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Aufklärung im Spiegel der slowenischen und deutschen Presse in der Krain im späten 18. Jahrhundert.

Urekar Osvald, Anja ; Birk, Matjaž
In: Zeitschrift für Slawistik, Jg. 69 (2024-06-01), Heft 2, S. 404-432
Online academicJournal

Aufklärung im Spiegel der slowenischen und deutschen Presse in der Krain im späten 18. Jahrhundert 

Thanks to reforms of the enlightened absolutism the first Slovenian newspaper, Lublanske novice, was published in Ljubljana (Laibach) – besides Laibacher Zeitung, published in German – in the last decades of the 18th century and was founded by Valentin Vodnik. Both newspapers were the main transfer media for the Vienna Enlightenment, encompassing, among others, the beginnings of Slovenian linguistics and 'pergodbe'. Their narratives focused on the fragments of secular prose, the 'Bildung' and humanitarian postulates and practices. Their representation, containing some cosmopolite accents, was deelitized, embodied into three-dimensional patriotism and, on the same occasion, as for the humanitarian topic, into utopian aspiration in social transgression. The narratives connect Enlightenment with ethnical and religious discourse, showing some ambiguities by interweaving gender stereotypes with the representation of the difference of Slovenian theatre and historiography and demonstrating cultural criticism along with pan-Slavism.

Keywords: Lublanske novice; Laibacher Zeitung; Enlightenment; patriotism; 'bildung'; philantropy; gender stereotyps

Anmerkung Der vorliegende Beitrag entstand im Rahmen der von der slowenischen Forschungsagentur ARIS geförderten Programmgruppe „Interkulturelle literaturwissenschaftliche Studien" (P6-0265) und des slowenisch-französischen PHC-Forschungsprojektes „Regionalität und Transkulturalität. Verschränkte Blicke auf Europa in der Regionalpresse in Slowenien und Frankreich (1897–1918)" (BI-FR/22-23-PROTEUS-008).

1 Einleitung

Der vorliegende Beitrag setzt sich mit der Repräsentation der Aufklärung im ausgehenden 18. Jahrhundert auseinander, wie sie im Spiegel der ersten slowenischen Zeitung Lublanske novice (1797–1800) und des führenden deutschen Periodikums in der Krain, der parallel erscheinenden Laibacher Zeitung, zum Vorschein tritt. Anhand von journalistischen und literarischen Texten werden Transfers von Ideen, Postulaten und sozio-kulturellen Praxen der europäischen Aufklärung und deren praktische Umsetzung im plurikulturellen Kommunikationsraum der Krain in der Zeit der Spätaufklärung analysiert und das Potential ihrer medialen Repräsentation für die Entwicklung der slowenischen Kultur der Aufklärung beleuchtet.

2 Historische Kontexte

Die Krain (‚Kranjska') als Territorium der Habsburger und Zentrum des slowenischen ethnischen Gebietes, erlangte im Jahr 1364 den Status eines zu den Erblanden gehörigen Herzogtums. Das Deutsche war das vorherrschende Medium in der administrativen und kulturellen Kommunikation, während sich das Slowenische als (zumal ländliche) Vernakularsprache allmählich den Weg in die Öffentlichkeit zu bahnen begann. Die Hauptstadt Ljubljana (Laibach) verfügte über einige zentrale kulturelle Strukturen, die die sprachliche Situation des Landes widerspiegelten. Neben dem Schulwesen – das Trivial- und Normalschulen in slowenischer Sprache sowie Lehranstalten auf Gymnasial- und höherer Lyzeumstufe mit Deutsch als Unterrichtssprache miteinbezog – ist hier auch die Presse zu nennen. Ursprünglich deutschsprachig, bekam sie im ausgehenden 18. Jahrhundert auch ein slowenisches Pendant – die 1797 gegründete Lublanske novice (‚Laibacher Nachrichten'). Neben Schulen und Presse gehörten zu den Stätten der deutschen Kultur in der Krain auch die Bühne, nämlich das 1765 gegründete Ständische Theater (über das ein Verfügungsrecht den Krainer Ständen zustand) und das Druck- und Verlagswesen.

Die Idee für die erste Zeitung in slowenischer Sprache entstand unter den um Žiga (alias Sigmund) Zois von Edelstein (1747–1819) im Geist der Aufklärung versammelten slowenischen Intellektuellen und Kulturschaffenden. Zois war Unternehmer, Mäzen, Gelehrter (Mineraloge, Botaniker, Ornithologe usw.) und, was bislang in der Forschung weitgehend unbekannt war, ein mit außerordentlichem Talent ausgestatteter Autor von Originalgedichten und kongenialer Übersetzer der Poesie, besonders des Dichters und Librettisten Giovanni Battista Casti ([8] 2020: 97). Auf Zoissche Anregung erlangte Ljubljana zwei seiner bedeutendsten Kulturinstitutionen, neben dem erwähnten Ständischen Theater auch das Landesmuseum – Zois, der auf „seinen Reisen [...] Cabinete angelegt sah, [...]", in denen „[...] Naturproducte, Erzeugnisse der Kunst oder die Funde aus der Urzeit eines Landes" aubewahrt waren, legte mit der Widmung „seine[r] mit aller Sachkenntnis aufgestellte[n] Mineraliensammlung und seine[r] wertvolle[n] Bibliothek dem Lande Krain" ([32] 1885: 8) das Fundament für die führende museale Institution des Landes (die noch heute existiert), deren Gründung im Jahr 1821 er allerdings nicht mehr erleben durfte.

Der ‚Zoisov krožek' (‚Zois-Kreis') versammelte Gelehrte aus unterschiedlichen Bereichen, den Mathematiker Jurij Vega, den Bienenforscher Anton Janša, den Architekten und Hydrotechniker Gabriel Gruber, die Linguisten Jurij Japelj, Marko Pohlin und Jernej (Bartholomäus) Kopitar – der später in der Slawistik zu internationalem Ruhm gelangte – wie auch die beiden wichtigsten Vertreter der Krainer Aufklärungsliteratur, den in Radovljica geborenen Anton Tomaž Linhart (1756–1795) und den aus Ljubljana stammenden Geistlichen und Lehrer Valentin Vodnik (1758–1819). Linhart gilt als Begründer der slowenischen Dramatik und Historiographie und Vodnik als sein Pendant in den Bereichen der Dichtung, des Journalismus, der didaktischen Literatur und Sprachforschung. Der Kreis der Aufklärer um Zois setzte sich zum Ziel, Wissenschaft und schöne Künste in der Krain zu fördern, wobei ihre besondere Aufmerksamkeit der Pflege der slowenischen Sprache galt. Zois selbst stand als ausgezeichneter Kenner der klassischen und neueren Literatur den Mitgliedern des Kreises als „Auftraggeber, Ratgeber und Mäzen gegenüber." ([10] 1984: 17)

Valentin Vodnik ist der Prototyp des slowenischen Aufklärers, bei dem sich patriotische und universalistische Gesinnung wechselseitig ergänzen. Seine Aufgabe sah er in der Verbreitung von Wissen und Bildung unter den Krainern, vornehmlich unter seinen Landsleuten slowenischer Abstammung. Dank seiner breitgefächerten beruflichen Tätigkeit und Kenntnisse vieler Sprachen – in dem Životopis (Lebenslauf) diesbezüglich behauptend, „Kranjsko me je mati učila, nemško inu latinsko šole, lastno vesele pa laško, francosko inu sploh slovensko.[...] [„Das Krainische brachte mir meine Mutter bei, Deutsch und Latein die Schule, eigenes Vergnügen Italienisch, Französisch und Slowenisch überhaupt."] (Wiesthaler 2019: III) – kam er in Kontakt mit modernen Entwicklungstendenzen und fungierte als Vermittler zwischen seiner Krainischen Heimat und anderen Kulturräumen in Europa. Mit seinen Werken, darunter der 1809 in Wien erschienenen, für Schulzwecke geschriebenen Geschichte des Herzogtums Krain, lieferte er wichtige Voraussetzungen für die Vermittlung der slowenischen Kultur über den deutschsprachigen Raum nach Europa. Wie erwähnt, legte Vodnik der slowenischen Kultur Grundlagen in mehreren Bereichen, in der Dichtung mit den 1806 anonym erschienenen Pesme za pokušino (‚Gedichte zur Probe'), in der Sprachwissenschaft mit der 1811 herausgegebenen Pismenost ali gramatika za perve šole (‚Sprachlehre oder Grammatik für die Primärschulen') und mit der zweisprachigen, zwischen 1806 und 1817 entstandenen und in handschriftlicher Form verbliebenen Fragmentschrift Slovenski besednjak (‚Slowenisches Wörterbuch') – in dem zur Veröffentlichung auch die Ode Ilirija oživljena (‚Das wiedererstandene Illyrien') ([22] 1911: 589) gelangte, ein für die slowenische Literatur ikonisches Gedicht, das den österreichischen Behörden wegen seines patriotischen Inhalts und frankophiler Prägung auch in der postnapoleonischen Zeit ein Dorn im Auge war. Die von den Lesern enthusiastisch aufgenommenen Pesme za pokušino veranlassten Zois dazu, dem Verfasser das Prädikat „der Krainer erster Poët" ([36] 1859: 50) zu verleihen. Das Bild Vodniks als Begründer des slowenischen Dichterparnasses – an dessen Etablierung die Regionalpresse im 19. Jahrhundert maßgeblich beteiligt war – ist im slowenischen Kollektivgedächtnis tief verankert, so dass Vodniks dichterische Primatstellung per se bis heute nicht in Frage gestellt wurde, lediglich der Betrachtungsfokus hat sich dabei zuletzt etwas verschoben: „[...] o časovnem ‚prvenstvu' se nima smisla prepirati, saj so na področju posvetne poezije pred Vodnikom vsaj Feliks Dev, Marko Pohlin in Pavel Knobl; tako ali tako pa je treba pridevek prvi [...] razumeti pretežno v kvalitativnem smislu. [Über das zeitliche Primat hat es keinen Sinn zu streiten, da auf dem Gebiet der weltlichen Dichtung vor Vodnik wenigstens Feliks Dev, Marko Pohlin und Pavel Knobl stehen; ohnehin soll das Attribut erster [...] vorwiegend im qualitativen Sinne verstanden werden.]" ([8] 2019: 207). Im qualitativen Sinne heißt, dass Vodnik an der Herausbildung von Konventionen, die für ein modernes Literatursystem charakteristisch sind, entscheidend beteiligt war ([8] 2020: 85), besonders gilt das für die Gattungspoetik und Strophenformen, wo er eine hervorragende Formenvielfalt bekundet ([29] 2007: 222).

3 Vodniks Lublanske novice und Kleinmayers Laibacher Zeitung

Der erste Kontakt zwischen Vodnik und Zois kam im Jahr 1794 zustande, als Vodnik mit der Verwaltung der neugegründeten Pfarre in der Ortschaft Koprivnik in Bohinj (der Wochein) beauftragt wurde. In der Gegend verkehrte häufig auch Zois, der in den Ortschaften Stara Fužina und Bohinjska Bistrica Hammerwerke besaß. Aus der Bekanntschaft ging gleich am Anfang der erste Auftrag von Zois hervor, das Verfassen eines Kalenders, der 1795 unter dem Titel Velika pratika ali kalender za tu lejto (‚Große Praktik oder Kalender für dieses Jahr') erschien:

Der Baron Žiga Zois inu Anton Linhart mi v leti 1794 naročita kalender pisati, to je moje pervo delo, katiro tukaj vsim pred oči postavim, da se bojo smejali inu z menoj potrplenje imeli. Če bom živel, očem še katiro noro med ludi dati; naši nastopniki bodo saj imeli kaj nad nami popravlat in brusiti.

