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Konkurs-Chronologie: Diese Modeunternehmen haben 2023 Insolvenz angemeldet.

Rösch, Bert
In: TextilWirtschaft Online, 2023-11-28, S. 1-12
Online serialPeriodical

Business Konkurs-Chronologie: Diese Modeunternehmen haben 2023 Insolvenz angemeldet 

Dieser Artikel wird laufend aktualisiert. Neu: Signa

In diesem Jahr haben 123 Mode- und 87 Textilanbieter hierzulande einen Insolvenzantrag gestellt. Bei vier Unternehmen ist die Sanierung bereits gescheitert. Mindestens neun Fashion-Anbieter haben sich in diesem Jahr gerettet. Ein Überblick mit vielen Zahlen, Fakten und Stimmen. Ein Überblick mit vielen Zahlen, Fakten und Stimmen. Die erste Insolvenzanmeldung der Branche dieses Jahres erfolgte Anfang Februar, als der oberfränkische Multichannel-Modehändler Schödlbauer Textilkaufhaus e.K. sein zuständiges Amtsgericht aufsuchte. Das Unternehmen betrieb zum Zeitpunkt der Insolvenzanmeldung neben einem Modehaus die Online-Shops Mode-Schoedlbauer.de und Hemden-Meister.de.

Das Modehaus wurde Ende April geschlossen, der Online-Shop aus dem Netz genommen. Anfang Mai wurde das Regel-Insolvenzverfahren eröffnet. Am 19. Juni fand sich dann mit dem Maßschneider und Herrenmode-Anbieter Regent ein Käufer für den Spezial-Shop Hemden-Meister.de.

Die Gläubiger haben den Deal am 12. Juli zugestimmt. Das Insolvenzverfahren wird voraussichtlich erst 2026 abgeschlossen wird, weil es sich um ein Insolvenzverfahren einer natürlichen Person handelt. Daher beläuft sich die Abtretungsfrist auf drei Jahre.

Der 2007 gelaunchte Online-Shop Hemden-Meister.de hat sich auf City-Hemden spezialisiert hat und wurde vom Deutschen Institut für Service-Qualität zweimal als einer der drei besten Online-Shops Deutschlands in der Kategorie Hemd ausgezeichnet wurde. Somit galt Schödlbauer lange Zeit als Paradebeispiel für die gelungene Transformation eines stationären Modehändlers in einen MultichannelAnbieter.

Während der Corona-Krise geriet Hemden-Meister aber ins Schlingern. Schließlich war in dieser Zeit die Nachfrage nach Business-Hemden massiv eingebrochen. Die Krise hielt auch nach dem Ende der Corona-Pandemie an, da sich der Markt inzwischen mehr in Richtung Casual gedreht hatte und viele Kunden wegen der hohen Inflation deutlich weniger Geld in Mode investiert haben als zuvor.

Auf den Multichannel-Modehändler Schödlbauer folgte Ende Februar der Siegburger Mode-Einzelhändler TK Fashion Group, der 135 Mitarbeiter beschäftigt. Am 1. Mai wurde das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eröffnet, das Geschäftsführer Thomas Herbert Kronefeld verantwortete.

Zum Sachverwalter wurde der Bonner Rechtsanwalt Biner Bähr ernannt, der zurzeit auch vorläufiger Insolvenzverwalter der Ahlers AG ist. In den folgenden Monaten hat sich der Siegburger Modehändler neu aufgestellt.

Kernpunkte der Restrukturierung waren die Bereinigung des Ladennetzes, neu verhandelte Mietverträge, die Erhöhung des Depotanteils von 40% auf 50% und eine Überarbeitung des E-Commerce-Konzepts. Somit konnte das Amtsgericht Bonn das Verfahren am 23. August aufheben.

Anfang März musste der Modefilialist P&C Düsseldorf Insolvenz anmelden. Am 1. Juni wurde das Eigenverwaltungsverfahren eröffnet. Anfang Juli hat die Gläubigerversammlung grünes Licht für den Sanierungskurs des Modehändlers gegeben. Am 25. August stimmten die Gläubiger der Peek & Cloppenburg Düsseldorf KG den Insolvenzplan des Filialisten mit großer Mehrheit zu. Am 1. Oktober wurde das Eigenverwaltungsverfahren aufgehoben.

