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Zusammen mit der Trägereinrichtung für qualifizierten Nachwuchs sorgen: Der Anteil von Museumsbibliotheken an der Ausbildung von Museumsvolontär*innen.

Lenz, Klaudia Charlotte
In: Bibliotheksdienst, Jg. 58 (2024-05-01), Heft 5, S. 224-234
Online academicJournal

Zusammen mit der Trägereinrichtung für qualifizierten Nachwuchs sorgen: Der Anteil von Museumsbibliotheken an der Ausbildung von Museumsvolontär*innen  Institutional cooperation promoting next generation qualification: Museum libraries and their share in museum trainee programmes 

Viele Museumsmitarbeiter*innen haben ihren beruflichen Werdegang mit einem Museumsvolontariat begonnen, welches einen Überblick über alle relevanten Bereiche der Museumsarbeit und die Möglichkeit für erste Berufserfahrungen geben soll. Ist dem Museum eine hauseigene Bibliothek angeschlossen, kann diese eine potenzielle Einsatzstation für die Ausbildung von Museumsvolontär*innen darstellen. Diese zeitlich begrenzte Aufgabe kann gleichzeitig schön, aber auch herausfordernd sein. Wie man diese zum Nutzen aller erfolgreich gestalten kann, zeigen die nachfolgenden Ausführungen.

A museum internship is the starting point for many future museum employees. The training is intended to provide insight into relevant areas of museum work and offers opportunities to gain work experience. An in-house library can thus be included as one stop on the training tour for volunteers. The experience might be both rewarding and challenging. The suggestions made in the article might help to successfully organize this training stage for the benefit of all participating parties.

Keywords: Bibliothek; Museum; Museumsbibliothek; Museumsvolontariat; Aus- und Weiterbildung; Library; museum; museum library; museum interns; vocational training

1 Zur Ausgangslage

Museen bilden neben Bibliotheken und Archiven weltweit eine feste Größe in der Informationsgesellschaft. In Deutschland befinden sich diese drei Säulen des Kultursektors nicht nur in einer friedlichen Koexistenz nebeneinander, sondern nähern sich, was die Aus- und Weiterbildungsprogramme und eine institutsübergreifende Zusammenarbeit betrifft, immer mehr an. Begründen lässt sich diese Annäherung durch die vergleichbaren Kernaufgaben, die allen drei Bereichen zu eigen sind: das Sammeln, Erschließen, Bewahren und Präsentieren ihrer Bestände.

Während die Geschichte von Bibliotheken und Archiven bis in die Antike zurückreicht, entstanden museale Sammlungen, wie wir sie heute kennen, erst im 19. Jahrhundert. Sie entwickelten sich aus „universal angelegten [...] Kunst- und Wunderkammern", in denen die Weltordnung durch „Artefakte und natürliche Gegenstände" in Miniatur abgebildet werden sollte. Neben „Mineralien" und Objekten aus der Tier- und Pflanzenwelt waren in solchen Schauräumen auch Kunstgegenstände aller Art und nicht selten allerlei „Kuriositäten" zu sehen. Da aber ein Museum heute ob der Masse an Kulturgut, welches es für die Zukunft zu sichern gilt, nicht mehr universell sammeln und damit jedes Thema abdecken kann, reformierte sich dieser Kulturzweig im 20. Jahrhundert selbst und erreichte mit einer Schwerpunktsetzung für jede Einrichtung eine „Sammlungstrennung", die nicht nur nach dem „Prinzip [...] Klasse statt Masse", auf eine „sorgfältige[re] Auswahl" der gesammelten und gezeigten Objekte setzt, sondern auch „eine didaktische Aufbereitung" der Exponate zulässt, um diese der „breiten Öffentlichkeit" individuell näher bringen zu können.

Wie jeder andere Kulturbetrieb, benötigen auch Museen qualifiziertes Fachpersonal, um den reichhaltigen Aufgaben und den an sie gestellten Anforderungen nachkommen zu können. Eine Möglichkeit, solches Fachpersonal zu generieren, besteht darin, es selbst in allen relevanten Arbeitsbereichen auszubilden. Dazu dient u. a. das wissenschaftliche Volontariat für Universitäts- und Hochschulabsolvent*innen, die sich für eine Anstellung in einem Museum interessieren.

