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Politische Konflikte in der Sozialpolitik zwischen 2017–2021 in Deutschland: Eine Inhaltsanalyse von Plenardokumenten und Pressemitteilungen.

Bender, Benedikt ; Malsch M. A., Laura
In: Zeitschrift für Sozialreform, Jg. 70 (2024-06-01), Heft 2, S. 145-172
Online academicJournal

Politische Konflikte in der Sozialpolitik zwischen 2017–2021 in Deutschland: Eine Inhaltsanalyse von Plenardokumenten und Pressemitteilungen  Political Conflict within Social Policy between 2017–2021 in Germany. A Content Analysis of Parliamentary Speeches and Press Releases. 

Die Studie erweitert die Forschung zur Unterstützung sozialpolitischer Reformen bei Parteien, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden. Wir zeigen, dass kompensatorische Maßnahmen die klassischen Konflikte zwischen rechts und links sowie Arbeit und Kapital widerspiegeln. Sozialinvestitionen zeigen hingegen klassenübergreifende Befürwortung; außer bei der AfD, die sich gegen eine breite Unterstützung zu Gleichstellungsmaßnahmen am Arbeitsplatz positioniert. Die Ergebnisse basieren auf einer systematisch qualitativen Inhaltsanalyse von 21 Plenarprotokollen und 323 Pressemitteilungen zwischen 2017 und 2021 (19. Legislaturperiode). Der Beitrag trägt zum einen dazu bei, die konzeptuelle Relevanz der Unterscheidung zwischen kompensatorischer und sozialinvestiver Sozialpolitik zu verdeutlichen. Zum anderen zeigen wir, dass es sich trotz unterschiedlicher Zielvorstellungen der Akteure bei den Sozialinvestitionen um ein überwiegend – wenn auch nicht völlig – konfliktfreies Politikfeld handelt. Dies trägt zur Erklärung des kontinuierlichen Ausbaus von Sozialinvestitionen bei und kann auch als Prognose für eine zukünftig, sozialinvestive Entwicklung in Deutschland betrachtet werden.

The study extends research on welfare state reform amongst political parties, unions and employer associations. We show that social compensation measures reflect traditional political and class-based divides (right vs. left and union vs. employer). By contrast, social investments receive cross-class support with the exception of the right-wing populist party (AfD), which opposes e. g., equal opportunities for women at work. The results are based on a systematic content analysis of the minutes of 21 parliamentary plenary sessions and 323 press releases (2017–2021). Two implications emerge from the study. Firstly, the importance of the theoretical distinction between social compensation and social investments within social policy. Secondly, we demonstrate evidence of broad support for social investment policies despite different motivations amongst the actors. This consensus helps to explain the recent expansion of social investments in Germany and leads us to expect that further social investment reforms are likely in the near future.

Keywords: Sozialinvestitionen; kompensatorische Sozialpolitik; Parteien; Gewerkschaft; Arbeitgeberverband; Deutschland; Social Investment; Social Compensation; Political Party; Trade Union; Employer Association; Germany

1 Einleitung

Die Regierungskoalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP machte in der ersten Jahreshälfte 2023 durch koalitionsinterne Konflikte von sich reden. Einer dieser zahlreichen Konflikte drehte sich um die Einführung der Kindergrundsicherung, eine Initiative, die die Grünen eingebracht hatten und die die FDP ablehnte oder zumindest mit geringeren finanziellen Mitteln ausstatten wollte als von den Grünen vorgeschlagen.

Konflikte zwischen wirtschaftsliberalen und linken Parteien um verteilungspolitische Instrumente sind kein neues Phänomen. Die wohlfahrtsstaatliche Entwicklung nach dem zweiten Weltkrieg war überwiegend von Konflikten dieser Art gekennzeichnet ([19] 1990; [39] 1983). Ausgetragen wurden diese Konflikte um das Ausmaß an passiven Transferleistungen mit dekommodifizierender Wirkung, d. h. um die finanzielle Absicherung der gängigsten beruflichen Risiken des männlichen Alleinverdieners, der sich und seine Familie versorgen musste.

Zu diesen „alten" sozialpolitischen Risiken kamen aufgrund von Deindustrialisierung, Tertiarisierung und der Bildungsexpansion „neue" soziale Risiken und Bedürfnisse hinzu ([20] et al. 2002; [45] 2010; [51] 2004). Die wohlfahrtsstaatlichen Instrumente konnten nun nicht mehr länger einzig auf die materielle Absicherung des männlichen Alleinernährers ausgerichtet sein, sondern mussten vielmehr den neuen gesellschaftlichen Bedürfnissen entsprechen, um die betroffenen Bevölkerungsgruppen zielgerichtet zu unterstützen (Bonoli/Natali 2012; [44] et al. 2012). Dass Frauen verstärkt am Arbeitsmarkt teilnahmen, führte beispielsweise dazu, dass die Kinderbetreuung vermehrt außerhalb der Familie geleistet werden musste, mit der Folge, dass auch in Deutschland familienunterstützende Dienstleistungen massiv ausgebaut wurden ([50] 2016).

Wir argumentieren in diesem Artikel, dass sich die Konflikte um diese „neuen" sozialpolitischen Instrumente und die Trennlinien zwischen wirtschaftsliberal-konservativen und linken Parteien sowie zwischen Arbeit und Kapital keinesfalls so deutlich zeigen, wie es bei den „alten" sozialpolitischen Instrumenten der Fall war. Stattdessen handelt es sich bei den sogenannten Sozialinvestitionen um ein überwiegend konfliktfreies Politikfeld, solange die Maßnahmen primär das Ziel verfolgen, in Humankapital zu investieren, es zu erhalten oder zu mobilisieren. Wir zeigen in dieser Studie, dass Sozialinvestitionen ganz unterschiedliche Interessen bedienen und daher von vielen Akteuren befürwortet werden.

Wir haben für unsere Analyse den deutschen Fall gewählt, weil Deutschland zwar ein Nachzügler bei der Einführung von Sozialinvestitionen war (Seeleib‐Kaiser 2016), aber diesen Rückstand dafür in den vergangenen Jahren mit einer Geschwindigkeit aufgeholt hat, die im Vergleich mit anderen westlichen Ländern beispiellos ist. Mittlerweile handelt es sich beim deutschen Wohlfahrtsstaat um ein Musterbeispiel für ein „hybrides System" ([27] 2018), in dem in den vergangenen 15 Jahren Sozialinvestitionen massiv ausgebaut wurden. Das zugrunde liegende Argument unserer Analyse ist, dass dieser Ausbau auch mit einer breiten, d. h. klassenübergreifenden, politischen Unterstützung für Sozialinvestitionen erklärt werden kann.

Weil wir politischen Wandel untersuchen wollen, konzentrieren wir unsere Analyse auf die Positionen der im Bundestag vertretenen politischen Parteien, des Dachverbands der Gewerkschaften (DGB) und des Arbeitgeberdachverbands (BDA). Nach unserem Kenntnisstand fehlt eine Studie neueren Datums, die alle Akteure des Deutschen Bundestages untersucht sowie die Arbeit- und Kapitalseite miteinschließt. [49] (2010), [28] (2006, 2012, 2018) sowie [5] (2023) zeigen zwar eine Unterstützung für familienpolitische Maßnahmen bei der CDU sowie Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden, aber eine Analyse neueren Datums, die kompensatorische und sozialinvestive Politikinstrumente betrachtet, liegt bisher nicht vor. Außerdem liegt der Fokus in dieser Studie nicht einzig auf der Analyse einer bürgerlich-konservativen Partei, sondern auf einer systematisch-qualitativen Inhaltsanalyse von 21 Plenardokumenten und den Positionen aller im Bundestag vertretenen Parteien in der 19. Legislaturperiode (2017–2021).

