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Eisenhans!: Rollenvorbilder im Märchen.

BRINKMANN, RAINER O. ; TEIPEL, HENRIETTA
In: Musik und Bildung, 2012, Heft 1, S. 18-26
Online review

Eisenhans! - Rollenvorbilder im Märchen  Szenische Interpretation von Ali N. Askins Oper für Kinder und Jugendliche

Jungen brauchen männliche Vorbilder und Identifikationsfiguren auch außerhalb der Familie. In der Grundschule ist der Anteil an Lehrern auf 12 Prozent zurückgegangen, im Sekundarbereich sind es immerhin noch 40 Prozent. Die Folgen müssen sicherlich differenziert betrachtet werden, es lässt sich jedoch festhalten, dass Jungen in der Mehrzahl mit Pädagoginnen konfrontiert sind und der Mangel an positiven Männerbildern - gerade in der Pubertät - Auswirkungen auf die Persönlichkeitsentwicklung hat.

In der Familie sieht es nicht anders aus: Das Statistische Bundesamt veröffentlichte 2010, dass 67 Prozent aller Männer in Deutschland im Haushalt keine Kinder betreuen. Das Verhältnis der alleinerziehenden Mütter zu den Vätern liegt bei 9:1. Für Jungen ist das ein besonderer Verlust, da sie männliche Eigenschaften nicht mehr durch persönliche Tradierung kennenlernen, sondern auf medial vermittelte Bilder angewiesen sind. Die häufig stereotypen Erscheinungsformen in Computerspielen oder Filmen taugen oft nicht zur Identifikation, da sie ihr Dasein weit entfernt von Alltagsrealitäten fristen, als Männer mit übermenschlichen Fähigkeiten, mit unverletzlichen Körpern oder als Monster mit mörderischem Gebaren.

Ohne diese Diskussionen in vollem Umfang wiederzugeben und zu kommentieren, versucht der folgende Artikel, Anregungen zu geben, wie anhand der Kinderoper Eisenhans! (s. Märchen auf der Heft-DVD) von Ali N. Askin ein „wilder Mann" zum Leitbild werden kann, das für Jungen sowohl Orientierung in der Adoleszenz als auch Lebenshilfe in der Fremde bieten kann. Wildheit ist eine Männern zugeschriebene Eigenschaft, die Mut und Unerschrockenheit, Stärke und Zügellosigkeit, Abenteuerlust und Chaos, Zivilisationsferne und Naturnähe umfasst. Der Prinz im Märchen begegnet all diesen Facetten in der Gestalt des Eisenhans, der zu seinem Mentor wird, ihm Prüfungen auferlegt und ihm schließlich als Retter in der Not die entscheidende Stufe des Erwachsenwerdens ermöglicht. Die Geschichte bietet viele Auseinandersetzungsmöglichkeiten mit dem Thema „Wildheit", da sie kräftige Symbole, Situationen und Figuren enthält, die den Weg des Prinzen in der Begegnung mit dem personifizierten Wilden beschreiben.1

Die Kinderoper von Askin folgt der Perspektive des Königssohns, changiert zwischen Oper und Musical und widmet der Wildheit einige musikalische Momente. Sie wurde im Mai 2011 an der Jungen Staatsoper in Berlin als deutsche Erstaufführung auf die Bühne gebracht.2 In diesem Rahmen entstand ein Spielkonzept, das wir hier in erweiterter Form präsentieren. Obwohl sich das Konzept auf die Identitätsfindung von Jungen im Alter von zehn bis 15 Jahren fokussiert, werden die Mädchen in diesen Reflexionen zur Spiegelung der Außenperspektive unter gender-relevanten Aspekten mit einbezogen.

Ausgehend von der gemeinsamen Suche nach den Vorbildern für Männlichkeit und Wildheit, fühlen sich die SchülerInnen in Rollen ein und entwickeln Kernszenen der Geschichte. Alle fünf Unterrichtseinheiten behandeln einen besonderen Aspekt, der nach dem szenischen Spiel durch reflektorische Methoden eingegrenzt wird. Die Musik der Oper dient dabei als Vermittler zwischen der Märchenhandlung und den persönlichen Erfahrungen der Schülerinnen.3 Die fünf Phasen der szenischen Interpretation von Musik-theater werden schematisch durchlaufen: Vorbereitung, Einfühlung, szenisch-musikalische Arbeit, Ausfühlung und Reflexion.

1. UNTERRICHTSEINHEIT: ZEIG MIR DEIN VORBIID!

SchülerInnen haben Vorbilder, an denen sie sich in ihrer Entwicklung orientieren. Dies können Menschen aus Familie, Umfeld oder Medien sein, die durch ihr Auftreten, Aussehen, Haltungen oder Handlungen nachahmenswert erscheinen. Der Fokus soll in dieser vorbereitenden Phase auf musikalischen Vorbildern liegen, die zur ersten Unterrichtseinheit als Bild- und Tonmaterial (Zeitungsausschnitte, CD, mp3) von den SchülerInnen mitgebracht werden. Sammlung und Analyse des Materials sollen die Ausgangssituation markieren, aus der heraus SchülerInnen mehr oder weniger bewusst ihre eigenen Vorbilder erleben.

Jeder Schüler stellt sein Vorbild zuerst akustisch als Hörbeispiel und dann optisch als Foto vor und erklärt, was er an seinem Idol so faszinierend findet. In der Reflexion sollte geklärt werden, wie Aussehen und Auftreten des Vorbilds mit dem Akustischen verbunden sind, und ob es hier Unterschiede in der Präsentation und Wahrnehmung der Geschlechter gibt. Ein Schüler sammelt an der Tafel Schlagworte, mit denen die MitschülerInnen ihre jeweiligen Idole beschreiben. Diese „Stareigenschaften" werden aufgeschrieben und mit den Fotografien als Galerie im Klassenraum aufgehängt. Für die Dauer der Beschäftigung mit der Oper Eisenhans! hat auf diese Weise jeder Schüler vor Augen, was für ihn ein Vorbild ausmacht und damit die Grundlage für weiterführende und vergleichende Überlegungen und Diskussionen über die Vorbildfunktion des Eisenhans.

