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Signas Essener Warenhauskette braucht einen neuen Eigentümer. Aber wer soll das sein? : Last Christmas für Galeria?

Seidel, Hagen
In: TextilWirtschaft Online, 2023-12-14, S. 1-3
Online serialPeriodical

Business Signas Essener Warenhauskette braucht einen neuen Eigentümer. Aber wer soll das sein? : Last Christmas für Galeria? 

Die Signa-Krise greift auch auf die deutsche Warenhaus-Tochter Galeria über. Das Essener Unternehmen braucht bald einen neuen Eigentümer. Doch die Branche fragt sich: Wer könnte das sein?

In dieser unklaren Lage sind sie denn auch längst schon wieder unterwegs - die Schnäppchenjäger. Die gleich ganze Häuser schnappen wollen.,,Ja, ich schaue mir gerade Filialen von Galeria an. Die eine oder andere könnte für eine Übernahme interessant werden", bestätigt ein mittelständischer Modehändler der TW.

Der Mann, der nicht genannt werden möchte, dürfte nicht der Einzige sein, der sich in diesen Tagen nach möglichen Expansions-Gelegenheiten umschaut. Und versucht schon mal, Kontakte zu den jeweiligen Vermietern herzustellen. Für den Fall der Fälle. Das hört man auch aus Lieferantenkreisen. Denn die Zukunft von Deutschlands Warenhäusern ist schon wieder ein Thema, ein halbes Jahr nach Ende der jüngsten Galeria-Insolvenz.

Die alten Fragen wieder neu Schlagartig sind sie wieder da, all die Fragen, die schon so oft gefragt wurden: Hat die Kette eine Zukunft? Werden weitere Häuser schließen? Brechen den Lieferanten damit weitere Stückzahlen weg? Veröden noch mehr Innenstädte? Dass der kleine Multilabler Aachener bereits in die Insolvenz gerutscht ist, kommt erschwerend hinzu - wiegt aber nicht ansatzweise so schwer wie das Thema Galeria.

Dabei läuft es dort operativ im Weihnachtsgeschäft gar nicht so schlecht - obwohl die Gesamtbranche bisher nicht gerade über die Umsätze in den wichtigsten Wochen des Jahres jubiliert. Man mache,,bessere Geschäfte im Oktober, November und Dezember als im Vorjahr", heißt es in Essen. Damals allerdings steckte Galeria in der Insolvenz, mit Personal und Ware auf der Fläche war es nicht gerade bestens bestellt.

Aber weiterhin zeigen sich viele Lieferanten zufrieden mit ihren Galeria-Umsätzen. Und auch mit der Zahlungsmoral des Großkunden:,,Keine Auffälligkeiten, sie zahlen pünktlich", heißt es von mehreren Herstellern.

Was dennoch mitten im aktuellen Weihnachtsgeschäft die Spekulationen darüber treibt, dass dieses vielleicht das letzte für Galeria in der bekannten Konstellation sein könnte, ist nicht zuletzt die Eigentümerin selbst - ausgerechnet.

Denn inmitten der Turbulenzen und Insolvenzen bei der Signa hatte Signa Retail Selection, zu der Galeria gehört, beschlossen, sich von den Beteiligungen zu trennen. Was unter anderem bedeutet, dass ein Übernehmer für die Essener Warenhauskette gesucht wird.

Wer hätte es denn gern? Aber wer will ein Unternehmen haben und betreiben, das 2020 und 2023 in der Insolvenz war und - verlorene Kredite, Insolvenzgeldzahlungen und anderes zusammengenommen - die Allgemeinheit so mehr als 1 Mrd. Euro gekostet haben dürfte? Das in rund 20 seiner aktuell noch mehr als 100 Häuser einen Eigentümer namens Signa hat, dessen Mietkonditionen deutlich über dem Marktniveau liegen sollen. Ein Unternehmen, das selbst keine attraktiven Assets wie Immobilien besitzt. Und auf dessen Geschäftsmodell in der aktuellen Form nicht mehr allzu viele Handelskenner setzen. Ein Händler, auf dessen Liquiditätssituation viele Geschäftspartner aus Erfahrung mit früheren Insolvenzen deutlich genau schauen als bei anderen Kunden.

Achselzucken, Stirnrunzeln, Schweigen. Manchmal ein ungläubiges Lachen, das zu fragen scheint, ob man die Frage wirklich ernst meine - das sind zumeist die Antworten innerhalb der Branche auf die Frage des nächsten Galeria-Eigentümers.

,,Vielleicht die Thais", ist ab und an zu hören. Die Thais - das ist die Central Group, die mit Signa zusammen die KaDeWe Group, Globus in der Schweiz und die britische Selfridges Group betreibt. Doch das schwerreiche Retail-Familien-Unternehmen aus Thailand interessiert sich mehr für Zukäufe von der Signa im gehobenen Department Store-Genre, bei denen auch zahlungskräftige Touristen das Geschäft treiben.

Die Thais? Aber Warenhäuser von Galeria, selbst Top-Standorte wie Frankfurt-Hauptwache oder München-Marienplatz - passen die ins edle Konzept, etwa als weitere Standorte der KaDeWe Group? Von Galeria in Magdeburg, Kassel oder Landshut ganz zu schweigen.