Zum einen erweitern wir die Wohlfahrtsstaatsforschung empirisch, indem wir zeigen, wie sich politische Parteien, DGB und BDA zur Sozialpolitik positionieren. Wir erweitern die Datengrundlage des Reform-Monitors politischer Konflikte (ReMoPo) und wenden dabei eine systematisch qualitative Methodik in einem Forschungsfeld an, das bisher überwiegend durch ausgeprägt qualitative oder ausgeprägt quantitative Verfahren der Textanalyse gekennzeichnet ist. Wir erhoffen uns von diesem methodischen Ansatz, neue Muster des politischen Konflikts aufzudecken, um die sozialpolitische Entwicklung Deutschlands differenzierter betrachten und erklären zu können. Zum anderen erweitern wir die theoretische Debatte, indem wir das Konzept der Sozialinvestitionen spezifizieren und einen Mittelweg zwischen bestehenden Definitionen formulieren. Wir erweitern den engen Begriff der „Active Social Policy" von [7] (2013), grenzen uns aber gleichzeitig von einer universellen Definition ab, wie sie von [47] und [31] (2020) vorgeschlagen wird. In Anlehnung an [30] und Matzinger (2018) sowie [22] et al. (2022) grenzen wir Sozialinvestitionen ein, indem wir sie auf die Funktion von Investition, Mobilisierung oder Erhalt von Humankapital beschränken. Wir zählen daher Reformen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Anreize zur Frauenerwerbstätigkeit und Gleichstellung am Arbeitsplatz und die aktive Arbeitsmarktpolitik zu den Sozialinvestitionen. Beim Ausbau dieser Maßnahmen erwarten wir einen klassenübergreifenden Konsens. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei Reformen zur Erhöhung des Arbeitslosengeldes, der Einführung einer Kindergrundsicherung, Grundrente oder der Erhöhung der Abgaben für staatlich organisierte Sicherungssysteme um dekommodifzierende Instrumente. In den Debatten um den Ausbau dieser Instrumente sollten die Konfliktlinien zwischen Arbeit und Kapital, zwischen wirtschaftsliberal-konservativen und linken Parteien gezeigt werden können.

Der Artikel ist wie folgt strukturiert: In Kapitel 2 gehen wir nach einem kurzen Überblick über den wohlfahrtsstaatlichen Wandel auf die Konzeptualisierung von kompensatorischen und sozialinvestiven Politikinstrumenten ein. In Kapitel 3 beschreiben wir die zu erwartenden Akteurspositionen und Konfliktlinien, und in Kapitel 4 stellen wir die Methodik, die Daten und die Kodierung vor. In Kapitel 5 präsentieren wir die Ergebnisse und schließen in Kapitel 6 mit einer Zusammenfassung sowie theoretischen und praktischen Implikationen.

2 Wohlfahrtsstaatlicher Wandel und das Konzept der Sozialinvestitionen

2.1 Von kompensatorischen zu sozialinvestiven Politikinstrumenten und verschiedene konzeption...

Die Ausbauphase des deutschen Wohlfahrtsstaates bis Ende der 1980er Jahre war von kompensatorischen sozialpolitischen Maßnahmen geprägt, die mit Hilfe von Geldleistungen ein gewisses Maß an Dekommodifizierung herstellen sollten ([48] 2005). Diese Geldleistungen orientierten sich am Einkommen und den Risiken und Bedürfnissen der traditionellen Arbeiterklasse. Sie sollten überwiegend zwei Funktionen erfüllen: Erstens sollten sie das Einkommen und den Lebenshaltungsstandard des Alleinernährers und seiner Familie im Falle von Arbeitslosigkeit, altersbedingter Bedürftigkeit oder Krankheit absichern. Zweitens erfüllten die Geldleistungen eine volkswirtschaftliche Funktion, indem sie die Kaufkraft der Konsumentinnen und Konsumenten aufrechterhielten ([42] et al. 2018: 266).

Mitte der 1970er Jahre begannen dann erste Konsolidierungsmaßnahmen, und zu Beginn der Kohl-Regierung (ab 1982) trat eine strukturelle Konsolidierungsphase ein (Schmidt 2005: 99). Geldleistungen wurden nun nicht mehr kontinuierlich erhöht, sondern wegen Kosteneinsparungen aufgrund verstärkter Globalisierung, internationaler Arbeitsteilung und einem allgemeinen Strukturwandel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft gekürzt. Einige Autorinnen und Autoren meinten in diesen Reformen sogar ein race to the bottom zu erkennen – einen Wettbewerb, die niedrigsten Standards bei der sozialen Sicherung anzusetzen, um Kosten zu sparen und international konkurrenzfähig zu bleiben ([53] 2007). Anfang der 2000er Jahre verabschiedete die damalige rot-grüne Bundesregierung mit der Agenda 2010 eine der tiefgreifendsten sozialpolitischen Reformen, die u. a. starke Kürzungen im Bereich dekommodifizierender Leistungen vorsah (Hassel/Schiller 2010).

Während Leistungen mit dekommodifizierender Wirkung gekürzt wurden, wurden im Bereich der sozialinvestiven Politik hingegen einige Instrumente ausgebaut. Über die Definition von Sozialinvestitionen herrscht allerdings Uneinigkeit. Bonoli (2013) schlägt mit dem Konzept der „Active Social Policies" eine enge Definition mit drei Komponenten vor: Für ihn zählen aktive Arbeitsmarktpolitik, öffentliche Betreuungsmöglichkeiten für Kinder und andere Politikinstrumente, die dazu beitragen, Familie und Beruf besser miteinander zu vereinbaren als aktive sozialpolitische Maßnahmen. Plavgo und [32] (2020) legen eine deutlich breitere, funktionsorientierte Definition vor, laut der Sozialinvestitionen entweder Stock, Flow und/oder Buffer herstellen sollen. Die ersten beiden Funktionen (Stock, Flow) lassen sich auch im Konzept von Bonoli (2013) wiederfinden. Bei Stock and Flow geht es um die Verbesserung und Nutzung von Humankapital durch lebenslanges Lernen, frühkindliche Bildung und Betreuung sowie allgemeine und berufsspezifische Qualifikationen (Stock) und aktive Arbeitsmarktpolitik (Flow). Mit der dritten, der Buffer-Funktion, wird allerdings der Versuch unternommen – Hemerijck (2013, 2017) ist einer der Vorreiter beim Konzept der Sozialinvestitionen –, die Unterscheidung zwischen kompensatorischen und sozialinvestiven Politikinstrumenten zu überwinden. Eine „Puffer"-Funktion übernehmen nämlich Instrumente zum Schutz von Humankapital, die auch über Geldleistungen und Einkommensschutz gegen die Risiken von Arbeitslosigkeit und Alter absichern können. Das ist insofern eine universelle Definition, weil es sich dabei faktisch auch um passive Transferleistungen mit dekommodifizierender Wirkung handelt, die andere Autorinnen und Autoren als kompensatorische Sozialpolitik definieren (siehe auch Heitzmann und Matzinger 2018: 369). Daher merkt auch Bonoli (2013) kritisch an, dass bei einer so breiten Definition praktisch alle Sub-Typen von Sozial- oder Familienpolitik unter die Kategorie der Sozialinvestitionen fielen. Das hätte wiederum zur Folge, dass keine konzeptionelle Trennung möglich wäre und einzelne Politikinstrumente nicht mehr empirisch analysiert werden könnten, weil sie entweder beiden oder keiner Kategorie eindeutig zugeordnet würden.

Wir schließen uns dieser Kritik an und wählen einen Mittelweg (siehe für eine ähnliche Definition: Garritzmann et al. 2022). Wir klassifizieren ein Politikinstrument als Sozialinvestition, wenn es primär zu Mobilisierung, Erhalt oder Investition von/in Humankapital beiträgt. Diese Definition umfasst nicht nur die aktive Arbeitsmarktpolitik, öffentliche Betreuungsmöglichkeiten oder andere Instrumente zur besseren Vereinbarung von Familie und Beruf, wie von Bonoli (2013) vorgeschlagen, sondern ebenso Anreize für die Erwerbstätigkeit von Frauen, wie zum Beispiel Gleichstellungsgesetze und Quotenregelungen. Gleichzeitig sind von dieser Definition allerdings passive Transferleistungen ausgeschlossen, wenn sie primär die Funktion der Einkommens- oder Grundsicherung erfüllen und damit einen Versorgungscharakter haben. Indirekt können solche passiven Transfer- und Geldleistungen, wie ein pauschales Kindergeld, natürlich auch eine Investition in Humankapital sein. Da Sozialleistungen wie Kindergeld oder Kindergrundsicherung laut unseres Verständnisses aber eher eine Versorgungsfunktion erfüllen sollen, klassifizieren wir sie als kompensatorische Sozialpolitik.

2.2 Kompensatorische und sozialinvestive Politikinstrumente in Deutschland

In Tabelle 1 haben wir beispielhaft Instrumente aufgelistet, die primär die Funktion der Dekommodifizierung (kompensatorische Sozialpolitik) erfüllen sollen oder aber Mobilisierung, Erhalt und Investition in Humankapital (sozialinvestive Sozialpolitik) dienen. Zur kompensatorischen Sozialpolitik zählen wir passive Transfer- und Sozialleistungen, die auf den Status-quo-Erhalt abzielen und den Lebensstandard gegen die Risiken von Alter, Arbeitslosigkeit und Krankheit absichern. In Deutschland ist das einkommensbasierte Umlagesystem das klassische Beispiel für die dekommodifizierende finanzielle Absicherung des Lebensstandards. Außerdem zählen wir die obligatorischen Sozialversicherungen, die Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge sowie die sozialen Mindestsicherungen, also Bürgergeld (bis Dezember 2022 Arbeitslosengeld II), Grundrente und die bereits vom Kabinett beschlossene Kindergrundsicherung zur kompensatorischen Sozialpolitik.