Im nächsten Schritt werden einige der Fotografien in Körperhaltungen umgesetzt: Ein Schüler versucht, das gewählte Idol durch eine genaue Haltungskopie zu imitieren. Dazu begibt er sich in eine Bühnensituation, die im Klassenraum vorher definiert wurde, und stellt mit dem eigenen Körper die Fotohaltung exakt nach. Die Beobachter beschreiben Gemeinsamkeiten und Differenzen und beurteilen, wie die imitierte Haltung im Vergleich zum Original wirkt. Dabei sollte reflektiert werden, dass Haltungen personengebunden sind und sich zur Nachahmung nur begrenzt eignen.

2. UNTERRICHTSEINHEIT: DER WILDE MANN AUS DEM TIEFEN PFUHL

Nach den ganz persönlichen Vorbildern rücken jetzt die Eigenschaften des Eisenhans in den Blickpunkt: Wildheit und Gefahr, Schmutz und Ungezähmtheit. Jungen in der Adoleszenz lieben diese Eigenschaften, werden dafür aber oft getadelt oder bestraft. Ihre Bedeutung im männlichen Reifeprozess kollidiert mit den Erwartungen an ein modernes Männerbild. Die Ambivalenz zwischen urwüchsiger Männlichkeit und dem weichen, fürsorglichen Familienvater - ein Bild, das insbesondere in der Werbung propagiert wird - trägt zur Verunsicherung eines heranwachsenden Jungen bei.

Bereits im Kindergartenalter erleben Jungen, dass ihr natürlicher Trieb zum Toben und Raufen als Ungehorsam (von den meist weiblichen ErzieherInnen) unterbunden oder gar bestraft wird. Obwohl auch Mädchen während der Pubertät eine Zeit der Selbstfindung und Verortung in der Gesellschaft durchleben, erscheint das heutige Frauenbild nicht so widersprüchlich wie das der Männer. Als alternative Identifikationsfigur zu Werbemännern und Actionhelden taugt der Eisenhans aus dem Wasserloch, der wild, schmutzig und ungebändigt erscheint, zugleich aber freundlich, hilfsbereit und beschützend auftritt. Alle lesen zu Beginn die Erzählung der Amme (Arbeitsblatt „Der dunkle Wald" auf der Heft-DVD) und überlegen, was den Jägern im Wald zugestoßen sein könnte. Im Anschluss werden die SchülerInnen gebeten, Standbilder zu dieser Frage zu bauen. Ein Schüler, der eine entsprechende Idee umsetzen möchte, sucht sich die benötigte Anzahl Freiwilliger und kreiert als „Bildhauer" ein Standbild nach seinen Vorstellungen. Die Technik des Standbildbauens sollte den SchülerInnen genau erklärt werden, bevor die Übung begonnen wird: Es gibt einen aktiven „Bildhauer", der seine Version einer Szene oder Haltung zeigen möchte. Er arbeitet mit mindestens einer weiteren Person, die sich körperlich möglichst entspannt, um gut assistieren zu können. Der Bildhauer nimmt einzelne Körperteile und bringt sie in die Position, die er sich vorgestellt hat. Zuerst die grobmotorischen Haltungen, also die Gliedmaßen Arme, Beine, Oberkörper, dann die feineren, wie z. B. Fingerposition oder Gesichtsausdruck (dieser kann auch vorgemacht werden). Der Vorgang des Modellierens sollte möglichst körperlich und ohne Sprechen stattfinden. Der Spielleiter muss vor allem darauf achten, dass nicht alles verbal abläuft oder die Haltungen bloß vorgemacht werden.

Die beobachtenden SchülerInnen müssen versuchen, die Situation zu erkennen und diese zu beschreiben. Wer ein anderes Bild im Kopf hat, kann es danach ebenfalls umsetzen. Zunächst geht es um die Gefahren des Waldes: Welche Fantasien darüber existieren und wie werden sie von den SchülerInnen eingeschätzt? Mögliche Gefahrenquellen (die Jäger wurden von einem wilden Tier gefressen, sie sind in eine Wildererfalle gestürzt, ein Blitz oder Baum hat sie erschlagen usf.) werden auf menschliche, tierische, natürliche und übernatürliche Ursachen zurückgeführt. Das Rätsel der Geschichte wird aufgelöst, indem der Beginn der Originalfassung der Brüder Grimm gelesen wird („Brüder Grimm: Der Eisenhans" auf der Heft-DVD).

An dieser Stelle tritt der Eisenhans das erste Mal in Erscheinung. Um ihn musikalisch kennenzulernen, wird zunächst der Anfang des Lieds „Rauta rauta wara!" - möglichst auswendig - einstudiert (Arbeitsblatt „Rauta rauta wara!"). Die SchülerInnen stehen sich dann in zwei Reihen gegenüber und singen im Wechsel jeweils zwei Takte der Melodie. Der Spielleiter gibt dafür unterschiedliche Singhaltungen vor, die den Charakter des Eisenhans ausmachen können: wild, gefährlich, dreckig, sanft, böse, beschützend usf. Die SchülerInnen sollen diese körperlich und im Gesangsgestus umsetzen. Die jeweils Singenden bewegen sich als Reihe in diesen Singhaltungen auf die gegenüberstehende Reihe zu, die abwartende Reihe registriert die Wirkung der Agierenden. In der anschließenden Reflexion werden die körperlichen und stimmlichen Aspekte der Wildheit thematisiert, die in den Singhaltungen zum Ausdruck gekommen sind. Dabei kann auch das Gefühl der Fremdheit und Unverstandenheit besprochen werden, das mit der fremden Fantasiesprache einhergeht. Die SchülerInnen sollen zudem ihre Beobachtungen zu Haltungen, Gesangsgestus und Reaktionen der jeweils anderen Gruppe auswerten. Abschließend hören alle das gesamte Lied des Eisenhans (HB 6).