Die Gläubiger sollen jetzt 50 Mio. Euro erhalten. Über einen Besserungsschein sollen sie in einem zweiten Schritt an den Unternehmensgewinnen in den Jahren 2024 und 2025 beteiligt werden. Damit können sich die Gläubiger Hoffnungen machen, dass ihre Quote in den zweistelligen Prozent-Bereich kommt. Mit über 80% größter Gläubiger sind die Banken von P&C. Laut Insolvenzplan, welcher der TW vorliegt, beliefen sich die gesamten Forderungen auf 380 Mio. Euro.

Davon entfallen fast 62% (234 Mio. Euro) auf Corona-Kredite, für welche die Staatsbank KfW gebürgt hat. Anfan Oktober wurde das Verfahren aufgehoben.

Der Mode-Einzelhändler hat nach Berechnungen der Insolvenzberatung im ersten Halbjahr die größte Pleite der Branchen Mode, Textil und Einzelhandel hingelegt: Die in Düsseldorf ansässige Peek & Cloppenburg KG führt das Insolvenz-Ranking an, das Falkensteg erstellt hat.

Die Sanierungsexperten macht diese Spitzenstellung am aktuellsten öffentlich zugänglichen Jahresumsatz des Einzelhändlers fest. Dieser hatte laut Bundesanzeiger 2021 mit durchschnittlich 9244 Mitarbeitern knapp 1,06 Mrd. Euro in Deutschland, den Niederlanden, Belgien und der Schweiz erwirtschaftet.

Mitte März beantragt der Multichannel-Schuhhändler Shoepassion ein vorläufiges Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung, das am 1. Juli eröffnet wurde. Nach Angaben von Geschäftsführer Björn Henning ist das Unternehmen bei der Sanierung bereits deutlich vorangekommen. So wurde etwa das Store-Portfolio stark verkleinert. Von ehemals zehn Läden wurden sieben geschlossen. "Weniger Retail, mehr Online" sei wichtiger Teil der neuen Strategie.

Außerdem eine "klare Fokussierung auf die drei Made in EU-Eigenmarken des Unternehmens: N91, Henry Stevens und Heinrich Dinkelacker. Die Kollektionen der Linien habe man verschlankt und so die Profile geschärft, heißt es aus dem Unternehmen

Der Osnabrücker Schuh-Großhändler Pölking will sich ebenfalls in Eigenverwaltung sanieren. Betroffen sind neben den 85 Mitarbeitern von Pölking auch die 60 Beschäftigten des Filialisten Lemax Shoe-Fashion, der 13 Stores betreibt. Am 1. Juni wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und Stefan Meyer von der Osnabrücker Kanzlei Pluta zum ständigen Sachverwalter ernannt.

Am 10. August fand die erste Gläubigerversammlung statt. Diese genehmigte, dass Pölting vier Store des Filialisten P.S. Schuhe übernimmt, der von der PöltingSchwester Lemax Shoe-Fashion betrieben wird. Sechs Lemax-Geschäfte werden geschlossen, weil sie nicht profitabel betrieben werden können.

Ende März traf es fast zeitgleich die Schuhfilialisten Reno und Schuhkay 1882. Während die Bad Mündener Reno Schuhcentrum GmbH die Eröffnung eines Regel-Insolvenzverfahrens beantragt hat, will sich die Hamburger KG Schuhkay GmbH & Co. im Rahmen eines Schutzschirm-Verfahrens sanieren. Ende Mai wurde das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eröffnet.

Zum Sachwalter ernannte das Amtsgericht Neubrandenburg den ortsansässigen Anwalt Michael Busching. Dieser teilte auf Anfrage der TW mit, dass der Geschäftsbetrieb in "nahezu vollständigem Umfang" fortgeführt werde. Zudem sei es bislang zu keinen Einschränkungen für Kunden oder Mitarbeitern gekommen.

Bei Reno steht bereits fest, dass die Schuhhändler-Gruppe Kienast neun RenoFilialien übernimmt. Diese sollen unter dem alten Namen und mit dem bestehenden Personal weiter geführt werden. "Zusätzlich konnten etwa 21 weitere Standorte außerhalb des Verfahrens dazugewonnen werden, sodass die Expansion insgesamt rund 30 Filialen umfasst", berichtet das Familienunternehmen aus Wedemark, das mit rund 2300 Mitarbeitern die Retail-Konzepte ABC SchuhCenter, K+K Schuh-Center, Shoe 4 You, Schuhpark, Street Shoes und Claudio Schuhe betreibt.

Bis Ende August haben mehr als 600 Gläubiger von Reno Forderungen in Höhe fast 99 Mio. Euro angemeldet. Bei der Dachgesellschaft Reno Schuhcentrum sind es nur 1,6 Mio. Euro.