Da viele größere Museen über eine hauseigene Fachbücherei verfügen, die nicht selten nicht nur als Dienstbibliothek für die Mitarbeitenden fungiert, sondern auch eine eigenständige Sammlung des Museums ist, können Museumsbibliotheken durchaus eine mögliche Station in der Volontariatsausbildung darstellen. An dieser Stelle stehen Leitung und Mitarbeitende der Bibliothek vor der Herausforderung, all jene fachspezifischen Inhalte zusammenzutragen, die dem/der Hospitierenden vermittelt werden sollten. Die nachfolgenden Ausführungen beschäftigen sich daher mit der Frage, welche Ziele ein Museumsvolontariat hat, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede es zum vergleichbaren wissenschaftlichen Bibliotheksreferendariat aufweist und in welchen Thematiken Mitarbeitende von Museumsbibliotheken zukünftige Museumsangestellte unterweisen können. Ein kurzer Exkurs über die Ausbildungspraxis von Museumsvolontär*innen in der Bibliothek des Deutschen Historischen Museums in Berlin soll dabei eine Einladung sein, diese schöne Aufgabe als Anreiz und Motivationsquelle zu betrachten, um Freude an dem Beruf selbst, aber auch wertvolles Wissen an neue Generationen weiterzugeben.

2 „Reif für das Museum?"

Das deutsche Nationalkommitee des ICOM (International Council of Museums) betitelte mit vorangegangener Frage den Tagungsband zu ihrem 1994 abgehaltenen Symposium, auf dem es vor allem um die Entwicklung und Optimierung der Aus- und Fortbildung im Museumsbereich ging. Diese findet analog zu anderen kulturellen Betrieben auf unterschiedlichen Hierarchieebenen statt. Je nach Größe und personaltechnischen Voraussetzungen der Einrichtung können in Museen so u. a. Verwaltungsfachangestellte, Fotograf*innen, Depotwart*innen und Handwerker*innen in Zusammenarbeit mit einer Berufsschule dual ausgebildet werden. Für viele andere Einsatzgebiete, von der Sammlungsdokumentation über die Restaurierung bis hin zur Direktion, ist zunächst ein abgeschlossenes Hochschulstudium Voraussetzung. Wer sich nach einem Fachstudium für eine Arbeit im Museum interessiert, aber noch keine genaue Vorstellung davon hat, welcher Aufgabenbereich in Frage kommt, dem wird ein wissenschaftliches Museumsvolontariat empfohlen, welches wegen seiner „museumsspezifische[n] und museumsrelevante[n]" Ausbildungsinhalte für viele als „die beste Grundlage" für eine berufliche Laufbahn im Kulturbereich angesehen wird.

