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Das Duell.

SOLLER, GREGOR
In: Vision Mobility, 2024-03-01, Heft 2, S. 24-27
Online serialPeriodical

mobilität VERGLEICHSTEST JEEP AVENGER - PEUGEOT E-2008 Das Duell  Cowboy oder Löwe? Individuell treten beide auf! Jeep Avenger und der geliftete Peugeot e-2008 duellieren sich heimlich und leise hinter einer verlassenen Halle.

Auftritt Jeep Avenger: Der neue Absatzzahlenheld blinzelt düster wie einst die wilden 1968er Dodge Charger aus optisch komplett schwarzen Scheinwerfern ins Sonnenlicht. Der kleine Stromcowboy dürfte mit nur vier Metern Länge, sonst eher dezentem Äußeren und durchdachtem Interieur einer der neuen Platzhirsche im kompakten Elektro-CUVProgramm von Stellantis sein, oder?

Doch halt, da knirscht der Kies hinter ihm - und tatsächlich: Um die Ecke blickt der geliftete Peugeot, jetzt mit drei Tagfahr-LEDs, die aussehen, als hätte sich der kleine Löwe gerade mit Seinesgleichen gerauft und mit seinen Krallen eben diese Tagfahrlichter in den Stoßfänger gerissen bekommen. Für den neuen Jahrgang hat Peugeot ihm die Krallen auf jeden Fall massiv nachgeschärft! Klar ist: Charakterköpfe sind alle beide!

Das gilt schon für die Optik: Während der Jeep sich den Namen von Dodge holte und mit seinen schwarzen Blenden die bösen Mopar-Hemis der späten 1960er Jahre zitiert, die ihre Scheinwerfer gern hinter schwarzen Plastikblenden versteckten, fällt der Peugeot mit seinen drei Tagfahr-LED-,,Krallen" auf, welche die Säbelzähne ersetzen. Beide erwachen zumindest in den höheren Ausstattungslinien schon beim Vorbeigehen und sperren beim Verlassen auch brav wieder ab, was mit einem kurzen, dezenten Hupton quittiert wird. An sich eine tolle Idee, nur dann nicht, wenn man in der Nähe des Autos zu tun hat und es des Öfteren passiert. Dann legt man Schlüssel (oder Handy) besser ins Haus. Oder, falls man ohnehin gleich starten möchte, ins Auto.

Beide sind echte Leichtgewichte

Der Jeep blinzelt uns aus seinen dunklen Höhlen an, wir steigen ein und finden uns schnell zurecht, da die Marke viele Funktionen weiter auf (Lenkrad-)Tasten beließ. Nicht mehr unbedingt so, dass man sie mit Winterhandschuhen bedienen könnte, aber immerhin. Nur am etwas günstigen Geräusch des Türklappens hört man dem Cowboy seine Leichtigkeit des Seins an, die er sich mit dem Peugeot teilt: Mit gewogenen 1.647 Kilogramm gehört er unter den Stromern zu den Federgewichten, das den größeren, 1.668 Kilogramm leichten Peugeot um nur 21 Kilogramm unterbietet.

Doch zurück zur reduzierten Armaturenlandschaft samt Tasterleiste, die sich schlüssiger zeigt als die Icons des Touchdisplays, auf dem man manche Funktionen noch immer in Untermenüs suchen muss. Da hilft es erheblich, dass die Spracheingabe zuletzt merklich verbessert wurde und der kleine Jeep auch abstrakte Ansagen wie,,Mir ist kalt" oder,,Ich habe Hunger" versteht und entsprechend die Temperatur erhöht oder Restaurants anzeigt.

