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„Unsere EURO läuft schon".

Christian, Funk
In: GV Praxis, 2024-04-15, Heft 4, S. 42-45
Online serialPeriodical

„Unsere EURO läuft schon" 

Aramark übernimmt bei der kommenden Fußball-Europameisterschaft das Catering im Publikumsbereich von fünf Stadien. Geschäftsführer Arnd Rune Thomas und Georg Wacht (Director Operations Sport & Event Catering) über die Herausforderungen des Stadion-Caterings, gutes Personal, vegane Speisen und die Abstimmung mit der UEFA.

Wie sieht das Aramark-Engagement im Umfeld der EURO 2024 aus?

Arnd Rune Thomas: Wir verköstigen bei den Fußballspielen die Zuschauer in den Stadien und haben uns bewusst bei der Ausschreibung der UEFA ausschließlich auf den Public-Bereich konzentriert.

Warum das?

Zum einen, weil wir als Marktführer im Bereich Sport & Event Catering in Deutschland über große Erfahrungen verfügen, die Aufgabe also für uns prädestiniert ist, und zum anderen, weil wir eine gute Performance bieten wollen. Bei der Fülle an Spielen wollen wir unseren Teams nicht zusätzlich das Hospitality-Catering auftragen. Zumal es jede Menge Side-Events geben wird, die wir vielleicht noch gar nicht kennen und dann quasi volley nehmen müssen.

Was heißt Fülle an Spielen?

Wir sind bei 30 Spielen und dem Finale in Berlin im Einsatz. Insgesamt gibt es 51 Spiele bei der EM, wir sind also bei mehr als der Hälfte aller Partien dabei.

Das sind doch überraschend viele Spiele ...

Georg Wacht: Wir hatten Losglück. Für die EURO wurden zehn Arenen ausgewählt und fünf davon betreuen wir ohnehin: Berlin, Hamburg, Köln, Stuttgart und Düsseldorf. In diesen EM-Stadien wird Aramark also aktiv sein. Hinzu kommt Dortmund, wo wir Personal zur Verfügung stellen.

Wie wollen Sie das bewerkstelligen?

Zunächst einmal sind wir in den genannten Stadien regelmäßig bei Bundesligaspielen der Ersten und Zweiten Liga im Einsatz. Wir kennen also das Umfeld. Zum anderen haben wir eingespielte Teams in den jeweiligen Städten, die sich kennen und dank der Erfahrungen aus der Bundesliga wissen, was auf sie zukommt.

Ist das Stadion-Catering bei einem derartigen Event nicht doch etwas anderes?

Das stimmt, in der Bundesliga kommen viele Gäste regelmäßig. Dauerkarteninhaber und Fans, die keine Spiele verpassen wollen. Sie kennen die Wege und wissen, wo die Verkaufsstände sind. Das ist bei der EURO natürlich anders. Hier werden viele Gäste aus dem Ausland zu den Spielen kommen, die noch nie in dem jeweiligen Stadion waren. Außerdem hat die Europameisterschaft noch mehr Event-Charakter, aber damit kennen wir uns ja auch aus.

Wie viele Leute setzen Sie ein?

Wenn wir jetzt nur vom Public-Bereich sprechen plus die Administration wie Wegeführung, Check-in, Check-out, die Ausgabe von Arbeitskleidung und alles, was unmittelbar dazugehört, liegen wir bei 500 bis 700 Mitarbeitenden pro Spiel. Je nachdem, wie groß das Stadion und wie hoch die Auslastung ist. Wenn wir voll planen, sind wir erfahrungsgemäß mit 500 Leuten im Public-Bereich ganz gut aufgestellt.

Wie teilen sich die Teams auf?

Arnd Rune Thomas: Hier kann man je nach Standort neben der Betriebsleitung von rund 50 bis 60 Festangestellten sprechen. Hinzu kommen ganz viele Aushilfen. Die braucht es immer für Veranstaltungen dieser Größenordnung. Das wäre andernfalls nicht zu bewerkstelligen. Und ganz grob kümmern sich zwei Drittel um die Zubereitung und ein Drittel um den Verkauf und die Ausgabe.