Aber was genau ist ein Museumsvolontariat und wer ist sozusagen reif dafür, es zu absolvieren? Im vom Deutschen Museumsbund herausgegebenen Leitfaden für das wissenschaftliche Volontariat am Museum wird das Ziel dieser Ausbildung in einer „möglichst umfassende[n] Qualifizierung für die komplexen Aufgaben und Arbeitsgebiete in einem Museum" formuliert, was neben „Berufserfahrung" auch „spezifische[ n ] Kenntnisse" aller „relevanten Bereiche des Museums" mit einschließt. Dazu zählen zunächst das „Sammeln, Bewahren, Forschen, Ausstellen und Vermitteln" der Museumsbestände. Zudem sollen aber auch Einblicke in „das Museumsmanagement und die Verwaltung sowie der [...] Kommunikation" erfolgen. Es handelt sich also um eine vor allem praxisbezogene umfangreiche Unterweisung in der Museumsarbeit, deren Ausbildungszeit auf zwei Jahre festgelegt ist. Hier ist vielleicht ein Kernproblem zu benennen. Die Vorstellung, dass sich ein/e Volontär*in innerhalb von nur zwei Jahren detailliertes Wissen in allen Arbeitszweigen des Museums aneignet, ist angesichts der Tatsache, dass der Einsatz in jeder Abteilung nur anteilmäßig und zeitlich völlig unterschiedlich ist, nicht nur überaus ambitioniert, sondern realistisch gesehen wahrscheinlich unmöglich. Zudem soll „das Volontariat die Möglichkeit zur selbständigen Tätigkeit und fachlichen Profilierung durch Schwerpunktsetzung" bieten. Diese soll über einen individuell zugeschnittenen Ausbildungsplan für jede/n einzelne/n Volontär*in, je nach persönlichen Präferenzen, erreicht werden, weswegen eine tiefergehende Auseinandersetzung mit den Arbeitsabläufen im Prinzip nur in den Bereichen möglich ist, in dem sich die Absolvent*innen zeitlich gesehen am längsten aufhalten. Auch die auszubildende Einrichtung muss sich fragen, ob sie reif ist, Museumsvolontariate anbieten zu können, da an solche Betriebe hohe Anforderungen gestellt werden. Allem voran muss sie über „mindestens eine fest angestellte Vollzeitkraft mit wissenschaftlicher Ausbildung" verfügen, die „für die Qualifizierung der Volontärin oder des Volontärs verantwortlich ist" sowie „eine kontinuierliche Betreuung" Letzterer „durch Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Museums" gewährleisten. In vielen kleineren Museen, die möglicherweise nur ehrenamtlich betreut werden, wird es demnach keine Volontariatsplätze geben. Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass alle Hochschulabsolvierenden, die sich für Kulturarbeit interessieren, gleichzeitig ein überdurchschnittlich ausgeprägtes Interesse an den unterschiedlichsten Aufgaben in einem Museum haben, ein hohes Pensum an Ausbildungsinhalten in sehr kurzer Zeit aufnehmen können sowie imstande sind, gern und sicher eigenständig zu arbeiten, geeignet für ein Volontariat und damit reif für ein Museum sind. Dem gegenüber sind alle Museen, die zuzüglich zu den personellen und fachlichen Voraussetzungen für die Ausbildung von Volontär*innen auch über Mitarbeitende verfügen, die Freude daran haben, gemeinsam befähigten Nachwuchs zu fördern, reif, diese bereichernde Aufgabe meistern zu können.

3 Museumsvolontariat vs. Bibliotheksreferendariat

Drei grundlegende Dinge haben ein Museumsvolontariat und ein Bibliotheksreferendariat gemein: Das jeweilige Ausbildungsangebot richtet sich an die gleiche Zielgruppe, nämlich an alle Hochschulabsolvent*innen (mindestens mit Masterabschluss), die gern in einer kulturfördernden Einrichtung tätig sein wollen. Beide Programme dauern zwei Jahre. Beide Programme zielen darauf ab, theoretisch angeeignete Inhalte des Studiums durch einen Einsatz in allen relevanten Bereichen der auszubildenden Einrichtung praktisch anzuwenden und damit den Arbeitsalltag besser kennenzulernen und erste Berufserfahrungen zu sammeln.

Die Unterschiede der beiden Ausbildungsprogramme sind ebenso schnell benannt: Während bei einem Bibliotheksreferendariat die praktische Tätigkeit in einer Bibliothek mit einer theoretischen Ausbildung an einer Hochschule gekoppelt und am Ende der Ausbildungszeit eine Laufbahnprüfung zu absolvieren ist, findet das Museumsvolontariat ausschließlich praktisch im Ausbildungsbetrieb ohne abschließendes Examen statt. Lediglich zusätzliche hausinterne Weiterbildungen sollten angeboten und die Teilnahme an externen Fortbildungsveranstaltungen, wie z. B. die einmal jährlich stattfindende Bundesvolontariatstagung, gewährt werden. Das Weiterbildungszentrum der Freien Universität Berlin bietet außerdem den zertifizierten Lehrgang Museumsmanagement für Volontär*innen an, welcher in jedem Fall interessant, aber nicht verpflichtend zu belegen ist.

