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Bezahlung nah am Existenzminimum: Arbeitsbedingungen bei Shein nicht verbessert.

Faber, Jelena
In: TextilWirtschaft Online, 2024-05-14, S. N.PAG
Online serialPeriodical

Bezahlung nah am Existenzminimum: Arbeitsbedingungen bei Shein nicht verbessert 

Zulieferer von Shein arbeiten offenbar 75 Stunden die Woche. Das ergab eine investigative Recherche der Schweizer Menschenrechtsorganisation Public Eye. Das Unternehmen ist nach einem ersten Besuch 2021 erneut nach China gefahren, um zu überprüfen, ob die damals gemachten Verbesserungsbekundungen von Shein umgesetzt wurden. Die Bilanz. Und die Reaktion von Shein. Nach Aussagen von 13 Beschäftigten in sechs unterschiedlichen Zulieferbetrieben der Fast-Fashion-Plattform, Produktionsstätten, die ein wenig westlich von Nancun Village, aber immer noch in der südchinesischen Metropole Guangzhou liegen, ist die 75-Stunden-Woche - wie schon im Bericht von 2021 - immer noch die Regel.

Die Befragten berichten über durchschnittliche Tagesarbeitszeiten - abzüglich Mittags- und Abendessenspause - von zwölf Stunden, und zwar zumindest an sechs, meist aber sogar an sieben Tagen die Woche. Auch keine Verbesserung bei den Löhnen: Sie lägen zwischen 770 und 1280 Euro im Monat - das Existenzminimum liegt in China bei 833,71 Euro.

Shein kommentiert gewöhnlich Anschuldigungen nicht. Wohl aber in diesem Fall: "Auch wenn wir viele der Anschuldigungen seitens Public Eye nicht anerkennen, ist uns die Diskussion über Arbeitszeiten und Löhne sehr wichtig und wir haben dahingehend bereits deutliche Verbesserungen erzielt", sagt ein Unternehmenssprecher gegenüber der TW. "Der Bericht von Public Eye basiert auf einer Stichprobe von 13 Befragten. Wir nehmen jede einzelne Person, die an unserer Wertschöpfungskette beteiligt ist, sehr ernst. Nichtsdestotrotz sollte die relativ kleine Stichprobe in den größeren Kontext der Bemühungen von Shein gestellt werden. Zur Verbesserung unserer Lieferkette haben wir einen umfassenden Prozess angestoßen. Als Teil dessen stehen wir im direkten und regelmäßigen Austausch mit Tausenden von Zulieferern und Arbeitnehmern."

Shein investiere hohe zweistellige Millionenbeträge, um Governance und Compliance entlang der gesamten Lieferkette zu stärken. So wären Investition in Höhe von 70 Mio. US-Dollar über die nächsten fünf Jahre bis 2028 zur Unterstützung der Zulieferer zugesagt, davon 15 Mio. Dollar für die Modernisierung und Verbesserung von Fabrikanlagen und 40 Mio. Dollar für das Center of Innovation for Garment Manufacturing (CIGM), einem Forschungs- und Entwicklungszentrum für nachhaltige Bekleidung.

Untersuchungen mit externen Prüfern bei mehr als 4.000 Arbeitnehmern in den Shein-Zulieferbetreiben in China hätten gezeigt, dass die Arbeitnehmer Grundlöhne erhalten, die im Durchschnitt zwei Mal höher als der regionale Mindestlohn sind. Zudem liegen die Grundgehälter mehr als 50% über dem von der Global Living Wage Coalition 2022 festgelegten existenzsichernden Lohn für Shenzhen.

Derweil wächst der Widerstand gegen die chinesischen Online-Händler: So hat der Branchenverband Textil + Mode ein Sieben-Punkte-Programm entwickelt, um Temu, Shein & Co Einhalt zu gebieten. In dem Papier macht die Interessensvereinigung der Politik Vorschläge zur Regulierung und strengeren Kontrolle der "asiatischen Billigplattformen", die nicht nur ihr Geschäft auf Kosten der Umwelt machten, sondern auch den freien, fairen Wettbewerb außer Kraft setzten.

Frankreich greift bisher am härtesten durch. Erst die geplante Umweltabgabe, jüngst ein Platzverweis: Der Bürgermeister von Nizza hat die Eröffnung eines geplanten Pop-up-Stores des chinesischen Online-Retailers verhindert - als Zeichen für Widerstand gegen das chinesische Unternehmen. "Shein ist nicht willkommen in Nizza, weder am Gare du Sud noch anderswo", sagt Christian Estrosi gegenüber der französischen Presse. Nach Ansicht des Bürgermeisters respektiere Shein die "humanistischen Werte der Stadt" nicht und sein "eine Bedrohung für die lokalen Geschäfte".

Der Widerstand in Nizza passt zum Wunsch der französischen Nationalversammlung, die Exzesse der Fast Fashion-Industrie einzudämmen. Frankreich will als erstes Land gesetzlich gegen Ultra-Fast Fashion von Anbietern wie Shein und Co vorgehen. Im Parlament wird nun ein von der Abgeordneten Anne-Cécile Violland eingebrachter Gesetzentwurf diskutiert, der ab 2025 eine Umweltabgabe von 5 Euro pro Artikel vorsieht. Violland erklärt die Hintergründe: "Die Textilbranche produziert exzessiv. Das führt zu exzessivem Konsum. Das wirkt sich auf die Umwelt aus - die Textilbranche ist für 10% des weltweiten CO?-Ausstoßes verantwortlich, mehr als der gesamte Luftverkehr."

Bis 2030 soll sie auf 10 Euro steigen, insgesamt dürfe sie jedoch nicht mehr als 50% des Produktpreises ausmachen. Die Einnahmen aus der Abgabe sollen zur Subventionierung nachhaltiger Bekleidungsproduzenten verwendet werden. Außerdem sei ein Werbeverbot für Fast Fashion geplant.

By Jelena Faber

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Titel:
Bezahlung nah am Existenzminimum: Arbeitsbedingungen bei Shein nicht verbessert.
Autor/in / Beteiligte Person: Faber, Jelena
Zeitschrift: TextilWirtschaft Online, 2024-05-14, S. N.PAG
Veröffentlichung: 2024
Medientyp: serialPeriodical
Schlagwort:
  • HUMAN rights organizations
  • WORKING hours
  • INTERNET stores
  • SUPPLY chains
  • ENVIRONMENTAL impact charges
  • WAGES
  • CHINA
  • FRANCE
  • Subjects: HUMAN rights organizations WORKING hours INTERNET stores SUPPLY chains ENVIRONMENTAL impact charges WAGES
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Language: German
  • Document Type: Article
  • Geographic Terms: CHINA ; FRANCE
  • Full Text Word Count: 656

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