Als Sozialinvestitionen klassifizieren wir familienunterstützende Dienstleistungen wie den Ausbau von Kindertagesstätten, von Einrichtungen zur Bildung und Früherziehung sowie den Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz. Diese Maßnahmen verfolgen eindeutig den Zweck, Humankapital zu erhalten und zu mobilisieren, weil sie beiden Elternteilen den (Wieder-)Einstieg ins Berufsleben ermöglichen. Den Abbau des Gender Pay Gap, Gleichstellungsgesetze und Quotenregelungen für Führungspositionen werden ebenfalls als Sozialinvestition klassifiziert, weil auch sie als Anreize verstanden werden, die vor allem Frauen für den Arbeitsmarkt mobilisieren sollen. Gleichstellungspolitik ist insbesondere dann als Mobilisierung von Humankapital zu verstehen, wenn gesetzlich sichergestellt wird, dass Frauen und Männer die gleichen Chancen und einen gleichen Zugang zu den Beschäftigungsmöglichkeiten haben. Wie [1] und Petrongolo (2014) zeigen, hat eine geschlechterspezifische Diskriminierung, die mit unterschiedlichen Zugangsmöglichkeiten zum Arbeitsmarkt einhergeht, negative Auswirkungen auf die Partizipation insbesondere von Frauen am Arbeitsmarkt. Zur Gleichstellungspolitik zählen wir freiwillige und verpflichtende Maßnahmen, die das Potenzial haben, den prozentualen Anteil von Frauen in Unternehmen oder im öffentlichen Dienst zu erhöhen.

Neben Gleichstellungsmaßnahmen und familienunterstützenden Dienstleistungen klassifizieren wir außerdem Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik zur Berufsausbildung und Reintegration in den Arbeitsmarkt als Sozialinvestitionen. Hierunter fallen zum Beispiel Aus- und Weiterbildungsangebote für Beschäftigte und Arbeitslose, sachgebundene Geldleistungen wie Weiterbildungsgeld und Bildungsprämien oder Lohnkostenzuschüsse, die an Unternehmen oder öffentliche Einrichtungen gezahlt werden, um die Anstellung arbeitsloser oder geringqualifizierter Menschen zu subventionieren. Beim Weiterbildungsgeld oder den Bildungsprämien handelt es sich zwar um Geldleistungen, allerdings steht die Investition in Humankapital anstatt einer Versorgungsleistung mit dekommodifizierender Funktion im Vordergrund. Einerseits sollen Personen, die noch nie (oder lange nicht) Teil des Arbeitsmarkts waren, für den Berufseinstieg qualifiziert werden. Andererseits können berufstätige Personen, deren Know-how in einer sich wandelnden Arbeitswelt weniger stark nachgefragt ist, neue Fähigkeiten erlernen.

Tabelle 1: Darstellung von kompensatorischer und sozialinvestiver Sozialpolitik

Art der Sozialpolitik

Beschreibung

Funktion

Politikinstrumente

Kompensatorisch

Politikinstrumente mit dekommodizierender Funktion, d. h. passive staatliche Transferleistungen zur Einkommens- und Grundsicherung

Soziale Sicherungssysteme

zum Status-quo-Erhalt

Einkommensbasierte staatliche Sicherungssysteme, obligatorische Ausgestaltung und/oder neue Vorschläge zur Status-quo-Sicherung

Soziale Mindestsicherung

Sicherungssysteme wie Bürgergeld (Arbeitslosengeld II), Grundrente oder Kindergrundsicherung,

Erhöhung des Regelbedarfs, Einmalzahlungen, Ausdehnung des Bezugszeitraumes, niederschwellige Voraussetzungen zum Leistungsbezug

Sozialinvestiv

Politikinstrumente mit der Funktion der Investition, Mobilisierung und/oder dem Erhalt von Humankapital

Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Ausbau der Betreuungsinfrastruktur, Recht auf Betreuungsplatz, Teilzeitbeschäftigungsmöglichkeit während der Bezugsdauer, voller Lohnersatz während der Elternzeit, Anreize schaffen für beide Elternteile, die Elternzeit wahrzunehmen

Erwerbsbeteiligung von Frauen

Gleichstellung von Männern und Frauen am Arbeitsplatz, Abbau des Gender Pay Gap, Frauenquote

(Re-)Integration in den Arbeitsmarkt

Aktive Arbeitsmarktpolitik, Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt, Ausbildungsgarantie, Ausbildungsumlage, Lohnsubventionen, öffentliche Beschäftigung, Recht auf individuelle Weiterbildung; Programme wie assoziierte Ausbildung

Quelle: eigene Zusammenstellung

3 Annahmen über die Akteurspositionen zur Sozialpolitik

3.1 Erwartete Akteurspositionen in Bezug auf kompensatorische Sozialpolitik

In der politischen Debatte um die in Tabelle 1 aufgelisteten kompensatorischen Politikinstrumente erwarten wir einen Konflikt zwischen wirtschaftsliberal-konservativen und linken Parteien sowie dem DGB und der BDA, da es sich um Maßnahmen mit dekommodifizierender Funktion handelt. Dekommodifizierende Sozialpolitik tangiert klassische Verteilungskonflikte, weshalb wir in Anlehnung an [40] (2006), Esping-Andersen (1990) und [36] (1977) von einem prinzipiellen Klassenkonflikt zwischen Arbeit und Kapital in der Debatte um die Einführung entsprechender Maßnahmen ausgehen. Verkürzt dargestellt besteht die Auseinandersetzung darin, dass die eine Seite finanzielle Unterstützung bekommen möchte und die andere Seite etwas abgeben muss und durch die Umverteilung finanzielle Nachteile erfährt. Linke Parteien, wie SPD, Bündnis 90/Die Grünen oder Die Linke, müssten dekommodifizierende Sozialpolitik befürworten, entweder weil ihre Wählerklientel von diesen Maßnahmen profitiert (Gingrich/[29] 2015) oder weil die Partei- und Gewerkschaftsmitglieder aus ideologischen Gründen dekommodifizierende Sozialpolitik favorisieren (siehe Agency-based approach bei Wenzelburger/[57] (2020: 1060) sowie [58] (2012: 343) oder auch zur Verbindung von Gewerkschaftsmitgliedern und linken Parteien [17] (1995)). Daher gehen wir davon aus, dass die linken Akteure die Sicherung des Lebensunterhaltes bei Arbeitslosigkeit und den Schutz vor Armutsrisiken in möglichst universeller Ausprägung favorisieren sollten.

Auf der Kapitalseite erwarten wir hingegen eine generelle Skepsis gegenüber der Erhöhung von passiven Transferleistungen und dem Ausbau dekommodifizierender Sozialpolitik. Obwohl [46] (2019) zeigt, dass Arbeitgeber ihre Präferenzen je nach Arbeitsmarktlage unterschiedlich beurteilen, unterstellen wir den Mitgliedern wirtschaftsliberaler Parteien und den Arbeitgebern eine generelle Zustimmung zu einzelnen Kernelementen des Liberalismus (siehe auch [37] et al. 2022: 10). Konkret gehen wir davon aus, dass sie Individualismus, das daraus resultierende Freiheitsversprechen und eine Marktordnung unterstützen, die Eigenverantwortung, Leistungsbereitschaft und Privateigentum privilegiert ([35] 2013: 65). Übertragen auf die Sozialpolitik lassen Leistungsprinzip und Eigenverantwortung eine befürwortende Einstellung zur privaten Vorsorge und privaten Absicherung gegen die gängigsten Lebensrisiken erwarten. Alternativ, aufgrund von Pfadabhängigkeiten in Deutschland, könnten diese Akteure auch ein obligatorisches Sicherungssystem auf relativ niedrigem Niveau befürworten, das ein Mindestmaß an staatlicher Absicherung durch möglichst niedrige Steuern und Abgaben herstellt. Generell aber sollten staatliche, passive Transferleistungen zur Absicherung des Lebensstandards im Falle von Arbeitslosigkeit skeptisch betrachtet werden, weil sie als Fehlanreize wahrgenommen werden, die die Menschen in Arbeitslosigkeit verharren lassen. Zudem erwarten wir, dass die Kapitalseite die Ausweitung bestehender kompensatorischer Sozialpolitik ablehnt, weil sie ein Interesse an fiskalischer Haushaltsdisziplin im Sinne der „Austeritätspolitik" hat. Mit Verweis auf einen begrenzten fiskalischen Spielraum sollten wirtschaftsliberale Parteien wie die FDP und die BDA daher die Erhöhung von passiven Transferleistungen beim Arbeitslosengeld, der Grundrente oder der Kindergrundsicherung ablehnen (bezogen auf das Arbeitslosengeld und die BDA siehe auch Bender/Paster 2023).