[Der Baron Žiga Zois und Anton Linhart beauftragen mich im Jahr 1794, einen Kalender zu verfassen: Dies ist meine erste Arbeit, die ich hier allen zur Schau stelle, damit sie lachen und mit mir Geduld haben werden. Sollte ich leben, will ich noch manch weiteres närrisches Ding unters Volk bringen; unsere Nachfolger werden so das Unsere verbessern und schleifen können.] (Koruza 1997: 116–118)

In der Zeit, als Vodnik in Bohinj seinem priesterlichen Beruf nachging, kamen insgesamt drei Praktiken heraus, neben der Velika praktika auch Praktiken für die Jahre 1796 und 1797. Dies war ein kostenschweres Unternehmen, das vom Laibacher Drucker und Verleger Johann Friedrich Eger übernommen und mit dem Erscheinen des dritten Buches eingestellt wurde bzw. durch die Herausgabe der erschwinglicheren Mala pratika (Kleine Praktik) ersetzt wurde. Diese kam 1798 auf den Markt und erfreute sich bis 1806 des Interesses einer bildungswilligen slowenischen Leserschaft. Die Velika und Mala pratika entstanden in Anlehnung an deutschsprachige Vorlagen, konkret an die in Ljubljana erschienenen Laybacherischer Schreib-Kalender und Laibacherischer Sackkalender. Trotz der Anbindung an ein bereits existierendes Kulturprodukt waren sie indessen mehr als lediglich das Echo eines deutschen provinziellen Buchhandels, sondern inhaltlich reichhaltige und selbstständige Publikationen, in denen erstmals außer Aufsätzen auch Kurzerzählungen, Gedichte, Charaden usw. zur Veröffentlichung gelangten ([4] 2019: 119).

Die bahnbrechende Rolle in den Bereichen der Bildung und Kultur ([25] 1986: 10–14) stellte Vodnik auch in der Zeit nach seiner Rückkehr nach Ljubljana unter Beweis, als er sich im Jahr 1796, parallel zu seiner Arbeit an den Praktiken, der Herausgabe der Lublanske novice zuwandte, mit denen die Grundlagen des slowenischen Pressewesens gelegt wurden. Beruflich kehrte Vodnik einige Monate vor dem Erscheinen der ersten Nummer dem geistlichen Beruf den Rücken – diesmal vorläufig – und trat eine Stelle als Gymnasiallehrer in Laibach an. Es ist bis heute nicht klar, auf welche Initiative Vodniks Beschäftigung mit der Presse zurückgeht ([4] 2019: 119). Das Motiv für deren Gründung mag in der Absicht liegen, ein anderes Publikum anzusprechen, als das der Fall bei der Leserschaft der Velika und Mala pratika war. Ins Auge gefasst wurde das Lesepublikum aus der Landesmetropole, das struktur- und umfangmäßig wesentlich besser mit ökonomischem und kulturellem Kapital ausgestattet war, als dies bei den Praktiken der Fall gewesen ist, deren Leserschaft sich vorwiegend aus ländlichen Gebieten rekrutierte: Laibach war das politische, wirtschaftliche und kulturelle Zentrum des Landes, in der Stadt herrschte damals ein reges Kulturleben, die Bewohner waren beteiligt an sozialen und kulturellen Netzwerken, die über die Stadtgrenzen in andere Städte der Krain und jenseits ihrer Grenzen reichten (Birk & Krevs [3] 2021: 119–120 u. 131). Was die Gründung der Novice betrifft, ist bekannt, dass die Verwirklichung der Idee für die Zeitung dem erwähnten Herrn Eger zu verdanken ist. Der aus Sachsen stammende Drucker und Verleger, der von 1782 bis 1785 auch die Funktion des Laibacher Bürgermeisters innehatte, förderte die Publikationen von Werken slowenischer Aufklärer: Außer Vodniks Praktiken, brachte er auch die Werke von Linhart, unter ihnen das 1789 erschienene erste slowenische Drama Županova Micka, dt. Marie des Dorfrichterstochter (LZ, Nr. 53, 29. 12. 1789) heraus. Nach Egers Tod wurde mit der Herausgabe der Lublanske novice seine Gattin Maria Theresia betraut, die in der Ankündigung für das Jahr 1799 behauptete, „[...]de bodo moji bravci bol postreženi kakor zadne dva leta [dass meine Leser besser bedient werden als die letzten zwei Jahre]". ([26] 1997: 42)

Die Zeitung, die in der ersten Nummer den Titel Lublanske novice od vseh krajev cilega svejta (‚Laibacher Nachrichten von allen Orten aus ganzer Welt') führte, erschien vom 4. Januar 1797 bis 30. Juni 1798 zweimal und in der Zeit danach einmal wöchentlich (zunächst mittwochs und samstags, dann nur samstags) in einer Auflage, die nie die Zahl von 100 Exemplaren überschritt. Die Leserschaft bestand vorwiegend aus Vertretern des Kleinbürgertums (Handwerker, Kaufleute, Freiberufler – Lehrer, Ärzte, Notare), teilweise kam sie auch aus Adel und Klerus. Obwohl Vodniks Beiträge anonym waren, war er das wichtigste Factotum der Zeitung: Die ersten drei Jahre wirkte er als Redaktor der Zeitung, als Übersetzer und Verfasser der Beiträge und als technischer Gestalter. Anhand von stilistischen Unterschieden lässt sich sagen, dass er sich im ausgehenden dritten Erscheinungsjahr von seinem früheren Schüler, dem inzwischen ins Priesteramt gelangten Jožef Sušnik (1779–1816) aushelfen ließ. Im letzten Erscheinungsjahr trat dieser ganz in die Fußstapfen seines Vorgängers und übernahm die Redaktion, während sich Vodnik, der anhaltenden Kritiken an vermeintlich geringer Aktualität des informativen Gehalts der Zeitung überdrüssig verärgert zurückzog, wie dies aus dem folgenden Vierzeiler, der die Titelseite der ersten Nummer der Lublanske novice im Jahr 1800 schmückt, zu schließen ist:

Ne morem lagati

Ne letas ne lan'

Kir nezhe me brati

Naj dene na stran!

[Lügen kann ich nicht

Weder in diesem noch im vergangenen Jahr

Wer mich nicht lesen will

der soll mich zur Seite legen!] (LN, Nr. 1, 4. 1. 1800)

Kritiker kamen aus den Reihen der Krainer deutschen Presse – die war nicht bereit, die slowenische Konkurrenz einfach hinzunehmen – und aus einem Teil des Lesepublikums, das sich in seinen Erwartungen in Anbetracht lokaler Ausrichtung des Blattes nicht bestätigt sah – in diesem Zusammenhang sei hervorgehoben, dass die Lublanske novice Leser außerhalb von Laibach kaum und solche jenseits der Krainer Grenzen überhaupt nicht erreichten ([31] 1937: 58), was schließlich dazu führte, dass die Zeitung nach vier Jahren und damit früher als von Vodnik noch Anfang 1800 gedacht, ihr Erscheinen einstellen musste.

Die aus der Tradition der Praktiken hervorgegangenen Lublanske novice sind nach dem Vorbild der Wiener Zeitung entstanden. Das als Wienerisches Diarium im Jahr 1703 gegründete Presseorgan (das bis heute erscheint und somit die älteste Tageszeitung der Welt ist), rühmte sich bereits zu Vodniks Zeiten – außer einer langen Erscheinungsdauer, auch der Sachlichkeit in der Berichterstattung ([20] 2009: 13–24), was Vodnik als Argument in Konfrontationen mit seinen Kritikern vielfach hervorhob – „Jes pišem po dunajskih dvornih inu cesarskih oznanilih, če kdo meni, da te niso res, naj se vzdigne, inu skaže očitno. [Ich schreibe nach Wiener Hof- und kaiserlichen Neuigkeiten, wenn jemand meint, dass diese nicht wahr sind, soll aufstehen und deutlich sagen]" (LN, Nr. 50, 14. 12. 1799). Die Auswahl der aus der Wiener Zeitung übernommenen Beiträge informativen Inhalts wurde ergänzt durch Beiträge aus der Laibacher Zeitung. Obwohl das Übersetzen viel Zeit in Anspruch nahm, worunter die Aktualität der Berichterstattung zu leiden schien, war andererseits das Übersetzen für die Kodifizierung der slowenischen Sprache von großer Bedeutung. Die Kodifizierung schlägt sich nieder in der Erweiterung des Wortschatzes mit Übersetzungen und Strukturen, vornehmlich phraseologischen, aus dem gesprochenen Slowenisch. Sie erfolgte unter maßgeblichem Einfluss des Deutschen, erhielt im Bereich der Fachsprachen, etwa des Militärvokabulars ([27] 2018: 26–29), wichtige Impulse auch von der Einwirkung des Französischen, was nicht zuletzt mit Vodniks Frankophilie zu erklären ist. Durch eine fortschreitende Sprachkodifizierung wurden Grundlagen für die Entwicklung eines modernen journalistischen Stils und dem Zeitgeist entsprechenden Pressewesens gelegt (Kalin Golob 2019: 133), das der Verantwortung, seinen Lesern sachlich-objektiv(iert)e Inhalte zu vermitteln, zunehmend gewachsen war. Die Beiträge aus Lublanske novice weisen strukturell vorwiegend journalistischen Charakter auf. Unter Originalbeiträgen befinden sich Verse und auch einige wenige Gelegenheitsgedichte, darunter das auf der Titelseite der ersten Nummer veröffentliche dreistrophige Gedicht „Je kaša zavrela" (‚Der Brei ist aufgekocht'), in dem auf humorvolle Weise das Programm der Zeitung dargestellt wird: „Al vumnosti imajo/po svejti kaj več?/Al drujga kej znajo/Ko hruške sam peč! [Haben sie an Vernunft/übrig in der Welt?/Können sie was anderes/als nur Birnen braten?]" (LN, Nr. 1, 4. 1. 1797).

Merkmale literarischer Signatur lassen sich auch an einigen Narrativen ablesen, in denen es zur gattungsmäßigen Verselbstständigung der Literatur kommt. Die Rede ist von mit ‚pergodba' (heute ‚zgodba', dt. Geschichte bzw. Erzählung) betitelten erzählerischen Kurztexten, die nach dem Vorbild der gleichnamigen, in den Praktiken veröffentlichten Beiträgen verfasst wurden ([4] 2010: 73 u. 2019: 123), während der fachliche Diskurs seinen Höhepunkt in dem in Fortsetzung erschienen Aufsatz Povedanje od slovenskiga jezika (‚Erzählung über die slowenische Sprache') erreicht – auf beides wird im Folgenden näher eingegangen.

Während der slowenischen Presse mit Vodniks Zeitung erst im ausgehenden 18. Jahrhundert Grundlagen geliefert wurden, reichen die Anfänge der Krainer deutschsprachigen Presse an den Anfang des Jahrhunderts zurück. Das erste Krainer Zeitungsperiodikum in deutscher Sprache war die im Jahr 1707 gegründete Wöchentliche Ordinari – Laibacher Zeitungen (Laibach, 1707–1709), die Nachrichten aus verschiedenen anderen Blättern innerhalb und außerhalb der habsburgischen Monarchie brachte ([38] 2001: 13–16). Bis zum Erscheinen des nächsten deutschen Zeitungsperiodikums mussten dann fast siebzig Jahre vergehen. Von 1775 bis 1776 erschien das den Titel Wochentliches Kundschaftsblatt des Herzogthums Krain führende Presseorgan, das im darauffolgenden Jahrzehnt durch das einflussreichste und am längsten erscheinende deutsche Periodikum in der Krain, die Laibacher Zeitung ersetzt wurde – es ist dies eine Entwicklung, die durch Zensur- und Druckvorschriften, die die Gründung von neuen Druckereien und Verlagen begünstigten, ermöglicht wurde.

