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Kommt nun Bewegung ins Batterierecycling?

Frank, Urbansky
In: Circular Economy, 2024-05-02, Heft 2, S. 14-16
Online serialPeriodical

Kommt nun Bewegung ins Batterierecycling? 

Das Recycling von Traktionsbatterien ist noch weitgehend ungeklärt. Bei Lithium-Ionen-Batterien kann allenfalls ein Teil der metallischen Rohstoffe recycelt werden. Mit der Batterieverordnung und dem Batteriepass versucht die EU nun, einen Prozess hin zu kompletter Wiederverwertung oder Wiederverwendung anzustoßen und zu beschleunigen.

Schon heute stapeln sich Traktionsbatterien ausrangierter E-Autos in den Recyclinghöfen. Dabei sind sie eine sehr gute Rohstoffquelle. Elektroautos von heute seien die „Bergwerke von morgen", so Prof. Michael Stelter vom Fraunhofer IKTS. Doch recycelt werden können allenfalls die metallischen Bestandteile, die durch einen Prozess des Schredderns, Auslaugens und Erhitzens in eine sogenannte Schwarzmasse verwandelt und aus dieser raffiniert werden. Der Prozess ist energieintensiv und deswegen nicht gerade effizient. Dennoch ist er derzeit das Mittel der Wahl.

Und: Er ist unbedingt nötig.

Denn angesichts einer drohenden Lithium-Knappheit ab 2030 sieht die Deutsche Rohstoffagentur (Dera) die Dringlichkeit des Recyclings, um die steigende Nachfrage decken zu können, ohne die Rohstoffförderung extrem zu steigern.

Mit dem Anstieg der Elektrofahrzeuge in der EU, in China und Nordamerika wird ein Anstieg der zu recycelnden Lithium-Ionen-Batterien (LIB) erwartet. 420.000 Tonnen könnten es in Europa bis 2030 sein, verglichen mit den aktuellen 50.000 Tonnen. Während derzeit noch die meisten Altbatterien aus dem Consumer-Bereich kommen, wird ab 2035 ein Großteil der „End-of-Life"-Batterien aus dem Automobilsektor stammen.

Die EU-Studie prognostiziert bis 2040 eine Verzehnfachung der Recyclingkapazität auf eine Terawattstunde (TWh). Dadurch könnten bis zu zwei Drittel des Rohstoffbedarfs gedeckt und werden. Und günstiger ist es auch.

Wachsendes Materialangebot und fallende Kosten

Der Consulter Strategy und die RWTH Aachen prognostizieren in einer Studie für Recycling und Batterien ein wachsendes Materialangebot und fallende Kosten, warnen jedoch vor einem Überhang an Altbatterien gegenüber den Recyclingkapazitäten. Trotz derzeit unzureichender Auslastung von Recyclinganlagen – wie bei Mercedes-Benz oder Volkswagen – wird erwartet, dass ab 2030, mit dem Lebensende der ersten Elektrobatterien, die Nachfrage nach Recycling steigt. Bis 2040 könnten bis zu 60 Prozent des Aktivmaterials aus Recycling stammen.

Die dynamische Entwicklung des Markts spiegelt sich in der steigenden Zahl von Recyclingprojekten wider. Eine Studie von der RWTH Aachen und PwC prognostiziert, dass das Recycling von E-Auto-Batterien in Europa bereits vor 2035 ein profitables und nachhaltiges Geschäft sein wird.

China wird recyceltes Lithium in Batterien deutlich früher einsetzen als Europa oder die USA. Trotzdem hat Europa durch seine Erfahrung in der Industrialisierung neuer Technologien das Potenzial, ein führender Akteur im Bereich des umweltfreundlichen und effizienten Batterierecyclings zu werden.

EU-Batterieverordnung und Batteriepass

Das wurde auch von der Politik erkannt. So trat am 18. Februar 2024 die EU-Batterieverordnung in Kraft, um Batterien in der EU nachhaltiger und sicherer zu machen. Sie regelt den Lebenszyklus aller Batterietypen, einschließlich der für Fahrzeuge, Industrie und leichte Verkehrsmittel. Sie sieht unter anderem Sammelziele für Altbatterien vor (63 Prozent bis 2027, 73 Prozent bis 2030 für Gerätealtbatterien; 51 Prozent bis 2028, 61 Prozent bis 2031 für Batterien leichter Verkehrsmittel) und setzt Recyclingziele (50 Prozent Lithium-Recycling bis 2027, 80 Prozent bis 2031).