Für die rechtspopulistische AfD erwarten wir zumindest beim Arbeitslosengeld und der Grundrente eine Ablehnung je nach Empfängerkreis. Wie [18] und Pinggera (2021) oder Giuliani (2022) bereits für andere rechtspopulistische Parteien gezeigt haben, sollte die AfD kompensatorische Politikinstrumente insbesondere dann ablehnen, wenn sie für gesellschaftliche Minderheiten wie Migrantinnen und Migranten oder langzeitarbeitslose Menschen gedacht sind. Kompensatorische Sozialpolitik, die Familien fördert, sollte hingegen von der AfD unterstützt werden, so beispielsweise die Kindergrundsicherung, weil sie einer Familienpolitik entspricht, die die Familie als Kern der Gesellschaft in den Mittelpunkt stellt. Des Weiteren sollte die AfD die Absicherung des männlichen Alleinernährers durch Sozialversicherungen positiver bewerten, da so die klassische Arbeitsteilung zwischen Männern und Frauen untermauert wird.

Bei den Unionsparteien (CDU und CSU) erwarten wir zwar auch eine generelle Skepsis gegenüber kompensatorischer Sozialpolitik, allerdings gestaltet sich die Positionierung der CDU/CSU etwas komplexer. Die Unionsparteien verstehen sich immer noch als Volkspartei und müssen daher die verschiedenen Strömungen innerhalb der Partei stärker ausgleichen als andere Akteure ([21] 2011; Zohlnhöfer/Voigt 2021: 333). Einerseits müssten sich die wirtschaftsliberalen Strömungen um die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) ähnlich wie die FDP und die BDA positionieren und das Leistungsprinzip sowie Eigenverantwortung als zentrale Elemente des Wohlfahrtsstaats begreifen. Andererseits sollte die Strömung um die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA) an einem Ausgleich von Statusunterschieden und einer Erhöhung von passiven Transferleistungen mit dekommodifizierender Funktion interessiert sein und sich daher ähnlich wie die SPD, Bündnis 90/Die Grünen oder der DGB positionieren. Auch wenn unter der Führung der CDU-Vorsitzenden und ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel die linke Strömung an Einfluss gewonnen hatte (Henninger/Wahl 2019), kann von einem Interessensausgleich zwischen den unterschiedlichen Strömungen innerhalb der CDU/CSU in der 19. Legislaturperiode ausgegangen werden. Das würde eine Mittelposition zwischen linken und wirtschaftsliberalen Positionen zur kompensatorischen Sozialpolitik zur Folge haben. Zohlnhöfer (2012: 343) argumentiert in ähnlichem Sinne, dass die Unionsparteien eine Kürzung oder Erhöhung von passiven Transferleistungen zwar nicht aktiv befürworten oder ablehnen, aber je nach Kontext durchaus tolerieren und sich daher mittig positionieren, d. h. zwischen den beiden Konfliktpolen, also den linken und wirtschaftsliberalen Lagern (siehe zur wirtschafts- und sozialpolitischen Position der CDU/CSU auch [10] 2022: 79).

3.2 Erwartete Akteurspositionen in Bezug auf sozialinvestive Politik

Für die in Tabelle 1 aufgelisteten sozialinvestiven Politikinstrumente erwarten wir Unterstützung aus ganz unterschiedlichen Lagern, weil die Mobilisierung, der Erhalt oder die Investition in Humankapital eine breite, klassenübergreifende Zustimmung finden sollte.

Die wirtschaftsliberale FDP und die BDA sollten sich eher positiv zum Ausbau der Betreuungsinfrastruktur für Kinder und zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf äußern, da diese Maßnahmen gut ausgebildete Frauen und Männer schneller wieder für die Erwerbstätigkeit mobilisieren und damit dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Außerdem argumentieren wir, dass ein hohes Beschäftigungsniveau von gut ausgebildeten Personen einen positiven Beitrag zum technologischen Wandel der wissensbasierten Ökonomie leistet, was ebenfalls im Interesse der FDP und besonders auch der BDA sein sollte. Die linken Parteien dürften ebenfalls an der Mobilisierung von Humankapital interessiert sein, weil mit dem Kita-Ausbau ein positiver Beitrag zur sozio-kulturellen Integration von Kindern aus benachteiligten Familien geleistet wird. Zudem kann die Unterstützung des linken Lagers mit dem Aspekt der Geschlechtergerechtigkeit verbunden sein, da die häufig von Frauen innerhalb der Familie erbrachten Care-Tätigkeiten staatlich geleistet werden und sich dadurch eine längere Erwerbsunterbrechung von Frauen verhindern lässt. Der DGB dürfte ebenfalls ein Interesse am Ausbau haben, weil auch er dem Fachkräftemangel begegnen möchte und zudem bei einer steigenden Frauenerwerbstätigkeit neue Mitglieder gewinnen könnte (Hassel/Schroeder 2018). Aus diesen unterschiedlichen Zielvorstellungen resultiert eine klassenübergreifende Unterstützung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Einzig die rechtspopulistische AfD müsste dem Ausbau öffentlicher Betreuungsmöglichkeiten ablehnender gegenüberstehen (siehe dazu auch Wiß/Wohlgemuth 2023: 1126–1127), da sie ein traditionelles Alleinernährer-Modell präferiert und die Erziehungstätigkeit nicht in staatlicher, sondern in familiärer Verantwortung sieht.

Eine ähnliche Konstellation sollte sich bei Maßnahmen zur Gleichstellung der Geschlechter zeigen. Auch hier erwarten wir, dass unterschiedliche Zielvorstellungen zu einer klassenübergreifenden Befürwortung von Sozialinvestitionen führen. Arbeitgeber und wirtschaftsliberale Parteien könnten die Maßnahmen zum Abbau des Gender Pay Gap und der Frauenquoten als Maßnahme gegen den Fachkräftemangel unterstützen oder weil sie davon ausgehen, dass so Anreize für Frauen geschaffen werden, deren Beteiligung in Führungspositionen zu Vielfalt und Inklusion im Sinne von unterschiedlichen Perspektiven führt (siehe dazu Ergebnisse aus den USA bei [9] 2023). Diese unterschiedlichen Perspektiven können die Bedürfnisse einer zunehmend vielfältigen Kundschaft widerspiegeln und Unternehmen dabei helfen, sich langfristig am Markt zu behaupten. Allerdings ist davon auszugehen, dass FDP und BDA eher freiwillige Maßnahmen befürworten, die für Unternehmen möglichst niedrige zusätzliche Kosten verursachen. Linke Parteien und Gewerkschaften werden hingegen verpflichtende Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen im Berufsleben unterstützen, da sie diese als Teil einer anzustrebenden gesamtgesellschaftlichen Gleichstellung der Geschlechter betrachten sollten ([38] 2009). Zudem könnten die linken Akteure Frauenquoten oder den Abbau von Lohnunterschieden favorisieren, weil sie Diskriminierungen am Arbeitsplatz reduzieren möchten. Die Zustimmung zu entweder freiwilligen oder verpflichtenden Maßnahmen kann sowohl im linken als auch im wirtschaftsliberalen Lager variieren; eine generelle Unterstützung sollte aufgrund der Mobilisierung und des Erhalts von Humankapital bei allen Akteuren vorhanden sein, selbst wenn unterschiedliche Zielvorstellungen zugrunde liegen. Einzig wiederum bei der rechtspopulistischen AfD rechnen wir aufgrund eines traditionellen Geschlechterverständnisses mit Ablehnung der gleichstellungsbezogenen Politikinstrumente.

Bei den Unionsparteien erwarten wir in Anlehnung an die Ergebnisse von Seeleib-Kaiser (2010) eine generelle Zustimmung zu Politikinstrumenten zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Des Weiteren wird eine Zustimmung zur Frauenerwerbstätigkeit erwartet, genauso wie die Unterstützung der Gleichstellung von Männern und Frauen. Anders als bei der kompensatorischen Sozialpolitik muss hier auch kein Ausgleich der Interessen zwischen MIT und CDA hergestellt werden, da wir davon ausgehen, dass es eine strömungsübergreifende Befürwortung von Sozialinvestitionen gibt, auch wenn sich die Zielvorstellungen unterscheiden. Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass unter Bundeskanzlerin Angela Merkel und Familien- und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen sozialinvestive Politik vorangetrieben wurde, eben weil es sich um einen Themenkomplex gehandelt hat, der von MIT und CDA prinzipiell befürwortet wurde (Henninger/Wahl 2015: 454, 2019: 471). Diese Befürwortung von Familien- und Gleichstellungspolitik bei den Unionsparteien dürfte mit dem Erstarken der AfD und der Intensivierung des Parteienwettbewerbs um die Familienpolitik zwar aktuell nachlassen, aber da der Zeitraum unserer Analyse die 19. Legislaturperiode betrifft (2017–2021), erwarten wir immer noch eine generelle Zustimmung bei der Union zu Sozialinvestitionen und zum staatlich gestützten Doppelverdiener-Modell.