Die Laibacher Zeitung erschien unter verschiedenen Namensvarianten und wurde von den in Laibach ansässigen Verlegern Ignaz Josef Kleinmayr, Ignaz Merk, Anton Degotardi und Leopold Eger herausgegeben. Erstmals erschien sie am 1. Januar 1784 unter der Redaktion von Kleinmayr. Der in Klagenfurt wirkende Drucker, Verleger und Buchhändler war dort bereits als Herausgeber der Klagenfurter Zeitung tätig. Am 20. Dezember 1782 bekam er auch die Erlaubnis für die Herausgabe eines mit dem Klagenfurter Pendant vergleichbaren Presseorgans für die Krain. Im darauffolgenden Jahr (1783) erschien als Vorläufer der Wöchentliche Auszug von Zeitungen – nach dem Geschäftsmodell, das sich in Kärnten als erfolgreich erwiesen hatte und den Charakter der Zeitung als Erwerbsunternehmen im ausgehenden 18. Jahrhundert ([28] 2005: 78–79) deutlich zum Vorschein bringt. Der Redakteur war Mitglied in Klagenfurter und Grazer Freimaurerlogen, was seinen verlegerischen Erfolg begünstigte. Diese Vernetzung in überregionalen Kommunikationsräumen erleichterte ihm auch die Übernahme von Beiträgen aus der Wiener Presse – hier gleicht er seinem slowenischen Berufskollegen Vodnik – die er dann in der Laibacher Zeitung platzierte. Das Blatt enthielt unterschiedliche Beilagen, darunter das Amtsblatt und eine Inseratenbeilage, im Jahr 1784 waren es das Wöchentliche Kundschaftsblatt und Inseratblättchen. Ähnlich wie in Lublanske novice wurde auch in der Laibacher Zeitung das Krainer Tagesgeschehen am Rande behandelt. Obwohl Kleinmayer im Vergleich zu Vodnik über mehr ökonomisches Kapital verfügte, reichte dieses für die Bezahlung von Korrespondenten letztendlich doch nicht aus ([38] 2011: 306), was der Kärntner mit bayerischen Wurzeln im Gegensatz zu Vodnik entbehrte, waren persönliche Kontakte, die das Entstehen eines Korrespondentennetzes in der Krain begünstigten.

Im Vergleich zu Vodniks Zeitung war das deutschsprachige Blatt ausgerichtet auf einen anderen Leserkreis, der gleichermaßen Bürgertum, Klerus und Kleinadel miteinbezog. Der Zweck, den die Zeitung verfolgte, war indessen weitgehend mit dem von Novice vergleichbar, und zwar die Leserschaft zu informieren und zu belehren, auch hier durch die Integration von Humor, wenngleich nur stellenweise, denn ‚die Unterhaltung' gewann Heimatrecht erst im frühen 19. Jahrhundert, mit dem Erscheinen der Kulturbeilage Illyrisches Blatt ([3] 2000). Laut Kleinmayer war das Presseperiodikum bestrebt, über „alle merkwürdigen in- und ausländischen Begebenheiten" (Ignaz Alois Edler v. Kleinmayer: Anzeige, in LZ Nr. 26, 29. 6. 1790) zu berichten – unter „Ausländischen Nachrichten" nimmt in den ausgehenden 1790er Jahren Frankreich (LZ, Nr. 29, 9. 7. 1790) eine bedeutende Stelle ein – und Neuigkeiten aus den Bereichen der Literatur und der Ökonomie zu bringen. Das Blatt rühmte sich der Aktualität seiner Berichterstattung und wies eine nahtlose Identifikation mit der deutschsprachigen Kultur auf, was an der Zahl und dem Inhalt von Berichten aus den Gebieten des Heiligen Römischen Reiches abzulesen ist. In diesem Rahmen erfolgte auch ein wichtiges Segment des Transfers von Praxen der Aufklärung, vorerst von jenen, die sich von den Ideen der Wiener Aufklärung speisten. Denn ähnlich wie Vodnik, bewegte auch Kleinmayer das Streben, über das Medium der Presse zur Diffusion der Aufklärung im Krainer Kommunikationsraum beizutragen.

4 Aufklärungsideen, -praxen und -narrative

Bereits auf den ersten Blick lässt sich die große Bedeutung erkennen, die bei der Repräsentation der gesellschaftlichen Wirklichkeit von beiden Zeitungen auf die Erneuerung von Staat und Gesellschaft gelegt wird. Die wird als eine der obersten Prioritäten und Aufgaben des habsburgischen Hauses dargestellt, insbesondere Josephs II. selbst. Dabei galt Aufklärung von oben als primäre Aufgabe von Politik, selbst in Ländern, die sich diesen Ideen prinzipiell verschlossen zeigten, wie beispielsweise dem Osmanischen Reich, das im Bereich der Literatur zögernde Schritte „zu ihrer Aufklärung" (LZ, Nr. 17, 28. 4. 1785) machte. Als Maßstab für die Aufgeklärtheit einer Gemeinschaft und ihrer Kultur werden die auf guten Gesetzen basierende staatliche Ordnung und die Förderung der Menschenrechte dargestellt, wobei die Freiheit als primäre Voraussetzung erscheint. In beiden Zeitungen setzt das Verständnis von Freiheit den Respekt vor der legitimen Macht und ihren Gesetzen voraus. Als es am Ende der Regierungszeit Josephs II. zu verstärktem Widerstand gegen seine Reformpolitik in verschiedenen Gebieten der Monarchie kommt, plädiert die Laibacher Zeitung unter Verweis auf Montesquieu für den Einsatz staatlicher Gewaltmittel:

Ich bin kein Lobredner der Gewaltthätigkeit; sie empört mein Herz. Aber ich erinnere mich der Maxime eines Mannes, den man gewiß für keinen Beförderer der Tyranei ansehen darf: es ist der erhabene Montesquieu. Er sagt: (Esprit de loix lib. II. chap. 6.) wenn gesetzgebende Macht sich durch eine Verschwörung oder durch das Einverständniß einer auswärtigen feindlichen Macht in Gefahr sieht, so kann sie der Gewalt ausübenden Macht zulassen, die Stöhrer in Verhaft zu nehmen. (LZ, Nr. 2, 12. 1. 1790)

Zur Legitimierung von Freiheitseinschränkung wird die Anbindung der Aufklärung an einen internationalen geistig-ästhetischen Diskurs bedient, in dem in der Philosophenzunft außer Montesquieu auch I. Kant (Urekar Osvald 2022: 60–62), „der gelehrte philosophische Schriftsteller", (LZ, Nr. 19, 7. 5. 1789) sowie Moses Mendelssohn ikonischen Rang erlangen. Unter den Dichtern erfreut sich der kurz zuvor verstorbene G. E. Lessing besonderer Aufmerksamkeit. Dessen Beziehung zu Mendelssohn wird zum Paradigma einer Aufklärungsfreundschaft stilisiert, der Mendelssohn, „ein Weiser wie Sokrates, den Gesetzen der Väter getreu, Unsterblichkeit lehrend, unsterblich [...]", mit seinen 1785 veröffentlichten Morgenstunden oder Vorlesungen über das Dasein Gottes „ein rührendes Denkmal" (LZ, Nr. 5, 2. 2. 1786) gesetzt hatte.

Vor dem Hintergrund des aufklärerischen Universalismus wird den Interessen der Allgemeinheit grundsätzlich Vorrang vor dem Partikulären eingeräumt. Als Mahnung erscheint im kritischen Licht das „Zertreten" von Postulaten der Freiheit und Gerechtigkeit unter Robespierre (LZ, Nr. 104, 27. 12. 1799), woran auch Lublanske novice partizipieren, indem sie aus Anlass des Jubiläums von Robespierres Tod unter der Guillotine die Schadenfreude zum Ausdruck bringen – „Zraven so strelali, muziko imeli, plesali, inu se ta dan veselili, kada je pred štirimi letmi tyran Robespierre ob glavo djan bil [Außerdem schossen sie, machten Musik, tanzten und freuten sich an diesem Tag, an dem vor vier Jahren der Tyrann Robespierre enthauptet wurde.]" (LN, Nr. 60, 25. 8. 1798). Auch Voltaire und sein philosophischer Radikalismus – dessen Aufnahme in Österreich durch erhebliche Widerstände gekennzeichnet wurde ([11] 2006: 215) – werden von der Ironie des Verfassers nicht verschont, indem Voltaires intellektuelles Lumen in einer grotesken Verzerrung vor die Augen der Leserschaft geführt wird – „Voltaire si je otl skuz močno pitje kofeta žulenje obvarovati, pa je vmerl, kadar ga je 32 tas ali skledec popil. [Voltaire wollte mit dem starken Kaffeetrinken das Leben bewahren, doch starb er, als er 32 Tassen oder Schalen Kaffe trank.]" (LN, Nr. 4, 25. 1. 1800) – und mit Hohngelächter darüber berichtet wird, wie die Nachwelt mit seinem Geisteserbe umgehe: „[...] Bei Aufzeichnung seiner Verlassenschaft (eines Chemikers in Paris) fand man [...] auch eine Flasche, worin im Weingeist ein Gehirn von einem Menschen aufbewahrt wurde, mit der Überschrift Gehirn des Herrn von Voltäre. Der Taxator sezte sie zwar beiseite, ohne sie zu schätzen, weil es, wie er sagte, dabei blos auf den Liebhaber ankäme." (LZ, Nr. 5, 1. 2. 1787)

Als ideale Staatsform für die Verwirklichung eines gemäßigten Freiheitspostulates wird der aufgeklärte Absolutismus mit Nachdruck befürwortet, da dieser ein kollektives Freiheitsprinzip durchsetzen könne und nicht der individualistische Republikanismus, den die Laibacher Zeitung den Aufständischen in den Österreichischen Niederlanden unterstellt:

Lasset uns also die Entwürfe Derjenigen untersuchen, denen es daran gelegen ist, die kaiserlichen Niederlande zu einer Republik zu erheben. Jede Konstitution hat das Glück des Volks zum Zwecke. Der Hang zur Glückseligkeit hat die Menschen in Gesellschaften versammelt, dieser Hang hat uns unter die Macht der Gesetze gebracht. Wenn ich euch also klar erweise, daß wir als Republikaner nicht so glücklich seyn werden, als unter der jetzigen Regierung, so glaube ich kann man die Schreyer der republikanischen Freiheit verachten. (LZ, Nr. 2, 12. 1. 1790)

Die Wertschätzung des aufgeklärten Absolutismus schlägt sich in der Loyalität und Zuneigung nieder, die beide Zeitungen gegenüber dem Kaiserhaus zeigen. In Beiträgen werden Liebe und Fürsorge des Kaisers für seine Untertanen als ultimative menschliche bzw. sittliche Qualität gewürdigt – Joseph II. erscheint als Inbegriff der Menschenfreundlichkeit, „[...] die das Gepräge der Gottheit" aufweise und als ‚erhabene Tugend', „die Fürsten der Welt zum Rang der Erde Götter [...]" (LZ, Nr. 2, 8. 1. 1789) erhebe. Nicht weniger numinos erscheinen auch auch andere Qualitäten des Ersten unter den Habsburgerprinzen, unter ihnen dessen Förderung der gesellschaftlichen Entwicklung durch die Begünstigung der Wissenschaft. Dieser wird besondere symbolische Bedeutung durch die Einbindung in einen internationalen Kulturrahmen verliehen, weshalb zweckmäßig namhafte Herrscher und Herrscherinnen aufgegriffen wurden, unter ihnen die Kaiserin Katharina von Rußland (Urekar Osvald 2022: 62–65), die vor dem Hintergrund ihres Ergründenwollens „der großen Sterblichkeit auf Flotten, und bey Armeen während des Kriegs, wie auch der Pest in der ganzen Welt" (LZ, Nr. 4, 22. 1. 1789) als mustergültige Gönnerin der Wissenschaften und Patin der gesellschaftlichen Entwicklung erscheint.