Zudem werden Mindestrezyklatanteile für bestimmte Batterien festgelegt (z.B. 16 Prozent für Kobalt, 85 Prozent für Blei) und Recyclingeffizienzziele (80 Prozent für Nickel-Cadmium-Batterien bis 2025). Ab 2027 müssen Gerätebatterien vom Nutzer entfernbar sein. Die Verordnung führt außerdem neue Kennzeichnungs- und Informationspflichten ein, inklusive eines Batteriepasses und eines QR-Codes ab 2026 respektive 2027, und verlangt von Wirtschaftsakteuren, die Herkunft der Rohstoffe zu überprüfen. Ausnahmen gelten für KMUs.

Der EU-Batteriepass nun soll für dieses Recyclingvorhaben als Lösung dienen. Ein Konsortium aus elf Organisationen hat einen umfassenden Leitfaden für diesen Batteriepass veröffentlicht, der die gesamte Wertschöpfungskette von Batterien abdeckt und sich an die neue EU-Batterieverordnung anlehnt.

Schwarze Masse bisher Maß der Dinge

Bisher jedoch gibt es nur wenig praktikable Recyclingverfahren. Eines ist die sogenannte schwarze Masse: ein Pulver, das wertvolle Batteriemetalle wie Lithium, Nickel und Kobalt enthält. Diese Metalle werden aus zerkleinerten Elektrofahrzeugbatterien extrahiert. Das Verfahren ist durch verschiedene Arbeitsschritte aufwendig und energieintensiv.

In Wendeburg betreibt das Unternehmen Duesenfeld eine Anlage zum Recycling von Elektroauto-Batterien, um dieses Verfahren wirtschaftlich rentabel zu gestalten. Durch das Entladen von E-Auto-Batterien wird hier die Hälfte der Energiekosten gespart. Die Batterien werden anschließend geschreddert, was bei Elektroauto-Batterien wegen der Brandgefahr komplex ist. Duesenfeld nutzt eine Methode, bei der Batterien in Stickstoffatmosphäre geschreddert und danach bei niedrigen Temperaturen im Vakuum getrocknet werden, um Entflammung und giftige Gase zu vermeiden. Diese Vorgehensweise ermöglicht es, den Elektrolyt sicher zu recyceln und trägt zur CO2-Neutralität des Prozesses bei. Das wiederum soll die Produktionskosten senken.

Forschung für besseres Recycling

Deswegen versuchen Wissenschaftler, bessere Wege für das Recycling von Batterien zu finden.

TU Bergakademie Freiberg

Die TU Bergakademie Freiberg ist Teil des Batterierecycling-Clusters, wo sie in zwei Verbundprojekten neue Recyclingmethoden für Batteriemetalle erforscht (siehe Interview auf Seite 17). Zusammen mit dem Helmholtz-Institut Freiberg und dem Fraunhofer-Institut IKTS entwickeln die Wissenschaftler Technologien wie den „Digisort" für die digitale Abbildung des mechanischen Recyclings, um Aluminium- und Kupferfolien wiederaufzubereiten. Ein weiteres Projekt namens „Lowvolmon" zielt darauf ab, Lösungsmittelemissionen beim Batterierecycling zu verringern. „Earlimet" erforscht einen innovativen Prozess zur Trennung von Lithium mittels Kohlenstoffdioxid, um Lithiumcarbonat in Batteriequalität zurückzugewinnen.

KIT

Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und die Mercedes-Benz-Tochter Licular entwickeln im Projekt „LiBinfinity" ein Konzept für das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien, das mechanische und hydrometallurgische Verfahren kombiniert.

ZSW

Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) hat im Projekt „RecycleMat" ein Verfahren entwickelt, um aus alten Batterien Grafit und kritische Metalle wie Nickel, Mangan oder Kobalt zurückzugewinnen. Dieser Prozess ermöglicht die Wiederverwendung von aufbereiteten Materialien in neuen Batterien, wobei diese bis zu 95 Prozent ihrer ursprünglichen Kapazität erreichen.

Im Detail trennt das Verfahren mechanisch die Aktivmaterialien von Anoden und Kathoden, reinigt sie, unterzieht sie einer Wärmebehandlung und verarbeitet sie zu neuem Pulver. Im Gegensatz zu traditionellen Methoden, die Metalle durch aufwendige chemische Prozesse extrahieren und dabei Grafit verlieren, erhält dieses Verfahren die Materialien in ihrer ursprünglichen Form und ermöglicht ihre direkte Wiederverwendung in Batteriezellen.

Besonders für das Recycling von Grafit wurden neue Techniken entwickelt, die es ermöglichen, dieses Material effizient wiederherzustellen und für die Produktion neuer Batterien nutzbar zu machen. Die Methode zeigt nicht nur ökonomische, sondern auch erhebliche ökologische Vorteile. So könnte das Recycling bestimmter Batteriematerialien laut einer CEPS-Studie die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2040 um über eine Million Tonnen CO2-Äquivalent reduzieren, im Vergleich zur Neugewinnung der Rohstoffe.