Die dritte Mode-Insolvenz des Monats März legte der Frankfurter Concept Stores The Listener hin. Fast drei Monate später fand sich ein Investor für den 2013 gegründeten Innenstadt-Händler. Dabei handelt es sich um ein Istanbuler Unternehmen, das in der Millionenmetropole zwei Modegeschäfte und einen Online-Shop für Sneaker und Streetwear betreibt.

Insgesamt haben im ersten Quartal hierzulande 27 Modehändler und 5 Modehersteller die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt. Das sind 60% mehr als im Vorjahr. Das geht aus einer Insolvenzstatistik hervor, welche die Frankfurter Unternehmens- und Insolvenzberatung Falkensteg exklusiv für die TW erstellt hat.

Im ersten Monat des zweiten Quartals, dem April, erweiterte sich die Liste um den Damenmode-Anbieter Gerry Weber, die Ahlers AG und das Contemporary-Label Tigha. Ahlers meldete auch für die Tochter Ahlers P.C. GmbH sowie sechs weitere Gesellschaften der Gruppe Insolvenz an.

Dabei handelt es sich um die Ahlers Retail GmbH, die Ahlers Zentralverwaltung GmbH, die Ahlers Vertrieb GmbH, die Pionier Berufskleidung GmbH, die Pioneer Jeans-Bekleidung GmbH sowie die Baldessarini GmbH. Mitte Juli übernahm die Röther-Gruppe Teile des Herforder Modekonzerns.

Mitte Mai wurde mit der Klingel-Gruppe erstmals in diesem Jahr ein Katalog- und Online-Händler zahlungsunfähig. Die Pforzheimer beantragten ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung, das am 1. August eröffnet wurde. Nur 27 tage später entschied die Gläubigerversammlung mit Zustimmung des Sachwalters, den Geschäftsbetrieb der Modeversender-Gruppe Ende Januar kommenden Jahres einzustellen.

Die Tochter Babista wurde Anfang September verkauft. Neuer Eigner des Herrenmode-Versenders ist der Berliner Wagniskapitalgeber Vanderstorm Ventures. Die Schwestergesellschaft Happy Size folgte am 10. Oktober. Der Große Größen-Spezialist wird ab Januar 2024 von der Popken Fashion Group weitergeführt. Diese ist mit den Marken Ulla Popken, Laurasøn, Studio Untold und JP 1880 bereits gut im Plus Size-Markt vertreten.

Die Transaktion ist für Happy Size bereits der zweite insolvenzbedingte Eigentümerwechsel. Das Frankfurter Unternehmen hatte bis vor elf Jahren zum Universalversender Neckermann gehört, der im Juli 2012 Insolvenz anmelden musste. Happy Size folgte zwei Monate später. Und wurde dann von der KlingelGruppe übernommen. Hallhuber ist zum zweiten Mal insolvent Ende Mai folgte der Damenmode-Händler Hallhuber, der sich zum zweiten Mal in ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung begeben musste. Das erste SchutzschirmVerfahren in Eigenverwaltung war vor zwei Jahren durch ein Management-Buyout beendet worden.

Die zweite Sanierung wird mit hoher Wahrscheinlichkeit scheitern, da der DOBFilialist keinen Käufer für das gesamte Unternehmen gefunden hat. Nach TWRecherchen wird Hallhuber liquidiert. Für die Markenrechte interessieren sich nach TW-Informationen Görtz, Betty Barclay und Ex-Hallhuber-Chef Norbert Steinke.# Pleitewelle erreicht Online-Modehandel Im Juni erwischte es erstmals in diesem Jahr zwei reine Online-Unternehmen, und zwar die Secondhand-Plattform Mädchenflohmarkt und den Online-Sportartikel-Händler SC24.com. Das 2012 gegründete Start-up Mädchenflohmarkt hat am 7. Juni beim Amtsgericht Stuttgart die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt.

Nur einen Monat Wochen später fand sich ein Investor für die GebrauchtmodePlattform. Dabei handelt es sich um die Berliner MFG Recommerce GmbH, hinter welcher der Secondhand-Spezialist und Seriengründer Christian Wegner steht. Dieser hatte 2006 den Berliner Recommerce-Anbieter Momox gegründet, den er Ende 2019 mit dem Verkauf seiner letzten Firmenanteile verließ.