Bezeugungen der Liebe gegenüber den Habsburgern sind charakteristisch auch für das slowenische Blatt. Gemäß der zweifachen Identität der Slowenen, bei der im Vordergrund der Krainer Patriotismus stand – der sich wie weiter unten zu sehen sein wird, schon damals auch von slawophiler Haltung speiste – wurden Gefühle patriotischer Verbundenheit mit der Monarchie als Garant für die kulturelle Entwicklung dargestellt. Einen besonderen Stellenwert nimmt dabei die Übersetzung des Hoheliedes der Vaterlandsliebe, der Kaiserhymne, ‚ins Krainerische', die aus Anlass des kaiserlichen Geburtstags in dem Laibacher Ständischen Theater im November 1797 vorgetragen wurde:

V Nedelo na Cesarjovega rojstva god so tukaj v Lublanskim theatri eno pesem po nemško peli, inu v nej svitlimu Cesarju srečo vošili. Ta pesem je po kranjsko taka.

[Am Sonntag, dem Geburtstag des Kaisers, hat man hier im Ljubljanaer Theater ein Lied auf Deutsch gesungen und darin dem erlauchten Kaiser Glück gewünscht. Dieses Lied ist auf Krainisch wie folgt.] (LN, Nr. 13, 15. 2. 1797)

Die Liebe zu den Habsburgern weht auch aus den Berichten über Aufenthalte von Mitgliedern der Kaiserfamilie in der Krainer Metropole entgegen, denen stellenweise Fragmente von hymnischen Gelegenheitsgedichten hinzugefügt werden, in denen Würdigung von sittlichen Qualitäten der Habsburger (hier des Kaiserbruders Erzherzog Karl) mit der Bekundung der Vaterlandsliebe einhergehen:

Lublana se je mujala, njemu skazat kako ga lubimo, inu kako najn zavupamo, vse je za njim vrelo, koder je hodil

[...]

Terka nam Francoz na vrata

Dobri Franc za nas skerbi

Pošle svojga lubga brata

Korel rešit nas hiti.

[...]

[Laibach bemühte sich, ihm zu zeigen, wie wir ihn lieben und auf ihn vertrauen, alles strömte ihm nach, überall wohin er ging.

[...]

An die Tür klopft der Franzose,

Der gute Franz sorgt sich um uns

Er schickt seinen lieben Bruder

Karel uns zu retten.] (LN, Nr. 15, 22. 2. 1797)

Ein zentraler Aspekt des österreichischen Patriotismus zeigt sich in beiden Zeitungen in der Zuversicht in staatliche Verfügungen und Dekrete – darunter im Bankwesen (LZ, Nr. 3, 17. 1. 1788), der Advokatenzunft (LZ, Nr. 5, 31. 1. 1788), im Bereich des Pensionswesens (LZ, Nr. 11, 13. 3. 1787), in der Abwehr von Naturkatastrophen, wie Hochwasser an der Donau bei Semlin (LZ, Nr. 19, 8. 5. 1788) usw. – als Instrumente der Erneuerung der Gesellschaft in verschiedenen Bereichen des Lebens. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei dem Bildungsbereich, der in den Augen der gemäßigten Aufklärer in der Krain allein die Aufgabe erfüllen kann, das Freiheitspostulat in Einklang mit der Ordnung des aufgeklärten Staates zu bringen. Besonderen Stellenwert im Bildungsdiskurs nimmt die Repräsentation ihrer konkreten Folgen und Resultate, die in unterschiedlichen Neuerungen greifbar und als Ikonen der gesellschaftlichen Modernisierung vorgeführt werden. Besondere Aufmerksamkeit gilt Neuerungen in Bereichen des Verkehrs, der Landwirtschaft und der Medizin, die nicht nur von dem aufgeklärten Staat initiiert und umgesetzt, sondern auch durch Entdeckungen herbeigeführt werden, die sich wie oben gezeigt der symbolischen und materiellen Unterstützung desselben Staates erfreuten bzw. von diesem aus der Taufe gehoben wurden. Unter technischen Neuerungen galt große Aufmerksamkeit der damals sich rasch entwickelnden Luftfahrt. Dabei wird von der deutschen Zeitung dem Aufklärer Zois der Stellenwert einer regionalen Koryphäe bei der Förderung von Entdeckungen als Vehikel gesellschaftlicher Erneuerung zugewiesen und diese Darstellung anhand seiner Unterstützung von ersten Versuchen mit Heißluftballons hervorgehoben. Die Bildung erlangt in diesem Zusammenhang axiomatischen Stellenwert, der durch ironische Kritik an Unwissenheit und Aberglauben – die den Krainer Bauern zugeschrieben werden, die in Luftfahrt „Vorbothe des nahen Türkenkrieges" zu sehen und „verschiedene andere Unglücksfälle" (LZ, Nr. 21, 24. 5. 1787) zu befürchten geneigt waren – verstärkt zum Ausdruck gebracht wird. Auch in Novice wird Unwissenheit zur Zielscheibe der Kritik – zur 'Mutter allen Aberglaubens und schädlicher Dummheit' erklärt, führe sie Menschen doch in Irrtum und sei schädlich für die Gesundheit, weshalb Neuerungen und Entdeckungen aller Art ungeteilte Unterstützung zuteil wird:

Je vendar res, porečete, da so so vsake sorte norci na sveti; jes pa pravim de iz eniga takige znajdenja se zna z'časam dosti prida za človeštvo perdobiti.

[Sie werden sagen, es stimmt doch, dass es unterschiedliche Sorten von Narren auf der Welt gibt; ich aber meine, dass aus einer solchen Entdeckung mit der Zeit großer Nutzen für die Menschheit gebracht werden kann.] (LN, Nr. 93, 22. 10. 1797)

Außer den positiven Folgen von Neuerungen wird für die Propagierung der Bildung auch der Transfer des Wissens instrumentalisiert, der plastischen Ausdruck in der Darstellung internationaler Wissen(schaft)snetze findet. Die Zeitungen lassen dazu eine Reihe von namhaften Gelehrten und Innovatoren aus unterschiedlichen Wissenschaftsbereichen Revue passieren, unter ihnen aus der Astronomie (vertreten durch Joseph de Lalande; LN, Nr. 14, 17. 2. 1798 und William Herschel; LN, Nr. 18, 4. 3. 1798), Chemie (Martin Klaproth; LN, Nr. 14, 17. 2. 1798), Bio- und Physiologie (Lazarro Spalanzanni; LZ, Nr. 3, 15. 1. 1789), Medizin (Joseph Barth; LZ, Nr. 29, 20. 7. 1786) und Gerard Van Swieten; LZ, Nr. 46, 7. 9. 1790), Ökonomie (Heinrich Friedrich von Storch; LN, Nr. 16, 24. 2. 1798), Taubstummenlehre (Roche-Ambroise Cucurron alias Abbé Sicard; LN, Nr. 9, 1. 3. 1800) usw.

Besondere Aufmerksamkeit unter den Wissensträgern gilt natürlich Gelehrten aus der Krain, unter ihnen Balthasar Hacquet, dem aus der Bretagne stammenden Chirurgen und Naturwissenschaftler, der von 1766 bis 1773 im Auftrag Van Swietens in der Bergwerkstadt Idria als Arzt wirkte (LZ, Nr. 13, 20. 3. 1784), seinem Kollegen, dem Chirurgen und Medizinprofessor Vinzenz Kern (LZ, Nr. 94, 22. 11. 1799) und nicht zuletzt dem Mathematiker, Physiker und Ballistiker Jurij Vega (Georg Freiherr von Vega, auch Veha), der als leuchtender Stern am heimatlichen Wissenshimmel zum Vorschein gebracht wird. In diesem Rahmen wird der Propagierung der Bildung ein zusätzlicher Impuls verliehen durch die oben erwähnte Darstellung der materiellen und symbolischen Wertschätzung der einheimischen Wissenschaft durch die aufgeklärte Monarchie – als Beispiele fungieren Vegas Adelserhebung durch Kaiserin Maria Theresia (LN, Nr. 39, 27. 9. 1800) und die Ehre, welche Hacquet von ihrem Sohn, Joseph II., mit der Besichtigung von dessen „Naturalienkabinet und Anatomiekammer" (LZ, Nr. 13, 20. 3. 1784) zuteil wurde. Die deutsche Zeitung schenkt in diesem Zusammenhang ihre besondere Aufmerksamkeit der Medizin und würdigt „tiefe Einsichten und Kentnisse in der Arzneykunde", wie auch „Liebe für jeden Kranken" (LZ, Nr. 96, 29. 11. 1799) von seiten des Krainer Protomedikus. Während der Krainer Vega zum Prototyp für Erfüllung und Glückseligkeit im Leben durch Bildung stilisiert wird, fungiert der erste Krainer Arzt als Symbol für Menschenfreundlichkeit und Humanität. Die Beiträge vermitteln somit das Streben der beiden Zeitungen, die Peripherie in der Beziehung zu großen Kulturzentren aufwerten zu wollen, indem auf den menschlichen Zuschnitt von heimatlichem Wissen und Bildung aufmerksam gemacht wird. Auf diese Weise werden Voraussetzungen für die Hinterfragung von traditionellen Kultur- und Machtverhältnissen in der Region und jenseits ihrer Grenzen geliefert. Auch die Laibacher Zeitung war an der Verflüssigung von Grenzen zwischen Kulturen beteiligt, indem ausdrücklich Linhart als Begründer der slowenischen Historiographie sowie sein Beitrag zur Vermehrung und Verbreitung des Wissens über die Krainer gewürdigt werden, wie hier aus Anlass der Ankündigung seines Werkes Versuch einer Geschichte von Krain und der übrigen südlichen Slawen Oesterreichs, mit dem die südslawischen Völker erstmals am Horizont der modernen europäischen Geschichtsschreibung erscheinen:

Jene Nation, die in dem südlichen Theile des österreichischen Kreises zwischen der Drave (Drau) und dem adriatischen Meere wohnt, zu dem grossen merkwürdigen Völkerstamme der Slaven gehört, ihrer Sprache und Herkunft nach nur einen und eben den Volkszweig ausmacht, der nur zufällig – obschon nicht ganz historisch richtig – in Krainer und Winden unterschieden wird, verdient wohl ihre eigene Geschichte. Man hat sie uns bisher nur stückweise, und zerstreut, in den Annalen der Länder, die sie bewohnt, aber niemal im ganzen Zusammenhange ihrer Schicksale und Begebenheiten gezeigt. Zu diesem Ende wird uns der erste Theil einer vollständigen Geschichte vom Lande Krain und der übrigen südlichen Slaven Oesterreichs von Anton Linhart angekündigt. (LZ, Nr. 33, 17. 8. 1786)

Auch die Repräsentation der Aufnahme von Linharts Komödien – Županova Micka und Matiček se ženi, die erste verfasst nach Die Feldmühle von Joseph Richter und die zweite nach Le mariage de Figaro von de Beaumarchais – die in der Krain wesentlich die Popularität der Schaubühne erhöhten, ist als eine Kulturgrenzen übergreifende Vorstellung eingeschrieben, die die Verkoppelung von Postulaten der Bildung durch die Kunst und die Menschenfreundlichkeit miteinschließt. So heißt es, Linhart habe „[...] zur Unterstützung der nothleidenden Menschheit die Schaubühne betretten, und uns zugleich den überzeugendsten Beweis gegeben, daß auch die krainische Sprache Biegsamkeit, Geschmeidigkeit, Nachdruck, und Melodie genug besitze, und sich gleich der russischen, böhmischen, und polnischen Sprache in Thaliens Munde gar gut hören lasse." Auf diese Weise wollte man den Beitrag des Theaters mit seiner menschenfreundlichen Funktion zur „Vervollkommnung der Muttersprache" hervorheben (LZ, Nr. 53, 29. 12. 1789) und somit zur Selbstbewusstwerdung einer slowenischsprachigen Kulturöffentlichkeit in der Krain.