Wie lernen Sie eigentlich Aushilfen an? Bei einem solchen Event müssen doch die Abläufe sitzen.

Absolut. Wir benötigen während der EURO 2024 eine beträchtliche Anzahl an Aushilfen, um den Betrieb in den Stadien sicherzustellen.. Unser Recruiting-Team arbeitet intensiv daran, qualifizierte neue Teammitglieder zu finden, aber wir haben auch einen gut gefüllten Pool von Mitarbeitenden, die bereits Erfahrung im Bereich der Stadiongastronomie haben und mit den Abläufen vertraut sind. Wir legen ohnehin großen Wert darauf, dass unser Personal gut geschult und motiviert ist, um unseren Gästen einen erstklassigen Service zu bieten, aber die EURO ist noch mal eine besonders anspruchsvolle Aufgabe.

Georg Wacht: Das darf man nicht unterschätzen. Der Arbeitstag an einem solchen Spieltag ist sehr stressig. Daher müssen wir unser Team gut einarbeiten. Unsere Philosophie ist es, einen guten Mix aus Schulung und Training on the Job zu verfolgen, also Erfahrung aufzubauen, da man in Schulungen immer nur simulieren kann. Wenn Mitarbeitende ein paar Mal bei Spieltagen dabei waren, dann ist das ein ganz anderer Lerneffekt.

Worauf achten Sie noch beim Recruiting?

Teamfähigkeiten. Die Aufgabe beim Public Catering kann man schon ein bisschen mit Mannschaftssport vergleichen. Es geht aber auch darum, die Mitarbeitenden wertzuschätzen, sie durch das Onboarding fit zu machen und Arbeitsbedingungen zu schaffen, in denen sie gut arbeiten können. Dazu gehören organisatorische Abläufe, die technische Ausstattung, aber auch Benefits, um die Aushilfen nicht nur zu finden, sondern auch zu binden.

Wie läuft eigentlich die Abstimmung mit dem Veranstalter, der UEFA?

Die Planung für ein Ereignis dieser Größenordnung erfordert eine sorgfältige Vorbereitung und Koordination. Wir haben ein eigenes EURO-Kompetenz-Team zusammengestellt, das eng mit der UEFA zusammenarbeitet und die Anforderungen der einzelnen Stadien berücksichtigt. Dieses Projektteam ist der exklusive Ansprechpartner für die UEFA. In der Kommunikation greift der Vorteil, dass wir fünf von zehn Stadien bespielen. Das heißt, die UEFA muss ihre Anforderungen nicht fünfmal separat erklären und die Einhaltung überwachen, sondern hat zentrale Ansprechpartner bei Aramark.

Wie viele Ansprechpartner sind in dem Kompetenzteam?

Wir haben zwei Projektleiter, die das von Anfang an betreuen, aber das Team wächst ständig an. Am Ende sind es rund 25 Personen, die für unterschiedliche Aspekte zuständig sind.

Schauen wir auf die Planung. Sie sprachen von Events, von denen Sie noch gar nichts wissen. Hinzu kommen viele ausländische Gäste, es gibt eine wesentlich höhere Aufmerksamkeit als sonst. Wie plant man für so ein Event?

Arnd Rune Thomas: Es gibt zum einen schon viele Erfahrungswerte. Hinzu kommen natürlich unsere Profis vor Ort, die ihre Venues kennen. Der Plan steht, denn unsere EURO läuft schon längst. Wir stellen jetzt sicher, dass die Ware und unser Personal verfügbar sind. Basierend auf unseren Erfahrungen aus dem Bundesliga-Geschäft gibt es entsprechende Pläne, die wir bereits ausgerollt haben.