Neue Recyclingwerke in Arbeit

In Deutschland und weltweit sind derzeit mehrere Projekte für Recyclinganlagen in Arbeit.

BASF

BASF plant in Schwarzheide eine Recyclinganlage, die zunächst alle metallischen Bestandteile aus Batterien extrahieren soll, mit Aussicht auf eine Ausweitung des Verfahrens bis 2025, um den zukünftig steigenden Mengen an Antriebsbatterien gerecht zu werden.

Mercedes-Benz

Mercedes-Benz errichtet in Kuppenheim mit dem Tochterunternehmen Licular und dem Partner Primobius ein Joint Venture von SMS Group und Neometals, eine CO2-neutrale Batterierecyclingfabrik. Diese Pilotfabrik setzt auf Hydrometallurgie, um die Recyclingquote auf über 96 Prozent zu erhöhen. Das Projekt wird von wissenschaftlichen Institutionen wie dem KIT und den Technischen Universitäten Clausthal und Berlin unterstützt. Ziel ist es, eine vollständige Kreislaufwirtschaft für Batteriematerialien wie Kobalt, Nickel und Lithium zu schaffen. Das hydrometallurgische Verfahren eliminiert energie- und materialintensive Schritte der Pyrometallurgie, um Ressourcen zu schonen und eine nachhaltige Batterieproduktion zu fördern. Die Anlage für die mechanische Zerlegung soll Mitte 2024 in Betrieb gehen.

VW/BMW

Volkswagen und BMW setzen ebenfalls auf Batterierecycling: VW plant eine Pilotanlage in Salzgitter, BMW kooperiert in China mit einem lokalen Recyclingunternehmen, um Nickel, Lithium und Kobalt wiederverwenden zu können.

Montan-Stiftung-Saar und Roth

Die Montan-Stiftung-Saar und Roth International planen, im Saarland eine Batterierecyclinganlage zu errichten. Diese Partnerschaft zielt auf die nachhaltige Wiederverwertung von Lithium-Ionen-Batterien aus Altfahrzeugen ab und soll auch Produktionsschrott verarbeiten können. Die erste Phase umfasst den Bau einer Anlage für Demontage, Zerkleinerung und Sortierung, mit der Option, später in die Weiterverarbeitung zu investieren.

Xalt Energy

Xalt Energy, eine Tochter des Technologiekonzerns Freudenberg, kooperiert mit dem ReCell Center – einem vom US-Energieministerium unterstützten Batterie-Recyclingzentrum – um ein neues Trennverfahren für das Recycling von Batterieelektrodenmaterialien zu entwickeln. Dieses Verfahren soll den direkten Wiedereinsatz von recycelten Elektrodenmaterialien in neuen Batterien ermöglichen und damit den Bedarf an natürlichen Rohstoffen reduzieren. Xalt Energy liefert Altbatterien und führt Tests zur Konzeptüberprüfung durch. Das ReCell Center, mit Standorten im Argonne National Laboratory in Illinois und dem Oak Ridge National Laboratory in Tennessee, fokussiert sich auf eine kostengünstigere und umweltfreundlichere Recyclingmethode, die beschädigte Nickel-Mangan-Kobalt-Folienbeschichtungen wiederaufbereitet.

Northvolt

Das schwedische Unternehmen Northvolt hat 2021 seine erste E-Auto-Batteriezelle aus 100 Prozent recyceltem Nickel, Mangan und Kobalt hergestellt. Nun will das Unternehmen seine Kapazitäten in Europa erhöhen und strebt bis 2025 etwa 70.000 Tonnen und bis 2030 rund 300.000 Tonnen Batteriepacks an.

Frank Urbansky

PHOTO (COLOR): Rotorschere zum Zerkleinern der Batteriekomponenten. (Foto: TUBAF-MVTAT) Ein am KIT entwickeltes Recyclingverfahren, das mechanische Prozesse und chemische Reaktionen verbindet, kann bis zu 70 Prozent des Lithiums zurückgewinnen. (Foto: Amadeus Bramsiepe, KIT)

By Urbansky Frank

Reported by Author

Titel:
Kommt nun Bewegung ins Batterierecycling?
Autor/in / Beteiligte Person: Frank, Urbansky
Zeitschrift: Circular Economy, 2024-05-02, Heft 2, S. 14-16
Veröffentlichung: 2024
Medientyp: serialPeriodical
DOI: 10.51202/2943-3886-2024-2-014
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Language: German
  • Document Type: Article
  • Full Text Word Count: 1442

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