Zusätzlich punktet er mit vielen freudigen Details und,,Ostereiern", wie der Grafik eines Jungen, der am fahrerseitigen Scheibenrahmen unten links mit dem Fernrohr in den Himmel blickt. Es ist übrigens der Sohn von Lead Exterior Design Manager Eugenio Sellaro. Dazu kommt die magnetische Abdeckung der Mittelablage oder das Ticken des Blinkers, das an eine Cajon-Kiste erinnert, auf der sitzend man in Mittel- bis Südamerika den Takt vorgibt, aber: Während einem der Blinker im Cajon-Schlag anfangs noch gefällt, kann das Geklopfe in der Stadt bei langen Ampelphasen nerven. Da gefällt uns das elegante Gepiepe des Peugeot schon besser - Blinkergeräusche müssen eine StellantisLeidenschaft sein.

Schade, dass Jeep so viel Liebe zum Detail nicht bei der großen Ablage über fast die ganze Armaturenbreite walten ließ und keine rutschsichere Gummimatte einlegte. So gehen alle dort abgelegten Gegenstände Kurve um Kurve auf Wanderschaft. Dabei gibt es hier seit den 1980er Jahren beeindruckend griffige Lösungen. Dazu wartet der Jeep mit weiteren Ablagen auf, aber spart dafür etwas an Platz im Fond: Vier 1,9-Meter-Mitfahrer kommen aber trotzdem unter, sofern sie sich etwas arrangieren.

Womit der Peugeot dezent heranschnurrt: Er gibt sich im direkten Vergleich deutlich luftiger und wer öfter zu mehreren längere Strecken zurücklegt, findet hier das entscheidende Quäntchen mehr Platz. Allerdings müssen sich Fahrer oder Fahrerin erstmal hinter das wegen des I-Cockpits sehr niedrig stehende Lenkrad zwirbeln, was den Einstieg auch bei ganz nach unten gestellten Sitzen unnötig verumständlicht. Dann blickt man auf ein Mini-Lenkrad und das typische I-Cockpit, das aber grundsätzlich eine sehr ähnliche Bedienlogik und ein ähnliches Sprachverständnis mitbringt wie der Jeep. In Summe wirkt das Ambiente gerade in der höherwertigen GT-Line mit den gelbgrünen Absteppungen in 1990er-Jahre-Optik dezent edler als im Jeep.

Zeit, loszufahren und da werden die Unterschiede viel größer! Der Jeep zeigt sich komfortabel und sauber abgestimmt, überrumpelt nur grobe Fugen etwas polterig, gibt hier aber ganz den Gentleman. Ganz anders der Peugeot, dessen sehr straffe Lenkung mit dem Mini-Volant echtes Kart-Feeling erzeugt, wozu auch die eher straffe Dämpfung passt, nicht aber die weiche Federung, die die ganze sonstige Straffheit etwas konterkariert. Trotzdem bewegt sich auch der Löwe geschmeidig, wenn auch nicht ganz so unauffällig wie der Jeep.

Weniger stimmig ist bei beiden das Gesuche nach der stärkeren Rekuperation -,,B" wird per Fahrprogrammtaster aktiviert. Nach wie vor geben beide Stellantis-Produkte ihre ganze Leistung nur in,,Sport" ab, während man in,,Eco" eher gerade noch im Verkehr mitschwimmt und im Winter auch die Heizleistung massiv zurückgefahren wird. Deshalb fährt man in der Regel in der Standardstellung,,Comfort" am besten und trotzdem noch effizient genug.

Der neue Antrieb ist viel effizienter

Effizienz ist ein gutes Thema, die verspricht Stellantis für seinen neuen Antrieb und die können wir einmal mehr bestätigen: Während sich der letzte, nur 100 kW leistende e-2008 unter ähnlichen Bedingungen noch 25,0 kWh (!) zog, begnügten sich die beiden Charakterdarsteller trotz teils winterlich-widriger Bedingungen mit 20,9 kWh/100 km. Im Sommer sollten so auch Werte um die 18 kWh/100 km drin sein. Im Gegensatz zur Größe und den optischen Neigungen kann der Verbrauch also nicht das Kriterium für einen der beiden sein.