Das herkömmliche Bildungsverständnis wird aufrecht erhalten, was sich in der Bedeutung des Lateinischen niederschlägt, das in der deutschen Zeitung in seinem historischen Stellenwert als Gelehrtenidiom vor Augen geführt und dessen gegenwärtiges Schwinden in Bereichen des Wissens- und Kulturtransfers beklagt wird, was an der emphatischen Ankündigung der lateinischen Übersetzung von Voltaires Histoire de Charles XII deutlich abzulesen ist:

Dieses sonst so beliebte Werk wird zwar in der lateinischen Sprach nicht das größte Glück machen, weil die Liebe zu ihr (zum Leidwesen vieler Gelehrten und verdienstvoller Männer) fast täglich abnimmt. Doch dies ist nicht überall so; ferner bürgen uns Kenner dafür, dass diese Übersetzung äußerst korrekt und gut ist: und so dürfte die angewandte große Mühe des Hrn. Übersetzers, die energischen, kühnen, und dabey gespitzten Perioden eines Voltaire so viel möglich, glücklich ins römische Gewand zu kleiden, doch nicht verkannt werden, und dieses Werkchen in mancher gelehrten Bibliothek einen dauernden Plaz finden. (LZ, Nr. 29, 9. 7. 1790)

Im Vergleich dazu positioniert sich die slowenische Zeitung gegenüber dem Lateinischen grundverschieden, indem seine gegenwärtige Bedeutung für die Bildung durch die Zuweisung der Sprache zur untergangenen Welt der ausgestorbenen Völker (LN, Nr. 4, 13. 1. 1798) relativiert wird. Der manifestierten Haltung lässt sich die Tendenz zur Entelitarisierung bzw. Demokratisierung des Bildungsdiskurses ablesen, die deutlich in Erscheinung tritt in lebensnahen Inhalten. Sie füllen das Bildungsverständnis aus und signalisieren auch konzeptuelle Veränderungen, unter der Betonung des prozesshaften Charakters der Bildung und ihres Potentials für sozialen Aufstieg, wovon in den Novice folgendes zu lesen ist: „[...] sleherno leto se človeški duh en malo bliži k spoznanju naturskih reči perpomakne; on se bode še dolgo prepomikal, preden bode naturo razločno spoznal. [jedes Jahr rückt der menschliche Geist etwas näher der Erkenntnis von Natursachen; er wird noch länger näherrücken, bevor er die Natur genau erkennen wird]" (LN, Nr. 21, 14. 3. 1798).

Das Auffüllen des Bildungsverstehens durch lebensnahe Inhalte, verpflichtet einer utilitaristischer Ethik, tritt in Erscheinung in den Berichten aus dem Alltagsleben, bezogen auf Unglücksereignisse und gesellschaftliche Krisensituationen – auf Krieg (LN, Nr. 26, 29. 6. 1799), Brände (LN, Nr. 35, 2. 5. 1798), Krankheiten (Schwarzpocken, LN, Nr. 16, 24. 2. 1798) und Pestgefahr (LN, Nr. 16, 24. 2. 1798) – denen Kommentare mit sachgerechten Empfehlungen für ein rationales, zweckmäßiges Handeln hinzugefügt werden. In einigen Fällen werden darin aus heutiger Perspektive brisante Themen angesprochen, wie die Abwendung der Epidemien durch Vakzination und Quarantäne, die Einschränkung der Bewegungsfreiheit für die Prävention von Seuchen usw. Stellenweise enthalten Kommentare interessante kulturreflexive Akzente, die eingesetzt werden, um den Leser – häufig durch die fein dosierte Ironie – zu ermutigen, vertraute Wahrnehmungen und gängige sozio-kulturelle Konstruktionen, inner- und außerhalb der eigenen (Krainischen) Kultur, zu hinterfragen, was auf dem Hintergrund der Entlarvung von gesellschaftlichen Symptomen geschieht, etwa anhand von aufgezeigten Möglichkeiten der Manipulation durch die Presse im Bericht über die Pest und deren Verbreitung: „Pisma iz Lizabon govore od kuge, katera je v Kadix velikim mesto Spanie se vsedla. [...] Ampak de bi ta bolezen že 4000 ludi pokončala, ni verjeti. [Briefe aus Lissabon sprechen von der Pest, die sich in Cadix, der großen Stadt Spaniens, niederließ. [...] Aber, dass diese Krankheit bereits 4000 Menschen umbrachte, ist nicht zu glauben]." (LN Nr. 43, 25. 11. 1800)

Eine inhaltliche Erweiterung des Bildungspostulates ist auch in den Ankündigungen von Buchprojekten künftiger Publikationen zu beobachten, die besonders häufig in der Laibacher Zeitung anzutreffen sind. Die Ankündigungen schließen in erster Linie Hinweise auf Übersetzungen, die als weiterer Schritt von ‚Aufklärung' in der Welt verstanden werden, so zum Beispiel wird von der Übertragung von Klopstocks Messias ins Russische (LZ, Nr. 4, 22. 1. 1789) berichtet, ein Buchprojekt, das der Leserschaft als paradigmatisch für den Kulturtransfer zwischen Westeuropa und Russland vorgeführt wird und wegen der Aufforderung nach Stärkung der Bande zwischen beiden Kommunikationsräumen eine bedeutende identitätsstiftende Funktion erfüllt. Dieser Auffassung schließen sich auch die Novice an, die zwecks Förderung von kultureller Autonomisierung der slowenischen Leserschaft jede Gelegenheit nutzen, um die Verwandtschaft zwischen Slowenen und Russen zu propagieren: „Ena nova perkasen je za nas krajnce, de so Rusi, naši stari bratje peršli nas ne li obiskat, temuč tudi pred sovražnikam branit. [Es ist eine neue Erscheinung für uns Krainer, dass die Russen, unsere alten Brüder, nicht nur zu Besuch, sondern auch uns vor dem Feind in Schutz zu nehmen gekommen sind.]" (LN, Nr. 26, 29. 6. 1799) Unter den angekündigten Buchprojekten nimmt in den Novice im identitätsstiftenden Sinne die slowenische Übersetzung des Alten Testaments eine besondere Stellung ein, die von Jožef Škrinar (1753–1825), dem geistlichen Dichter und Mitarbeiter des Linguisten Japelj, Mitglied des ‚Zoisov krožek', angefertigt und unter dem Titel Modrostne bukve stariga testamenta (‚Weisheitsbücher des Alten Testaments') herausgegeben wurde. Begleitet vom sachlich gehaltenen Kommentar, in dem Vodnik seinem Sprachpurismus Ausdruck verschafft und eine von dem Einfluss des Deutschen autonome Entwicklung der slowenischen Lexik einfordert, betont die Ankündigung – ähnlich wie dies der Fall beim Messias war – die Bedeutung von Übersetzungen für Austausch zwischen Kulturen und somit für die Entwicklung der auf Wissen begründeten Kultur. Um die identitätsstiftende Funktion zu steigern, wird im Gegensatz zur konstatierten Veralltäglichung des Bildungsdiskurses die kulturreflexive Tendenz des Geschriebenen hier mit einem elitären Akzent versehen – der Verfasser wendet sich an die Krainer Bildungselite, mit dem Auftrag, in Fragen des Sprachgebrauchs sich ihren Landsleuten mit Rat an die Seite zu stellen:

Zdej so te bukve vsim slovencam perporoče, ne le, ker so polne dobrih svetih naukov, temuč tudi, ker so v' lepim čistim slovenskim jeziki pisane; v' takim jeziki, kakor ga krajnci po deželi govore, koder še niso spačeni od nemščine. [...] Te reči povem zavolo učenih, kateri bodo moje novice brali.

[Jetzt werden diese Bücher allen Slowenen empfohlen, nicht nur, weil sie voll guter heiliger Lehren sind, sondern auch, weil sie in einer schönen, reinen slowenischen Sprache geschrieben werden; in einer Sprache, die die Krainer auf dem Lande sprechen, wo sie von dem Deutschen noch nicht verunstaltet werden. Diese Dinge sage ich um der Gelehrten willen, die meine Neuigkeiten lesen werden.] (LN, Nr. 74, 1. 12. 1798)

Unter den Beiträgen aus Vodniks Zeitung nimmt in Hinblick auf die Ergänzung des Bildungsverständnisses durch neue Inhalte der erwähnte Aufsatz Povedanje od slovenskiga jezika den höchsten Stellenwert ein, in dem in einem lesernahen Stil die Geschichte der slowenischen Sprache in diesem Idiom beschrieben wird. Der Verfasser lässt von Anfang an deutlich wissen, durch die Darstellung der Entwicklung der slowenischen Sprache bei dem Leser das kulturelle Bewusstsein fördern zu wollen und lässt seinen Beitrag in diesem Sinne auch beginnen, indem das Bildungspostulat in eine historische Perspektive gerückt wird: „Stare reči so tudi nove tistim, katerim so neznane. Zatorej bodem popisoval od kod kranjski jezik pride, inu od nekidanih časov začel. [Alte Sachen sind neu denen, für die sie unbekannt sind. Deshalb werde ich beschreiben, woher die Krainische Sprache kommt, und werde mit früheren Zeiten beginnen.]" (LN, Nr. 83, 18. 10. 1797) Die historische Perspektive bleibt in der Darstellung der Entwicklung der slowenischen Sprache dominierend. Ihre Kodifizierung wird anhand von herausragenden grammatikalischen und lexikographischen Werken von Primož (Primus) Trubar, Adam Bohorič und Marko Pohlin nachgezeichnet. Besonderes Interesse gilt darin lexikalischen und etymologischen Aspekten, wobei unter Rückgriff auf gemeinsame Wurzeln indoeuropäischer Sprachen für die Etablierung eines originalen Wortschatzes eingetreten wird. Die vermeintliche Abhängigkeit des Slowenischen von der ‚Kultursprache' Deutsch wird dezidiert abgelehnt und Sprach- und somit Kulturentwicklung in einen internationalen Kontext gestellt. Dieser wird gekennzeichnet durch die Idee der Verwandtschaft der slawischen Sprachen und Kulturen, ferner von der besonderen Stellung des Russischen in der Slavia und der Betonung von dessen Verwandtschaftsgrad mit dem Slowenischen, was an zahlreichen Beispielen aus der Geschichte Russlands der Leserschaft nahegebracht wird – „Kateri bi rad krajnskih imenov pomenik zvedel, more na moškovitarskega jezika znanje se podat. [Welcher die Bedeutung von krainischen Wörtern erfahren möchte, muss sich auf das Gebiet des Wissens der Moskoviter Sprache begeben.]" (LN, Nr. 92, 18. 11. 1797) – und Vodnik als Vorläufer eines Panslawismus ‚avant la lettre' unter den Slowenen ausweist:

Slovenci pak so se tako imenovali, ker so se med seboj zastopili, inu si lahko eden drugimu slovo ali besedo dajali; [...] jezik nas razodeva, kaj za ena mati nas je rodila, koliko hčir je imela inu kako so sestre dalej zarodile.