4 Bibliothekarische Ausbildungsinhalte im Museumsvolontariat

Wie eingangs erwähnt, steht die Beantwortung der Frage, wie sich Museumsbibliotheken an der Ausbildung von Museumsvolontär*innen beteiligen können, im Fokus der vorliegenden Ausführungen. Hierfür ist es wichtig, sich mit den fünf großen Bereichen, in denen während der Ausbildung unterwiesen werden soll – Sammeln, Bewahren, Dokumentieren und Forschen, Ausstellen und Vermitteln sowie der Managementsektor – und ihren jeweiligen sachgebietsspezifischen Inhalten näher zu befassen, um diese anschließend auf einen möglichen Einsatz der Volontär*innen in der hauseigenen Bibliothek übertragen zu können.

Hinsichtlich der Thematik Sammlung sollen sich Museumsvolontär*innen auf Basis des Sammlungskonzeptes des Museums Kenntnisse bezüglich der Auswahl von zu erwerbenden Objekten, möglichen Zugangswegen dieser in die Sammlung und die damit in Verbindung stehende Etatverwaltung aneignen. Dies schließt auch ein, Entscheidungen darüber zu fällen, ob vorhandene Objekte eventuell aus dem Bestand auszusondern sind, da sie aufgrund von inhaltlichen (kein thematischer Bezug) oder äußeren Faktoren (fragiler Zustand, Mehrfachexemplare) nicht mehr in die Sammlung passen. Bezogen auf die Beschäftigung von Volontär*innen in der Bibliothek bedeutet dies, mit ihnen gemeinsam zu erarbeiten, welche Objekte im zur Verfügung gestellten finanziellen Rahmen angeschafft werden sollten, in welchen Auskunftsmitteln man sich zu entsprechenden Angeboten informieren und wie der Erwerbungsvorschlag gegenüber Zuwendungsgebern begründet werden kann. Des Weiteren gilt es zu zeigen, wie man ob der Masse an Büchern, die zeitweise der Bibliothek als Schenkung angeboten werden, die richtige Wahl für oder gegen eine Aufnahme in den Bestand trifft.

In Zusammenhang mit der Bewahrung soll gezeigt werden, wie Kulturgüter aller Art sachgerecht aufbewahrt und gelagert werden. Dies schließt die Planung und den Aufbau von Depots, die optimalen klimatischen Bedingungen sowie die Verwendung der richtigen Verpackungsmaterialien mit ein. In diesen Bereich zählt auch der Umgang mit beschädigten Objekten, die vielleicht restauriert oder repariert werden müssen. In einer Museumsbibliothek könnte demnach demonstriert werden, wie Bücher angemessen aufgestellt, die dazu benutzten Räumlichkeiten klimatisiert und Einzelobjekte ggf. zusätzlich professionell verpackt werden müssen. Hierfür ist ein Einsatz in den Büchermagazinen, in einer Buchbinderei oder bei der Buchrestaurierung sinnvoll.

Bezüglich des Dokumentierens und Forschens muss vermittelt werden, dass Ersteres die Basis für Letzteres darstellt. Nur durch die detaillierte formale, inhaltliche, wissenschaftliche und sachliche Erschließung ist objektbezogene Forschung überhaupt möglich. Das selbständige Dokumentieren von Sammlungsgegenständen in einer Datenbank wird Museumsvolontär*innen helfen, Sammlungszusammenhänge zu erkennen, die Biografie von Einzelobjekten zu rekonstruieren und damit mögliche Inhalte für die Vermittlung in Ausstellungen zu generieren. Zudem kann über spezifische Forschungsansätze, so z. B. über die Provenienzforschung, in die eigene Haus- und Bestandsgeschichte näher eingestiegen werden. Auch eine Museumsbibliothek ist in der Lage, solche Inhalte zur Ausbildung beizusteuern. Museumsvolontär*innen können hierbei die Erschließungsvarianten über einen Bibliothekskatalog und/oder eine Museumsdatenbank erlernen und deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede eruieren. Sie bekommen einen Überblick über Buchmaterialien, Binde- und Herstellungsvarianten, aber auch über in- und offizielle Zugangswege der Objekte in die Sammlung. Selbständige Forschung anhand des Bestandes wird aufgrund der begrenzten Einsatzzeit des/der Volontär*in wahrscheinlich nicht möglich sein, aber durch die Auseinandersetzung mit der Sammlung und Einzelobjekten könnte er/sie mögliche Forschungsaspekte herausarbeiten, denen in einem zweiten Schritt über separate Projekte nachgegangen werden könnte.

