Zum Hauptinhalt springen

Netzwerken verfängt.

In: KOCA, 2024-04-15, Heft 4, S. 46-49
Online serialPeriodical

Netzwerken verfängt 

Ohne fachlichen Austausch geht es nicht, haben die Verbände erkannt. Daher holen die Älteren verstärkt junge Generationen mit ins Boot.

Text: Ralf Küchle

Der Verein Junge Konditoren hat sich 2018 aus dem Youngster Day, einer Forbildungsveranstaltung des baden-württembergischen Konditorenlandesverbandes in Karlsruhe, heraus gegründet. Es sollte etwas entstehen, wo sich junge Fachleute auf Augenhöhe austauschen können und auch fachlichen Input bekommen.

Heute hat der Verein als relativ neues Netzwerk der Konditorenbranche mehr als 150 Mitglieder. „Die meisten stammen aus Baden-Württemberg, wo wir uns gegründet haben", sagt der Vorsitzende Pascal Gruber (24), Konditorgeselle im Café Ableitner in Schwäbisch Hall. „ Es gibt einige Mitglieder aus Norddeutschland." Die Präsenz auf Messen sei ein wichtiger Faktor, um neue Mitglieder fürs Netzwerk zu gewinnen. So waren die Jungen Konditoren auf der Intergastra in Stuttgart mit Nachwuchsthemen am Forumprogramm des baden-württembergischen Konditorenlandesverbandes beteiligt.

Online-Meetings von Vorteil

„Der Jahresbeitrag beträgt 30 Euro. Uns ist wichtig, dass die Mitgliedschaft auch für Auszubildende erschwinglich ist", so Gruber. „Wir haben einen Online-Stammtisch, in der Regel mit einem Gastvortrag zu unterschiedlichen Themen. Wir wollen dabei auch über den Tellerrand der Branche hinausschauen."

Die Hürde, mit Fragen an die Jungen Konditoren heranzutreten, sei nicht groß. Pascal Gruber sieht den Verein auch als Brücke zu Innungen und Verband: „Ich denke, dass wir mit dem Verein junge Leute an die Verbandsarbeit heranführen können, die wir im Kleinen machen." Beim Austausch böten Online-Meetings den Vorteil, dass es einfach sei, kurzfristig Termine zu finden. Regelmäßige Präsenztreffen seien jedoch auch wichtig, um den Kontakt zu halten. „In den Meetings entstehen viele Ideen," so Gruber. „Man lernt mit der Zeit, sich auf weniger Punkte zu konzentrieren, die dann aber gut durchzusprechen."

Bei der Zusammenarbeit von älterer und jüngerer Generation empfindet er, dass mehr Augenhöhe entstanden sei, doch könne sich die Position zum Beispiel von Azubis in der Branche noch verbessern.

Bettina „Betty" Schliephake-Burchardt, Landesinnungsmeisterin der Hamburger Konditoren und medienaffin durch ihre Mitwirkung bei der TV-Sendung „Das große Backen", hält alle bestehenden und neu hinzugekommenen Netzwerke für wichtig. „Dazu gehören die Arbeit des Deutschen Konditorenbundes DKB, ein Event wie der KOCA Summit des Deutschen

Fachverlages, der die Branche in Austausch bringt, die Arbeit des CondiCreativClub (CCC) oder der Salon du Chocolat in Koblenz. Für mich ist auch das Umfeld um ,Das große Backen' ein wichtiges Netzwerk. Mit den Teilnehmern der Profivariante bleibe ich in Kontakt und sehe deren Weiterentwicklung."

Online und Präsenz ließen sich gut miteinander verbinden. Nach dem persönlichem Kontakt sei online eine gute Möglichkeit, diesen zu festigen. Eine gute Mischung aus Alt und Jung sei wertvoll – bei konstruktivem Miteinander. „Wenn Ältere nur belehren wollen, kommt das bei der jüngeren Generation nie gut an", so Schliephake-Burchardt.