Nach Momox gründete Wegner die Recommerce-Anbieter Wisemarkt und Stuffle. Im September 2021 stieg er bei Mädchenflohmarkt ein. Anfang 2022 folgte ein Investment beim Multichannel-Secondhand-Händler Reverse Retail. Die Summe bewegte sich wie bei Mädchenflohmarkt im einstelligen Millionen-Euro-Bereich.

Seit dem 16. August haben die rund 37.000 Gläubiger von Mädchenflohmarkt die Möglichkeit, ihre Forderungen anzumelden. Dabei handelt es sich hauptsächlich um private Verkäufer, die schon seit vielen Monaten auf ihre Verkaufserlöse warten.

Der 2009 in Krumbach bei Memmingen SC24.com gegründete TeamsportSpezialist meldete am 16. Juni Insolvenz an. Das Regel-Insolvenzverfahren wurde am 1. September eröffnet. Insolvenzverwalter ist der Ulmer Anwalt Klaus Tappmeier. Der aktuelle Umsatz ist nicht bekannt.

Laut Bundesanzeiger fiel 2020 ein Bilanzverlust in Höhe von fast 143.000 Euro an. Nach einem Gewinn von rund 223.000 Euro im Vorjahr. Die Wirtschaftsdatenbank North Data schätzt, dass SC24.com im ersten Corona-Jahr 6,6 Mio. Euro umgesetzt hat. Nach 7,4 Mio. Euro im Vorjahr. Auch Deerberg musste zum Amtsgericht Vier Tage später wurde der norddeutsche Katalog- und OnlineVersender Deerberg zahlungsunfähig. Der Vertikalist betrieb zu dem Zeitpunkt Läden in Velgen, Oldenburg, Köln, Hannover, Münster und Nürnberg. Hinzu kommen Outlets in Flensburg und Büsum.

Am 22. August fiel die Entscheidung, den Betrieb im September einzustellen. Somit mussten sich 270 Angestellte neue Jobs suchen. Seit Mitte November kommen Firmenzentrale und Logistikzentrum des norddeutschen Modehändlers unter den Hammer. Laut Pressemitteilung werden über 2.600 Positionen aus der Insolvenzmasse des Unternehmens versteigert. Darunter die gesamte Ausstattung der Firmenzentrale in Hanstedt sowie des Logistikzentrums in Lüneburg.

Verkauft werden Möbel, Ladenbau und Büroausstattung, Deko-Objekte, Regalanlagen, Fotografie-Ausrüstung, aber auch Werkzeug sowie der Fuhrpark. Und selbst übrig gebliebene Reinigungsmittel oder Mülleimer werden versteigert. Die Markenrechte hat sich der Kieler Modehändler Scandic gesichert. Rätselraten über E-Commerce-Pleiten Die Insolvenzen von Klingel, Mädchenflohmarkt und SC24.com überraschten insofern, als der hiesige E-Commerce mit Mode und Secondhand-Bekleidung infolge des pandemiebedingten Bestell-Booms zwei Jahre lang stark gewachsen war. Allerdings hatten viele Unternehmen in dieser Zeit zusätzliche Kapazitäten aufgebaut, um das erhöhte Volumen abwickeln zu können.

Das rächte sich, als der coronabedingte Online-Boom in diesem Jahr deutlich abflachte. In der Folge rentierten sich die zusätzlichen Arbeitskräfte sowie Logistikflächen und -techniken häufig nicht mehr. Darüber hinaus machten selbst Big Player wie Zalando und Otto Group den Fehler, wegen der LieferkettenProbleme der vergangenen Jahre, mehr Ware zu bestellen, als letztendlich nötig war.

Dabei konnten sie freilich Anfang 2022 nicht ahnen, dass der Konsum kriegs- und inflationsbedingt so stark einbrechen würde. Die überschüssige Ware musste dann mit hohen Rabatten abgeschleust werden, was auf die Ergebnisse drückte. So rutschte etwa der weltweit tätige Handelskonzern Otto Group im Geschäftsjahr 2022/23 (28. Februar) zum ersten Mal seit acht Jahren wieder in die roten Zahlen.

Beim europaweit tätigen Online-Modehändler About You hat sich der bereinigte operative Verlust mehr als verdoppelt. Beim Berliner Mitbewerber Zalando ist der bereinigte operative Gewinn (Ebit) im Geschäftsjahr 2022 um 60,6% auf 184,6 Mio. Euro abgestürzt. Noch ein Fair Fashion-Hersteller ist zahlungsunfähig Anfang Juli musste der Betreiber der Düsseldorfer Fair Fashion-Anbieter Wunderwerk, die Rheinstoff GmbH & Co KG, Insolvenz anmelden. Das entsprechende Verfahren wurde am 1. Oktober eröffnet.