Aushängeschild eines Museums ist und bleibt das Ausstellen und Vermitteln der Sammlungsbestände für die Öffentlichkeit. In der Regel ist den Besucher*innen oftmals gar nicht bewusst, dass hinter den für sie zugänglichen Räumlichkeiten ein noch größerer Verwaltungsapparat steckt, in dem alle Fäden sozusagen hinter den Kulissen zusammenlaufen. Deswegen ist es unabdingbar, dass Museumsvolontär*innen zum einem verstehen, dass jegliche Arbeit im Museum eben jenem Zweck – dem Ausstellen der Bestände – dient. Zum anderen sollten sie aber auch einen Einblick darin bekommen, was es heißt, Ausstellungen zu konzipieren, welche Abteilungen – vom Kuratorenteam über die Gestalter*innen bis hin zu den Handwerker*innen, die z. B. ein Gemälde aufhängen – mit in den Ablauf eingebunden sind und wie Vermittlungsformate für die unterschiedlichen Besuchergruppen vorzubereiten und durchzuführen sind. Wer glaubt, dass solche Ausbildungsinhalte von Bibliotheken nicht zu leisten ist, irrt. Unabhängig davon, dass mittlerweile viele, vor allem größere Bibliotheken eigene Ausstellungsflächen bespielen, sind speziell Museumsbibliotheken durch ihre Einbettung in die übergeordnete Einrichtung absolut prädestiniert, Volontär*innen zumindest in kleinem Rahmen zu zeigen, wie man Bücher zu einem vorgegebenen Thema als potentielle Ausstellungsobjekte aus dem Bestand auswählt oder ggf. dafür neu erwirbt, wie sie in bestimmten Kontexten und unter welchen restauratorischen Bedingungen sie ausgestellt, sowie welche Inhalte in Führungen oder über eine Objektbeschreibung (Objekttext oder Katalog) zu dem Exponat geschildert werden können.

Abschließend konzentrieren sich die Ausbildungsschwerpunkte im Museumsmanagement auf übergeordnete, vor allem verwaltungstechnische und organisatorische Thematiken. Museumsvolontär*innen sollen lernen, dass hinter jeder gut gemachten Ausstellung ein breites Team in den verschiedensten Berufen steckt, was angeleitet, betreut und bezahlt werden will. Ein Einsatz in der Personalabteilung, der Finanzbuchhaltung, dem Projektmanagement und -controlling sowie in der Öffentlichkeitsarbeit sollen zumindest ansatzweise dazu dienen, dass sich ein ungefähres Bild von den verschiedenen Einsatzgebieten in einem Museum gemacht werden kann und insbesondere, dass alle Zweige wichtig sind, miteinander Hand in Hand gehen und voneinander abhängig sind. Bei einer Mitarbeit in der Museumsbibliothek können diesbezüglich in einem etwas kleineren Umfang Aspekte der Personalführung, der Etatverwaltung, der Projektplanung und -umsetzung, aber auch die Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen im Museum an Beispielen dargestellt werden. Zu diesen könnten u. a. die Mitarbeit an der Planung und Durchführung eines Teammeetings, eines Bestandsumzuges oder ein Projekt zur Bestandserhaltung gehören. Auch eine Zuarbeit in Form eines bibliotheksbezogenen Blog- oder Social-Media-Beitrages für die Kommunikationsabteilung wäre denkbar.