[Slowenen haben sich nämlich so genannt, da sie sich untereinander verständigen konnten, und sich Buchstabe oder Wort geben konnten; [...] die Sprache offenbart uns, von welcher Mutter wir geboren wurden, wieviele Töchter diese hatte und wie die Schwestern weitere Nachkommen zur Welt brachten.] (LN, Nr. 84, 18. 10. 1797)

Vodniks sprach- und kulturgeschichtlicher Diskurs kennzeichnet die Tendenz zur Sachlichkeit, wo es ihm indessen darum geht, seinen Appel zur autonomen Sprachentwicklung zu legitimieren, schreckt er allerdings überraschenderweise nicht davor zurück, kollektive ethnische Stereotype zu gebrauchen: Seinen Landsleuten slowenischer Zunge lässt er positive Zuweisungen, darunter Heimatliebe, Gastfreundlichkeit, (eheliche) Treue, Selbstbeherrschung zuteil werden, welche die Homogenität der Kollektividentität unterstreichen sollen, um sich auf diese Weise von der mit negativ konnotierten Attributen (etwa dem Militarismus) versehenen kollektiven Identität der Deutschen positiv abzugrenzen (und auf diese Weise die beabsichtige Othering-Strategie zu verwirklichen). Der Verfasser unterstreicht die Bedeutung von Sprache und Sprachverwandtschaft für die Ausbildung der Kulturidentität, deren konkrete Entwicklung mit der Bekämpfung des Analphabetismus verknüpft wird. Die größten Verdienste für die Förderung der Schriftkundigkeit unter den Slowenen werden dem Grammatiker Pohlin zugeschrieben, obwohl ihm im selben Atemzug auch Übertreibung mit Sprachneuerungen, zudem die Bevorzugung einer als unrepräsentativ wahrgenommenen Lokalsprache – das in den Vororten von Ljubljana gesprochene Slowenisch – und eine nach wie vor zu große Abhängigkeit von dem Deutschen – „on je preveč nemšoval [er hat zu viel eingedeutscht]" (LN, Nr. 27, 4. 4. 1798) – zur Last gelegt werden und schließlich auf die Herausgabe einer dem Zeitgeist entsprechenden Grammatik und eines Wörterbuchs gedrängt wird:

Iz tiga sklenem, de bi dobro bilo, skoro eno grammatiko inu Besediše viditi, v katerih bi se kranjski jezik v svoji čistosti najdel, stari mejnik le iz potrebe prestavil, govor po tih naukih perrezal, kakor so ga drugih jezikov učeni lepotili, inu se nič nezapletalo, temuč izrekovanje za ušesa, pismo, inu za pesem perlično naredilo.

[Daraus schließe ich, dass es gut wäre, bald eine Grammatik und ein Wörterbuch zu sehen, in denen sich die Krainische Sprache in ihrer Reinheit fände, den alten Meilenstein aus Bedürfnis verläge, die Rede nach Lehren zuschnitte, nach denen von Gelehrten in anderen Sprachen verschönert wurde, wo sicht nichts verwickelt hatte, sondern die Sprache für Ohren, das Schreiben und das Singen geeignet machte.] (LN, Nr. 27, 4. 4. 1798)

Wie gezeigt wurde, zielte der Aufsatz auf eine Erneuerung der Kultur durch die Höherentwicklung der Sprache. Zentral war dabei der Begriff der Bildung, in dem auch das Streben nach der Autonomie slowenischer Kultur, im Vollzug des Aufklärungsdenkens mit dem Primat der Emanzipation, zum Ausdruck kam.

Wie oben anhand der Darstellung der Krainer Medizin und der Aufführung von Linharts Komödien angedeutet, wird in den Mittelpunkt des eudämonistischen Diskurses neben der Verwirklichung des von Vaterlands- und Heimatliebe beseelten Bildungspostulates das Streben nach Vermehrung der Menschenfreundlichkeit bzw. Humanität gestellt. Die Menschenfreundlichkeit ist dargestellt als Folge der Sensibilisierung für soziale Ungerechtigkeit und Nöte, in die die Forderung nach ihrer Beseitigung durch rationales Handeln eingeschrieben wird. In puncto der Repräsentation der menschenfreundlichen Praxis zeigt sich ein zentraler Unterschied zwischen beiden Presseorganen, der darin besteht, dass in dem deutschsprachigen die Menschenfreundlichkeit eng verkoppelt wird mit der Gerechtigkeit im Glaubensbereich bzw. mit der religiösen Toleranz, wobei besondere Aufmerksamkeit dem gerechten Umgang mit dem Judentum geschenkt wird. Die Menschenfreundlichkeit wird als eine geschlechtstypische, auf Frauen bezogene Handlungspraxis dargestellt und vor dem Hintergrund der Toleranzforderung zur Aufhebung sozialer Diskriminierung der „brüderlich gesinnten Juden" (LZ, Nr. 8, 24. 2. 1785), ihrer rechtlichen Gleichstellung im Schulwesen – durch die Ermöglichung des Erwerbs akademischer Grade (LZ, Nr. 4, 14. 1. 1791) –, bei der Versteuerung (LZ, Nr. 34, 20. 7. 1784), im Erbrecht (LZ, Nr. 23, 7. 6. 1787) und im Bereich der Praktizierung des Glaubens aufgerufen. Dabei wird auf Verfügungen des Staates eingegangen, durch die die religiöse Gleichstellung der Juden möglich gemacht wird, wie dies der Fall einer mit öffentlichen Geldern erbauten Synagoge in Debrecen zeigt, die „als ein rühmliches Beyspiel von dem Fortgange, welchen Aufklärung und Duldung machen" (LZ, Nr. 88, 4. 11. 1791), vorgeführt wird. Dem Judentum gelten Aufmerksamkeit und Anerkennung durch den Staat, nicht allein durch Verfügungen, sondern auch in der Person seiner Repräsentanten. Dabei treten durch ihr Engagement weibliche Mitglieder des Herrscherhauses besonders hervor – Maria Theresias Tochter verfügte sich während ihres Aufenthaltes in Gorica (dt. Görz, it. Gorizia) im September 1790 „[...] in Begleitung ihres Hofstaats, und der Grafen v. Lanthiery, und Portia, zu Fuß auf den grossen Platz Traunick, in die privilegierte Seidenzeugfabrik des Juden Moyses Morburgo, in die Judenstadt, in die Synagoge [...]" (LZ, Nr. 53, 1. 10. 1790) – die obwohl per se in ein ultimatives Verhältnis zu anderen sozialen Gruppen gestellt, in ‚braven Bürgern und Bürgerinnen' Konkurrenz bekommen und von diesen schließlich auch überboten werden.

Die Berichterstattung aus dem lokalen Umfeld gewinnt an Bedeutung, wobei das Ziel verfolgt wird, der humanitären Tätigkeit durch das identifikationsfördernde Lesen zusätzliche Impulse zu verleihen. Es werden Strukturen, unter ihnen Institutionen wie ‚Armeninstitute' und karitative Gesellschaften – wie oben gesehen besonders im Kunst- bzw. Theaterbereich – sowie Netzwerke und konkrete Aktivitäten und deren Träger (stellenweise namentlich) beschrieben. Das kulturräumliche Spezifikum in der Repräsentation der menschenfreundlichen Tätigkeit zeigt sich in der Tendenz, vor den Augen der Leserschaft karitative Netzwerke zu führen, die durch ihre Struktur in sich das Potential zur Transgression von ideologischen und sozialen Grenzen tragen. Durch das Aufzeigen von Möglichkeiten für die Beteiligung breiterer Gesellschaftsgruppen an der praktischen Aufklärung erhoffte man sich, historisch bedingte gesellschaftliche Spannungen – zwischen Geistlichkeit und Weltlichkeit – die sich in einem provinziellen Rahmen als besonders hartnäckig erwiesen, ‚zum guten Zweck' abzumildern. Dies trug manchmal in ländlichen Gebieten Früchte, während in den Städten Träger von geistlichen und weltlichen humanitären Netzwerken nach wie vor getrennte Wege gingen. Davon zeugt das Beispiel des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder in der Krainer Metropole, wo der Klerus sich nicht einfügen wollte und die erweiterten Kapazitäten für sich beanspruchte (LZ, Nr. 2, 8. 1. 1789). Ähnliches läßt sich auch unter den weltlichen humanitären Netzwerken finden, wo der Adel „für die Armenkasse" Theateraufführungen „zum Besten der Armen" (LZ, Nr. 33, 23. 7. 1790) in seinen Rängen zu veranstalten pflegte. Trotz eines fehlenden Korrespondentennetzes gelangten bei der Darstellung der humanitären Tätigkeit Informationen aus der ‚Provinz' an die Leser, vornehmlich aus Idria, das wie oben gezeigt im Zusammenhang mit dem Medicus Hacquet, dem weltberühmten Quecksilberwerk (LZ, Nr. 14, 6. 4. 1786), und mit der sozialen Not der dortigen Bevölkerung erwähnt wird. Besondere Verdienste für die Linderung der Not wurden den wohlhabenden Bürgern zugeschrieben, die 1786 die Idee der Gründung eines Armeninstitutes erfolgreich in die Praxis umsetzten (LZ, Nr. 51, 21. 12. 1786) und Notleidenden auch einzeln Beistand leisteten, wie hier, wo ein begüterter Bürger, beseelt vom Eifer praktischer Humanität, seine von Armut geplagten Mitbürger in persona bediente, was Vodnik zur folgenden pointiert sittlich-belehrenden Aufforderung veranlasst: „En premožen mestnan v'Idrii pokaže, kaj lubezen proti vbogim svetuje. [...] Poslushaviz pojdi, inu sturi tako! [Ein begüterter Bürger zeigte, was die Liebe für Arme empfiehlt [...] Zuhörer gehe, und tue so!]" (LN, Nr. 8, 23. 2. 1799).