3. UNTERRICHTSEINHEIT: EINFÜHLUNG IN DIE FIGUREN DER OPER

Für die Spielszenen der 4. und 5. Unterrichtseinheit werden vier Figuren der Oper besetzt: Eisenhans, Königssohn, Köchin und Prinzessin. Jede Figur wird von mehreren SchülerInnen gespielt. Der Prozess der Einfühlung erfolgt in mehreren Schritten, die hier nur kurz angedeutet werden können:

* Lesen der Rollenkarte (Arbeitsblatt „Rollenkarten"),

* Behauptung, die Rolle zu sein: Lesen in der Ich-Form,

* Verkleidung,

* Aneignung einer Gehhaltung,

* Aneignung einer Sprechhaltung (mit den kursiv gedruckten Sätzen auf der Rollenkarte),

* Aneignung einer Singhaltung (mit denselben Sätzen),

* Präsentation der erarbeiteten Rollenfiguren.

Nach der Präsentation jeder einzelnen Figur bleiben die SchülerInnen auf der Spielfläche und zeigen weiterhin ihre Gehhaltung. Dazu wird die Musik eingespielt, die eine klangliche Darstellung der Figur ergänzt (HB 6-9: Eisenhans, Königssohn, Köchin und Prinzessin). Die Beobachter vergleichen den klanglichen und den optischen Eindruck miteinander und beschreiben, welche Gemeinsamkeiten und Differenzen esgibt.4

4. UNTERRICHTSEINHEIT: VOM JUNGEN ZUM JUNGEN MANN

Die SchülerInnen ordnen sich ihren Rollen entsprechend den sechs Spielszenen zu. Sie bereiten sich vor, indem sie die Szenenkarten (Arbeitsblatt „Szenenkarten") lesen, die Spielfläche abgrenzen und die Requisiten bereitlegen. Wände, Möbel und andere Gegenstände werden durch die vorhandenen Tische und Stühle angedeutet. Dann wird die Szene improvisiert, besprochen und zur Präsentation vorbereitet. Bevor es losgeht, erläutert jede Gruppe den Raum, in dem die Szene spielt.

In den Szenen eins bis drei liegt der Fokus auf der Kindheit und beginnenden Adoleszenz des Königssohns und seinem Verhältnis zu Eisenhans. Nach der Präsentation jeder Szene wird zur Vertiefung szenisch-musikalisch gearbeitet, um einen Aspekt des Themas hervorzuheben und zu reflektieren.

Spielszene 1 - Aufbruch aus der Kindheit

Der Königssohn befreit Eisenhans aus seinem Käfig und flieht mit ihm aus Angst vor der Bestrafung durch die Eltern. Sein Zögern vor der Entscheidung, Eisenhans zu befreien und aus seiner behüteten Kinderwelt zu fliehen, spiegelt die Ängste und Hindernisse wider, mit denen sich Jugendliche konfrontiert sehen, wenn sie den Schritt vom Kind zum jungen Erwachsenen gehen. Obwohl der Königssohn scheinbar fröhlich und unbedarft mit seinem goldenen Ball spielt, hört man in der Musik bereits, dass die unbeschwerte Kindheit sich dem Ende nähert.

Die Szene beginnt mit dem Lied des Königssohns, in dem er zu einer melancholischen Melodie (HB 7) die bisherigen Fixpunkte seines Lebens (Schaf, Ball, Vater, Mutter, Schloss) infrage stellt. Die SchülerInnen sollen sich mit dem Charakter der Musik auseinandersetzen, indem sie probieren, dazu einen passenden körperlichen Ausdruck im Gehen zu finden. Am Ende frieren die SpielerInnen in ihrer Körperhaltung ein und äußern reihum eine Assoziation, die sie mit der Musik verknüpfen. In der Reflexion können die unsichere Grundstimmung und das Stolpern im zweiten Teil (Wechsel von 3/4- und 2/4-Takt) thematisiert werden.

Spielszene 2 - Grenzüberschreitung

Dies ist eine Schlüsselszene der Oper: Der Königssohn hat es nicht geschafft, auf den goldenen Brunnen von Eisenhans zu achten und wird nun fortgeschickt mit goldenen Haaren, die zugleich Makel, Auszeichnung und Erkennungszeichen sind. Jedoch bietet Eisenhans ihm seine uneingeschränkte und bedingungslose Hilfe an, sollte der Königssohn einmal in Not geraten. Er nimmt für ihn die Vaterrolle ein, indem er einerseits fordert und andererseits seine Unterstützung anbietet. Das erste Scheitern des KÖnigssohns im neuen Umfeld hat Konsequenzen, doch muss er diese nicht alleine tragen, sondern darf sich des Rückhalts durch Eisenhans sicher sein. Er wird gewissermaßen mit sanftem Nachdruck „aus dem Nest gestoßen". Die Beziehung der beiden an diesem Punkt der Handlung wird im Duett „Weg hinauf, Weg hinunter" deutlich, in dem Eisenhans die Fürsorge für den Königssohn übernimmt. Zunächst ein wenig widerwillig, aber dann singt er ihn sogar in den Schlaf.

Nach der Szene sollen alle Spielerinnen sich paarweise zusammenfinden. Zur Musik des Duetts (HB 10) probieren sie durch die Übung „FÜhren und Folgen" aus, in welches Abhängigkeitsverhältnis der Königssohn gerät, wenn er dem Eisenhans folgt: Spieler A legt eine Hand zwischen die Schulterblätter von Spieler B (der die Augen verschlossen hat) und bestimmt mit sanftem Druck die Richtung, in die B gehen soll. B muss einen leichten Gegendruck im Oberkörper erzeugen, damit der Kontakt nicht abreißt. Nach zwei Minuten wird gewechselt, danach kann die Übung auf der Klangebene (diesmal ohne die Einspielung) wiederholt werden: Spieler A bewegt sich durch den Raum, und lässt Spieler B folgen, indem er mit der Stimme Klangsilben (Fantasiesprache) oder verabredete Worte (rechts - links - geradeaus) vorgibt, denen Spieler B mit geschlossenen Augen hinterhergeht. Die Übung wird zunächst paarweise reflektiert im Hinblick auf die Aspekte „Vertrauen" und „Abhängigkeit", danach werden die Ergebnisse in der ganzen Gruppe zusammengetragen.