Mit den eher kompakten 54-kWhAkkus sind DC bis zu 100 kW Ladeleistung drin, womit Laden noch nicht wirklich schnell geht - bei richtig kaltem Wetter begnügen sich beide dann meist mit 35 bis 40 kWh, weshalb man auf längeren Strecken etwas Geduld mitbringen sollte (Ladekurve). Aber auch AC lassen sie sich schon mal Zeit, wobei es bei Peugeot echt ärgerlich ist, dass für den dreiphasigen 11-kW-Lader und die Wärmepumpe immer noch extra bezahlt werden muss. Umso mehr überraschte uns dann die Kostenrechnung!

Den Peugeot e-2008 hatte unser Leasinggeber zum Berechnungszeitraum anscheinend gerade extrem günstig am Start, womit sich die Tatsache, dass sich der Leasing- mitunter dramatisch vom Listenpreis unterscheiden kann, einmal mehr bewahrheitet. Und da beim Löwen auch die Versicherungstarife trotz teilweise satter Erhöhung 2024 dezent günstiger ausfielen als beim 2022er-Vorgänger, kam der e-2008 diesmal in Summe dramatisch günstiger als das alte 2022er-Modell und hätte nur 37 Cent/km gekostet. Der Jeep blieb dagegen seinen Premiumtarifen treu und lag erwartungsgemäß auch in der Versicherung über dem Peugeot, sodass sich für ihn 49 Cent/km errechneten. Womit der Löwe den Cowboy am Ende mit einem Prankenhieb vom Platz faucht. Gut, dass seine Stoßfänger so robust sind und seine Scheinwerfer so tief liegen!

Connectivity Check

Typ

Jeep: 10,25"-Uconnect-Display mit Multitouch-Funktion inkl. Navigationssystem.

Peugeot: I-Cockpit, digitales 3D-Kombi-Instrument mit hochauflösendem, kapazitivem 10,25"-Screen, 7 Tasten (,,Toggle Switches") inkl. Peugeot Connect Box, per Touch oder Sprache bedienbar.

Navigation

Jeep: Eingabe per Touch, Sprache oder My Navigation, Routenberechnung teilweise etwas langsam, berücksichtigt Verbrauch, Strecke und aktuelle Verkehrslage, dazu Wettermeldungen, rechtzeitige, klare Ansage, an engen Ecken etwas zähe Grafik.

Peugeot: 3D-Navigation inkl. Darstellung v. Gebäuden und Monumenten, Basis TomTom, teils langsame Rechenleistung und mäßige Spracherkennung, ordentliche Darstellung, rechtzeitige Ansagen.

Smartphone-Verlinkung/Audio/Video

Jeep: Ordentliche Koppelung, Apple CarPlay/Android Auto, induktive Ladestation vorn, USB-C-Anschluss hinten, für,,nur" 6 Speaker ordentlicher Sound, Sound ein/aus und Lautstärke blind über Drehregler/Lenkradtasten einstellbar.

Peugeot: Gute Koppelung, Apple CarPlay/Android Auto, Mono-Tuner, sehr guter, raumfüllender und satter Klang aus 6 Speakern, 2xUSB-Anschluss vorn, ind. Ladeschale.

Service und Sicherheit

Jeep: Jeep App,,My Assistant" übermittelt im Notfall automatisch Position samt VIN-Nummer an Kundendienst, optional: My Fleet Manager ermöglicht Kontrolle über Aktivitäten und Servicestatus.

Peugeot: Kostenlose Telematikdienste Peugeot Connect SOS und Connect Assistance, GPS-Modul, Peugeot-App zeigt Reichweite und Fahrstatistiken an und kann das Laden steuern, Ortung für Fahrzeug, Online-Terminvereinbarung, Peugeot Assistance, App kann private und gewerbl. Fahrten differenzieren.

Auf den Punkt

Sie sind … zwei auf sehr unterschiedliche Art elektrisierende Geschwister.

Ideal für . . . alle, die halbwegs bezahlbare kompakte Elektro-CUV suchen.

Schön, dass … sie sich trotz vieler Gemeinsamkeiten so unterschiedlich fahren.