Für die aktive Arbeitsmarktpolitik erwarten wir ebenfalls eine klassenübergreifende Unterstützung. Auch hier gehen wir davon aus, dass die Weiterbildung und Qualifizierung von arbeitslosen Personen sowohl vom wirtschaftsliberalen als auch vom linken Lager befürwortet wird. Erstens, weil damit ein höheres Angebot an besser qualifizierten Arbeitskräften verbunden ist (Interesse der Kapitalseite), und zweitens, weil die Menschen zu lebenslangem Lernen und damit zur Selbstbestimmung befähigt werden (Interesse des linken Lagers). In diesem Fall erwarten wir auch eine Zustimmung der rechtspopulistischen AfD, zumindest dann, wenn bestimmte Minderheiten, wie Migrantinnen und Migranten oder langzeitarbeitslose Menschen, von den Maßnahmen ausgeschlossen werden.

4 Methodik, Daten und Kodierung

4.1 Methodik: Systematisch qualitative Inhaltsanalyse

Um die erwarteten Positionierungen der Parteien und Verbände empirisch zu überprüfen, erweitern wir den Datensatz des Reform-Monitors politischer Konflikte und folgen dabei einem etablierten Ansatz der systematisch-qualitativen Inhaltsanalyse ([3] 2020, 2023). Der qualitative und interpretative Ansatz dieser Methodik ermöglicht es uns, die zugrunde liegende Bedeutung des Textmaterials zu analysieren ([41] 2018: 98–123), was mit Hilfe quantitativer Methoden weniger gehaltvoll möglich ist. Die systematisch-qualitative Inhaltsanalyse ist vielmehr ein Mittelweg zwischen narrativ geprägten qualitativen Ansätzen und ausgeprägt quantitativen Methoden, die auf vollständig automatisierte Verfahren zurückgreifen. Wir verwenden diesen Mittelweg, weil wir an einem systematischen Vergleich von Positionen verschiedener Akteure interessiert sind. Einerseits wird durch das systematische Kodieren von Texten die Tiefe der Argumentationsstruktur analysiert, andererseits bietet das standardisierte Kodeschema auch Transparenz und Replizierbarkeit (Mayring/Fenzl 2014: 633–635). Wir stützen uns auf diese transparenten Kriterien für die Kodierung der Positionen, beschreiben das Kodeschema nachfolgend und weisen die genaue Kodierung mit Ankerbeispielen im Online-Zusatzmaterial aus (siehe A1–A4).

4.2 Daten und Kodierung

Plenarprotokolle und Pressemitteilungen

Wir haben uns für Plenardokumente als Quellen entschieden, weil sie konkreter sind als allgemein gehaltene Wahlprogramme. Eine kurze Stichprobe von Wahlprogrammen vor der Analyse zeigte beispielsweise, dass einige Parteien auf die aktive Arbeitsmarktpolitik oder die Gleichberechtigung am Arbeitsplatz überhaupt nicht eingegangen sind. Weil wir aber an der Zustimmung oder Ablehnung zu jedem Themenbereich aus Tabelle 1 interessiert sind, sind wir zugleich auf detaillierte Informationen zu jeder Maßnahme angewiesen. Plenarprotokolle bieten diese detaillierten Informationen, weil sich jede Fraktion im Deutschen Bundestag bei der Vorlage einer Gesetzesinitiative konkret zu den Vorschlägen äußert. Zudem werden in Plenarsitzungen nicht nur Vorhaben oder Versprechen, sondern tatsächliche politische Initiativen diskutiert. Insbesondere bei der zweiten oder dritten Lesung im Deutschen Bundestag wurden vorher in den Ausschüssen bereits Beschlüsse und konkrete Entscheidungen getroffen, die in der Aussprache nur noch veröffentlicht werden. Somit gehen wir davon aus, dass Plenardokumente ein realistischeres Bild davon abgeben, wie sozialpolitische Maßnahmen von den Parteien bewertet werden.

Beim DGB und der BDA haben wir Pressemitteilungen gewählt, weil sie immer noch ein wichtiger Bestandteil der Kommunikationsstrategie der Organisationen sind. Die Mitteilungen standen auf den Internetseiten der Organisationen zur Verfügung und konnten anhand von Überschriften und Stichworten ausgesucht werden. Wie Tabelle 2 zeigt, umfasst der gesamte Datenkorpus 402 Veröffentlichungen, wovon letztlich 323 Dokumente inhaltlich relevant waren. Was bei der Betrachtung der Anzahl an veröffentlichten Pressemitteilungen aus Tabelle 2 besonders deutlich wird, ist ein klarer Trend bei beiden Organisationen: Insgesamt veröffentlichen sie zwar weniger Pressemitteilungen, aber die Relevanz der sozialpolitischen Themen nimmt zu. Diese Zunahme an sozialpolitisch relevanten Pressemitteilungen lässt sich mit der Salienz sozialpolitsicher Themen zwischen 2017 und 2021 erklären. In diesen Jahren dominierten Themen wie Grundrente, Bürgergeld oder Kindergrundsicherung die politische Debatte. In dieser Zeit präsentierte die SPD zahlreiche Reformvorschläge, wie das Arbeitslosengeld Q, die das Arbeitslosengeld I und II umgestalten sollten. Wie die zunehmende Anzahl an relevanten Veröffentlichungen beim DGB und der BDA bereits vermuten lässt, äußerten sich auch die Verbände zu diesen Reformvorschlägen. Da dieser Trend bei beiden Organisationen zu erkennen ist, kann von einem Zusammenhang ausgegangen werden, der bereits aus anderen Studien bekannt ist (Bender 2020: 151–165): Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände reagieren mit der Veröffentlichung von Pressemitteilungen aufeinander, um die Deutungshoheit in der öffentlichen Debatte zu erlangen. Diese Beobachtung macht umso deutlicher, dass die Pressemitteilung als Form der Veröffentlichung von sozialpolitischen Positionen nichts an ihrer Aktualität verloren hat.

Tabelle 2: Übersicht der Plenarprotokolle und Pressemitteilungen aus der 19. Legislaturperiode, 2017 bis 2021

Jahr

Plenarprotokoll

Anzahl gesamt

2018

19/8; 19/44; 19/55; 19/58; 19/65; 19/71; 19/72

7 Plenarprotokolle

2019

19/87; 19/116; 19/128; 19/135

4 Plenarprotokolle

2020

19/161; 19/182; 19/189; 19/196

4 Plenarprotokolle

2021

19/204; 19/212; 19/222; 19/225; 19/231; 19/233

6 Plenarprotokolle

Pressemitteilungen

Jahr

Gesamt DGB

Relevant DGB

Gesamt BDA

Relevant BDA

2017

106

29 (27 Prozent)

41

13 (32 Prozent)

2018

99

25 (25 Prozent)

63

12 (19 Prozent)

2019

76

31 (41 Prozent)

80

41 (51 Prozent)

2020

80

52 (65 Prozent)

68

46 (68 Prozent)

2021

41

34 (83 Prozent)

60

40 (67 Prozent)

Pressemitteilungen pro Organisation

402

171 (43 Prozent)

312

152 (49 Prozent)

Textdokumente gesamt

21 Plenarprotokolle + 323 Pressemitteilungen = 344 Textdokumente

Quelle: eigene Zusammenstellung der Erweiterung des ReMoPo

Kodierung

Bei der Kodierung handelt es sich in erster Linie um eine deduktive Anwendung eines theoriegeleiteten Kategoriensystems, das mit induktiven Aspekten angereichert wurde. Es wurde nach ganzen Absätzen kodiert, um die zugrunde liegende Argumentationsstruktur zu analysieren. In der Arbeit wurde ein zweistufiges Kodierverfahren angewandt, das sich so auch bei Kuckartz (2018: 98–123) sowie Mayring/Fenzl (2014) finden lässt: Zuerst wurden die relevanten Textabschnitte einer Oberkategorie zugeordnet und in einem zweiten Schritt in Unterkategorien mit Zustimmung oder Ablehnung bewertet. Die Oberkategorien im ersten Schritt bildeten in unserem Fall die einzelnen sozialpolitischen Themen. Die Themen Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Gleichstellungspolitik oder soziale Sicherung wurden jeweils als sozialinvestive oder kompensatorische Reformen kodiert. Bei der Einteilung in Unterkategorien im zweiten Schritt wurde nach einem festen Kodeschema bewertet, inwiefern die Textabschnitte als Befürwortung oder Ablehnung kodiert werden können. Außerdem wurde bewertet, ob es sich um eine moderate oder ausgeprägte Zustimmung bzw. Ablehnung handelt. Die Frage, ob eine Reform als moderat oder ausgeprägt kodiert wurde, hing erstens vom Umfang der Forderung ab, zweitens von der Großzügigkeit und drittens davon, ob eine temporäre Maßnahme oder eine dauerhafte Einführung gefordert wurde (siehe für den Kodeplan mit Kodierregeln und Ankerbeispielen das zusätzliche Online-Material; Tabellen A1–A4). Dieses detaillierte Kodier- und Zweischrittverfahren ist eines der Gütekriterien, das zur Stabilität von qualitativen Ansätzen der Textanalyse beiträgt (Mayring/Fenzl 2014: 637).

