Gegen Ende des 20. Jahrhunderts standen viele Komponisten vor dem Problem, dass, wenn ihre Musik „schön" klingen und erfolgreich sein sollte, sie nur noch wiederholen mussten, was bereits vor ihnen andere Komponisten geschaffen hatten. Für einen Künstler, der (dem Ideal Beethovens folgend) anstrebte, ein individuelles, unverwechselbares und ausdrucksstarkes Kunstwerk zu schaffen, kam dies jedoch nicht in Frage.
Als Grund für dieses Problem wurde die seit etwa 1600 allen Kompositionen zugrunde liegende Dur-Moll-Tonalität gesehen. Komponisten wie Franz Liszt, Claude Debussy und Richard Wagner hatten bereits den Weg gewiesen, diese Tonalität zu überwinden.
Der Wiener Komponist Arnold Schönberg verfolgte die Abkehr von der Tonalität konsequent weiter. Er entwickelte ein Prinzip des Komponierens mit „nur zwölf aufeinander bezogenen Tönen", welches heute unter den Namen Zwölftöfltechnik oder „Dodekaphonie" bekannt ist. Mithilfe dieses Systems schufen er und seine beiden Meisterschüler, Alban Berg und Anton Webern, Werke von großer Ausdruckskraft, die jedoch aufgrund ihrer Fremdartigkeit von den Zuhörern kaum mehr verstanden wurden (was sich im Grunde bis heute kaum geändert hat).
Das Prinzip der Zwölftontechnik sieht vor, dass jeder der zwölf Töne einer Tonleiter gleichberechtigt behandelt wird, dass also kein Ton mehr Bedeutung hat als ein anderer (zum Beispiel als Grundton eines Dreiklangs). Um dies zu gewährleisten, wird zu Beginn des Komponierens eine Reihe aus 12 verschiedenen Tönen aufgestellt. Das sind alle innerhalb einer Oktave vorhandenen Töne! Jeder Ton darf nur einmal verwendet werden und es sollen möglichst keine tonalen Bezüge (Dreiklänge) innerhalb der Reihe entstehen.
Diese Zwölftonreihe bildet das Tonmaterial der Komposition. Sie darf leicht abgewandelt werden: Sie kann als Ganzes transponiert werden (d. h. von einem anderen Ton aus beginnen), als Krebs erscheinen (das bedeutet, dass die Reihe am Ende gespiegelt wird und rückwärts, also vom 12. zum 1. Ton hin, notiert wird), oder als Umkehrung auftreten (hierbei werden die Intervallschritte der Reihe gespiegelt: Verläuft ein Tonsprung im Original z. B. eine Quarte aufwärts, so erfolgt er in der Umkehrung eine Quarte abwärts). Es müssen jedoch erst alle Töne dieser Reihe (entweder als Tonfolge oder als Akkord) einmal vorgekommen sein, bevor die Reihe oder eine ihrer Formen wieder beginnt.
1. Stelle eine eigene Zwölftonreihe auf. Bilde eine Transposition, Krebs und Umkehrung. Spielt euch euer Tonmaterial gegenseitig vor.
Habt ihr alle Regeln eingehalten? Diskutiert euren Schaffensprozess und die erklingenden Ergebnisse!
Zwölftonreihe
Transposition
Krebs
Umkehrung
2. Improvisiert (oder dreht mit einer Handy-Kamera) einen kurzen Werbespot. Macht darin deutlich, warum das teben besser, schöner und aufregender wird, wenn man Zwölfton-Musik hört oder komponiert. Unterlegt den Spot mit Klängen aus euren Tonreihen.