Georg Wacht: Wir haben für diese Art an Veranstaltungen eine detaillierte Prozess-Map, die wir auf alle EM-Standorte ausrollen. Die brauchen wir auch, da es immer Unwägbarkeiten geben wird. Sie können sicher sein, dass die Detailschärfe hier sehr, sehr tief ist.

Können Sie uns hier einen Einblick geben?

Es gibt spezielle Prozesse für alle Aspekte, die für dieses Turnier berücksichtigt werden müssen. Dazu gehören etwa Gefährdungsbeurteilungen und Prozesse, die sich vom normalen Ablauf unterscheiden. So können die Lieferwege unterschiedlich sein, und die Zeiten werden abweichen. Es ist wichtig, dass alle Beteiligten vorher gebrieft werden, um reibungslose Abläufe sicherzustellen. Die Vorgaben sind in jedem Stadion gleich, und Teams vor Ort müssen entsprechend informiert werden. Nehmen wir das Beispiel Arbeitskleidung: Wenn schmutzige Arbeitskleidung bei den Mitarbeitenden anfällt, muss der Wäschedienstleister genau wissen, wann er Nachtschichten einplanen muss, um den reibungslosen Ablauf sicherzustellen. Insgesamt ist die Logistik für ein Turnier dieser Größenordnung eine komplexe Aufgabe, die viele verschiedene Aspekte berücksichtigt.

Wie funktioniert die Abstimmung mit Ihren Lieferanten zur EM?

Auch hier greift ein einheitlicher Plan, den wir auf die einzelnen Stadien ausrollen. Wenn wir mit Dienstleistern sprechen, seien es Lieferanten oder die Turnierpartner der UEFA, beispielsweise Coca-Cola, erleichtert das den Prozess. Diese müssten ansonsten mit jedem Stadionbetreiber separat verhandeln oder Lösungen finden. Wir vereinbaren eine Linie und wenden diese dann überall an. Das vornehmliche Thema ist derzeit die Logistik. Zur EURO muss alles sitzen, da müssen erfahrene Lieferanten kommen, die die Stadien kennen, wissen, wo die Anlieferstellen sind oder wo etwa die Paletten hinkommen. Aber wir können uns immer auf unsere Partner verlassen.

Arnd Rune Thomas: Grundsätzlich ist es so, dass unsere Stadien in Volllast laufen. Wir wissen, wie voll wir die Lager packen können und müssen. Ein besonderer Faktor ist jetzt der Sommer, weil es sehr heiß werden kann, wir also genügend alkoholfreie Getränke brauchen.

Georg Wacht: Wir haben zwar ausreichend Kühlmöglichkeiten, planen aber zusätzlich mobile Kühlwagen, weil wir eventuell relativ kurzfristig Lösungen finden müssen.

Kurzfristigkeit ist ein gutes Stichwort. Die Abstände zwischen den Spielen sind ja wesentlich geringer als bei Bundesliga-Spielen. Genau. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Das ist ein sehr spezieller Turnus. Die Abläufe müssen sitzen. Die Ver- und Entsorgung, die Reinigung von Arbeitskleidung, die Versorgung mit genügend Wechselgeld, das sind alles Prozesse, die jetzt geplant und abgestimmt werden müssen. Auch mit den Lieferanten: Denken Sie nur an die Bäcker, die innerhalb kürzester Zeit die benötigten Brötchen backen müssen. Deswegen sage ich, unsere EURO läuft schon. Wir können nicht voraussetzen, dass alle Lieferanten von sich aus den Fokus haben oder wissen, was dann auf sie zukommt.

Schauen wir uns mal den Ablauf an im Stadion, wie läuft die Bezahlung?

In den Stadien gibt es üblicherweise verschiedene Zahlungsmethoden. Immer mehr wird bargeldloses Bezahlen bevorzugt. Fast alle Verkaufsstellen sind mit dieser Option ausgestattet. Wir nutzen hauptsächlich die vorhandene Infrastruktur in den Stadien, sodass die Prozesse bereits bekannt sind und gut funktionieren. Wir wollen nicht unnötig neue Dinge ausprobieren, sondern uns auf Bewährtes verlassen. Natürlich gibt es immer Raum für Verbesserungen, aber grundlegend bleiben die Abläufe gleich.