Die sich auf einer 4er-Kategorisierung erstreckende Ausprägung der Kodierung – ausgeprägte Befürwortung, moderate Befürwortung, moderate Ablehnung und ausgeprägte Ablehnung – wurde mit Hilfe des Softwareprogramms MAXQDA (Verbi 2021) am Textmaterial angewandt. Nach der Kodierung des Textmaterials wurde ein durchschnittlicher Positionswert für jede Partei, den DGB und die BDA berechnet und mit dem Softwareprogramm R ([55] 2016) grafisch in einem zwei-dimensionalen Politikfeld dargestellt ([4] 2023; Buss/Bender 2018). Ein Gesamtwert von +2 bedeutet, dass sich ein Akteur in der Zeit zwischen 2017 und 2021 eine möglichst umfangreiche, großzügige und dauerhafte sozialpolitische Maßnahme wünschte. Im Gegensatz dazu steht ein Wert von –2, der bedeutet, dass der Umfang, die Großzügigkeit und die Dauer möglichst weit begrenzt werden sollten.

5 Ergebnisse

5.1 Akteurspositionen zu kompensatorischer Sozialpolitik während der 19. Legislaturperiode (2...

Die Analyse der Akteurspositionen zu den Maßnahmen der kompensatorischen Sozialpolitik bestätigt den theoretisch erwarteten Verteilungskonflikt und offenbart daher die klassische ökonomische Konfliktlinie zwischen rechten und linken Parteien sowie zwischen Arbeit und Kapital. Wie Abbildung 1 zeigt, entsprechen die Positionen der linken Parteien und des DGB im Grunde den theoretischen Erwartungen, denn sie unterstützen die Politikinstrumente mit de-kommodifizierender Wirkung. Dem gegenüber steht das wirtschaftsliberale Lager sowie die Unionsparteien und auch die AfD, die eine generösere Ausgestaltung der Arbeitslosenversicherung genauso skeptisch betrachten wie die Erhöhung der Sozialabgaben. Die FDP und die BDA bestätigen die theoretischen Erwartungen zur Zustimmung der Kernelemente des Liberalismus, wenn sie darauf hinweisen, dass die soziale Sicherung mit privaten Versicherungsmodellen kombiniert werden und zudem auf Freiwilligkeit und Eigeninitiative beruhen müsse.

Im linken Lager stellte die SPD in der Debatte um die Verlängerung und den vereinfachten Zugang für das Arbeitslosengeld die weitreichendsten Forderungen und kündigt sogar im Laufe der Legislaturperiode an, das Arbeitslosengeld II (Hartz IV) ganz überwinden zu wollen. Der DGB ist ganz ähnlich positioniert wie die SPD, sowohl bei der staatlichen Sicherung des Status-quo-Erhalt im Falle von Arbeitslosigkeit und Rente als auch bei der generellen Ausweitung der Dauer des Leistungsbezuges beim Arbeitslosengeld I. Hier lagen fast identische Forderungen zum Ausbau der sozialen Sicherungssysteme vor, insbesondere für prekär Beschäftigte. Auch unterstützte der DGB eine Grundrente, die allerdings das bestehende Sozialversicherungssystem nicht ersetzen, sondern sich an vorhandenen Regelungen orientieren sollte. Auch Bündnis 90/Die Grünen unterstützten die Grundrente, insofern sie an die bestehenden sozialen Sicherungssysteme angegliedert würden. Sie forderten außerdem ebenfalls, das Arbeitslosengelds II zu reformieren und durch eine Garantiesicherung zu ersetzen, was auch mit einer Steigerung des Leistungsniveaus einhergehen sollte. Des Weiteren fordern die Grünen vehement die Einführung einer Kindergrundsicherung zur Bekämpfung von Kinderarmut und grenzten sich mit der Intensität dieser Forderung sowohl von der SPD als auch vom DGB ab. Auch die Linkspartei forderte eine Ausweitung der Sozialleistungen, wobei der Fokus – wie erwartet – stärker auf dem Arbeitslosengeld II und der Grundrente lag. Beim Arbeitslosengeld II forderte die Linkspartei die weitreichendsten Nachbesserungen an den bestehenden Maßnahmen, wobei häufig sogar eine gänzliche Abschaffung diskutiert wurde. Als Ersatz wurde eine Bürgerversicherung mit verpflichtendem Charakter oder ein bedingungsloses Grundeinkommen von der Linkspartei favorisiert. Das wird in Abbildung 1 deutlich, da sich die Linkspartei ganz rechts oben im Politikfeld positioniert. Die Linke fordert wie kein anderer Akteur in der 19. Legislaturperiode eine universelle Sozialversicherung auf einem relativ hohen Leistungsniveau, die sich über höhere Steuern und Sozialabgaben für Besserverdienende finanziert.

Graph: Abbildung 1: Akteurspositionen zu kompensatorischer Wohlfahrtsstaatspolitik in der 19. Legislaturperiode (2017–2021). Anmerkung: CDU: Christlich-Demokratische Union; CSU: Christlich-Soziale Union; SPD: Sozialdemokratische Partei; Grüne: Bündnis 90/Die Grünen; Linke: Die Linke; FDP: Freie Demokratische Partei; AfD: Alternative für Deutschland; DGB: Deutscher Gewerkschaftsbund; BDA: Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Die Unionsparteien, FDP, BDA und AfD stehen einer Ausweitung kompensatorischer Sozialpolitik deutlich kritischer gegenüber. Wie Abbildung 1 zeigt, positionieren sich alle vier Akteure im unteren Bereich des linken Quadranten, d. h. gegen eine Ausweitung passiver Transferleistungen. Die CDU/CSU sowie die AfD sind etwas mittiger positioniert, und die BDA und FDP lehnen die Ausdehnung von kompensatorischer Sozialpolitik am deutlichsten ab. Die Unionsparteien befinden sich zwischen den beiden Polen von links und wirtschaftsliberal und sind damit entgegen der theoretischen Annahme einer neutralen Einordnung klar gegen die Ausweitung kompensatorischer Sozialpolitik positioniert. So äußert sich beispielsweise eine Bundestagsabgeordnete der CDU/CSU-Fraktion am 15.11.2019 in der Sitzung des Deutschen Bundestages wie folgt:

Ich denke, mit Ihren Überlegungen, mit Ihren Forderungen würden Sie einen neuen Fehlanreiz schaffen. Auch das sagen uns inzwischen die Forschungsinstitute: Ein längerer Bezug von Sozialleistungen führt eben nicht zu einer verbesserten Absicherung oder zu einem wirtschaftlichen Aufschwung oder gar zu einer größeren Zufriedenheit der Menschen, nein, er führt dazu, dass die Menschen weiterhin in Bedürftigkeit gehalten werden (Deutscher-Bundestag 2019b: 67).

Die Unionsparteien argumentieren hier ähnlich wie FDP und BDA mit Eigenverantwortung und Leistungsbereitschaft. Das deutet darauf hin, dass die wirtschaftsliberale Strömung innerhalb der Parteienfamilie stärkeren Einfluss auf die sozialpolitische Positionierung der Union hat. Bei der Grundrente nehmen CDU/CSU eine etwas linkere, moderate Positionierung ein. Dies lässt sich allerdings damit erklären, dass die Regierungsparteien CDU/CSU und SPD die Grundrente bereits in den Koalitionsvertrag (im Jahr 2017) aufgenommen hatten.

Die wirtschaftsliberalen Akteure kritisierten hingegen sowohl die Grundrente als auch generell höhere Sozialleistungen sowie Forderungen nach einem erleichterten Zugang und der Verlängerung des Bezugszeitraumes. Als Begründung für diese Ablehnung wurden zumeist Argumente genannt, die wir in Kapitel 3 mit Bezug auf den Liberalismus abgeleitet hatten. Insbesondere Argumente, die Eigenverantwortung und Leistungsprinzip in den Mittelpunkt stellen, wurden von der FDP und BDA genannt, indem höhere Transferleistungen aufgrund künstlicher Bedürftigkeit abgelehnt und marktwirtschaftliche, private Zusatzversicherungen in der sozialen Sicherung präferiert wurden.