5 Museumsvolontär*innen in der DHM-Bibliothek

Das Deutsche Historische Museum bietet grundsätzlich sieben Volontariatsstellen mit unterschiedlichen Schwerpunkten (Sammlung, Ausstellung, Kommunikation, Restaurierung und Kinemathek) an, wobei sich maximal fünf Volontär*innen gleichzeitig bzw. überschneidend im Haus befinden. Der Ausbildung aller Volontär*innen liegt ein in 2014 nach den Richtlinien des Deutschen Museumsbundes erstellter Rahmenplan zu Grunde, der derzeit überarbeitet wird. Die Volontär*innen im Bereich Sammlung sind neben ihren einzelnen Stationen in den verschiedenen Bereichen des Museums gleichberechtigt für die Besucherbetreuung (in der Regel Bearbeitung von Anfragen über E-Mail) und die stellvertretende Betreuung des Sekretariats Abteilung Sammlungen zuständig. Die Museumsbibliothek ist aufgrund der vielseitigen Einsatzgebiete im Museum bisher kein fester Bestandteil der einzelnen Stationen der Volontär*innen, sondern wird bei Bedarf bzw. bei Interesse mit einem Aufenthalt von bis zu drei Monaten besucht. Unabhängig davon nimmt der Bibliotheksleiter an hauseigenen Weiterbildungsprogrammen teil, indem er regelmäßig Bibliotheksführungen, auch für Museumsvolontär*innen, durchführt. Der erneute Einsatz eines Volontärs Ende 2023 nahm die Leitung der Bibliothek zusammen mit dessen Stellvertretung zum Anlass, das Ausbildungskonzept und die zu vermittelnden Inhalte neu zu strukturieren. Ziel war es dabei, dem Hospitierenden, entsprechend dem zuvor erwähnten Rahmenplan, die Möglichkeit einzuräumen, in einem angemessenen Umfang auch eigenverantwortlich und selbständig zu arbeiten.

Zu den festen Ausbildungsinhalten im Bereich der Sammlung gehören nun: das Erläutern des Sammlungskonzeptes und der einzelnen Erwerbungsarten von Büchern (Kauf, Tausch, Geschenk) sowie die Auswahl passender Objekte durch die Durchsicht von Verlagsprospekten, der Neuerscheinungslisten der Deutschen Nationalbibliothek und Antiquariatskatalogen. Zudem wird das Prozedere von Ersteigerungen über Auktionen in allen Schritten erklärt – von der Vorauswahl über die Mittelbeantragung inklusive Errechnung des Aufgelds bis hin zu einer Vorbesichtigung des Exponats im Auktionshaus selbst.

Bezüglich des Bewahrens von Buchgut werden dem/der Volontär*in durch einen persönlichen Besuch der Aufbau und die Ausstattung der Magazine nähergebracht. Es werden die klimatischen, technischen und räumlichen Lagerungsbedingungen (Formattrennung, Aufstellung im Numerus Currens, zusätzliche Verpackung in säurefreien Archivkartons) verdeutlicht und auf Maßnahmen zum Krisenmanagement hingewiesen (Notfallplan, Behandlung und Bewahrung für besonders zu schützendem Kulturgut). Auch Instrumente zur Schädlingsbekämpfung, wie z. B. das andauernde Monitoring für den Papierfischchenbefall, werden aufgezeigt. Auf Wunsch erfolgt ein Schnuppertag in der hauseigenen Buchbinderei oder bei der Buchrestaurierung.

Besonders intensiv wird sich mit den Elementen der Dokumentation und Forschung auseinandergesetzt. So durchlebt der/die Volontär*in alle Stationen des Buches von der Erwerbung (Bestellung) über die Katalogisierung (Aufnahme in den OPAC nach bibliothekarischen Regelwerken) bis hin zur manuellen Buchbearbeitung (Stempeln, Vergeben der Mediennummer, Anbringen des Signaturschildchens). Ausführlich wird die museale Dokumentation einzelner Objekte in der Museumsdatenbank besprochen, die im Anschluss selbständig an verschiedenen Beispielen durchzuführen ist. Mit der Möglichkeit zur Teilnahme an Bibliotheksführungen wird demonstriert, welchen Sinn die über die Erschließung erhobenen Daten haben und wofür diese nachgenutzt werden können. Über die Mitarbeit an der proaktiven Provenienzforschung im Bestand soll eine Sensibilität für zum Teil kritisch anzusehende Zugangswege von Medien entwickelt werden, aber auch für das Erkennen von Merkmalen, die auf Vorprovenienzen hinweisen können.