Mitte November fanden sich zwei Käufer für die Retail-Sparte. Dabei handelt es sich zum einen einen "weiteren Gesellschafter", der einen Minderheitsanteil halte und namentlich nicht genannt werden möchte. Zum anderen die ortsansässige Rheinstoff E-Commerce GmbH.

Diese betreibt seit 2014 den Online-Shop von Wunderwerk. Geschäftsführer des IT-Unternehmens ist - wie beim Wundwerk-Betreiber Rheinstoff - der Unternehmer Heiko Wunder, der laut Handelsregister bei Rheinstoff E-Commerce rund 90% der Anteile hält.

Für die Wholesale-Sparte sucht Wunder noch nach einem Investor. Sollte sich kein Käufer finden, will Wunder das Großhandelsgeschäft einstellen.

Am 20. Juni musste die Bocholter Best Sales & Services GmbH ihre

Zahlungsunfähigkeit eingestehen. Sie betreibt die Sweat- und Shirt-Marke Better Rich. Insolvenzverwalter Stephan Michels ist aber zuversichtlich, dass die Fortführung von Better Rich im Rahmen des Insolvenzverfahrens erfolgen kann. Er sei bereits in "sehr positiven und intensiven Verhandlungen mit namhaften Investoren", die an der Fortführung und strategischen Weiterentwicklung interessiert seien. Mehr als doppelt so viele Anträge Unterm Strich haben im ersten Halbjahr dieses Jahres 82 Hersteller und Händler von Mode hierzulande einen Insolvenzantrag gestellt. Das sind mehr als doppelt (105%) so viele Betriebe wie im Vorjahreszeitraum. Bei den Textilunternehmen hat sich die Zahl im ersten Halbjahr exakt verdoppelt, und zwar von 33 auf 66. Das hat die Insolvenzberatung Falkensteg für die Textilwirtschaft ermittelt.

Sollte sich diese Entwicklung im zweiten Halbjahr im gleichen Maße vorsetzen, käme die Mode- und Textilbranche zum Jahresende auf 296 Insolvenzverfahren. Das entspräche einem Plus von über 68% gegenüber dem Jahr 2022, als 176 Mode- und Textilunternehmen den bitteren Gang zum zuständigen Amtsgericht machen mussten. Mehr als achtmal so viele Großinsolvenzen Deutlich dramatischer war die Liquiditätslage offenbar bei den umsatzstarken Playern der Modebranche: In der Kategorie der Großunternehmen mit einem Jahresumsatz von mindestens 10 Mio. Euro ist die Zahl der Insolvenzanträge im ersten Halbjahr regelrecht explodiert. Sie schoss von 2 auf 17 empor. Das entspricht einem satten Plus von 750%, also dem Faktor 8,5.

Bei den großen Textilunternehmen hat sich die Lage hingegen beruhigt: Im ersten Halbjahr 2022 hatte Falkensteg in der Branche vier Insolvenzanträge gezählt. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres waren es nur noch drei. Das entspricht auf einem niedrigen Niveau einem Minus von 25%. Noch eine Versenderinsolvenz Im zweiten Halbjahr hat sich der Insolvenztrend unvermindert fortgesetzt: Anfang Juli wurde ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Kiegele Handelsgesellschaft mbH eröffnet. Das in Geiseheim bei Wiesbaden ansässige Unternehmen hatte seine drei Intersport-Geschäfte Mitte 2021 in Sportgreen umbenannt. Ihr Sortiment bestand hauptsächlich aus nachhaltig hergestellter Sportbekleidung. Im September dieses Jahres wurden zwei Stores im Rahmen des Insolvenzverfahrens geschlossen. Im dritten Laden findet derzeit ein Räumungsverkauf statt. Der Online-Shop ist noch im Netz.

Am 27. Juli hat das Modehaus Rübsamen ein vorläufiges Eigenverwaltungsverfahren eingeleitet. Betroffen sind das Stammhaus in Augsburg und 13 Filialen in Friedberg, Aichach, Fürstenfeldbruck, Weilheim, Murnau, Landsberg, Dachau und Schrobenhausen, die von zwei Tochtergesellschaften betrieben werden. Darüber hinaus die von Rübsamen geführten Online-Shops unter dem Namen Excellent.