Spielszene 3 - Wegbegleiter

Neben Eisenhans gibt es im Verlauf des Stücks verschiedene Figuren, die für die Entwicklung des Königssohns von Bedeutung sind. Während seiner ersten noch unsicheren, kindlichen Schritte in der Erwachsenenwelt steht ihm z. B. die Köchin gegenüber, die er als seine Meisterin anerkennen muss und dadurch zur Verbündeten gewinnt. Deren Duett in der Küche (HB 11) zeigt auf der Textebene den Lernvorgang des Königssohns mit Unlust, Versagen und Erfolgserlebnis (im Gegensatz zu seinem Scheitern am Brunnen, weil er der Aufgabe noch nicht gewachsen war) und seine Erziehung durch die Köchin mit verbaler Herausforderung, Motivation und Lob. Auf der musikalischen Ebene wird dieser beidseitige Prozess begleitet durch die Akkumulation der Mittel (Instrumentierung, Verdichtung). Die SpielerInnen hören das Duett und sollen anschließend in Kleingruppen musikalische Improvisationen zum Verhältnis Köchin und Königssohn entwerfen. Dazu erhält jede Gruppe einen Satz, der rhythmisch und klanglich mit Instrumenten im entsprechenden Gestus umgesetzt werden soll (Arbeitsblatt „Musikalische Improvisation").

Je zwei Gruppen (Köchin + Königssohn) treffen aufeinander und spielen ihre Ergebnisse im Wechsel. Die Zuhörer beschreiben die Wirkung und versuchen den Gestus der Vertonung zu erraten. An dieser Stelle bietet sich eine Reflexion an, die sich dezidiert an die Mädchen richtet: Was lernt der Königssohn von der Köchin? Welche Aufgaben verrichtet er und warum tut er sich damit so schwer? Können Mädchen das besser?

5. UNTERRICHTSEINHEIT: VOM NICHTSNUTZ ZUM ROTEN RITTER

Spielszene 4 - Seelenverwandtschaft Eine neue Bezugsperson kommt für den Königssohn ins Spiel: die Prinzessin, in die er sich verliebt. Sie erwidert die Gefühle für ihn als Gärtnerjungen mit den goldenen Haaren und ergreift die Initiative für das Entstehen einer Beziehung. Sie bewegt sich außerhalb der von ihr geforderten und erwarteten Verhaltensweisen. Ihr ist das eitle Hofleben ein Gräuel, denn sie sehnt sich nach Echtheit und Natürlichkeit. Dieser Wunsch gilt vor allem für die zwischenmenschliche Ebene und manifestiert sich in ihrer ersten Begegnung mit dem Königssohn, der ihr frische Feldblumen aufs Zimmer bringt. Ihrem Wunsch nach einem Ausbrechen aus der Welt, in die sie hineingeboren wurde, verleiht sie in dem Lied „Ich will brennen" (HB 9) Ausdruck. Dieser Ausbruch verbindet sie mit dem Königssohn, der auch aus seiner vertrauten Umgebung und seiner Kindheit aufgebrochen war zu neuen Ufern. Sie ist die einzige, die hinter die Fassade des „einfachen Gärtnerjungen" blickt und erkennt, was er bereits allein geleistet hat. Sie hat Vertrauen in seine Fähigkeiten und in seinen Charakter. Das ihm von verschiedenen Personen entgegengebrachte Vertrauen (Köchin, Prinzessin, Eisenhans) ist für den Königssohn eine konstante Größe, ohne die er wohl scheitern würde. Die ersten zarten Annäherungsversuche, das sich entwickelnde Verhältnis des Königssohns in seiner untergeordneten Rolle als Gärtnerjunge und der Prinzessin wird in deren Duett „Blumen für die Prinzessin" beschrieben. Dabei kann man sowohl textlich als auch musikalisch die Unsicherheit des Königssohns gegenüber diesem neuen Gefühl, das ihn so plötzlich überkommt, hören und auf der anderen Seite die Souveränität, mit der die Prinzessin die Situation meistert.

Die Haltungen der beiden sollen zu Abschnitten der Musik in eine Standbildfolge umgesetzt werden. Dafür stellen sich ein Junge und ein Mädchen zur Verfügung. Der erste Abschnitt des Duetts wird eingespielt (HB 12). Die Beobachter machen sich eine Vorstellung davon, wie die Szene aussehen könnte. Einer von ihnen baut seine Vorstellung mit den beiden Freiwilligen in einem Standbild auf, die anderen können danach Änderungen vornehmen. Das so entstandene Bild bleibt stehen, solange der nächste Musikabschnitt läuft. Nach dem nächsten Stopp wird dann das Bild dem nächsten Musikabschnitt entsprechend verändert. Innerhalb des Musikstücks werden die Stopps zunächst vom Spielleiter bestimmt, später aber auch von den Beobachtern, wenn sie eine für sich markante Veränderung in der Musik wahrnehmen. In der anschließenden Reflexion werden die sich körperlich äußernden psychologischen Motivationen der Handlung (Verlegenheitsgesten, Zurückhaltung, versteckte Überlegenheit usf.) thematisiert.

Im weiteren Verlauf helfen die Mädchen der Darstellerin der Prinzessin, die Attraktion des Königssohns wahrzunehmen und das diffuse Thema „Seelenverwandtschaft" zu konkretisieren: Was macht den Königssohn für die Prinzessin so anziehend und faszinierend? Wodurch erscheint er ihr besonders männlich? Warum sieht sie in ihm mehr als „nur" einen Gärtnerjungen?