Im Zusammenhang der Bestandspräsentation über Ausstellungen ist das Konzipieren einer thematischen Schau in den Lesesaalvitrinen ebenfalls als kleines eigenverantwortliches Projekt vorstellbar. Dies beinhaltet die Objektauswahl, das Verfassen von Begleittexten, die Bewerbung der Intervention sowie eine Kurzführung.

Im Kontext des Managements kann und sollte in die Etatverwaltung, das Projekt- und Personalmanagement eingewiesen werden. Diese stellen äußerst elementare Schwerpunkte dar, da vielen Fachstudierenden nicht bewusst ist, dass bei der von ihnen gewählten Ausbildung der überwiegende Inhalt ihrer zukünftigen Arbeit im Organisieren, Verwalten und ganz besonders in der Personalverantwortung besteht. Je nach Länge des Aufenthalts in der Bibliothek wäre auch die Planung und Durchführung einer eigenen bibliotheksbezogenen Weiterbildungsveranstaltung durch den/die Volontär*in für Mitstreitende realisierbar, z. B. zum Thema „Umgang mit historischen Buchbeständen im Museum".

6 Fazit

Wie an den vorangestellten praktischen Beispielen gezeigt, können Museumsbibliotheken einen wertvollen Anteil an der Ausbildung von Museumsvolontär*innen leisten. Die Einsatzbereiche und Ausbildungsinhalte scheinen unbegrenzt. Allerdings darf die Vorbereitung, Planung und auch die zeitliche Belastung einer Betreuung von Praktikant*innen aller Art nicht unterschätzt werden, wenn der- oder diejenige am Schluss einen bleibenden Mehrwert für sich aus dem Einsatz in der Bibliothek mitnehmen soll. Viele Museumsbibliotheken sind vielleicht personaltechnisch nicht so prädestiniert wie die des DHM aufgestellt, um solch eine umfassend Betreuung gewährleisten zu können. Dennoch bleibt zu hoffen, dass sich immer mehr Bibliotheken in musealen Einrichtungen die Frage stellen, ob sie reif für das Mitwirken an der Ausbildung von qualifizierten Nachwuchs sind, und ob und wie sie sich an dieser lohnenswerten Arbeit beteiligen können.