Die AfD ist bei der sozialen Sicherung ähnlich positioniert wie die Christdemokraten und steht auch bei der generöseren Ausgestaltung des Arbeitslosengeldes den Unionsparteien und den wirtschaftsliberalen Akteuren nahe. Die AfD plädierte, ähnlich wie CDU/CSU, FDP und BDA, zudem für eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge und positionierte sich gegen eine obligatorische Bürgerversicherung und die Grundrente. Wie aus anderen Studien zu rechtspopulistischen Parteien bereits bekannt ist (Enggist/Pinggera 2021; [24] 2022), unterscheidet auch die AfD zwischen dem Leistungsbezug von Kurz- (ALG I) und langzeitarbeitslosen Menschen (ALG II), um den Empfängerkreis einzugrenzen und Minderheiten wie Langzeitarbeitslose oder Migrantinnen/Migranten auszuschließen. Besonders die Leistungserhöhung für langzeitarbeitslose Menschen lehnte die AfD ab und sprach sich stattdessen für eine Verlängerung des Leistungsbezugs beim Arbeitslosengeld I aus.

5.2 Akteurspositionen zu sozialinvestiver Sozialpolitik während der 19. Legislaturperiode (20...

Die Positionierungen zu den sozialinvestiven Instrumenten entsprechen ebenfalls größtenteils den theoretischen Erwartungen. Besonders bei der Ausweitung von Betreuungsdienstleistungen und bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik liegen bei FDP, BDA, CDU/CSU, Grünen, Linken und SPD gleiche Positionen zum Ausbau vor. Auch bei den Anreizen zur Erwerbsbeteiligung von Frauen liegen zumindest gleiche Grundeinstellungen vor. Einzig die gesetzlichen Quotenregelungen wurden von der FDP, besonders aber von der BDA, abgelehnt, und es wurde auf die freiwillige Umsetzung seitens der Unternehmen verwiesen. Damit lässt sich auch erklären, dass die BDA in Abbildung 2 bei der Gleichstellungspolitik (Y-Achse) nahezu neutral positioniert ist. Nichtsdestotrotz wird insbesondere im Vergleich zu kompensatorischen Politikinstrumenten aus Abbildung 1 deutlich, dass es sich in der 19. Legislaturperiode (2017–2019) bei sozialinvestiven Politikinstrumenten überwiegend – wenn auch nicht völlig – um ein konfliktfreies Politikfeld zum sozialpolitischen Ausbau gehandelt hat (Abbildung 2).

Einzig die AfD blickt skeptischer auf den sozialinvestiven Ausbau und positioniert sich ambivalent. Auf der einen Seite begrüßt die AfD die Grundidee, Anreize zu schaffen, um Beruf und Familie besser miteinander zu vereinbaren. Auf der anderen Seite verweisen die Redner der AfD allerdings immer wieder auf die traditionelle Rollenverteilung zwischen Männern und Frauen. Zudem werden Vorschläge abgelehnt, wonach besonders für Frauen die Anreize zur Erwerbstätigkeit erhöht werden sollen:

[Weil] es auch Mütter gibt, die selber für ihre Kinder da sein wollen, die sich selber kümmern wollen, die – Achtung, liebe Grüne! – mittags am Herd etwas für ihre Kinder kochen, die nachmittags bei den Hausaufgaben helfen, dann möglicherweise ihre Kinder zum Fußball bringen und sie beim Fußballspielen anfeuern wollen (Deutscher-Bundestag 2018b: 4617).

Wie theoretisch erwartet, präferiert die AfD ausdrücklich das traditionelle Familienmodell und kritisiert die Fokussierung aller anderen Parteien auf ein egalitäres Zweiverdienermodell. Ausgeprägt ist auch die Ablehnung gegen staatliche Eingriffe zur Gleichberechtigung am Arbeitsplatz und den Quotenregelungen:

Dem Mainstream-Feminismus geht es aber nicht um Gleichberechtigung, sondern um Gleichstellung. Gleichstellungspolitik zerstört Gleichberechtigung. [...] Die Quote behindert die freie Berufswahl und die Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz. Wir müssen heute aktiv die Gleichstellungspolitik bekämpfen, um die Gleichberechtigung zu bewahren (Deutscher-Bundestag 2019a: 10280).

Graph: Abbildung 2: Akteurspositionen zu sozialinvestiver Wohlfahrtsstaatspolitik während der 19. Legislaturperiode (2017–2021). Anmerkung: CDU: Christlich-Demokratische Union; CSU: Christlich-Soziale Union; SPD: Sozialdemokratische Partei; Grüne: Bündnis 90/Die Grünen; Linke: Die Linke; FDP: Freie Demokratische Partei; AfD: Alternative für Deutschland; DGB: Deutscher Gewerkschaftsbund; BDA: Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Die Gleichstellung von Männern und Frauen am Arbeitsplatz, die Frauenquote oder der Abbau des Gender Pay Gap werden von keinem anderen Akteur so deutlich abgelehnt wie von der AfD. Sowohl die Ablehnung von familienorientierten Leistungen, die explizit den Wiedereinstieg von Frauen in den Beruf fördern sollen, als auch von Maßnahmen zur Förderung von Frauen am Arbeitsplatz stimmen mit unseren theoretischen Erwartungen an die Position der AfD überein, traditionelle Geschlechterrollen stärken zu wollen. Die wirtschaftsliberalen Akteure, FDP und BDA, sind deutlich positiver eingestellt, und auch das linke Lager unterstützt insbesondere die Gleichstellung von Männern und Frauen, den Abbau des Gender Pay Gap und fordert vehement die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Darauf bezogen werden Ganztagsbetreuungsmöglichkeiten als die vielversprechendste politische Maßnahme betrachtet, mit der die Vereinbarkeit von Familie und Beruf vorangetrieben werden kann. Die Grünen befürworten diese Maßnahme am stärksten, aber auch die SPD, Linkspartei, DGB, BDA, FDP und CDU/CSU favorisieren den Ausbau von Betreuungsdienstleistungen.

Interessant ist, dass dies mit unterschiedlichen Zielvorstellungen unterstützt wird, entsprechend der von uns in Kapitel 3 formulierten Erwartungen an die Akteurspositionen. Die BDA und die FDP betonen, dass mit befristeten Teilzeitmöglichkeiten die Arbeitskraft im Unternehmen gehalten werden kann:

Der Staat hat dabei auch seine Aufgaben: für die beste Kinderbetreuung zu sorgen und Gesetze nur dort zu ändern, wo es wirklich nötig ist, nämlich beispielsweise bei zeitlich begrenzten Auszeiten für Führungspositionen. In so einem Fall muss unsere Botschaft klar sein: Stay on board! Nimm dir die Auszeit, aber komm zurück ins Unternehmen! (Deutscher-Bundestag 2021b: 75).

Insbesondere der Ausspruch „Komm zurück" macht das Anliegen der FDP, Humankapital zu erhalten, besonders deutlich. Die Sozialdemokratische Partei betonte hingegen (stellvertretend für die linken Akteure) den Schwerpunkt soziokultureller Integration, der mit dem Ausbau von Sozialinvestitionen erreicht werden soll:

Meine Damen und Herren, ob ein Kind gut betreut wird, ob man Familie und Beruf unter einen Hut bringen kann, das darf nicht vom Glück abhängen, das darf nicht davon abhängen, wo man lebt und wo man wohnt. Vielmehr sind wir in der Verantwortung, dafür zu sorgen, dass das bundesweit gewährleistet ist, meine Damen und Herren (Deutscher-Bundestag 2021a: 38).

Aus diesen unterschiedlichen Zielvorstellungen resultiert im Endeffekt eine klassenübergreifende Befürwortung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, d. h. für sozialinvestive Sozialpolitik.

Dasselbe Phänomen kann auch bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik beobachtet werden, da sich auch hier eine klassenübergreifende Befürwortung zeigt. So fanden Weiterbildungsmaßnahmen, Sprach- und Integrationskurse für geflüchtete Menschen oder die individuelle Betreuung und Förderung von Eltern, Alleinerziehenden, Geringqualifizierten und Langzeitarbeitslosen Zuspruch bei der BDA, weil in Zeiten des Fachkräftemangels, der Digitalisierung und des technischen Fortschrittes Beschäftigte und Arbeitslose weiter- und besser qualifiziert werden müssten (BDA 2021). Der DGB unterstützte diese Maßnahmen ebenfalls, betonte aber, dass mit Weiterbildungen und Sprachkursen Integration gelinge und einer Verfestigung sozialer Problemlagen vorgebeugt würde. Sogar die AfD schloss sich in Teilen dieser klassenübergreifenden Befürwortung an, lehnte allerdings einzelne Maßnahmen wie das Programm „Soziale Teilhabe" strikt ab, weil damit „auf Kosten der Steuerzahler einfach nur Förder- und Maßnahmenkarrieren erzeugt werden" (Deutscher-Bundestag 2018a: 5911).