Zwei Monate später (28. September) wurde das Eigenverwaltungsverfahren der drei Gesellschaften eröffnet. Erster Schritt: Die Verkaufsflächen werden verkleinert. Zehn Mitarbeiter müssen gehen. Die zweite Maßnahme besteht darin, das Service- und Beratungsangebot zu erweitern. Geplant ist unter anderem ein Private-Shopping-Konzept, bei dem die Kunden in einem privaten Rahmen in den Genuß einer "exklusiven" Beratung kommen sollen.

Am 14. August musste nach Deerberg, Klingel, Schödlbauer und SC24.com ein weiterer Modeversender anmelden. Dabei handelt es sich um den Best AgerSpezialisten Madeleine. Die Tristyle-Tochter wollte sich in Eigenverwaltung sanieren. Vergeblich. Am 7. November teilte Geschäftsführerin Daniela Angerer mit, dass die letzten verbliebenen Kaufinteressenten abgesagt hätten.

Der Einstieg eines Investors sei aber eine zwingende Voraussetzung, um dem Versender eine Perspektive geben und das Unternehmen "neu und vor allem digitaler ausrichten zu können". Daher habe sie entscheiden müssen, den Geschäftsbetrieb zum Jahresende einzustellen.

Ende August verlängerte sich die Liste der insolventen Modeunternehmen um den Filialisten Schuhhaus Kocken Das in Viersen bei Mönchengladbach ansässige Unternehmen wählte wie viele andere Mode-Player zuvor ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Grund war eine "drohende Zahlungsunfähigkeit" aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen im Einzelhandel, darunter die Inflation und die Krise des innerstädtischen Einzelhandels.

Nach Angaben von Geschäftsführer von Günther Kamp wird der 1949 gegründete Schuhfilialist den Betrieb seiner 16 Stores und des angeschlossenen Online-Shops weiterführen. Die Löhne und Gehälter der 77 Beschäftigten sei gesichert. Erst durch das Insolvenzgeld der Bundesagentur für Arbeit, dann durch firmeneigene Finanzmittel. Achte Schuhinsolvenz in diesem Jahr Vor der Schuhhaus Kocken GmbH & Co. KG haben in diesem Jahr - soweit bekannt - sieben weitere Schuhanbieter Insolvenz hierzulande angemeldet. Dabei handelt es sich um die Großhändler HR Group und J.H. Pölking sowie die Schuhfilialisten KG Schuhkay, Lemax Shoe und Shoepassion. Hinzu kommt Reno mitsamt der Holding Reno Schuhcentrum. Die Gläubiger der beiden Unternehmen haben bis Ende August zusammen Forderungen in Höhe von über 100 Mio. Euro angemeldet. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr hatte es insgesamt acht Schuhinsolvenzen gegeben. Lala saniert sich in Eigenverwaltung Ende August musste das Contemporary-Label Lala Berlin den bitteren Weg zum Amtsgericht antreten. Die Hauptstädter wollen sich in Eigenverwaltung sanieren. Gründungsgeschäftsführerin Leyla Piedayesh hat nach eigenen Angaben schon vor dem Insolvenantrag "erfolgsversprechende Gespräche" mit möglichen Investoren geführt.

13 Tage zuvor hatte der Würzburger Multilabel-Modehändler Zeitzeichen Insolvenz angemeldet. Erste Konsequenz: Das vor 27 Jahren eröffnete Haupthaus macht Ende September dicht. Ebenso der Schuhladen in der fränkischen Stadt. Der Standort Wertheim soll aber erhalten bleiben und unter einem neuen Namen weitergeführt werden.

Bei Signa Sports zieht ein Sturm auf Von Anfang September bis Mitte Oktober blieb es ruhig an der Insolvenzfront. Vielleicht war das die Ruhe vor dem Sturm. Schließlich zeichnet sich beim Plattformbetreiber Signa Sports United (SSU) eine gewaltige Pleitewelle ab. Fest stehen bereits die Zahlungsunfähigkeit der TennisPoint GmbH, der Internetstores GmbH, der Logistikgesellschaft Publikat, des Retail Media-Dienstleister Sports Media Services, des britischen OnlineFahrradhändlers Wiggle CRC und der Muttergesellschaft Signa Sports United (SSU).

Für Tennis-Point und Internetstores gibt es nach Angaben des vorläufigen Insolvenzverwalters Christian Gerloff eine "große Anzahl von Interessenten aus dem In- und Ausland". Bei beiden Gesellschaften laufe das operative Geschäft weiter. "Alle stationären Geschäfte bleiben geöffnet", betont Gerloff. Der Retourenprozess gehe wieder fast reibungslos über die Bühne, sowohl bei alten als auch neuen Bestellungen.