Spielszene 5 - Ritterschlag und Heldentum

Der Königssohn sieht den bevorstehenden Krieg als Herausforderung an und besinnt sich auf die versprochene Hilfeleistung des Eisenhans. Für ihn ist der Kampf die Gelegenheit zu beweisen, dass er Tatkraft, Mut und Selbstbewusstsein erlangt hat, Eigenschaften, die er jetzt einsetzen möchte. Er erhält ein Pferd, eine Rüstung und Waffen, um gegen die feindlichen Scomorozen in den Krieg zu ziehen.

Im Anschluss an die Szene wird der Sprechgesang „Die Scomorozen kommen" mit den SpielerInnen eingeübt (Arbeitsblatt „Krieg"), um damit musikalisch „in den Krieg zu ziehen". Die Gruppe stellt sich in zwei Reihen einander gegenüber auf. Sie sprechen den Rhythmus im Kanon (Einsatz jeweils um zwei Takte versetzt) und probieren gemeinsam eine Steigerung von Tempo und Intensität. Beide Gruppen können dabei langsam aufeinander zugehen. Im nächsten Schritt wird der Rhythmus auf einfache und transportable Rhythmusinstrumente übertragen. Tiefe Trommeln, Kongas oder andere Instrumente, die laute und bedrohliche Klänge erzeugen, können vom Rand aus einbezogen werden.

Die Stärke und Tapferkeit des Königssohns sollen ebenfalls auf musikalischer Ebene ausprobiert werden: Einer gegen Alle. Ein Spieler stellt sich in einem neuen Setting mit dem Instrument seiner Wahl der gesamten Gruppe gegenüber. Erneut wird der Kanon in dieser ungleichen Verteilung angestimmt. Jeder Spieler kann versuchen, diese Aufgabe zu meistern. Wer schafft es, sich mit dem Rhythmus gegen die Übermacht der Gesamtgruppe zu behaupten?

Spielszene 6 - Anerkennung und Aufnahme in die Gesellschaft

Der Königssohn erfährt Bestätigung durch die unabhängige, scheinbar objektive Instanz des Hofes. In der engen Beziehung zu Eisenhans und durch Nacheifern dieses „wilden Mannes" sichert sich der Königssohn schließlich seinen Platz in der Gesellschaft und erfährt von der Umwelt Anerkennung für sein Tun. Der „Ritterschlag" bestätigt ihn endgültig und verkündet offiziell seine „Männlichkeit", die bisher nur für die Prinzessin zu sehen war.

Diese letzte Szene wird als „gespielte Erzählung" (Arbeitsblatt „Gespielte Erzählung" auf der Heft-DVD) von den SchülerInnen umgesetzt. Nach den Vorbereitungen der Spielfläche und Requisiten stellen sich alle beteiligten SpielerInnen in eine Ausgangsposition am Rand der Bühne. Sie müssen sich nicht einfühlen und können auch eine andere Rolle spielen, als sie bisher gespielt haben. Während der Spielleiter die Handlung Satz für Satz vorliest, versuchen die SpielerInnen diese umzusetzen, indem sie die entsprechenden Haltungen einnehmen oder die Handlungs-elemente spielen. Dabei können und sollen sie sprechen, physische Handlungen ausführen und versuchen, die Gefühle der Figuren auszudrücken. Der Spielleiter kann an einigen Stellen verlangen, dass die SpielerInnen sich äußern, indem er die Wendung „und sagte / sang Doppelpunkt" verwendet.

ZUR HOCHZEIT ALLES GUTE! - AUSFÜHLUNG

Um sich vom Stück und von den Rollen zu verabschieden, gibt es ein ritualisiertes Verfahren, das eine letzte Reflexion aus der Rolle heraus mit dem Verlassen der Rolle (Ausfühlung) verknüpft: Prinzessin und Königssohn stellen sich nebeneinander auf, hinter oder neben ihnen steht ein Gabentisch. Jeder Spieler überbringt einzeln seine Glückwünsche, indem er ihnen gegenüber äußert, welche Perspektive er für das Paar sieht. Dabei wird ein Kleidungsstück als Geschenk abgegeben („die Rolle verlassen") und vom Brautpaar auf den Gabentisch gelegt. Wenn alle Glückwünsche ausgesprochen wurden, verlassen Prinzessin und Königssohn als letzte die Rolle, indem sie die eigenen Wünsche an die Zeit der Ehe formulieren und ebenfalls ein Kleidungsstück auf den Gabentisch legen.

Zum Abschluss vergleichen die SchülerInnen die im Unterricht gemachten Erfahrungen im Umgang mit Vorbild, Rollenübernahme und Bezugsfiguren mit dem Brainstorming aus der ersten Unterrichtseinheit. Die Schlagwortsammlung zu den Idolen der SchülerInnen wird durch die im Spielprozess neu reflektierten Ansichten ergänzt, verworfen oder korrigiert. Die Figur des Eisenhans hat sich in der Widersprüchlichkeit von wildem Mann und sorgendem Vaterersatz gezeigt und kann für Jungen möglicherweise den Weg zu einem neuen und stabilen Männerbild weisen. Im Feedback äußern sich die Jungen darüber, ob sie sich einen Eisenhans gern zum Vorbild nehmen und welche Männer in ihrer Umgebung das sein könnten (bzw. was ihnen daran fehlt). Die Mädchen äußern sich zu der Frage, ob die Prinzessin mit dem Königssohn glücklich werden kann und welche Gemeinsamkeiten sie haben bzw. entwickeln können.