In der Welt der Kunst, namentlich der Laibacher deutschen Bühne, taten sich in der Gesellschaft der Theater- und Menschenfreunde versammelte Bürger aus der Theaterzunft und dem Armeninstituts beispielhaft hervor, wie an dem folgenden Bericht über den Theaterbetrieb zu sehen ist:

Die verehrungswürdigste Gesellschaft unserer Theater- und Menschenfreunde ist am 17. dieses Monats zum drittenmale für das Beste des hiesigen Armeninstituts in dem landschaftlichen Schauspiel-Hause aufgetreten, und hat das Lustspiel in 5 Aufzügen, genannt: Die geistliche Braut, mit allgemeinem Beyfalle gegeben. Die Vorstellung dieses Stückes ist durchgehend so gut ausgefallen, das sie nicht minder unsern Schauspielern, und Schauspielerinen zum unvergeßlichen Ruhme ihrer Kunst, als durch die edle Absicht dieser Unternehmung selbst zur Ehre der Menscheit, und Religion gereicht. Das bey dieser Gelegenheit für das Armeninstitut eingelaufene Geld betrug 170fl 13 kr., die sogleich an die Armenkassa abgegeben worden sind. (LZ, Nr. 21, 25. 5. 1790)

An dieser Stelle tritt deutlich ein weiterer wichtiger Aspekt der Verkoppelung der Aufklärung mit anderen ideellen Konzepten in Erscheinung – ihre Anbindung an den religiösen bzw. katholischen Diskurs, die als ein Spezifikum der sozio-kulturellen Praxen aus peripheren bzw. ‚provinziellen' Gebieten in der Habsburgermonarchie zu betrachten ist. Um die Situation noch etwas zu veranschaulichen, sei erwähnt, dass hier die Rede von Kommunikationsräumen ist, in denen im Bereich der Literatur jedwede Rezeption unter der Ägide der Wiener Kulturkritik stand, was soviel bedeutet, dass sittliche Kriterien an die Bewertung angelegt wurden und der Leser etwa im Zusammenhang mit der damals modernen Literatur des Sturm-und-Drang vor deren ‚schädlichen Folgen' gewarnt wurde – ganz im Sinne der oben konstatierten Beschränkung eines radikalisierten Freiheitsanspruchs durch ein von religiös-moralischen Sittlichkeitsvorstellungen geprägtes Bildungspostulat. Als negatives Beispiel für Gefahren von Selbstermächtigung in Dichtung und Leben galten die frühen Werke Schillers und Goethes, die unsittliches Verhalten vermittelten, einen schlechten Einfluss auf die Jugend ausübten – wie dies an einem Beispiel aus Sachsen zu ersehen ist: „Durch Schillers Trauerspiel, die Räuber, wurden hier 10 Knaben von 12 bis 16 Jahren nach ihrer eigenen Aussage verleitet, eine Räuberbande zu errichten" (LZ, Nr. 49, 7. 12. 1786) – und einen schädlichen Bruch mit der hergebrachten Kultur und Bildung im Namen eines schrankenlosen Egozentrismus herbeiführten: „[...] Gestern ward hier wieder ein Mord begangen, welcher zum Beweise dienen kann, wie herrliche Folgen die modischen empfindelnden Romane, Werthergeschichten und Schauspiele von gleichem Schlage nach sich ziehen." (LZ, Nr. 31, 3. 8. 1786)

Menschenfreundlichkeit als zentrale sittliche Tugend erlangt im slowenischen Blatt einen wichtigen Stellenwert, außer in journalistischen Beiträgen, auch in den einleitend erwähnten Narrativen namens ‚pergodbe', die wegen ihrer literarischen Prägung unsere Aufmerksamkeit verdienen. Mit Titeln versehene fiktive Kurzerzählungen meist in Form von Parabeln, teilweise auch Anekdoten, aus dem Lebensalltag, gesehen mit den Augen des Bürgers, verfolgen mit Ernst und Humor den Zweck der Bildung (und Erziehung) der Leserschaft, welches sie auch deutlich affichieren ([4] 2010: 73). Charakteristisch für die Kurzerzählungen ist deren metasprachliche Dimension, die auch hier in Kommentaren des Erzählers in Erscheinung tritt. Im Vergleich zu journalistischen Beiträgen bestechen ‚pergodbe' durch literarische Stilmittel, die sich in gängigen Epitheta und Metaphern niederschlagen, wie „lepa reč... vzoren bogataš... premožen meščan [schöne Sache... mustergültiger Reicher... wohlhabender Bürger]" (LN, Nr. 66, 6. 11. 1798 u. LN, Nr. 8, 23. 2. 1799) usw. und identifikationsfördernden Anspruch erfüllen. Der Verfasser lässt nachahmenswertes Verhalten Revue passieren, wobei der Menschenfreundlichkeit auch hier an der ersten Stelle steht, stellenweise ergänzt von der Gerechtigkeit, wie dies der Fall ist in der Erzählung über den Sohn, der seinem wegen hoher Steuern in Not geratenen Vater zur Hilfe eilt (LN, Nr. 8, 28. 1. 1797). Auf dem anderen thematischen Pol erscheint in einem ironisch-kritischen Licht irrationales und unsittliches Handeln, wovon einige Praxen in die Fremde projiziert werden, die Habsucht etwa nach England (LN, Nr. 79, 4. 10. 1797), während andere, unter ihnen Ausschweifung (in Alkohol- und Tabakkonsum, in der Sexualität) – „inu druge strupove, katire zavolo slasti radi imamo [und andere Gifte, die wir aus Lust gerne haben]" (LN, Nr. 11, 16. 3. 1799) – auf die eigene ethnische Gemeinschaft bezogen bleiben. Vodnik positioniert sich in der Beziehung zu seinem Leser betont identifikationsfördernd – dazu lässt er Zeit- und Ort der Geschichten erkennen (nicht aber die darin handelnden Figuren) und weist ihm den Weg zur Verwirklichung von vernunftmäßigen Verhaltens- und Handlungsweisen – wie dies deutlich am Beispiel der Verwirklichung tätiger Menschenfreundlichkeit in Idria zu sehen war. Obwohl er jede Gelegenheit nutzt, rationale Lebenspraxen zu propagieren, verleiht er seiner Darstellung auch hier stellenweise einen kulturreflexiven Akzent, mit dem Ziel, die Leserschaft durch die Darstellung einer innerhalb oder außerhalb der eigenen Kultur verorteten Differenz für Aufgeschlossenheit gegenüber Andersartigem zu sensibilisieren – handle sich um einen merkwürdig erscheinenden Aristokraten aus Canterbury, der sich den Bart bis zur Hose wachsen lässt (LN, Nr. 87, 1. 11. 1797) oder um eine Krainerin aus Ljubljana, die die Hosen anhat und statt ihres praktisch denkenden Mannes, da diesem an Mut und Intelligenz überlegen, in einem Gerichtsprozesse, vor der Herrschaft in „Lublansk(a) Kraszi(a)/Ljubljanaer Kreisamt" (LN, Nr. 66, 6. 11. 1798) erscheint. Die ‚pergodba' gibt Auskunft darüber, dass sich das slowenische Blatt gegenüber in Veränderung begriffenen Geschlechterbeziehungen aufgeschlossen zeigt, im Unterschied zur deutschen Zeitung, die Emanzipationsbestrebungen der Frau gegenüber, konkret auf den Gebieten der Wissenschaft und Dichtkunst, eine dünkelhafte Haltung und Vorbehalte zeigt. So heißt es bereits 1789 in den Spalten des Laibacher Blattes: „Auch die Tochter des französischen Finanzministers Necker, Madame de Stal (Staël), soll ein Trauerspiel: Johann Grav (Jane Gray), gemacht haben, voll schöner, empfindsamer herzzerschmelzender Stellen. Wie? Ganz Europa wimmelt von gelehrten Weibern!" (LZ, Nr. 17, 23. 4. 1789) Dem Anspruch der Bürgersfrau auf freie Berufsausübung werden sexistische, neben Gesprächigkeit und Hang zur Untreue der Frau auch eingeschränktes intellektuelles Vermögen zuweisende Geschlechterstereotype entgegengesetzt: „[...] Ihr Kopf, mein Herr, ist zwar frisirt, Doch ihr Gehirn ist Stroh." (LZ, Nr. 8, 25. 1. 1800) Somit erfahren die Repräsentation von dem auf dem Bildungspostulat basierenden Gerechtigkeitspostulat und mit ihm die aufgeklärte Konstruktion der Frau irreparable Risse.

Der Einbruch in dem progressiven Frauendiskurs gibt unmissverständliche Auskunft über historische Veränderungen in zwischengeschlechtlichen Konstellationen, die als Gefährdung für männliche Hegemonie wahrgenommen wurden, andererseits lässt er auf eine gesteigerte Aufgeschlossenheit der Leserschaft gegenüber Ansprüchen der (sozial)geschlechtlichen Differenz im Sinne der Beteiligung der bürgerlichen Frau an modernen gesellschaftlichen Diskursen und Praxen schließen, was sich in der folgenden Satire gegen deren Widersacher niederschlägt. Bitterbös richtet sie sich gegen die aufgeklärte Philosophenzunft und ihre Janusköpfigkeit im Umgang mit der Frau –

Ein Philosoph in einem langen Bart,

Beweis in Daphnis Gegenwart: Daß Weiber keine Menschen sind,

Die Red' verdroß das arme Kind;

Ich glaube selbst, erwiederte sie dem Thoren,

Daß euch mein Herr ein Kind gebohren. (LZ, Nr. 23, 4. 5. 1784)

und prangert somit insgeheim auch die eigene zwiespältige Haltung – Verklärung der Frau als Förderin der gesellschaftlichen Entwicklung und Schürung von unverhohlener Frauenfeindlichkeit – an. Mit der Aufgeschlossenheit gegenüber Verschiebungen in Geschlechterverhältnissen werden in den Novice der Reflexion über eine damals aktuelle Form des sozio-kulturellen Andersseins wichtige Impulse verliehen, denen leise Ironie – der mutigen Ljubljanaerin wird Erfolg vor dem Gericht dank ihrer Zungenfertigkeit vorausgesagt – keinen Wind aus den Segeln nimmt, sondern zusätzliche Legitimität verleiht.

5 Schlussfolgerung

Trotz unterschiedlicher kultureller Voraussetzungen finden sich in den beiden Blättern, den Lublanske novice und der Laibacher Zeitung, verwandte ideelle und sozio-kulturelle Paradigmen, die in dem Krainer plurikulturellen Kommunikationsraum unter der Ägide der gemäßigten deutsch- und slowenischsprachigen Aufklärung stehen und einem mehrdimensionalen regional-heimatlichen, ethnischen und habsburgischen Patriotismus verpflichtet bleiben. Obwohl beide Zeitungen strukturelle und funktionale Spezifika und Unterschiede im Hinblick auf den Entwicklungsstand der beiden eng miteinander verknüpften Kommunikationsräume und deren Position im internationalen Kontext, wie auch in ihrer jeweiligen Beziehung zum Zentrum der Kultur aufweisen, stehen Bildung und Menschenfreundlichkeit in beiden Zeitungen im Mittelpunkt des eudämonistischen Aufklärungsdiskurses. Während im slowenischen Blatt die an den engen lokalen Raum gebundenen Aufklärungspraxen einen vordergründigen Stellenwert einnehmen, integriert das deutsche Blatt, neben der auf die Krain bezogenen Sichtweise, in den Aufklärungsdiskurs kosmopolitische Perspektiven, die sich in der Betonung der Internationalität der auf den Herrscher bzw. Mitglieder des Habsburgerhauses bezogenen progressiven sozio-kulturellen Praxen in den Bereichen der Bildung und Menschenfreundlichkeit und dem hohen Stellenwert der religiösen Freiheit in der Beziehung zum Judentum niederschlägt. Die slowenischen Novice operieren mit einem weitgehend entelitisierten Verständnis von Bildung und stellen dieses in den Dienst der Erneuerung und kulturellen Bewusstwerdung ihrer slowenischen Leser, denen höchste Legitimierung mit metatextuellen Narrativen verliehen wird. Im Bereich der Menschenfreundlichkeit ist an beiden Zeitungen kulturräumlich – zugleich peripher und ‚provinziell' – eine spezifische Verknüpfung der Aufklärungsideologie mit der religiösen Moral abzulesen, die die Laibacher Zeitung, welche vor dem Erscheinen der Novice auch slowenische Leser anzusprechen suchte, anhand der Medialisierung der ersten Werke der slowenischen Komödiographie als Darstelllung der Menschenfreundlichkeit, verbunden mit Ambitionen nach kultureller Selbstbewusstwerdung als ersten Vorboten der kommenden Nationalbewegung, zu bündeln wusste. Der gravierende Unterschied in der Repräsentation der Aufklärung tritt in Erscheinung in der Darstellung der Partizipation der Frau an gesellschaftlichen Modernisierungsprozessen – einerseits wird den Frauen bei der Verwirklichung des Bildungs- und Menschenfreundlichkeitspostulates ein hoher Rang zugeschrieben, andererseits erfährt ihre Darstellung einen unerwarteten Bruch, der sich in der Laibacher Zeitung in misogyner Perspektivierung des weiblichen Geschlechts niederschlägt, die ungeachtet impliziter Selbstkritik mit ihren sexistischen Geschlechtsstereotypen dem progressiven Geschlechterdiskurs empfindlich konterkariert. Lublanske novice, verpflichtet einer kulturreflexiven, in puncto medialer Wirklichkeitsdarstellung auch -kritischer Akzentlegung, versuchten sich unter dem Einfluss der Aufklärung in Kurzerzählungen (‚pergodbe') darin, außer der Sensibilität für soziale Gerechtigkeit, auch für kulturelle Andersheit und geschlechtliche Differenz und somit für in Veränderung begriffene Geschlechterverhältnisse zu wecken. Damit lieferten sie den Beweis, dass sich Rationalismus mit persönlicher Ethik und einer möglichen moralischen Weltordnung verbinden lässt.