Hintergrund ist eine massive Krise des Sportspezialisten. Dieser hat Anfang Oktober von der New Yorker Börse verabschiedet und eine drastische Restrukturierung angekündigt. Kurze Zeit später brachen dem Berlinern zugesagte Mittel weg. Seitdem steht die Zukunft von Signas einstigem E-ComHoffnungsträger in den Sternen.

Kurz nach Signa Sports United und mehreren Töchtern der Gruppe musste der Modeversender Peter Hahn einen Insolvenzantrag stellen. Der Best Ager-Spezialist will sich in einem Schutzschirm-Verfahren sanieren, das im ersten Quartal 2024 abgeschlossen werden soll. Bis dahin wollen die Schwaben auch dem Einstieg eines Investors unter Dach und Fach bringen.

Ende Oktober reichte der Betreiber des Fair Fashion-Label Bleed, Bleed Clothing, eine Insolvenzanmeldung ein. Zur vorläufigen Insolvenzverwalterin wurde Kerstin Fleissner bestellt. Der Store bleibt weiterhin geöffnet, ebenso der Online-Shop. "Verzögerte Lieferketten, gestiegene Preise und ein immenser Konsumrückgang machen uns das Wirtschaften unmöglich", schreibt Gründer und CEO Michael Spitzbarth in einem Statement.

Am 26. November musste der Dortmunder Modefilialist Aachener Insolvenz anmelden, der eigentlich sechs Standorte in Frankfurt, Cottbus, Coburg, Nürnberg, Leverkusen und Saarbrücken eröffnen wollte. Und zwar in den Immobilien, die der Warenhaus-Konzern Galeria Karstadt Kaufhof nach dem Abschluss seines zweiten Eigenverwaltungsverfahrens aufgegeben hatte .

Zum vorläufigen Insolvenzverwalter der Betreiberfirma TEH Textilhandel GmbH - Modehaus Aachener wurde der Rechtsanwalt Christoph Schulte-Kaubrügger von der Kanzlei White & Case bestellt. Er soll das Unternehmen, das rund 355 Mitarbeiter beschäftigt, in einem Regel-Insolvenzverfahren sanieren.

Die jüngste Insolvenzanmeldung stammt von einem Unternehmen, das nur indirekt im Modehandel tätig ist. Die Signalwirkung ist aber enorm. Schließlich handelt es sich dabei um die Signa-Tochter Signa Real Estate (Signa REM) Management Germany, die nach eigenen Angaben "zentraler Dienstleister für Immobilienentwicklung, Asset-Management, Vermietung und Research für die Signa-Immobiliengesellschaften in Deutschland".

Dazu gehören auch die Department Stores KaDeWe, Oberpollinger und Alsterhaus, die dem Vernehmen nach etwa die Hälfte ihrer Umsätze mit Mode erwirtschaften. Branchenbeobachter befürchten, dass der Signa REM GmbH noch viele weitere Gesellschaften des Handels- und Immobilienkonzerns Signa folgen, der durch die stark gestiegenen Zinsen und Baukosten in enorme finanzielle Schwierigkeiten geraten und und daher seit Wochen händeringend neue Geldgeber sucht. Über 100 Verfahren 2022 Mit den genannten 123 Modeinsolvenzen bis Mitte November steuert die Branche auf einen neuen Rekord zu. Schließlich hatten im gesamten Jahr 2022 exakt 102 Händler und Hersteller von Mode ein Insolvenzverfahren beantragt. Die mit Abstand größte Pleite der Branche legte Galeria Karstadt Kaufhof hin. Maßstab ist der letzte Jahresumsatz der Handelssparte des Warenhaus-Konzerns, der 2021 bei 1,85 Mrd. Euro gelegen hat.

Ende März haben die Gläubiger der insolventen Warenhaus-Kette einem Insolvenzplan zugestimmt. Die Gläubiger verzichten mit dem Beschluss auf Forderungen von mehr als 1 Mrd. Euro. Ende Mai wurde das Insolvenzverfahren beendet. Bis Ende Januar kommenden Jahres sollen 41 der 129 Häuser geschlossen werden. 11 Filialen konnten gerettet werden, zuletzt die Dependance in der Düsseldorfer Schadowstraße.

Die Bocholter Borgers-Gruppe, die unter anderem Funktionstextilien für Autohersteller produziert, folgte mit einem Umsatz von 650 Mio. Euro auf dem zweiten Platz der Insolvenzstatistik für 2022. Vor dem Hamburger Schuhfilialisten Görtz (198,9 Mio. Euro), der am 9. Juni dieses Jahres einen neuen Investor gefunden hat.