Footnotes 1 Beßler, Gabriele: Kunst- und Wunderkammern (Europäische Geschichte online),http://ieg-ego.eu/de/threads/crossroads/wissensraeume/gabriele-bessler-kunstkammern-und-wunderkammern [Zugriff: 01.03.2024]. 2 Walz, Markus (Hg.): Handbuch Museum. Geschichte – Aufgaben – Perspektiven. Stuttgart 2016, S. 41. 3 Ebd. S. 52 ff. 4 S. Treff, Hans-Albert (Hg.): Reif für das Museum? Ausbildung – Fortbildung – Einbildung. Münster 1995. 5 Ebd. S. 150. 6 Deutscher Museumsbund e.V: Leitfaden für das wissenschaftliche Volontariat am Museum. 2009, S. 6,https://www.museumsbund.de/wp-content/uploads/2017/03/leitfaden-volontariat-2009.pdf [Zugriff: 01.03.2024]. 7 Deutscher Museumsbund e.V: Leitfaden für das wissenschaftliche Volontariat am Museum. 2018, S. 7,https://www.museumsbund.de/wp-content/uploads/2018/03/2018-leitfaden-volontariat-web.pdf [Zugriff: 01.03.2024]. 8 Ebd. 9 Diese erfolgt, abhängig vom Bundesland, entweder postgradual im Fernstudium an der Humboldt Universität zu Berlin oder in einer zwölfmonatigen Präsenzzeit an der Bibliotheksakademie Bayern. Vgl. hierzu: VDB: Informationen zum Berufseinstieg als wissenschaftliche Bibliothekarin/wissenschaftlicher Bibliothekar – Bibliotheksreferendariat,https://www.vdb-online.org/kommissionen/qualifikation/ausbildungsinfo/referendariat.php [Zugriff: 01.03.2024]. S. Deutscher Museumsbund: Bundesvolontariatstagung,https://www.museumsbund.de/fachgruppen-und-arbeitskreise/arbeitskreis-volontariat/bundesvolontaerstagung [Zugriff: 01.03.2024]. S. Freie Universität zu Berlin – Weiterbildungszentrum: Museumsmanagement für Volontär*innen,https://ssl2.cms.fu-berlin.de/fu-berlin/sites/weiterbildung/PM%5fweiterbildungsprogramm/mum/mmv/index.html [Zugriff: 01.03.2024]. An dieser Stelle sei der Hinweis erlaubt, dass Verantwortliche in Museen diesem Programm nicht inhaltlich, aber zeitlich kritisch gegenüberstehen, da die neun zu belegenden Module in Präsenz stattfinden und damit 20 Tage von der bereits mit zwei Jahren schon sehr kurz gestalteten praktischen Ausbildungszeit im Volontariat verloren gehen würden. Der Vollständigkeit wegen soll bemerkt werden, dass die Bundesländer Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt kein Bibliotheksreferendariat, sondern ein Bibliotheksvolontariat anbieten, welches sich allerdings nur dem Namen nach vom Ersteren unterscheidet, da Organisation und Finanzierung auf privatrechtlicher Ebene erfolgen. In der Struktur und dem Ablauf ist die Ausbildung als gleichwertig anzusehen. Vgl. hierzu: VDB: Informationen zum Berufseinstieg als wissenschaftliche Bibliothekarin/wissenschaftlicher Bibliothekar, Bibliotheksvolontariat,https://www.vdb-online.org/kommissionen/qualifikation/ausbildungsinfo/volontariat.php [Zugriff: 01.03.2024]. S. Lenz, Klaudia Charlotte: Eine andere Art der Bestandspräsentation: Ausstellungen in Bibliotheken. In: Bibliotheksdienst 57.9 (2023), S. 503 ff. Vgl. für alle Ausbildungsbereiche hierzu: Deutscher Museumsbund e.V: Leitfaden für das wissenschaftliche Volontariat am Museum. 2018, S. 10 ff.,https://www.museumsbund.de/wp-content/uploads/2018/03/2018-leitfaden-volontariat-web.pdf [Zugriff: 01.03.2024]. S. Deutscher Museumsbund: Rahmenplan für die Ausbildung von wissenschaftlichen Volontärinnen und Volontären im Deutschen Historischen Museum – Stand 09.09.2014,https://www.museumsbund.de/wp-content/uploads/2017/06/curriculum-volontariat-deutsches-historisches-museum.pdf [Zugriff: 01.03.2024].

By Klaudia Charlotte Lenz

Reported by Author

Klaudia Charlotte Lenz

Titel:
Zusammen mit der Trägereinrichtung für qualifizierten Nachwuchs sorgen: Der Anteil von Museumsbibliotheken an der Ausbildung von Museumsvolontär*innen.
Autor/in / Beteiligte Person: Lenz, Klaudia Charlotte
Link:
Zeitschrift: Bibliotheksdienst, Jg. 58 (2024-05-01), Heft 5, S. 224-234
Veröffentlichung: 2024
Medientyp: academicJournal
ISSN: 0006-1972 (print)
DOI: 10.1515/bd-2024-0039
Schlagwort:
  • MUSEUM employees
  • WORK experience (Employment)
  • INTERNSHIP programs
  • MUSEUMS
  • LIBRARIES
  • Subjects: MUSEUM employees WORK experience (Employment) INTERNSHIP programs MUSEUMS LIBRARIES
  • Library
  • museum
  • museum interns
  • museum library
  • vocational training
  • Aus- und Weiterbildung
  • Bibliothek
  • Museum
  • Museumsbibliothek
  • Museumsvolontariat Language of Keywords: English; German
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Alternate Title: Institutional cooperation promoting next generation qualification: Museum libraries and their share in museum trainee programmes.
  • Language: German
  • Document Type: Article
  • Author Affiliations: 1 = Stiftung Deutsches Historisches Museum, Fachbereich Bibliothek, Unter den Linden 2 10117 Berlin, Deutschland
  • Full Text Word Count: 3269

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