchaus kritischer als in der Frühjahr/SommerSaison. Da kommt viel neue, wertmäßig teure Ware rein und gleichzeitig fangen die ersten Preisaktionen an, um einem Black Friday, Cyber Monday oder was auch immer etwas vorwegzunehmen."

Da überrasche es nicht, dass die erzielten Spannen durchweg bei den UnitexHändlern im Frühjahr/Sommer deutlich höher als in der Herbst/Winter-Saison sind. "Das T-Shirt lässt sich im August immer noch zum Vollpreis verkaufen, die Winterjacke im März aber definitiv nicht mehr."

By Aziza Freutel

Titel:
TW-Zahlengipfel: Die drei drängendsten Fragen für den Modemarkt - Frage 3: Lässt sich überhaupt noch zum Vollpreis verkaufen? Und wenn ja: Wann und wie lange?
Autor/in / Beteiligte Person: Freutel, Aziza
Zeitschrift: TextilWirtschaft Online, 2023-11-20, S. 1-3
Veröffentlichung: 2023
Medientyp: serialPeriodical
Schlagwort:
  • ELECTRONIC commerce
  • FASHION
  • CONSUMER behavior
  • PRICES
  • DISCOUNT prices
  • ONLINE shopping
  • CLOTHING industry
  • Subjects: ELECTRONIC commerce FASHION CONSUMER behavior PRICES DISCOUNT prices ONLINE shopping CLOTHING industry
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Alternate Title: TW figures summit: The three most pressing questions for the fashion market - Question 3: Can it still be sold at full price? And if so: when and for how long?
  • Language: German
  • Document Type: Article
  • Full Text Word Count: 1100

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