ALI N. ASKIN

Der Komponist, Pianist und Key-boarder Ali N. Askin, 1962 in München geboren, arbeitet seit Ende der 1980er-Jahre intensiv mit Theatern (u. a. Münchner Kammerspiele, Zürcher Schauspiel, Schauspiel Düsseldorf) und Orchestern (u. a. Bochumer Symphoniker, BBC Scottish Orchestra) zusammen und ist musikalisch vielfach an Radio-, Film- und Fernsehproduktionen beteiligt. Ein Schwerpunkt seiner Produktionen liegt auf der Komposition bzw. dem Arrangement von elektronischer Musik, Clubtracks und Remixen, aber auch im Bereich der Kammer-, Theater- und Filmmusik sowie Hörstücken für das Radio. Zudem tritt er als Keyboarder und Live-Elektoniker bei Orchestern, Bands und experimentellen Klangprojekten auf.

Neben seiner 1999 mit dem Grimme-Preis ausgezeichneten Arbeit zu dem Dokumentarfilm Ratten (Arte/WDR) zeichnet der Wahl-Berliner u. a. verantwortlich für das Orchesterprojekt „Surrogate Cities" und die Filmmusik zu dem Kinofilm Sieben Monde.

Eisenhans! in der Inszenierung von Andreas Bode an der Jungen Staatsoper Berlin

Die Köchin beobachtet, wie der Königssohn dem Gemüse "die Flötentöne entlocken" möchte

Ende gut, alles gut: Königssohn und Prinzessin haben sich gefunden

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Arbeitsblätter

* Rauta rauta wara! - S. 23

* Krieg - S. 23

* Rollenkarten - S. 24

* Szenenkarten - S. 25-26

* Musikalische Improvisation - S. 26

Hörbeispiele - CD

Ali N. Askin: Eisenhans! Eine Oper für Kinder nach den Brüdern Grimm

* HB 6: „Rauta rauta wara!" (Eisenhans)

* HB 7: „Der goldene Ball" (Königssohn)

* HB 8: „Hacke, reibe, schneide klein" (Köchin)

* HB 9: „Ich will brennen" (Prinzessin)

* HB 10: „Weg hinauf, Weg hinunter"

* HB 11: „Nein!"

* HB 12: „Blumen für die Prinzessin"

Dateien - DVD

* Der dunkle Wald

* Szene 6: Gespielte Erzählung

* Brüder Grimm: Der Eisenhans

schott-musikpädagogik.de

* Beitrag als PDF-Datei

1Zur Analyse der archaischen Bilder und identifikatorischen Wirkmechanismen vgl. Robert Bly: Eisenhans - Ein Buch über Männer, München 1991.

2Musikalische Leitung: Vinzenz Weissenburger, Regie: Andreas Bode.

3Die LehrerInnen sollten das ganze Werk kennen, bevor sie Teile daraus im Unterricht behandeln. Es ist verfügbar als CD mit Beiheft, in dem das vollständige Libretto der Hörspielversion enthalten ist: Ali N. Askin, Helga Utz: Eisenhans!, Wien: col legno Verlag 2008.

4Näheres hierzu in: Rainer O. Brinkmann, Markus Kosuch, Wolfgang Martin Stroh: Methodenkatalog der Szenischen Interpretation von Musiktheater, Oldershausen 2010, Kapitel „Einfühlung" und Kapitel „Haltungen".

Rauta rauta wara! aus Ali N. Askins Oper „Eisenhans!"

Eisenhans

Wa - ra hmst! Wa - ra hmst! ze wa - ra wa - ra

hmst ze ze hmst we Za - ra schlung! Za - ra schlung! Ze wa - ra vla - da

schlu vla - da blu blu Rau-ta rau - ta wa - ra zwu-bel wu-bel za - ra

zwu - bei wu - bei hum - um Zwa - wu zwa - wu zwa- wumm!

Krieg aus Ali N. Askins Oper „Eisenhans!"

Volk

Krieg! Krieg! Sco-mo - ro - zen sind im Land! Der Kö-nig lässt ver-mel-den: Er

braucht jetzt star - ke Hel-den! Krieg! Krieg! Sco-mo - ro - zen sind im Land!

Je-der Mann er-greift sein Schwert, Je-der Mann be-steigt sein Pferd!Sie müs-sen aus dem Land!

Rollenkarten

Eisenhans

Du bist ein wilder Geselle, am ganzen Körper bedeckt mit rostrotem Haar, und lebst in einem Tümpel im Wald. Da du nie mit Menschen in Kontakt kommst, sprichst du deine eigene Sprache. Wenn dir Menschen zu nahe kommen und du dich in deiner Ruhe gestört fühlst, kannst du auch mal gefährlich werden; doch eigentlich bist du ein friedlicher Bewohner des Waldes. Du wirkst auf die meisten Menschen furchteinflößend, sie flüchten, wenn sie dich sehen. Du hast besondere Kräfte und Fähigkeiten: Du bist groß und stark, kannst hören wie ein Luchs, sehen wie eine Katze und rennen wie ein Leopard. Außerdem kannst du zaubern. Wenn du jemandem einmal deine Hilfe versprochen hast, bist du in Notsituationen immer für ihn da. Er muss nur dreimal deinen Namen rufen.

Wär ich am hellen Wasser, wär ich im dunklen Wald!

Königssohn

Du bist ein junger Königssohn und hast bisher nie etwas außerhalb der Schlossmauern gesehen. Deine Eltern lassen dich von einer Amme streng erziehen. Sie hat dir beigebracht, wie man sich bei Hofe benimmt und hat dich Lesen und Schreiben gelehrt. Manchmal erzählt sie dir Geschichten, die außerhalb der Schlossmauern stattgefunden haben. Von den Zinnen des Schlosses aus kannst du den tiefen, dunklen Wald sehen, in den die Jäger des Hofes manchmal aufbrechen, um Wildbret zu erjagen. Natürlich willst du auch ein großer Jäger werden und mit den anderen in den Wald reiten. Aber noch geht das nicht. Wenn es im Schloss nur jemanden in deinem Alter geben würde - aber mit den Kindern der Dienerschaft darfst du dich nicht sehen lassen. Deine einzige Freude ist ein goldener Ball, mit dem du immer spielst.