Dabei handelt es sich um den Unternehmer und Freund von Vicky Leandros, Bolko Kissing, der mit seinem IT-Dienstleister CK Technology Solutions bei Görtz einsteigt. Unterdessen hat der Schuhhändler die Mietverträge für 19 Filialen gekündigt. Wenn alle Geschäfte schließen, schrumpft das Retail-Netz auf nur noch 45 Standorte. Im Herbst vergangenen Jahres waren es noch 160 Läden gewesen. Platz vier belegt der zur Ara AG gehörenden Schuhfilialisten Klauser (126,5 Mio. Euro) vor dem Heimtextilien-Hersteller Bolan Home Fashion (83,5 Mio. Euro). Das hat Falkensteg ermittelt. Die Frankfurter Unternehmensberatung veröffentlicht stets nur die fünf größten Insolvenzen. In der Folge ist unklar, auf welchen Plätzen die weiteren prominenten Modepleiten des vergangenen Jahres gelandet sind.

Dazu zählen unter anderem der oberbayerische Filialist Schuh-Oase, die Ara-AGTochter Salamander, der Schuhproduzent HS Footwear, der Schuh-Versender Gebrüder Götz, der ehemalige Sub-Lizenznehmer von Camel active, HC Footwear, und die Münchner Keller Group, zu der u. a. der Online-Händler Keller Sports gehört.

Das Insolvenzverfahren über den Würzburger Schuhspezialisten Gebrüder Götz wurde am 1. August aufgehoben. Nähere Hintergründe sind bislang nicht bekannt. Anfragen der TW an GG-Inhaber Steffen Liebich und Sachwalter Matthias Reinel blieben bislang unbeantwortet.

Die Markenrechte von Salamander hat Ende August die Schweizer Astor Mueller AG gekauft. Das Unternehmen selbst wurde am 21. September samt Filialen an die Investorengruppe Prime Footwear Investors veräußert, hinter der zahlreiche prominente Branchenmanager stehen. Zuvor hatte die Gläubigerversammlung den Insolvenzplan des Schuhfilialisten einstimmig angenommen.

Somit konnte Salamander am 11. Oktober das Schutzschirm-Verfahren verlassen. Das gleiche gilt für das Schwesterunternehmen Klauser, das Mitte Dezember vergangenen Jahre zusammen mit Salamander die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt hatte - und Mitte September ebenfalls von Prime Footwear Investors übernommen wurde.

Der Online-Schuhhändler Surf4shoes wurde am 1. März komplett akquiriert. Dabei handelt es sich um die Beteiligungsgesellschaft Spac Three AG, die seitdem unter dem Namen Commertunity AG agiert.

Das Münchner Unternehmen hat den Geschäftsbetrieb und die Vermögenswerte von Surf4shoes übernommen, und zwar über die im November 2022 gegründete Hamburger Tochtergesellschaft S4S Commerce. Der Kaufpreis liegt einer Pressemitteilung zufolge im oberen einstelligen Millionen-Euro-Bereich.

Keller Sports konnte ebenfalls gerettet werden. Und das fast vier Monate nach der Ankündigung, den Geschäftsbetrieb einzustellen. Anfang Juni fand sich dann völlig überraschend doch noch ein Käufer für den Online-Händler, und zwar der schwedische Sportartikel-Händler We Sports.

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By Bert Rösch

Titel:
Konkurs-Chronologie: Diese Modeunternehmen haben 2023 Insolvenz angemeldet.
Autor/in / Beteiligte Person: Rösch, Bert
Zeitschrift: TextilWirtschaft Online, 2023-11-28, S. 1-12
Veröffentlichung: 2023
Medientyp: serialPeriodical
Schlagwort:
  • FASHION merchandising
  • TEXTILE industry
  • BANKRUPTCY
  • PRICE inflation
  • SUPPLIERS
  • RENO (Nev.)
  • GERMANY
  • DUSSELDORF (Germany)
  • Subjects: FASHION merchandising TEXTILE industry BANKRUPTCY PRICE inflation SUPPLIERS
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Alternate Title: Bankruptcy chronology: These fashion companies filed for bankruptcy in 2023.
  • Language: German
  • Document Type: Article
  • Geographic Terms: RENO (Nev.) ; GERMANY ; DUSSELDORF (Germany)
  • Full Text Word Count: 3853

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