Lassen Sie uns über das Speisenangebot sprechen, das in den Stadien erhältlich ist.

Es gibt Hauptgerichte, Snacks, Getränke, Heißgetränke, Eis und Süßspeisen. Von klassischen Stadionsnacks wie Hotdogs und Pommes bis hin zu international inspirierten Gerichten und vegetarischen Optionen werden wir sicherstellen, dass für jeden etwas dabei ist.

Arnd Rune Thomas: Genau, Bier und Bratwurst gehören natürlich auch dazu und ziehen auch das internationale Publikum an. Aber natürlich reicht das heutzutage nicht mehr. Der Anteil an veganen und vegetarischen Speisen steigt weiterhin, da sich die Ernährungsgewohnheiten vieler Menschen ändern. Es müssen auch frische, gesunde Optionen separat angeboten werden.

Wie kommt das vegan-vegetarische Angebot bislang an?

Es gibt natürlich eine Warteschlange für die klassischen Produkte als bei den alternativen Angeboten wie Bowls. Es ist dennoch wichtig, diese Optionen anzubieten, auch wenn nur wenige Gäste sie wählen. Aber das Angebot entwickelt sich kontinuierlich weiter. In unseren Betriebsrestaurants beobachten wir einen starken Anstieg des Anteils an veganen und vegetarischen Optionen. Doch in der Freizeit wollen die Gäste oft doch lieber die klassischen Stadion-Snacks.

Gibt es ein Mehrweg-Konzept?

Natürlich. Es gibt unterschiedliche Becherdienstleister für die Mehrweg-Konzepte. Diese sind zum Teil regional, weil es einfach Sinn macht wegen der Spülstraßen und der Logistik, die dahintersteckt. Am Ende des Tages sind es eine Handvoll großer Dienstleister, die das in dieser Größenordnung umsetzen können, weil es auch eine wichtige Frage der Gewährleistung und der Hygiene ist.

Angesichts des Drucks wirken Sie entspannt...

Natürlich gibt es eine gewisse Grundspannung angesichts der bevorstehenden Veranstaltung, aber vor allem herrscht Vorfreude. Unsere Teams vor Ort sind an solche Situationen gewöhnt, daher sind wir nicht nervös, wenn das Stadion ausverkauft ist. Es geht vielmehr darum, sicherzustellen, dass alles perfekt vorbereitet ist, damit wir pünktlich starten können. Diese lange Vorbereitungszeit mit viel Liebe zum Detail hilft uns, gelassen zu bleiben.

Das Interview führte Christian Funk

Wir liegen bei 500 bis 700 Mitarbeitenden pro Spiel.

Wir haben ein eigenes EURO-Kompetenz-Team zusammengestellt, das eng mit der UEFA kooperiert.

PHOTO (COLOR): © Aramark © Aramark Georg Wacht, Director Operations Sport & Event Catering. Arnd Rune Thomas, Geschäftsführer von Aramark Beim Recruiting der Aushilfen achtet Aramark vor allem auf Teamfähigkeit.

By Funk Christian

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Titel:
„Unsere EURO läuft schon".
Autor/in / Beteiligte Person: Christian, Funk
Zeitschrift: GV Praxis, 2024-04-15, Heft 4, S. 42-45
Veröffentlichung: 2024
Medientyp: serialPeriodical
ISSN: 0342-376X (print)
Schlagwort:
  • UNION of European Football Associations
  • SOCCER
  • PUBLIC spaces
  • SPORTS events
  • ATHLETIC fields
  • STADIUMS
  • BERLIN (Germany)
  • Subjects: UNION of European Football Associations SOCCER PUBLIC spaces SPORTS events ATHLETIC fields STADIUMS
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Language: German
  • Document Type: Article
  • Geographic Terms: BERLIN (Germany)
  • Full Text Word Count: 1809

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