Ach ich bin zu gar nichts gut! Elend ist mir hierzumut

Prinzessin

Du bist eine sehr junge Prinzessin und hast bisher nie etwas außerhalb der Schlossmauern gesehen. Dein Vater lässt dich von einer Amme streng erziehen. Sie hat dir beigebracht, wie man sich bei Hofe benimmt und hat dich Lesen und Schreiben gelehrt. Deine Mutter lebt leider nicht mehr. Manchmal hast du Sehnsucht nach dem Gefühl der Liebe. Vom Fenster aus hast du den unscheinbaren Gärtnerjungen gesehen, den alle für einen Nichtsnutz halten. Aber du bewunderst seine goldenen Haare, die er stets unter einer Mütze verbirgt, und freust dich über die frischen Blumen, die er dir bringt. Im Gegensatz zu allen anderen im Schloss traust du ihm durchaus etwas zu und findest nach und nach Gefallen an ihm.

Ich will brennen, nicht nur glimmen, gegen alle Ströme schwimmen. ..SFT.-Köchin

Du bist eine pflichtbewusste, resolute Köchin am Königshof. Du hast deinen Beruf lange Jahre in der Schlossküche gelernt, zuerst beim Abwaschen, dann beim Gemüse putzen und erst, als du erwachsen warst, durftest du das Kochen richtig an der Seite des Oberhofkochs lernen. Jetzt bist du die Herrin der Küche und zeigst deinen Lehrlingen, dass man zum Kochen geboren sein muss. Der König will nur die besten Speisen, und seit seine Frau gestorben ist, hat er einen riesigen Appetit. Die Prinzessin dagegen isst nur wenig, denn sie will wohl schlank bleiben.

Ich hacke, reibe, schneide klein, alles in den Topf hinein!

Szenenkarten

Szene 1

Personen: Königssohn, Eisenhans Ort: Schlosshof Requisite: Schlüssel, Ball

Was bisher geschah: Ein Jäger hat den Eisenhans im Wald gefunden, gefesselt und zum Schloss gebracht. Dort wurde er in einen Käfig gesperrt. Der König hat bei Todesstrafe verboten, diesen Käfig zu öffnen.

Spielt eine Szene, in der Folgendes passiert: Der Königssohn spielt mit seinem goldenen Ball im Schlosshof in der Nähe von Eisenhans, der in seinem Käfig eingesperrt ist und ihn genau beobachtet. Der Königssohn ist sehr neugierig und möchte diesen zotteligen, wilden Kerl gerne aus nächster Nähe betrachten, deshalb wird er unvorsichtig und kommt immer näher. Auf einmal rollt dem Königssohn der Ball in den Käfig. Eisenhans fängt den Ball und möchte ihn dem Königssohn nur wiedergeben, wenn dieser ihn befreit. Der Königssohn hat große Angst, der Aufforderung des Eisenhans nachzukommen, denn schließlich hat es der König ausdrücklich verboten. Schließlich stiehlt er aber doch den Käfigschlüssel unter dem Kopfkissen seiner Mutter hervor und befreit den Eisenhans. Um seiner Strafe zu entgehen und aus Neugier bittet der Königssohn Eisenhans, ihn mit in den Wald zu nehmen. Die Flucht ist für den Königssohn lang und beschwerlich. Seine Füße tun ihm weh und in der Dunkelheit fürchtet er sich vor den fremden Geräuschen des Waldes. Eisenhans ist zunächst ungeduldig und schimpft, doch dann nimmt er den Königssohn Huckepack und wacht über ihn, bis er eingeschlafen ist.

Szene 2

Personen: Eisenhans, Königssohn Ort: im Wald, am goldenen Brunnen Requisite: Silberschüssel oder Tablett o. Ä. als Brunnen, gold-farbenes Tuch oder Mütze

Was bisher geschah: Ein Jäger hat den Eisenhans im Wald gefesselt und zum Schloss gebracht. Dort wurde er viele Jahre lang in einen Käfig eingesperrt, den niemand öffnen durfte. Der Königssohn hat Eisenhans aus seinem Käfig befreit und ist mit ihm vor der schlimmen Strafe seines Vaters in den Wald geflohen.

Spielt eine Szene, in der Folgendes passiert: Eisenhans gibt dem Königssohn die Aufgabe, auf einen wunderschön klaren, goldenen Brunnen aufzupassen. Der Brunnen darf seine goldene Farbe nicht verlieren. Eines Tages locken den Königssohn die Flüsterstimmen aus dem Wald näher zu dem Brunnen. Im kühlen Wasser wollen sie mit ihm spielen. Er kann der Versuchung schließlich nicht widerstehen und taucht erst seinen Finger, dann seine Haare in den Brunnen. Auf einmal ist der Brunnen dunkel und trüb, sein Finger und sein Haar golden. Als Eisenhans vorbeikommt, um nach dem Rechten zu sehen, versucht der Königssohn, das goldene Haar zu verstecken, aber ohne Erfolg. Eisenhans schickt ihn weg, weil er sein Gebot nicht befolgt hat, bietet ihm aber seine Hilfe an: Er muss, wenn er in Not ist, nur dreimal „Eisenhans" in den Wald rufen und schon kommt er ihm zu Hilfe.

Szene 3

Personen: Köchin, Königssohn Ort: Schlossküche Requisite: Küchengerätschaften, goldenes Tuch oder Mütze, Hut

Was bisher geschah: Der Königssohn hat Eisenhans aus seinem Käfig befreit und ist mit ihm vor der schlimmen Strafe seines Vaters in den Wald geflohen. Doch weil er den goldenen Brunnen von Eisenhans nicht richtig bewacht hat, wurden sein Finger und seine Haare golden, und der Eisenhans hat ihn wütend fortgeschickt.