Zusammengefasst zeigt sich bei der Ausweitung von sozialinvestiven Politikinstrumenten eine klassenübergreifende Befürwortung, wenn auch aufgrund unterschiedlicher Zielvorstellungen. Es kann bei sozialinvestiver Sozialpolitik zwar kein völlig konfliktfreies Politikfeld gezeigt werden, aber der Konflikt ist weit weniger stark ausgeprägt als bei kompensatorischer Sozialpolitik. Mit Ausnahme der AfD befürworten alle Akteure den Ausbau sozialinvestiver Sozialpolitik, was sich besonders deutlich an den Debatten um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Gleichstellungspolitik zeigen lässt.

6 Zusammenfassung und Diskussion

In diesem Artikel wurde der Forschungsfrage nachgegangen, ob sich die Konflikte um kompensatorische und sozialinvestive Sozialpolitik voneinander unterscheiden. Als Datengrundlage haben wir den Reform-Monitor politischer Konflikte (ReMoPo) erweitert. Die systematisch-qualitative Inhaltsanalyse von 344 Textdokumenten aus der 19. Legislaturperiode (2017–2021) hat sodann gezeigt, dass es sich im Vergleich zu kompensatorischer Sozialpolitik bei Sozialinvestitionen um ein überwiegend konfliktfreies Politikfeld handelt. In den Debatten um die kompensatorische Sozialpolitik konnte die klassische ökonomische Konfliktlinie gezeigt werden: Die linken Parteien in Deutschland (Linke, SPD, Grüne) und der DGB unterstützen eine Ausweitung dekommodifizierender Maßnahmen, während ein breites Bündnis aus wirtschaftsliberal-konservativ-rechten Parteien (FDP, CDU/CSU, AfD) sowie der BDA entsprechende Vorschläge ablehnen. Geht es um Sozialinvestitionen, verschwimmen diese Konflikte allerdings, weil eine breite Befürwortung zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf und der aktiven Arbeitsmarktpolitik unter den Akteuren vorhanden ist. Einzig beim Thema Gleichstellung von Männern und Frauen am Arbeitsplatz, beim Abbau des Gender Pay Gap und der Frauenquote befürwortet das wirtschaftsliberal-konservative Lager freiwillige Regelungen für Unternehmen, während die linken Akteure staatliche Maßnahmen bevorzugen. Nichtsdestotrotz waren sich die Akteure in ihrer Grundauffassung einig, dass die Frauenerwerbstätigkeit mit Anreizen gefördert werden müsse. Einzig die AfD widersprach dieser Position und lehnte generell Gleichstellungspolitik ab, da diese die traditionellen Geschlechterrollen gefährdet.

Diese Ergebnisse tragen erheblich zur theoretischen und methodischen Diskussion in der Wohlfahrtsstaatsforschung bei. Methodisch, weil wir mit der Erweiterung des ReMoPo-Datensatzes und der Anwendung einer systematisch-qualitativen Inhaltsanalyse einen neuen methodischen Ansatz gewählt haben. Damit konnte eine Struktur des politischen Konfliktes gezeigt werden, die in anderen Studien unentdeckt geblieben ist. Zudem haben wir eine gesamte Legislaturperiode (2017–2021) analysiert und ein breites Spektrum aus politischen Parteien, Gewerkschaft und Arbeitgeberverband in den Blick genommen.

Theoretisch ergänzen wir mit unseren Ergebnissen die Literatur, die für eine Eingrenzung des Konzepts der Sozialinvestitionen plädiert ([6] 2013; Heitzmann/Matzinger 2018). Hätten wir uns hingegen an sehr universellen Ansätzen zur Definition von Sozialinvestitionen orientiert, wäre eine empirische Trennung zwischen kompensatorischer und sozialinvestiver Sozialpolitik nicht möglich gewesen. Wenn wir die Entwicklung des deutschen Sozialstaates verstehen möchten, bedarf es einer konzeptionellen Eingrenzung verschiedener Arten von Sozialpolitik, die wir anhand der Dekommodifizierung und der Mobilisierung von Humankapital erreichen konnten. Nur so wird deutlich, wie Konflikte um Sozialpolitik strukturiert sind. Beide sozialpolitischen Konzepte unterliegen einer eigenen Logik, die nicht über ein Verständnis von Sozialpolitik als Einheit zum Ausdruck gebracht werden kann. Es bedarf daher auch zukünftig dieser differenzierten Betrachtung, um Fragen zur Unterstützung von Sozialpolitik zu beantworten.

Weitere Forschungsarbeiten könnten an diese Analysen anschließen und danach fragen, ob es erstens aus einer historischen Perspektive immer schon eine breite Unterstützung zu Sozialinvestitionen gegeben hat. Zudem könnte danach gefragt werden, ob Ansteckungseffekte bei der Positionierung zu Sozialinvestitionen vorliegen, d. h. ob bei hoher Zustimmung zu einer sozialinvestiven Reform eine Partei die Position einer anderen Partei übernimmt. Des Weiteren könnte ein internationaler Vergleich herangezogen werden, um die institutionellen Besonderheiten verschiedener Sozialstaaten zu untersuchen. Diese verschiedenen institutionellen Besonderheiten könnten wiederum einen Einfluss auf die Beziehungen zwischen den einzelnen Parteien und Verbänden haben und qualitativ stärker miteinbezogen werden – ein Aspekt, der in dieser Arbeit ausgeklammert wurde.

Abschließend lassen unsere Ergebnisse durchaus den Schluss zu, dass der zukünftige Ausbau des deutschen Sozialstaats eher auf sozialinvestiven als auf dekommodifizierenden Maßnahmen fußen wird. Insbesondere wenn die Rahmenbedingungen von fiskalischen Haushaltszwängen (Schuldenbremse) bestehen bleiben, sind sozialpolitische Priorisierungen wahrscheinlicher, die auf die Investition, die Mobilisierung oder den Erhalt von Humankapital ausgerichtet sind, eben weil sie einen breiten Konsens bei politischen Parteien und Verbänden erwarten lassen.

Conflict of interests

Bei den Autoren besteht kein Interessenkonflikt und es wurden keine finanziellen Mittel von dritter Seite erhalten oder bezogen.

Anmerkung

Wir danken insbesondere Erik Neimanns für seine hilfreichen Kommentare, die das Manuskript verbessert und weiterentwickelt haben. Ebenfalls danken wir zwei anonymen Gutachterinnen oder Gutachtern für ihre konstruktive, hilfreiche und sehr wertschätzende Kritik, sowie (last, but not least) Sven Ehmes und Marco Schreiner für ihre Mitarbeit am Datensatz des Reform-Monitors politischer Konflikte.

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By Benedikt Bender and Laura Malsch M. A.

Reported by Author; Author

Titel:
Politische Konflikte in der Sozialpolitik zwischen 2017–2021 in Deutschland: Eine Inhaltsanalyse von Plenardokumenten und Pressemitteilungen.
Autor/in / Beteiligte Person: Bender, Benedikt ; Malsch M. A., Laura
Link:
Zeitschrift: Zeitschrift für Sozialreform, Jg. 70 (2024-06-01), Heft 2, S. 145-172
Veröffentlichung: 2024
Medientyp: academicJournal
ISSN: 0514-2776 (print)
DOI: 10.1515/zsr-2023-0019
Schlagwort:
  • PARLIAMENTARY practice
  • RIGHT-wing populism
  • PUBLIC welfare
  • POLITICAL parties
  • POLITICAL reform
  • GERMANY
  • Subjects: PARLIAMENTARY practice RIGHT-wing populism PUBLIC welfare POLITICAL parties POLITICAL reform
  • Employer Association
  • Germany
  • Political Party
  • Social Compensation
  • Social Investment
  • Trade Union
  • Arbeitgeberverband
  • Deutschland
  • Gewerkschaft
  • kompensatorische Sozialpolitik
  • Parteien
  • Sozialinvestitionen Language of Keywords: English; German
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Alternate Title: Political Conflict within Social Policy between 2017–2021 in Germany. A Content Analysis of Parliamentary Speeches and Press Releases.
  • Language: German
  • Document Type: Article
  • Geographic Terms: GERMANY
  • Author Affiliations: 1 = Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Politikwissenschaft, Theodor-W.-Adorno Platz 6 60323 Frankfurt am Main, Germany ; 2 = Laubestraße 24 60594 Frankfurt am Main, Germany
  • Full Text Word Count: 8788

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