Netzwerke seien im Wandel. Manche hätten sich aufgelöst. „Ich hatte eines für Torten in den USA. Das gibt es nicht mehr", sagt die Tortenkünstlerin mit eigenem Unternehmen, Betty's Sugar Dreams.

René Klinkmüller, der eine Konditorei im brandenburgischen Luckau betreibt, ist einer der zwei Vorsitzenden des CondiCreativClubs (CCC), dessen Mitglieder sich aus den Erstplatzierten der Deutschen Meisterschaften zusammensetzen. Der 40-Jährige hat zudem Erfolge mit der Deutschen Nationalmannschaft der Köche gefeiert und ist über die Grenzen des eigenen Gewerkes hinaus gut vernetzt. „Beim CCC lief phasenweise weniger, jetzt läuft wieder mehr", sagt Klinkmüller. „Wir haben mehr jüngere Leute, die etwas einfordern. Es gibt ein fachliches Programm bei der Jahreshauptversammlung. An der jährlichen Studienreise des Vereins nehmen zwischen 20 und 25 Fachleute teil. Das ist ungefähr die Hälfte der Mitglieder."

Klinkmüller ist im Tourismus- und Marketingverband. „Über den Marketingverband bin ich in den Lebensmittelhandel zu Rewe gekommen", so Klinkmüller. „Social Media mit Facebook und Instagram sind kostenlose Werbeplattformen. Instagram ist für 16- bis 35-Jährige interessant. Ältere verwenden Facebook. Ich nutze auch die Berufsnetzwerke Xing und LinkedIn." Offenheit und gegenseitiges Vertrauen unter Berufskollegen und Partnern sei unabdingbar, um sich, seinen Betrieb und die Branche zu entwickeln. „Sonst geht es irgendwann nicht weiter."

Über den Tellerrand hinaus

Eine gute Möglichkeit, sich fachlich und über betriebliche Aspekte und Kennzahlen auszutauschen, bieten Vergleichsringe und Erfa-Kreise. Benedict Weiss ist Juniorchef der Confiserie Weber & Weiss in Friedrichshafen am Bodensee. Der Betrieb ist in der Übergabephase. Seit fünf Jahren begleitet der 29-jährige Geschäftsführer seinen Vater Michael zu den Treffen des internationalen Vergleichsrings Chaine Confiseur in der Schweiz. Neben Schweizer und deutschen Betrieben gibt es auch Mitglieder aus Italien und Österreich.

„Schweizer Betriebe haben andere Strukturen als deutsche. Deshalb ist ein Zahlenvergleich schwierig", sagt Weiss. „Wertvoll ist aber der fachliche Austausch. Viele der Betriebe sind Mitglied im Relais Dessert, einer weltweiten Vereinigung gehobener Konditorei und Patisserie, und bringen ihre Erfahrungen ein."

Mehrmals im Jahr finden Treffen statt, die von den Betrieben im Wechsel organisiert werden. Es gebe ein übergeordnetes Thema wie Umsatzentwicklung und Personalfindung. „Die Betriebe bringen Produkte mit und stellen diese vor, es gibt Betriebsführungen und Fachreisen", so Weiss. Er schätzt den offenen Austausch und gewinnt der Vernetzung in Vergleichsringen und Erfa-Kreisen nur positive Seiten ab.

„Generell ist der Austausch mit Kollegen für mich sehr wichtig", sagt Weiss. „Bei Social Media mache ich fast alles über Instagram. So lerne ich international neue Produkte und Trends kennen. Es entstehen gute Diskussionen in der Branche."

Als Schokoladen-Sommelier ist er in der zugehörigen Gruppe, die bereits Fachreisen unternommen hat. Der KOCA Summit als neue, lebendige Plattform mit Branchenthemen und fachlichem Input ist für ihn eine Bereicherung. Auch in Fachseminaren im Trendforum der Firma Pfersich in Neu-Ulm entstünden gute Kontakte. Auch der Austausch über die Akademie für das Bäckerhandwerk in Weinheim sei für ihn wertvoll.