Spielt eine Szene, in der Folgendes passiert: Der Königssohn ist allein unterwegs und auf der Suche nach Arbeit. Er kommt an ein Schloss und fragt in der Küche, ob er dort als Küchenjunge bleiben kann. Die Köchin gibt ihm eine Chance, ist aber sehr skeptisch, denn der Königssohn hat noch nie in seinem Leben gekocht. Er muss nun die Arbeiten in der Küche lernen. Die Köchin macht sich über seine Ungeschicktheit lustig, aber bleibt geduldig und erklärt ihm alles noch einmal. Für den Königssohn ist die Arbeit besonders schwierig, weil er die ganze Zeit bemüht ist, seinen goldenen Finger und die goldenen Haare zu verbergen. Er strengt sich deshalb in der Küche besonders an und am Ende des Tages gelingt es ihm schon recht gut. Er kann sogar ein dickes Lob von der Köchin einheimsen.

Szene 4

Personen: Prinzessin, Königssohn Ort: Schlossgarten, Zimmer der Prinzessin Requisite: Blumen, Hut, goldenes Tuch oder Mütze

Was bisher geschah: Der Königssohn hat Eisenhans aus seinem Käfig befreit und ist mit ihm vor der schlimmen Strafe seines Vaters in den Wald geflohen. Dort hat er es nicht geschafft, auf den goldenen Brunnen aufzupassen, und wurde mit seinen goldenen Haaren von Eisenhans fortgeschickt. Zum Glück fand er Arbeit als Küchenjunge in der Schlossküche. Als der Hofmarschall ihn des Schlosses verwiesen hat, bekommt er mithilfe der Köchin eine neue Stelle als Gärtnerjunge.

Spielt eine Szene, in der Folgendes passiert: Beim Arbeiten in den Beeten ist dem Königssohn heiß geworden, und weil er sich unbeobachtet fühlt, nimmt er ausnahmsweise seinen Hut ab, der seine goldenen Haare verbirgt. Von ihrem Fenster im Turm sieht die Prinzessin das Leuchten seiner Haare. Sie möchte diesen wunderbaren Gärtnerjungen einmal näher betrachten. Deshalb bestellt sie bei ihm frische Blumen in ihr Gemach. Das ist ihr viel lieber als die gemalten Blumen, die der strenge Hofmarschall ihr immer bringt! Als der Gärtnerjunge mit einem Arm voller duftender Wiesenblumen hereinkommt, ist die Prinzessin begeistert. Ihr gefällt dieser Gärtnerjunge sehr gut! Von jetzt an soll er ihr jeden Tag frische Blumen in das Gemach bringen.

Szene 5

Personen: Eisenhans, Königssohn Ort: Pferdestall Requisite: angedeutete Ritterrüstung, Schwert, Stecken als Pferd

Was bisher geschah: Der Königssohn hat Eisenhans aus seinem Käfig befreit und ist mit ihm vor der schlimmen Strafe seines Vaters in den Wald geflohen. Dort hat er es nicht geschafft, auf den goldenen Brunnen aufzupassen, und wurde mit seinen goldenen Haaren von Eisenhans fortgeschickt. Zum Glück fand er Arbeit in der Schlossküche und im Garten. Als Gärtnerjunge hat er die Bekanntschaft der Prinzessin gemacht. Doch jetzt sind die Scomorozen über das Land gefallen und er möchte sich am Krieg beteiligen.

Spielt eine Szene, in der Folgendes passiert: Enttäuscht steht der Königssohn im Pferdestall. Er hatte den Hofmarschall um ein Pferd und eine Rüstung gebeten wie alle anderen Männer in der Schlange auch, aber dieser hat ihn nur verspottet und ihn einfach stehen lassen. Nun fällt ihm das Versprechen ein, das Eisenhans ihm vor langer Zeit einmal gegeben hatte! Er ruft in den Wald hinein: „Eisenhans, Eisenhans, Eisenhans!" Und kurze Zeit später steht er schon vor ihm. Er stattet ihn mit allem aus, was er für die große Schlacht braucht: ein Pferd, ein Schwert und eine rote Ritterrüstung. Voller Dankbarkeit und Stolz zieht der Königssohn in den Krieg.

Musikalische Improvisation

zu Szene 3:

  • Bildet sechs Gruppen. Jede Gruppe übernimmt einen der sechs unten stehenden Sätze.
  • Überlegt euch, wie euer Satz und sein Charakter / Gestus rhythmisch und musikalisch klingen könnte.
  • Setzt euren Satz mit Instrumenten entsprechend um.
  • Je zwei Gruppen spielen ihre Improvisation nacheinander vor.
  • Die ZuhörerInnen erraten, welcher Satz und welcher Gestus gemeint ist.
  • Königssohn: Es tut weh, ich kann nicht mehr.

    Köchin: Ach! Du lächerlicher Wicht!

    Königssohn: Ich schaffe es, ich bemühe mich!

    Köchin: Ach! Dein Hirn ist ganz verdreht!

    Königssohn: Schau doch her! Es klappt! Es geht!

    Köchin: Super! Kolossal! Genial!

    By RAINER O. BRINKMANN and HENRIETTA TEIPEL

    Titel:
    Eisenhans!: Rollenvorbilder im Märchen.
    Autor/in / Beteiligte Person: BRINKMANN, RAINER O. ; TEIPEL, HENRIETTA
    Zeitschrift: Musik und Bildung, 2012, Heft 1, S. 18-26
    Veröffentlichung: 2012
    Medientyp: review
    ISSN: 0027-4747 (print)
    Schlagwort:
    • OPERA
    • EISENHANS! (Theatrical production)
    • ASKIN, Ali N.
    • Subjects: OPERA EISENHANS! (Theatrical production) ASKIN, Ali N.
    Sonstiges:
    • Nachgewiesen in: DACH Information
    • Sprachen: German
    • Alternate Title: Iron Hans!: Role Models in Fairy Tales.
    • Language: German
    • Document Type: Entertainment Review
    • Full Text Word Count: 5601

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