Andere ausländische strategische Investoren aus der Handelsbranche werden sich ebenfalls dreimal überlegen, sich jetzt in den deutschen Innenstadt-Markt zu wagen. Ebenso wie die üblichen Kandidaten für die Übernahme schwerer Fälle, die gerade keine langen Warteschlangen vor dem Verkaufsschalter der Signa Retail Selection bilden dürften. Finanzoder Distressed-Investoren suchen üblicherweise Firmen, die noch Assets besitzen, die man herausziehen oder nutzen kann. Die sind beim Zusammenschluss aus Karstadt und Kaufhof schwer zu entdecken.

Der Weiße Ritter? Bleibt die Hoffnung, dass von irgendwo noch ein Weißer Ritter oder ein Family Office mit,,Anlage-Druck" und tiefen Taschen kommt. Nicht besonders realistisch, eigentlich. Aber man erinnere sich: Mit dem Erscheinen des Milliardärs Nicolas Berggruen bei Karstadt 2010 - Kaufpreis: 1 Euro - oder Hudson's Bay Company 2015 bei Kaufhof hatte auch kaum jemand gerechnet. Und Signa stand als nächste Karstadt-Eigentümerin nach Berggruen längst nicht auf allen Zetteln der sogenannten Experten.

So unterschiedlich all diese Investoren agierten - gemeinsam war ihnen, dass sie die Warenhäuser mal wieder über ein paar Jahre gebracht haben, ohne ihre Substanz wirklich zu verbessern. Und dass irgendwann die Allgemeinheit einspringen musste, zumeist via Insolvenz. Gebracht hat all das vor allem Zeit, in der Verkäuferinnen weiterhin verkaufen, Vermieter vermieten und Lieferanten liefern konnten. Unter jedem Eigentümer sank die Zahl der Filialen, die Zukunftsfrage der deutschen Warenhäuser aber blieb ungelöst.

Kann sich das in einer neuen Situation ohne Signa ändern? Derzeit dominieren die Fragezeichen. Auch bei Lieferanten. Die Bandbreite der Einschätzungen ist extrem:,,Derzeit ist doch alles Spekulation", sagt ein Geschäftsführer,,,ich will jetzt gar nicht so viel Zeit für das Thema aufwenden. Wir sind auf alle Szenarien vorbereitet".

,,Jeder rechnet mit dem Schlimmsten" Wäsche-Lieferanten sind da deutlich besorgter, bringen die Warenhäuser diesem Segment doch weiterhin besonders hohe Umsatzanteile:,,Jeder rechnet mit dem Schlimmsten und hofft doch, dass es nicht eintritt", ist da zu hören.

Selbst bei Lieferanten, die derzeit hohe Steigerungsraten im Warenhaus erzielen, bleibt die Skepsis:,,Ich kann mich über die vorangegangenen guten Monate mit Galeria gar nicht richtig freuen, weil ich dieses Damoklesschwert über dem Unternehmen schweben sehe", sagt ein anderer Geschäftsführer. Ein Damoklesschwert, das vielen Lieferanten üble Wunden machen könnte.

Die große Sorge von Geschäftspartnern ist, dass Galeria im ersten Quartal 2024 doch noch das Geld ausgehen könnte. Falls das Weihnachtsgeschäft weniger in die Kasse spült, als erhofft. Falls, was nicht unwahrscheinlich ist, die versprochene 200 Mio. Euro-Finanzspritze von den Signa wegen deren Probleme doch nicht kommen sollte.

Droht bei diesem Szenario dann gar eine weitere Insolvenz? Wie die ausgehen würde, weiß derzeit niemand. Ebenso wenig, ob sie kommt. Oder, ob ein solches Verfahren, in dem sich Miet- und andere Verträge sehr viel einfacher neu verhandeln und damit dauerhaft Fixkosten drücken ließen, doch Investoren locken würden, die große Teile der Kette übernehmen und weiterbetreiben würden.

Oder bekämen Rosinenpicker wie jener Händler, der nicht genannt werden möchte, eine Chance auf ein, zwei oder drei Übernahmen? Während andere Häuser ungenutzt zu einem Problem in den Städten würden? Wieder lauter Fragezeichen.

In Essen jedenfalls arbeiten sie an Plänen, um derlei Szenarien zu verhindern. Und das Statement, das Galeria-Chef Olivier van den Bossche kurz nach seinem Amtsantritt im Juli im TW-Interview abgegeben hatte, steht offenbar weiterhin:,,Ich bin nicht hergekommen, um das Schlusskapitel des Warenhauses in Deutschland zu schreiben."

By Hagen Seidel

Titel:
Signas Essener Warenhauskette braucht einen neuen Eigentümer. Aber wer soll das sein? : Last Christmas für Galeria?
Autor/in / Beteiligte Person: Seidel, Hagen
Zeitschrift: TextilWirtschaft Online, 2023-12-14, S. 1-3
Veröffentlichung: 2023
Medientyp: serialPeriodical
Schlagwort:
  • DEPARTMENT stores
  • INVESTORS
  • CHAIN stores
  • PROFITABILITY
  • FASHION merchandising
  • SIGNA Holding GmbH
  • BANKRUPTCY
  • CENTRAL business districts
  • FOOD chains
  • Subjects: DEPARTMENT stores INVESTORS CHAIN stores PROFITABILITY FASHION merchandising SIGNA Holding GmbH BANKRUPTCY CENTRAL business districts FOOD chains
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Alternate Title: Signa's Essen department store chain needs a new owner. But who should that be? : Last Christmas for Galeria?
  • Language: German
  • Document Type: Article
  • Full Text Word Count: 1148

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