Schade, dass … beide nicht noch effizienter sind.

Jeep: Platzbedarf, Raumausnutzung, Beplankung

Peugeot: Platzangebot, Optik, Leasingrate

Jeep: Platz hinten, Preis, Blinkersound

Peugeot: Aufpreispolitik, Bedienung

Wichtige technische Daten

Motor/Antrieb Jeep Avenger Elektro Peugeot e-2008
Art Permanenterregter AC-Synchronmotor
Lage/Antrieb vorn/Frontantrieb
Leistung 115 kW (156 PS) bei 5.500 U/min.
Max. Drehmoment 260 Nm bei 3.700 U/min.
Maße/Gewichte
L x B x H 4.084×1.776 (ohne Spiegel) x 1.528 mm 4.055×1.765 (1.960 mit Spiegel) x 1.430 mm
Radstand 2.562 mm 2.540 mm
Leer-/Testgewicht 1.647/1.797 kg 1.668/1.818 kg
Zuladung 368 kg 362 kg
Anhängelast (gebr./ungebr.) 0 kg 0 kg
Kofferraum/Frunk 355 - k.A. l 434 - 1.467 l
Akkukapazität brutto/netto 50,8 kWh 50,8 kWh
Wendekreis 10,5 m 10,4 m
Messwerte
Höchstgeschwindigkeit 150 km/h 150 km/h
0 - 60/80/100 km/h 4,9/6,6/8,8 sek. 5,0/7,2/9,5 sek.
50 - 80/80 - 120 km/h 2,9/5,3 sek. 3,5/6,6 sek.
Geräusch 30/50/60/ 50/51/52/ 50/52/53/
80/100/120 km/h 55/58/61 dB(A) 56/59/61 dB(A)
Ladezeiten
AC 1-phasig 2,3 kW (10 A, 10 - 80 %) ca. 23 h 15 min. ca. 23 h 15 min.
AC 1-phasig 4,6 kW (20 A, 10 - 80 %) ca. 14 h 30 min. ca. 14 h 30 min.
AC 3-phasig 11,0 kW (16 A, 0 - 100 %) ca. 5 h 30 min. ca. 5 h 30 min.
DC 100 kW (10 - 80 %) ca. 26 min. ca. 26 min.
Grundpreis (brutto/ netto) ab 38.500/ 32.352,94 Euro ab 39.450 / 33.151,26 Euro
Kosten pro km 0,49 Euro 0,37 Euro

DIAGRAM

PHOTO (COLOR): Charakterstarke Fronten und steile Hecks sorgen in beiden Fällen für Individualität und Raumnutzung.

PHOTO (COLOR): Breite Ablage und reduzierte Optik im Jeep (li.), kleines Lenkrad und Toggles im Peugeot I-Cockpit.

PHOTO (COLOR): Der Jeep (jew. li.) bietet im Fond wesentlich und im Kofferraum etwas weniger Platz als der Peugeot.

PHOTO (COLOR): Der Blick unter die Haube offenbart den gleichen Antrieb.

PHOTO (COLOR): Sowohl die schwarzen Jeep-Scheinwerferhöhlen als auch Peugeots Drei-Krallen-Tagfahrlicht zeigen Charakter.

PHOTO (COLOR)

By GREGOR SOLLER

Titel:
Das Duell.
Autor/in / Beteiligte Person: SOLLER, GREGOR
Link:
Zeitschrift: Vision Mobility, 2024-03-01, Heft 2, S. 24-27
Veröffentlichung: 2024
Medientyp: serialPeriodical
ISSN: 2512-6601 (print)
Schlagwort:
  • INSURANCE costs
  • ELECTRIC vehicles
  • SMARTPHONES
  • NAVIGATION
  • COST
  • Subjects: INSURANCE costs ELECTRIC vehicles SMARTPHONES NAVIGATION COST
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Language: German
  • Document Type: Product Review
  • Full Text Word Count: 1774

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