Bundestagung für alle Generationen

Als Präsident des Deutschen Konditorenbundes (DKB), Vizepräsident des Bäcker- und Konditorenweltverbandes UIBC sowie Leiter des Bundesleistungszentrums der Konditoren in Koblenz weiß Gerhard Schenk um die Bedeutung guter Netzwerke und Kontakte, die effizient gestaltet sein müssen.

Videokonferenzen haben in den Lockdowns der Coronapandemie an Bedeutung gewonnen. Der 58-Jährige sieht darin positive Aspekte: „Man musste sich erst daran gewöhnen, da über den Bildschirm weniger Emotion und Mimik rüberkommt. Aber es ist einfacher, sich zusammenzurufen. Im Verband haben wir 14-tägige Meetings per Video. Die Präsenztermine sind so besser vorbereitet. Man kann Dinge gut vertiefen." Kurze Kommunikationswege seien wichtig, alle hätten Personalprobleme und weniger Zeit.

Schenk ist sich bewusst, dass es im Austausch, speziell unter den Generationen, Nachholbedarf gibt. So soll die Bundestagung eine neue Form bekommen. „Da waren früher 50 bis 70 Leute, darunter keine Jungen", sagt Schenk. „Sie heißt ab jetzt Konditoren-Jahres-Kongress und findet in diesem Jahr vom 16. bis 18. September statt. Es wird einen Tag mit Regularien geben und einen Veranstaltungstag mit aktuellen Themen und Fachprogramm. Vertreter aller Vergleichsringe werden vor Ort sein, wir haben die Jungen Konditoren angesprochen sowie den CCC, der parallel eine Tagung abhalten kann."

Auch das Bundesleistungszentrums der Konditoren in Koblenz mit Start Anfang 2023 entwickle sich zu einer wichtigen Institution zum Netzwerken.

ralf.kuechle@dfv.de

PHOTO (COLOR): Fortbildung Youngster Day: Daraus entstand der Verein Junge Konditoren. Veranstalter CondiCreativClub (CCC): Vertreter der Jury zur Deutschen Meisterschaft der Konditoren 2022 in Berlin. Fachlicher Input, Möglichkeit zum Austausch: die Fortbildung Youngster Day für Auszubildende. Bettina Schliephake-Burchardt Betty's Sugar Dreams Hamburg Gerhard Schenk DKB-Präsident Augsburg Pascal Gruber Verein Junge Konditoren Keltern René Klinkmüller Vorsitzender CondiCreativClub Junges Publikum, lebendiges Event: der KOCA Summit 2023. Fotos: Küchle, privat, Elfriede Liebenow Fotografie

Titel:
Netzwerken verfängt.
Zeitschrift: KOCA, 2024-04-15, Heft 4, S. 46-49
Veröffentlichung: 2024
Medientyp: serialPeriodical
ISSN: 2569-961X (print)
Schlagwort:
  • CONFECTIONERS
  • TRADE shows
  • PROFESSIONAL employees
  • Subjects: CONFECTIONERS TRADE shows PROFESSIONAL employees
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Language: German
  • Document Type: Article
  • Full Text Word Count: 1186

Klicken Sie ein Format an und speichern Sie dann die Daten oder geben Sie eine Empfänger-Adresse ein und lassen Sie sich per Email zusenden.

oder
oder

Wählen Sie das für Sie passende Zitationsformat und kopieren Sie es dann in die Zwischenablage, lassen es sich per Mail zusenden oder speichern es als PDF-Datei.

oder
oder

Bitte prüfen Sie, ob die Zitation formal korrekt ist, bevor Sie sie in einer Arbeit verwenden. Benutzen Sie gegebenenfalls den "Exportieren"-Dialog, wenn Sie ein Literaturverwaltungsprogramm verwenden und die Zitat-Angaben selbst formatieren wollen.

xs 0 - 576
sm 576 - 768
md 768 - 992
lg 992 - 1200
xl 1200 - 1366
xxl 1366 -