Literaturangaben

Lublanske novice = LN

Laibacher Zeitung = LZ

Quellen:

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Quellen ohne Angabe vom Autor und/oder Titel:

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LZ, Nr. 1, 5. 1. 1786, unpag. – Nr. 52, 28. 12. 1786, unpag.

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LZ, Nr. 1, 3. 1. 1788, unpag. – Nr. 52, 25. 12. 1788, unpag.

LZ, Nr. 1, 1. 1. 1789, unpag. – Nr. 53, 29. 12. 1789, unpag.

LZ, Nr. 1, 5. 1. 1790, unpag. – Nr. 79, 31. 12. 1790, unpag.

LZ, Nr. 1, 4. 1. 1791, unpag. – Nr. 104, 30. 12. 1791, unpag.

LZ, Nr. 1, 2. 1. 1799, unpag. – Nr. 104, 28. 12. 1799, unpag.

LZ, Nr. 1, 1.1. 1800, unpag. – Nr. 105, 30. 12. 1800, unpag.

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Digitalisate der beiden Zeitungen sind unterhttps://www.dlib.si. zu finden. Seit 2017 erscheint in Ljubljana eine zweisprachige, deutsch-slowenische Minderheitenzeitung mit demselben Namen, Laibacher Zeitung (Krevs[3] 2020: 24). Von großer Bedeutung für die Erforschung, Verbreitung und mediale Positionierung der Regionalkultur war neben dem 1831 eröffnetenKrainischen Landesmuseum auch der ihm angeschlosseneMuseal-Verein, der besondere Verdienste für den Transfer des Wissens über Krainer Natur- und Kulturschätze hatte. Der Verein gab seit 1866 die auf Deutsch verfasstenMittheilungen des Museal-Vereines für Krain heraus, die im Jahr 1891 mitIzvestja muzejskega društva za Kranjsko ein slowenisches Pendant ([17] 1939: 19–21) erhielten, das an der Codierung des fachsprachlichen Registers in den Bereichen der Geschichte und Naturkunde maßgeblich beteiligt war. Wenn nicht anders angeführt, stammen sämtliche deutsche Übersetzungen von Zitaten von der Autorin bzw. dem Autor des Beitrags. Das breit rezipierte GeschichtslehrbuchGeschichte des Herzogthums Krain, des Gebiethes von Triest und der Grafschaft Görz erschien 1809 imVerlagsgewölbe des k.k. Schulbücher-Verschleißes in Wien. Das führende Organ der deutschsprachigen Kulturpresse in der Krain, das in der Beilage zurLaibacher Zeitung von 1819 bis 1849 erscheindeIllyrisches Blatt (vgl.[3] 1999), brachte aus Anlaß von Vodniks Tod einen ausführlichen Nekrolog, der den Verstorbenen als „schätzbaren Gelehrten und Schriftsteller" (Richter 1819: 14) würdigt und dessen Gedichte hymnisch als Ausdruck der Krainer Seele vor Augen führt. Zu A. T. Linharts unliebsamen Begegnungen mit der damaligen Zensur vgl. Monika Deželak Trojer. In der neueren Forschungsliteratur zuLublanske novice finden sich stellenweise ([4] 2019: 119) auch widersprüchliche Angaben über die Frequenz des Zeitungserscheinens. Im Folgenden wird in Anführungen von Zitaten aus denLublanske novice das übliche Kürzel LN gebraucht. Die Zeitung war nicht paginiert, daher erfolgt bei den Zitaten keine Seitenzahlanführung. Übersetzungen von Zitaten ins Deutsche stammen von den Autoren des Beitrags. Im Folgenden wird in Anführungen von Zitaten aus derLaibacher Zeitung das Kürzel LZ gebraucht. WieLublanske novice war auch das deutschsprachige Blatt im ausgehenden 18. Jahrhundert nicht paginiert, daher wird bei Zitaten keine Seitenzahl angegeben. Es sei im Zusammenhang mit der Repräsentation des Bildungspostulats erwähnt, dass unter dem Einfluss der fortwirkenden Aufklärung dieser in der Krainer Regionalpresse vorrangige Bedeutung auch im 19. Jahrhundert, bis zur Revolutionszeit, eingeräumt wird, was im Rahmen der Zielsetzung erfolgt, die Leserschaft von irrationalen Lebenspraxen abzuwenden ([3] 2022: 186). Der in Graz geborene Arzt, vermutlich slowenischer Herkunft, war von 1797 bis 1805 Professor für Chirurgie und Geburtshilfe am Lyzeum in Laibach (Wurzbach 1864: 188), wo er unter anderem die Pockenimpfung einführte, danach wechselte er nach Wien, wo er an der Universität die Professur für Chirurgie erhielt. Die Veralltäglichung des Bildungsdiskurses in denNovice wurde begründet im verhältnismäßig niedrigen Bildungsgrad der Krainer, der sich im hohen Analphabetismus widerspiegelt, von dem im ausgehenden 18. Jahrhundert über 90 % der Bevölkerung betroffen war ([21] 1998: 277–279). Im Beitrag wird der Begriff ‚Slovenci' (dt. Slowenen) verwendet für die außerhalb der Krain (in der Steiermark, in Kärnten, Gradisca und Görz und Küstenland) lebenden Slowenen und zugleich auch für die Slawen, während die Bezeichung ‚Kranjci' (dt. Krainer) für die in der Krain lebenden Slowenen reserviert bleibt. Die Anwendung der Begriffe gibt Auskunft darüber, dass Vodnik über alles andere dem Aufklärungsuniversalismus verpflichtet war und an dem Gebrauch ethnischer Begriffsdifferenzierungen Unbehagen empfand. Auch in anderen auf die Kodifizierung der Sprache bezogenen Beiträgen wird die Reinheit der slowenischen Sprache als ultimatives Gebot dargestellt und somit die Aufnahme von Fremdwörtern und das damals in der Komunikation recht verbreitete Code-Switching mit einer großen Portion Ironie und Sarkasmus abgelehnt: „Ta teden sim zvedel, kako krainci nemšujejo; eden me na cesti sreča inu praša: Gospod, ste vidili tukaj gori cvelf vozen po cesti iti? – Meni se zdi, de se taki od noviga mošta nemški jezik govorit uče. [Diese Woche habe ich erfahren, wie die Krainer eindeutschen; einer fragt mich auf der Straße: Herr, haben Sie hier oben ‚cvelf' Karren auf der Straße fahren gesehen? – Es scheint mir, dass solche von dem neuen Most die deutsche Sprache sprechen lernen.]" (LN, Nr. 89, 8. 11. 1797) Zur Aufführung gelangte das LustspielDie geistliche Braut des damals beliebten, heute in Vergessenheit geratenen Maximilian Blaimhofer (1759–1834). Der in München geborene Musiker, Schauspieler, Schriftsteller und Komponist ging als Dramenautor und Komponist auf der deutschen Bühne in Sankt Petersburg in die Theatergeschichte ein. (Deutsches Literaturlexikon 1968–: S. 546) Vodniks ‚pergodbe' waren von großer Bedeutung für die Entwicklung der slowenischen Presse im ‚langen 19. Jahrhundert', besonders im Sinne ihrer literarischen Profilierung, was sich an den von Janez Bleiweis im Jahr 1843 herausgegebenKmetijske in rokoldelske novice (‚Landwirtschaftliche und gewerbliche Nachrichten') beobachten lässt (Kos 1990: 143). Seinem Vorgänger Vodnik setzte der Redakteur ein gebührendes Denkmal, indem das für das slowenische Pressewesen bis in die 1860er Jahren repräsentative Zeitungsorgan in der Revolutionszeit 1848/49 als Nachdruck dasPovedanje od slovenskiga jezika brachte. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass die Thematik gesellschaftlicher Emanzipation integraler Bestandteil des damaligen Kulturdiskurses war und sich großer Publikumsresonanz außer in der Regionalpresse auch im Medium des Theaters erfreute. So war der Repräsentation von Verschiebungen in symbolischen Geschlechtsbeziehungen in Komödien von Molière, darunter inL'école des maris (Die Männerschule) – „[...] ki duhovito zanika, da je zakon med mladim dekletom in starejšim moškim mogoč [in der auf geistreiche Art verneint wird, dass die Ehe zwischen einem jungen Mädchen und einem älteren Mann möglich ist.]" ([16] 1957: 47) – auf der Ljubljanaer deutschen Bühne bereits in den späten 1760er Jahre bemerkenswerter Erfolg beschieden.

By Anja Urekar Osvald and Matjaž Birk

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Titel:
Aufklärung im Spiegel der slowenischen und deutschen Presse in der Krain im späten 18. Jahrhundert.
Autor/in / Beteiligte Person: Urekar Osvald, Anja ; Birk, Matjaž
Link:
Zeitschrift: Zeitschrift für Slawistik, Jg. 69 (2024-06-01), Heft 2, S. 404-432
Veröffentlichung: 2024
Medientyp: academicJournal
ISSN: 0044-3506 (print)
DOI: 10.1515/slaw-2024-0019
Schlagwort:
  • 'bildung'
  • Enlightenment
  • gender stereotyps
  • Laibacher Zeitung
  • Lublanske novice
  • patriotism
  • philantropy Language of Keywords: German
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Language: German
  • Document Type: Article
  • Author Affiliations: 1 = Lehrbeauftragte, Nemška književnost/Deutsche Literaturwissenschaft, Oddelek za germanistiko, Filozofska fakulteta Univerze v Mariboru, Koroška 160, SLO-2000 Maribor, Slovenia ; 2 = Nemška književnost/Deutsche Literaturwissenschaft, Oddelek za germanistiko, Filozofska fakulteta Univerze v Mariboru, Koroška 160, SLO-2000 Maribor, Slovenia
  • Full Text Word Count: 11817

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sm 576 - 768
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